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scheinen, bis vielleicht in künftigen Zeiten eine Nation wieder hervortritt, die in der Sprache ihres Vaterlandes die unvertragsamsten Eigenschaften entwickeln und die menschliche Denkkraft an eigenem Massstabe zu messen geben wird, vorausgesetzt, dass dann auch eine solche Nation, wie die Griechische vor der Zeit ihrer Erudition, nicht in Untersuchungen der frühern Schicksale und Verhältnisse unserer Gattung, sondern bloss in genialen Productionen einheimischer Künste wird arbeiten wollen. Ob zu einer Erscheinung der Art irgend eine Hoffnung vorhanden sei, ist ohne künstliche Divination zu errathen.* Unterdessen mögen uns die Sprachen des gelehrten Alterthums nicht nur wegen der 98 Werke beschäftigen, die sich durch sie allein in angeborner Schönheit und Kraft der Betrachtung und dem Genusse darstellen: nicht als modische Gewänder und Hüllen von Ideen, sondern als mit den Ideen innig verwachsene Kunstgebilde, sind uns diese Sprachen selbst eine Art von Denkmälern, würdig aufs sorgfältigste durchforscht und in ihren feinsten Theilen mit anatomischem Fleiss beobachtet zu werden, theils um an ihnen die organisch fortgehende Bildung eines glücklich begabten Volkes wahrzunehmen, theils um dadurch unsere eigene Bildung zu erhöhen, und aus denselben nach und nach unsern Sprachen so viel anzueignen, als jede bei sanfter Zucht und strenger Güte ertragen mag. Auf diesem Wege begann einst bei den Neuern die Entwilderung der rohen und die Ausbildung der aus zufälligem Raube erbeuteten Sprachen; dieser Weg soll immer von neuem betreten werden, um sie für die Gegenstände alles popularen und 99 Völker beglückenden Wissens so zu vervollkommnen, wie

*) Schelling am angef. O. S. 33. Die neuere Welt ist in allem und besonders in der Wissenschaft eine getheilte Welt, die in der Vergangenheit und in der Gegenwart zugleich lebt. In dem Charakter aller Wissenschaften drückt es sich aus, dass die spätere Zeit von dem historischen Wissen ausgehen musste, dass sie eine untergegangene Welt der herrlichsten und grössten Erscheinungen der Kunst und Wissenschaft hinter sich hatte, mit der sie nicht durch das Band einer organisch fortgehenden Bildung, sondern einzig durch das äussere Band der historischen Ueberlieferung zusammenhing."

es das Mass ihrer Anlagen und die erweiterten Kreise unserer Vorstellungen und Einsicht gestatten. Am wohlthätigsten wird, wie auch neuerlich wieder versucht worden, sodann die eifrige Benutzung einer so geistvollen Sprache, wie die Griechische ist, für die in manchen Punkten ähnliche Deutsche werden, zumal wenn sich ihrer mehrere Schriftsteller annehmen, die aus genauer Kenntniss von beiden zugleich die Linien des Rechten und Schönen in jedem Stil zu treffen wissen.

Ein mit dem obigen verwandter, jedoch verschiedener Zweck unserer Studien liegt in der Art und Weise, sowohl die alten Sprachen als die übrigen vorhin angezeigten Gegenstände zu studiren. Hier ist zuerst der methodische Geist in Erwägung zu ziehen, wovon mehr oder weniger durchdrungen die edleren Sprachen ihr Erlernen zu einem treflichen Mittel der Geistesbildung machten, ohne irgend eine Hinsicht auf das Erlernte. Daher gingen unsere Vorfahren so weit, die Grammatik jener Sprachen in ziemlich abschreckender Gestalt als eine nützliche Gymnastik des Verstandes auch denen aufzudringen, die nur allgemeine, nicht litterarische, Aufklärung suchten. Sie hielten die Zeit für 100 unverloren, die jemand, der niemals Sprachgelehrter werden wollte, einige Jahre hindurch auf solchen Unterricht wandte; wie vielleicht die sorgsame Mutter vor allen veredelnden Künsten die Tanzkunst auch dem Knaben zumuthet, dessen Ernste man es ansieht, er werde seinen Körper auf die schlichteste Art durch die Welt tragen, und weder als Liebhaber noch als Meister der Kunst auftreten wollen.

Die Grammatik selbst kann in die exegetische und technische eingetheilt werden. Die erstere, welche die Masse von Wörtern und Redensarten mit ihren Lauten, Formen und Bedeutungen erklärt, unterstützt vorzüglich den oben angegebenen Zweck der Analyse und Composition 'unserer Ideen. Um aber diesen Zweck in erwünschtestem Umfange zu erreichen, bedarf es der Vergleichung der Muttersprache mit einer und der andern abweichenden alten, wie eben die Griechische und Lateinische gegen jede moderne ist. Doch bleibt

