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Der biblische Kosmos.

Protest und Darlegung zur speculativen Theologie.

Von

R. Rocholl, Pastor.

Während in der römisch-katholischen Kirche sich eine Opposition gegen die Wiederaufrichtung der scholastischen Theologie erhebt, ich erinnere nur an die von Capitular Moufang beantwortete Zuschrift des Dr. Michelis an den deutschen Episcopat in Sachen der Münchener Gelehrtenversammlung so trifft sich's, dass auch wir eine kleine Invasion der Scholastik pflichtschuldigst zurückzuweisen aufgefordert und genöthigt sind.

Dorner sagt in seiner Entwicklungsgeschichte (II, S. 709): die Concordienformel habe in der capacitas humanae naturae, die in Christo zur Erfüllung gekommen, einen Fundamentalsatz für eine aus dem reformatorischen Princip geborene Anthropologie" aufgestellt. Ich erlaube mir, fortzufahren und zu sagen: der reformatorische Grundsatz finitum infiniti capax ist auch Fundamentalsatz für eine Kosmologie. Dieser Grundsatz, von grösster speculativer Tragweite, construirt uns eine Anthropologie, gibt aber damit auch den Gesichtspunkt für eine ganz bestimmte Weise der Coexistenz der Glieder des Universums, und endlich der Weise des Verhältnisses vom Absoluten und Relativen, von Himmel und Erde. Mit jenem Satze der Capacität des Relativen für das Absolute durchbrach die Reformation die alt-scholastische Anschauung mit ihrem mathematischen Räumlichkeitsbegriffe. Diese Scholastik zeigt sich neuerdings wieder in der Art, wie die Engel auf den Fixsternen fixirt werden, womit, wie sich ergeben wird, unsere Ubiquitätslehre, insofern sie, ursprünglich zum Schutz des Altarsacraments aufgestellt, dennoch an sich eine eigene und or ganische Weltanschauung entfaltet, unvereinbar ist.

Ich versuchte im Folgenden zuerst jene irrthümliche Meinung mir übrigens weit überlegener Gelehrter zurückzuweisen, welche den Scholasticismus in unsere Weltanschauung wieder einführt, und ich hoffe, dass der Protest so ehrerbietig ist, wie es sich unter uns ziemt. Doch verlangte das Verhältniss des Gegensatzes zu geehrten und dem Verfasser theuren Männern, dass er aus der blossen Negation in die Position übergehe, und seine eigene Ansicht darlege, die immer der Ergänzung bedürftig seyn mag, die aber jedenfalls den Wurzeln der deutschen Reformation entwächst.

Ist der Verfasser gezwungen, zur allseitigen Durchführung seiner Anschauung, auf die Kurtz'sche Restitutions-Hypothese einzugehen, und, wenn nicht diese, doch eine andere, wei

ter fassende Restitutions - Hypothese, als unabweisbares Bedürfniss der Apologetik der Kirche, gegenüber dem Materialismus, zu empfehlen, so hofft er, dass man ihm das nicht verarge.

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Er hat namentlich die Genesis dieser unserer Materialität zu zeigen versucht, und so über Geist und Natur geredet, denn es ist seine Ansicht, dass der Materialismus nie durch eine Apologe. tik zu schlagen ist, die im Spiritualismus befangen. Er ist auch der Meinung, dass der Satz Leiblichkeit ist das Ende der Wege Gottes" der umgekehrte und vom Kopf wieder auf die Beine gebrachte Materialismus ist, wie Fabri sich ausdrückt. Nicht mit dem Spiritualismus, wohl aber mit diesem Realismus vermag die Kirche, gegen eine weitgreifende Häresie tiefer in den eignen Grund hinabzusteigen gezwungen, ein System der geoffenbarten Wahrheit hinzustellen, welches die Beantwortung der letzten Probleme wie der Philosophie so der Naturwissenschaften in sich trägt.

Das hier Behandelte betrifft das Bekenntniss aller christlichen Confessionen; und so hätte ich nur noch zu bezeugen, dass, sollte in meinen Darlegungen irgend Etwas der einmüthigen und gesunden Lehre nicht entsprechen der lehrenden Kirche und nicht eignem Einfall die Ehre gegeben werden soll.

Der Verfasser.

