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Veredelung des Menschengeschlechts beitrugen, und so machte er selbst die ersten Gottheiten zu seinen Schülern. Er war es der die Liebe zum Schönen zuerst unter die Götter brachte, der die leidigen Wirkungen der vor ihm regierenden Nothwendigkeit zerstörte, und einen immerwährenden Frieden unter Göttern und Menschen befestigte. Wen sollte ein Gegenstand wie dieser nicht zum Dichter begeistern? Er schafft Friede den Menschen und Ruhe den tobenden Wellen; er sänftigt brausende Winde, und wiegt in den Schlaf die bekümmerte Seele. Er verbannt aus unserm Herzen alle Feindseligkeit, und flösst ihm allgemeines Wohlwollen ein

u. S. W.

XX. Alle Anwesenden brachen in lauten Beifall über den Vortrag des Agathon aus; und der Platonische Sokrates hat zu viel Politesse und kennt den feinen Weltton zu gut, als dass er durch mürrischen Tadel einer ganzen Gesellschaft ihre Freude verderben sollte. Er opfert daher ebenfalls seinen 315 Weihrauch, aber einen Weihrauch von der beissenden Art, wie er ihn sonst den Sophisten zu streuen pflegt. Nochmals gesteht er sein Unvermögen, nach so meisterhaften Vorgängern noch etwas hörenswürdiges zu sagen, zumal da er jetzo - leider nur zu spät einsähe, dass er sich eine einfältige und von den bisher gegebenen Proben ganz abweichende Vorstellung von den Eigenschaften eines solchen Vortrages gemacht habe. Er habe immer gewähnt, Wahrheit müsse der Grund von jeder Lobrede sein, und in der Einbildung habe er sich dazu verstanden, dem Amor auch eine Lobrede zu halten; mithin sähe er sich auch nun genöthigt sein Wort wieder zurückzunehmen, es sei denn dass man ihm erlauben wolle nach seinen Grundsätzen und in seiner eigenen Manier zu reden. Man gesteht ihm dieses gern zu, und Sokrates geht davon aus, dass er sich von Agathon einige Fragen beantworten lässt, um über die ersten Principien etwas genaueres festzusetzen.

XXI. Er fragt: Ist die Liebe von der Natur, dass sie nothwendig die Neben - Existenz eines andern Wesens vor- 316 aussetzt, auf welches sie sich bezieht? -,, Unmöglich kann

die Liebe etwas Absolutes sein, sondern sie bezieht sich immer auf etwas, wodurch sie erst das wird, was sie ist, Liebe." Und das, worauf sie sich bezieht (sei nun dies was es wolle), begehrt denn die Liebe das? -,, Freilich begehrt sie es, und lieben und begehren ist einerlei." Was sie nun begehrt, besitzt sie das oder nicht? —,, Sie besitzt es nicht. Denn wie könnte man etwas begehren, was man bereits besitzt?" Nun höre einmal, Agathon! Du sagtest doch in deiner Rede, der Gegenstand, worauf sich die Liebe bezieht oder womit es Amor zu thun hat, sei die Schönheit. Ist dieses noch deine Meinung, so siehst du wol aus den bisherigen Prämissen, dass Amor keine Schönheit besitzen, folglich nicht schön sein könne, sondern dass er vielmehr nach Schönheit strebe, weil er sie nicht besitzt. Wenn ferner, wie du mir leicht einräumest, das was schön ist, zugleich auch gut ist, so folgt dass Amor auch nicht einmal im Besitz des Guten sein könne. Durch 317 diese kleine dialektische Episode, die gleichsam eine Einleitung zu der folgenden Rede des Sokrates ist, wird der gute Agathon stillschweigend genöthigt den grössten Theil seiner Behauptungen, oder vielmehr seine ganze Rede, wieder zurückzunehmen, und zu bekennen dass er in eben der Sache, worüber er mit so vielem Beifall gesprochen, völlig unwissend sei. Sokrates räumt sich dadurch zugleich die Dornen aus dem Wege, die der enthusiastische Dichter ihm durch seine grundlosen Sätze gestreut hatte.

