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I. Abhandlungen.

Die Prolegomena der Dogmatik.

Mit besonderer Rücksicht auf die Schrift von Dr. R. Rothe ,,Zur Dogmatik." Gotha 1863.

Vom

Prälaten G. Mehring zu Schwäbisch Hall.

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Diejenigen Begriffe, welche man in den Prolegomenen der Dogmatik zu behandeln pflegt, ob mit Recht oder Unrecht, können wir unentschieden lassen -, erfreuen sich dermalen wieder einer eingehenderen Behandlung, und wir haben schon früher in dieser Zeitschrift ausgesprochen (1862. H. 1), wie sehr wir ein solches Bedürfniss anerkennen. Die hierher gehörigen Fragen sind zum Schibboleth geworden, an welchem sich die theologischen Geister unsrer Zeit scheiden. Von der Christologie aus, die den Ausgangspunkt bot, wird man folgerichtig zurückgeführt auf die allgemeinern Begriffe von Offenbarung, h. Schrift, Inspiration, Wunder, Weissagung etc. Sie scheinen dermalen die Hauptbewegung zu bilden in der theologischen Wissenschaft, und ein unverkennbares Streben ist dabei darauf gerichtet, alles wieder natürlich zu erklären in einer Weise, wie sie bekannt lich schon einmal da gewesen ist, und alles, was der natürlichen Erklärung widersteht, unter verschiedenen Titeln zu beseitigen, von denen noch der relativ unschuldigste der der mythischen Ausschmückung seyn mag. Wäre es erlaubt, jenes,,Natürlich in dem Sinne zu nehmen, dass man darauf ausgeht, einen Vorgang aus seiner Idee zu begreifen, so liesse sich dagegen nicht nur nichts einwenden, sondern es würde wohl der letzten Aufgabe aller Wissenschaft entsprechen. Wenn aber die Wissenschaft in einem Anfall von Unmacht wieder darauf zurücksänke, alles zur Alltäglichkeit herabzuziehen, und zwar ebensowohl zur Alltäglichkeit der Ursachen als der Beweggründe, so dass diese zum Kriterion der Realität gemacht würde, so kann dies neZeilschr. f. luth. Theol. 1867. IV.

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ben Anderem, was bei Individuen dazu mitwirken mag, im Allgemeinen nur aus einem Missverständniss jener ersten Aufgabe erklärt werden. Ganz neuerdings wird nun eine Schattirung solchen Strebens bemerkbar, die ein Compromiss zu treffen sucht zwischen dem Glauben und der angeblich historischen Kritik, und die Zahl ihrer Anhänger ist, wie es scheint, dermalen noch im Wachsen begriffen. Wer möchte nicht auch so billig seyn anzuerkennen, dass für nicht Wenige es drückend werden kann, die Kraft ihres Lebens einzig nur in der Aufsuchung und Ausschmückung von Widersprüchen zu verzehren. Muss dieser Dienst wirklich geleistet werden, und hat er schon manchmal wenigstens indirecten Nutzen geleistet, so macht sich doch gewiss auch jezuweilen über solcher Arbeit das Bedürfniss einer festen Position mit vermehrtem Nachdruck geltend. Es lässt sich darum wohl begreifen, dass es für manche Naturen etwas Anziehendes haben mag, ein Abkommen mit zweien Mächten herzustellen, die ihnen in gleichem Grade imponiren. Wir vermögen aber diese blos äusserliche, fast mechanische Vermittlung oder vielmehr unvermittelte Zwiespältigkeit und Zweideutigkeit nicht als heilsam, sondern nur als ungesund und verderblich für die Entwicklung der christlichen Wahrheit zu erkennen. Sie dürfte früher oder später sich auch solchen, die im ersten Augenblick rasch zugreifen, als unerträglich erweisen, wenn es nicht unwahr ist, dass die letzte Aufgabe aller Wissenschaft doch gerade dem Bedürfnisse dient, den innern Zwiespalt aufzuheben und die Gediegenheit der Person herzustellen. Wenn man aber auf der einen Seite die Rechte der objectiven Wahrheit anerkennen möchte und dabei doch auf der andern den augenblicklichen Stand des Subjects mit Zahigkeit festhalten will, so kann dies unmöglich Befriedigung bringen, sondern muss fast nothwendig ein Uebelkeit erregendes Schaukeln zur Folge haben.