Seit der Schelling'schen Philosophie, und dem, was man die Philosophie der Romantik zu nennen beliebt, ist weithin die Lust zu jenen Configurationen des Universum von der Voraussetzung des Kreuzes aus wieder erwacht, wie man sie seit Alters von der Gnosis bis zu den Scholastikern und überall da kannte und liebte, wo man die Thatsache der Incarnation oder der Erlösung zum Mittelpunkte einer universalen Weltanschauung zu machen suchte, und damit aus der Mitte der heiligen Thatsache die Welt, aus der Peripherie wiederum die Mitte zu verstehen strebte. Man hat, ungewohnt der Gesichtspunkte von kosmischer Weite, dieses wohl das Ethnische in der Speculation der Alten genannt. Aber es ist nicht so schlimm. Es ist die die Ethik des Reiches Gottes nothwendig ergänzende Physik. Und so ist es denn auch mit jenen Configurationen nicht schlimm, sondern recht gut. Was ich meine, macht sich leicht an Hebr. 9, 11 klar. Thomas und Anselm nehmen jene ,,vollkommnere Hütte" für die unteren Himmel, durch die der HErr zum Himmel Gottes hindurchschreitet, ziehen also die Structur des Kosmos in Betracht, und haben die Analogie der Stiftshütte. Unsere Hunnius, Balduin, Gerhard beschränken sich auf die Annahme der Leib

lichkeit Christi. Die heutigen Exegeten, mit geringer Ausnahme, finden in jener oxévŋ wieder einen Raum, haben in Tù ya abermals einen Raum, zu dem unsere Welt der Sichtbarkeit in Bezug zu setzen ist. Sie finden sich also in das Universum hinausgewiesen, und, dass ich so sage, auch an Astronomie und Physik mit hingewiesen. Wenn also Kurtz in der Stiftshütte das Ganze der Schöpfung figurirt seyn lässt, so haben wir darin, in Erwägung der universalen Bedeutung Israels, einen Fortschritt zu erblicken, den der weittragende Ton der Offenbarung in der Genesis zu Anfang, in der Apokalypse zum Schluss fordert. Dieses Suchen, für die centralen Gedanken des Heils Hintergrund und Unterlage im Makrokosmos zu finden, in der Restauration des Individuum die Restauration des Kosmos zu sehen, das anthropologische Moment der Dogmatik in Connex mit der Soteriologie der Gesammt-Creatur zu fassen: das ist ein berechtigter theologischer Fortschritt. Es ist ein Fortschritt, den die früher als solche fast unbekannte Idee des Organismus, mit der wir heut operiren, den die Verbindung der Theologie mit anderen, aus ihr entlassenen und ihr nun dennoch dienenden Wissenschaften unterstützen.

Und es dürfte nicht verkannt werden, dass sich in diesem Fortschritt die Kraft des Gedankens zeigt, der seine Projection in's Reale der Aussenwelt hinein, der sein System sucht, als dessen Mitte er sich fühlt. Denn allerdings werden Gedanken ihrer Einseitigkeit nur durch Vertiefung entnommen, und dogmatische Loci ihrer mystischen Enge oder abstracten und doctrinären Dürre gleichfalls nur durch die Vertiefung, welche die Wurzeln ihres Zusammenhanges mit dem Ganzen blosslegt. Nur freilich müssen wir uns gewöhnen, die Kraft des Gedankens nicht nach seiner Abgezogenheit und Blässe bemessen zu wollen. Nach dieser Messung müsste der abstracten, absoluten Identität, dem obersten formalen Gedanken Hegels vom Seyn, welches jedoch nie zu einer Fülle gelangen kann, der Preis der Kraft gebühren. Der Einbildung müssen wir uns entwöhnen, als ob reines Denken von der Phantasie z. B. losgeschält seyn müsse oder könne, um schulgerecht zu seyn. Diese sehr thörichte, an der Schriftsprache, die immer aus lebendiger Fülle redet, leicht zu prüfende, und endlich unwahre, weil psychologisch unmögliche, Einbildung ruht schliesslich auf dem spinozistischen: Omnis determinatio est negatio, und bejaht auf Schritt und Tritt das Sacrilegium, die Fülle concreten Lebens zu würgen, um das Skelett zu besitzen.

Muss ich also die volle Berechtigung jenes Ausbaues der

Dogmatik, jenes Hereinziehens der siderischen und tellurischen Welt in den Kreis der Betrachtung, jener Perspective in den kosmischen Hintergrund anerkennen und entschieden betonen, so ist es mir doch nahe gelegt, 1) auf eine hier unterlaufende Gefahr hinzuweisen. Ich beabsichtige, dieses negativ und positiv zu thun.

I.

Schon früher hatte J. H. P. Lange (Land der Herrlichkeit, 1838) die Fixsterne als Sitze der Engel genommen, und, in directer Folge davon, Joh. 16, 28 wiederum verlasse ich die Welt, und gehe zum Vater für räumliche Entfernung Christi von uns ausgelegt. Diese in Betreff der Engel ansprechende Anschauung, welche, die Sterne bevölkernd, die Angst der Weltöde zu mildern scheint, fand ihren Vertreter auch wohl in der Evangel. K.-Z., deren Herausgeber jedoch ihr fern seyn wird. Eine weitere Herrschaft jedoch hat sie durch Kurtz' geistreiches Werk: „Bibel und Astronomies erhalten. Und nachdem Delitzsch, Philippi u. A. sie bekämpft, hat sie Kurtz in der vierten Auflage dieses Werkes, dessen Verdienste übrigens unbestritten sind, dennoch zu vertheidigen gesucht. Neuerdings hat Kurtz eine kräftige Unterstützung für diese Anschauung an Keer gefunden, der in seinem ausserordentlich fleissigen und mitunter genialen Buche: „Der Mensch, das Ebenbild Gottes", Basel 1861 und in zwei neueren, kleineren Schriften sie ganz zu der seinigen gemacht hát. 2)