XXII. Doch das was sein eigener Vortrag ist, wird so von ihm eingekleidet, als ob es Reden der Diotima, einer weisen Frau der damaligen Zeiten, wären. Bevor ich, sagt er, ihren Unterricht über diese Materien erhielt, dachte ich in den meisten Stücken nicht anders als Agathon.1 Ich hielt,

1) Anm. der Ausgabe: Die Rede des Sokrates zerfällt seiner eignen Eintheilung nach in zween Abschnitte, wovon der eine sich mit der Frage beschäftigt: wer ist Amor? oder, was ist die Liebe? (τίς ἐστιν ὁ Ἔρως καὶ ποῖός τις) das andere aber von dem Einfluss der Liebe auf die Menschen handelt (ἔπειτα τὰ ἔργα αὐτοῦ). Jener geht von hier bis vor das 24. Kapitel, dieser von da weiter bis ans Ende.

so wie er, die Liebe für eine grosse und schöne Gottheit. Allein sie bewies mir dass sie weder schön und gut noch auch hässlich und böse sein könne, sondern dass sie zwischen diesen entgegengesetzten Eigenschaften ebenso in der Mitte stehe, als richtige Meinungen zwischen Wissenschaft und Unwissenheit. Eine grosse Gottheit, fuhr sie fort, kann Amor 318 auch nicht sein, da er nach deinen eigenen Begriffen überall nicht einmal eine Gottheit ist. Denn zum Wesen einer Gottheit wird durchaus Glückseligkeit erfordert: Glückseligkeit aber besteht in dem Besitze des Guten und Schönen: und eben diese Eigenschaften sind es ja, die, wie du mir zugestanden hast, Amor ausser sich sucht, die er begehrt, die er folglich selbst nicht besitzt.

XXIII. Jedoch, wenn Amor diesemnach den Rang der Gottheit verliert, so folgt wiederum nicht dass er nun unter die Sterblichen herabsinke; er ist vielmehr ein Mittelding von beiden, er ist ein grosser Daemon. Das Amt der Daemonen, die in der Kette der Wesen das Glied zwischen unzerstörbaren und vergänglichen Naturen sind, besteht darin dass sie die Dolmetscher und Botschafter zwischen Göttern und Menschen abgeben. Weil die Gottheit sich den Sterblichen nie unmittelbar mittheilt, so sind sie die Mittelspersonen, durch welche die ganze Divination, alle Opfer und Mysterien vor sich gehen. Solcher Wesen gibt es viele 319 und von mancherlei Klassen, und eines davon ist Amor. Er wurde am Geburtstage der Venus, wo die Götter einen Schmaus hielten, und unter andern auch Porus, der Metis Sohn, zugegen war, von diesem und der Penia erzeugt, weshalb er sich alsbald im Gefolge der Liebesgöttin befand, und insofern Aehnlichkeit mit dieser schönen Göttin hat, dass er seiner Natur nach stets nach Schönheit strebt. Von seinen Eltern bekam er einen gewissen gemischten Charakter und besondere Gaben aufgeerbt. Seiner Mutter Penia (Dürftigkeit) hat ers zu danken, dass er immer arm, schmutzig, duldsam ist, auf blosser Erde und unter freiem Himmel übernachtet, u. s. f.; dem Porus (Ueberfluss) hingegen, dass er kühn, schlau, immer thätig, strebsam nach allem was gut

F. A. Wolf, Kleine Schriften.

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und schön, und ein geborner Philosoph ist, dass er weder unsterblich noch auch sterblich ist, sondern an einem und demselben Tage jetzt Leben und Munterkeit hat, dann auf einmal stirbt, und bald darauf wieder auflebt. Zwischen Weisheit und Unwissenheit hält er die Mitte, und beschäftigt sich eben deswegen mit Philosophiren. Denn wer die 320 Weisheit ganz besitzt, wie die Götter, kann folglich auch nicht darnach streben, kann nicht philosophiren; so wenig als diejenigen, die von dieser Seite den Göttern gleichen, die Thoren, die sich einbilden weise zu sein, ob sie es gleich nicht sind, und also auch nicht nach Weisheit streben. Ferner ist Amor auch aus dem Grunde Philosoph, weil die Weisheit unter den vornehmsten Schönheiten der ganzen Natur obenan steht, und Amor von einer beständigen Begierde nach Schönheit belebt wird.1