Diese unsre ungünstige Ansicht sei es gestattet im Folgenden etwas näher zu begründen, und wenn wir dabei hauptsächlich die oben erwähnte Schrift berücksichtigen, so liegt der Hauptgrund darin, dass dieselbe erklärt, ausschliessend die Vertheidigung eines solchen Standpunkts sich zur Aufgabe zu machen, während andere Schriften ihn ohne weitere Rechtfertigung geradehin einnehmend von ihm aus umfassendere Zwecke verfolgen. Sodann aber scheint Herr Dr. R. denjenigen beigezählt werden zu dürfen, welche noch am intensivsten den Offenbarungs- Begriff und überhaupt die objective Wahrheit festzuhalten streben, mit denen sich also am ehesten noch ein Wort über die Rechte derselben wech

seln lässt, während eine Reihe Anderer von diesem Punkte aus in den mannichfaltigsten Abstufungen bis zu der Grenze des wissenschaftlichen Kreises rückt, innerhalb dessen der Offenbarungs- Begriff schlechthin negirt wird. Hr. Dr. R. darf deshalb vielleicht als einer der entschiedensten Repräsentanten der Vereinigung beider Momente, des Offenbarungsglaubens und der sogenannten historischen Kritik genommen werden, der vollgültige Repräsentat jenes Systems de bascule, wie man es auf einem andern Gebiete genannt hat, das namentlich seine Anziehungskraft in höherm Maasse auf solche üben mag, die sich noch in dem Stadium der ersten und raschern wissenschaftlichen Entwicklung befinden. Sie lassen sich gern den Zustand, der eine gewisse Unbehaglichkeit mit sich führt, wenn sie sich von demselben nicht zu befreien vermögen, als einen normalen Zustand der Gesundheit beschreiben. Denn wie viele Menschen gibt es, die auch das Ungesundeste nicht nur ertragen, sondern sogar erstreben, sobald es ihnen nur mit einem gewissen Nachdruck und Autorität als das zur Geltung Führende dargeboten wird. Wir glauben deswegen kein Unrecht zu begehen, wenn wir an dieser Schrift besser als an einer anderen nachzuweisen versuchen, wie der von ihr vertretene Standpunkt nur ein schnell lebendes Uebergangs - Stadium bezeichne und sich in keiner Weise dazu eigne, auch nur den Abschluss einer wissenschaftlichen Periode zu vollziehen. Der schwankende Charakter der ganzen Gegenwart offenbart eben auch auf diesem Gebiete, wie er zu keinem festen Entschluss kommen kann und zwei Principien zusammenzuhalten sucht, deren Unversöhnlichkeit auch die Geschichte der Wissenschaft schon längst und wiederholt zur Genüge beurkundet hat. Was hilft es, mit aller Wärme, an deren Aufrichtigkeit zu zweifeln mir nicht in den Sinn kommen kann, sich für die Offenbarung in Christo erklären, diese aber dehnbar genug machen, um sie den Satzungen einer Kritik zu unterwerfen, die alles ist, nur keine historische, und noch weniger eine speculative, und nur, wenn sie die letztere würde, auch im ächten Sinn die erstere werden könnte. Hr. Dr. R. macht auch schon die Erfahrung, dass er mit geehrten Gegnern von jener Seite, denen seine Concessionen an die gegenwärtig so genannte Kritik nicht genügen, in Collision geräth.

Schon einmal wurde der Verf. der nachfolgenden Bemerkungen von dem Missgeschick betroffen, den Unwillen des Hrn. Dr. R. in höherm Grade auf sich zu ziehen, eben durch die oben angeführte Abhandlung zur Revision des InspirationsBegriffs; allein es sollte doch kaum noch der Versicherung