Man könnte fragen, woher der Eifer, den Engeln ihre Wohnung in der Astralwelt zuzuweisen, und könnte versucht seyn, diesen Eifer voreilig und wunderlich, die Localisirung

1) Es ist mir wohl sogar eine Pflicht geworden, da ich, vor einigen Wochen erst, sehe, wie Keerl (Lehre v. d. Herrlichkeit Gottes, Basel 1863, Vorw. S. 24-29 und namentlich S. 122) meine gegen seine Räumlichkeitsbegriffe gemachten Einwendungen beantwortet. In einigen Punkten von ihm überzeugt, welches ich dankbar anerkenne, muss ich meinem geschätzten Gegner doch in der Hauptsache, in der Weise, wie er über Materie und Raum denkt, gänzlich widersprechen, und bedauere damit ein Gebrechen seiner wissenschaftlichen Arbeiten bezeichnen zu müssen, welches so bedeutend ist, dass es den Gewinn derselben für die Theologie sogar in Frage stellen könnte. Da es uns nur auf die Sache aukommen kann, so würde es mich freuen, meinem Gegner im Folgenden in Etwas dienen zu können.

2) Und ebeu sehe ich, wie entschieden Dr. Schmidt (in Vilmar's pastoral-theol. Bl. 1863 S. 107) für Kurtz und die Bevölkerung der Fixsternwelt auftritt. Uebertroffen aber wird alles dieses durch Ebrard (Comment. u. Art.,,Himmelfahrt" in Herzog's Real - Encyclopädie).

der Engelwelt ungefährlich, und das Ganze etwas seltsam oder eine theologische Spielerei zu finden. Es ist aber Nichts von dem allen. Die Berechtigung zu solchen Fragen darf nicht in Zweifel gezogen werden. Wir werden bemerken, wie das vorhin angedeutet, dass eine gewisse Enge und mechanische Fassung des Raumes dem zu Grunde liegt, womit freilich derben Irrthümern die Thür geöffnet ist. Man sieht sich nun genöthigt, wie Kurtz, jene Sternwelt, durch ihren magischen Zusammenhang mit der Erde, als in ihrer Entwicklung nur gehemmt zu betrachten, also das Feuer des Endgerichtes nicht ernstlich, sondern nur als Bild einer Lösung jener Hemmung zu nehmen. Oder man muss, wie Keerl, auf angebliche Resultate der Astronomie gestützt, unser Sonnensystem als ein sehr isolirtes Glied des Gesammtorganismus der sichtbaren Welt für sich behandeln, von welcher Isolation durch auffallende Abstände vom Fixsternhimmel die Astronomie indess bis jetzt gar Nichts definitiv wissen kann. Man kann dann, wenn man, hierdurch ermuthigt, das Sonnensystem aus dem Tohu hat entstehen lassen, allerdings mit dem Feuer des Gerichts Ernst machen, und kann die Katastrophe in voller Schärfe ergehen lassen, aber nur über dieses unser Sonnensystem, nicht über die ganze materielle Welt. Man nimmt also damit den Fixsternhimmel, als Wohnsitz der Engel, aus dem Connex der Elementarwelt heraus, und trennt ihn durch einen, wie ich behaupten muss, sehr künstlichen, raschen Schnitt vom Kosmos. Das Alter jener Fixsternwelten, deren Licht oft Millionen von Jahren gebrauche, um zu uns zu gelangen, erscheint dann, gegenüber dem muthmasslichen Alter unserer Erde, so imposant, dass es ausser Frage stehe, dass unsere Erde mit ihrem System ein Spätling dagegen sei. Ich muss hier schon, um nicht wieder darauf zurückzukommen, sagen, dass der einzige Einwurf unseres seligen von Schubert gegen diese ganze Berechnung des Alters der Fixsternwelt bedenklich macht. Denn diese ganzen Distanz-Berechnungen stehen auf der problematischen Annahme, dass die Schnelligkeit des Lichtes in jenen Sternen- Regionen dieselbe sei, als innerhalb unserer Atmosphäre. Und dieser Einwurf scheint genügend. Aber jedenfalls, nimmt man einmal statt der Schöpfungs-Tage Perioden von unbestimmter Zeitdauer an, so wird man den exactesten astronomischen Forschungen gegenüber in Verlegenheit zu kommen nicht nöthig haben. Denn warum sollte man den vom vierten Schöpfungstage an bis zum sechsten Tage leuchtenden Sternen nicht schon gern ein hundert tausend Jahr ihres Bestehens, oder meinetwegen das Zehnfache, bereitwillig einräuZeitschr. f. luth. Theol. 1867. III.

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