XXIV. Diese beständige Begierde, dies Streben nach allem was schön, oder, welches einerlei ist, nach allem was gut ist, heisst bei uns Menschen nichts anders als die uns von Natur eingepflanzte Begierde nach dauerhafter Glückseligkeit. Diese Begierde, oder nach unsern obigen Grundsätzen zu reden, diese Liebe ist allen Menschen gemein: alle suchen sie den Besitz von Gütern, alle suchen sie Glückseligkeit. Wenn man aber nicht von allen sagt dass sie lieben, so ist das blosser Eigensinn des Redegebrauchs, der öfters einen Ausdruck von allgemeiner Bedeutung bloss für 321 einen einzelnen Begriff stempelt, wovon wir an vielen andern Wörtern Beispiele 2 haben; als an dem Worte Poet, das eigentlich seiner Abstammung nach jeden anzeigt, der sich mit irgend einer Art von Machwerk beschäftigt. So wie nun diese Benennung bloss einer kleinen Anzahl von Personen, den Dichtern, eigen geworden ist: so gebraucht man auch den Ausdruck lieben nur von einigen Menschen, die auf eine gewisse besondere Art Glückseligkeit zu erlangen suchen, und eine Menge anderer, die eben dieses Ziel auf andern Wegen und durch andere Mittel verfolgen, haben wiederum ihre besondern Namen.

1) ist

2) Exempel 3) So wie diese B. nur

XXV. Das Mittel dessen die Liebe sich zur Erreichung ihres Endzwecks bedient, ist Zeugung und Empfängniss des Schönen im Schönen, sowohl dem Leibe als der Seele nach. Denn die Liebe zum Schönen oder Guten ist allezeit mit einem Verlangen, dieses Schöne oder Gute zu verunsterblichen, verbunden. Daher treibt die Natur, wenn der thierische Körper zur gehörigen Reife gekommen ist, zur Entbindung ein wahrhaftig göttliches Geschäft, das nicht anders 322 als in einem schönen Gegenstande vollzogen werden kann, und wodurch den sterblichen Geschlechtern das Loos der Unsterblichkeit und Unvergänglichkeit zu theil wird, dieses allgemeine Gut, nach dessen Besitz wir - gleich viel durch was für Mittel- uns eigentlich alle sehnen.

XXVI. Und eben weil die Sehnsucht hiernach allgemein ist, so ist auch der Fortpflanzungstrieb so allgemein wirksam und mächtig, und das nicht beim Menschen allein, sondern auch bei allen Gattungen der unvernünftigen Thiere. Allen ohne Unterschied hat die Natur den Wunsch tief eingeprägt, die Grenzen ihrer Dauer so weit als möglich auszudehnen. Hiezu aber können sie nicht anders gelangen als durch das Zeugungsgeschäft, das immer an die Stelle des Alten und Abgegangenen etwas Neues von gleicher Art setzt, und dadurch die im Einzelnen vergänglichen Geschlechter der Thiere im Ganzen unvergänglich macht.

XXVII. Eine ähnliche Beschaffenheit hat es mit solchen, die der Seele nach schwanger sind. Auch diese streben mit 323 einer Begierde, der alle andern untergeordnet sind, die Güter des Geistes, Wahrheit, Wissenschaft und Weisheit, ausser sich zu verbreiten und unsterblich zu machen, und durch ihre Geistesgeburten, durch erhabene und edle Gedanken, durch vortreffliche, dem Menschengeschlechte wohlthätige Gesetze, weise Einrichtungen von Staaten und allgemeinnützliche Erfindungen sich selbst Unsterblichkeit ihres Namens und ewig dauernden Ruhm zu erwerben. Diesem grossen Gedanken an Unsterblichkeit opfern sie mit einer seltenen Bereitwilligkeit alle zeitlichen Vortheile und sogar ihr Leben auf. Wenn eine Seele mit Vollkommenheiten solcher geistigen

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