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bedürfen, dass mein Widerspruch einzig dem Standpunkte und nicht der Person gilt, dass aber auch gewiss die Rücksicht für letztere nicht so weit werde in Anspruch genommen werden wollen, um nicht, wo mit einer einfachen Behauptung eine Sache als entschieden dargestellt werden will, in einem ganz bescheidenen Kampfe zu Fuss (vgl. Hrn. Dr. R. Schrift S. 286) Widerspruch entgegensetzen zu dürfen, noch viel weniger aber so weit, um sich zu der eröffneten Schwimmschule anzumelden (vgl. a. a. O. S. 353). Nur möchte ich Hrn. Dr. R. bitten, nicht da, wo sein Name nicht ausdrücklich genannt wird, die Beziehung auf ihn als eine von mir gewollte anzusehen, wie ihm dies S. 286 seiner Schrift begegnet ist. Ueberhaupt war die erwähnte Abhandlung nichts weniger als ausschliessend gegen Hrn. Dr. R. gerichtet; nur glaubte ich da, wo ich selbst dem Inspirations Begriff eine andere Stellung wünschte, seiner gedenken zu müssen, um nicht mit ihm vermengt zu werden. Wenn aber Hr. Dr. R. neben dem vielen warmen Danke, den ihm seine Aufsätze bei ihrem ersten Erscheinen in den Ullmann'schen etc. Studien eingetragen haben, sich auch der Erfahrung freut, deren herber und abfertigender Art er es anfühlen will, dass sie heilsam in's Fleisch geschnitten habe, so will ich annehmen, dass dies auch anders gemeint sei, als es lautet, und glaube auch meinen Widerspruch genug begründet zu haben, um wenigstens für mich jene Epitheta abzulehnen, so gern ich auch zugestehe, dass der Eindruck, den seine Ausführungen auf mich machten, kein befriedigender und wohlthuender war. Uebrigen darf ich jetzt vielleicht auf meine unterdessen erschienene Religions - Philosophie 1) hinweisen, in welcher die hier zur Sprache kommenden Begriffe ihre Stelle in dem Zusammenhange eines wissenschaftlichen Ganzen gefunden baben, und von der ich deshalb nur wünsche, dass sie einer eingehenden Erwägung nicht unwürdig gefunden werde. Bei den Vorwürfen aber, welche Hr. Dr. R. über seine Gegner erhebt, ist ihm wohl das Bewusstseyn der Art entrückt worden, in welcher er selbst die Kirchenlehre anlässt, und die wohl geeignet ist, die Freunde derselben zu erregen. Bei der Zuversicht, mit welcher Hr. Dr. R. seine Stellung einnimmt, hätte ihn wenigstens Widerspruch nicht überraschen sollen, der indessen von dem Verf. gegenwärtiger Zeilen nur ganz gelegentlich, eben aus Anlass seiner eignen Aufstellungen erhoben wurde.

Im

1) Die philosophisch - kritischen Grundsätze der Selbstvoraussetzung oder die Religions - Philosophie. Stuttgart 1864.

Unsere Theologie ist allerdings dermalen in eine eigenthümliche Lage gerathen. Nachdem eine völlig verneinende Richtung sich ausgeschieden und aller Gotteslehre abgesagt hat, indem sie nur noch den abstracten Humanismus oder, wie man wohl auch sagt, Anthropologismus predigt, trat die Versuchung heran, dass eine secessio von solchen sich bildete, welche auf der einen Seite die Ergebnisse der destructiven Kritik nicht verleugnen und damit ihre Stellung auf der höchsten Höhe des Zeitbewusstseyns gehörig zu beurkunden meinen, aber doch auch anderseits aus verschiedenen Gründen sich zurückgehalten fühlen von einem völligen Bruche mit den Wahrheiten, welche die Grundlage der christlichen Kirche ausmachen. Sucht diese Richtung festen Fuss zu gewinnen, indem sie ihren Stütz- und Ausgangspunkt gern bei Schleiermacher und auf dem, was er errungen hat, zu finden meint, so soll dies nicht widersprochen werden und wir sind veranlasst, im Folgenden an verschiedenen Punkten darauf zurückzukommen, aber es sei doch auch erlaubt, hier schon auf eine allgemeine und nicht unerhebliche Differenz zwischen beiden aufmerksam zu machen. Unleugbar stösst man auch bei Schl. vielfach auf eine Zwiespältigkeit und von voruherein auf den zwischen den Resultaten der Wissenschaft und den Forderungen des Gefühls bestehenden Widerspruch, dessen sich Schl. vollkommen deutlich bewusst war, und den er auf sich nahm und in sich ertrug. Aber doch fehlt es bei ihm auf keinem dieser beiden Gebiete, auf dem des Wissens wie dem des Gefühls, an einem Princip. Namentlich verleugnete er nicht, dass sein Standpunkt auf dem letztern nur ein subjectivistischer sei. Er sprach in dieser Beziehung nur von einem Bewusstseyn, dessen Inhalt er zu expliciren bemüht war; er hatte einen Reflex und wollte wenigstens von vornherein nicht mehr haben. Anders ist dies vielfach bei dem modernen Standpunkt, der die Verwandtschaft mit ihm in Auspruch nimmt. Er will dafür gelten, nicht nur die Objectivität anzuerkennen, sondern auch auf sie einzugehen. Es wird deshalb von einer Offenbarung gesprochen, deren Inhalt die Dogmatik darzustellen habe; aber freilich alsbald mit dem zweiten Schritte wird, wo und was dieser Inhalt sei, auf ziemlich willkürliche Weise entschieden. Ist ein Object vorhanden und wird dasselbe anerkannt, so sollte sich doch diese Anerkennung dadurch bethätigen, dass es dem subjectiven Belieben eine Schranke bietet. Es sollte seine Substanzialität behaupten, vermöge deren es im Stande ist sich vor den Uebergriffen des Subjects zu schützen und diesem, dem Subject, zu gebieten, inwiefern es sich nach ihm, dem Object, zu richten

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