es nach allen seitherigen Vorarbeiten noch in beiden gar sehr dem eigenen, lange fortgesetzten Fleisse überlassen, auf philosophischem und historischem Wege durch Etymologie, Analogie und Erforschung des Gebrauches zu untersuchen, wie und wann die Zeichen der Vorstellungen zuerst aufkamen, in welchen Grenzen sie sich fixirten oder zwischen welchen sie schwankten, wie die Uebergänge von einer Vor- 101 stellung zur andern entstanden; wie sich die daraus erwachsenen verschiedenen Bedeutungen der Ausdrücke einander synonymisch näherten und von einander entfernten; wie dieser und jener Ausdruck in der einen oder andern Gattung der Rede und deren abgestuften Tonarten einheimisch wurde; wie die Wörter, die nie die Dinge selbst darstellen wollten, unter dem Einflusse von Meinungen und Sitten wechselten, sich neu gestalteten, neu färbten; wie einige seltener und unscheinbar wurden oder ganz untergingen, andere von frischer Bildung an ihre Stellen traten. Erst wann in beiden Sprachen dergleichen einzelne Untersuchungen in grosser Anzahl vollendet sein werden, wird sich die Lexikologie derselben ihrer Vollkommenheit mehr nähern, wie seit kurzem die technische oder methodische Grammatik angefangen hat. Die letztere war bisher bei allen ihren Mängeln das nützlichste Vorstudium der eigentlich gelehrten Erziehung; sie würde aber, nach dem Muster der Stoiker mit einer Einleitung zur Philosophie verbunden, zugleich eine der anziehendsten Beschäftigungen werden können. Hiezu dürften ohne Zweifel manche lächeln, denen die Grammatik eben nicht in reizender Gestalt erschien: doch als nützlich müssen auch solche Lächler sie erkennen, und als die beste ange- 102 wandte Logik, die sich ihnen selbst wohlthätig erwies, da sie häufig versichern aus der theoretischen nichts weiter gelernt zu haben, als wie ein Mensch denke, der die Kunst wohl inne habe, und selbst nicht kunstlos zu denken sich einbilden. Bewies indessen die Sprachlehre ihr Verdienst nicht überall, wie sie sollte, so konnte es nur durch Schuld schlechter Methoden geschehen: aber wer dürfte ihr selbst etwas aufbürden, wodurch jedes andere Bildungsmittel, jede

Kenntniss oder Wissenschaft ihres Zweckes verfehlen müsste?* 103 Demungeachtet ist erweislich, dass sogar krüppelhafte Führer auf verdorbenen Wegen die den Sachen inwohnenden Vortheile nicht vermögen völlig zu zerstören, und dass das Uebel verderblicher Methoden gewissermassen seine Heilung in sich trägt. Denn Uebungen des Denk - Vermögens an den Sprachen, die das Höchste und Tiefste, was in dem Menschen liegt, zusammenfassen, eröffnen wenigstens ihrer Natur nach das Feld aller abstracten Untersuchungen, und reizen uns, indem wir die Zeichen unserer Ideen selbst als Objecte behandeln, zum Nachdenken über die Intellectualwelt. Nirgends sind auch die Aufforderungen uns dahin zu erheben so anschmeichelnd; am dringendsten jedoch zeigen sie sich, wenn dazu das ungewohnte Organ einer fremden Sprache 104 gewählt wird: eine solche ergreift die Aufmerksamkeit stärker, und weil sie nicht, wie die Muttersprache, in die

* Funk am a. O. S. 115.,,Die einzige Anmerkung möchte gewiss hier an ihrem rechten Orte stehen, dass verkehrte Methoden vermuthlich ebenso in allgemeinem Umlauf sein würden, wenn man auch, bei sonst gleichen Umständen, die Objecte des jugendlichen Unterrichts ganz und gar änderte. Bei der Mathematik z. B. sollte man doch wohl unter allen Wissenschaften am wenigsten Gefahr laufen, ein sinnloses Memoriren zu veranlassen. Gleichwohl, sobald man in jedem Lande einige tausend Lehrer dieser Wissenschaft, und zwar für die itzt gewöhnlichen Belohnungen, anzustellen nöthig hätte: so könnte es nicht leicht fehlen, man müsste auch eben wie itzt, diese Lehrer annehmen, so gut sie unter solchen Umständen zu bekommen wären; und dann würden ohne Zweifel in vielen Schulen Lehrsätze und Demonstrationen ebenso gedankenlos auswendig gelernt werden, als jetzo nicht selten unverstandene Regeln der Grammatik und Namen unbegriffener Ideen. Sollte jemanden diese Behauptung zu gewagt scheinen, so könnte ich hinzusetzen, dass der casus wirklich in terminis existirt hat. In solchem Falle aber möchte die Mathematik noch unnützer sein, als das itzt gewöhnliche Sprachenstudium; ohne dass ich hoffentlich dadurch dieser Wissenschaft zu nah zu treten verdächtig werden könnte, die ich für eines der unentbehrlichsten Stücke des jugendlichen Unterrichts halte, und aufrichtig mit Diderot die Zeiten wünsche, wo jeder wahre Gelehrte im Stande sein wird, die Eigenschaften der krummen Linien ebenso leicht und richtig darzuthun, als die Schönheiten des Homer, Plato, Cicero etc. zu fühlen."

Empfindung einwurzelte, zwingt sie uns, die Erscheinungen gerades Weges zur Entscheidung der Vernunft zu bringen.*

Noch von andern Seiten wirkt, als eine Propädeutik zu kräftiger Ausbildung, die zweckmässige Art, die schriftlichen Werke des Alterthums zu behandeln und in ihren ganzen Sinn und Geist einzugehen. Dann ist nicht weiter von Cebungen einzelner Seelenkräfte die Rede; ein gleichmässiges Spiel aller zusammen beginnt, wenn die Geschäfte der Erklärung und Berichtigung praktisch angegriffen werden; es giebt fast keine wissenschaftliche und künstlerische Anstrengung der Seele, wozu es dabei an Stoff und Veranlassungen fehlte. Schon die ersten Versuche im Erklären belohnen mit manchem schönen Gewinne, und lassen die Jugend selbstthätig Blicke in die höhern Verrichtungen des menschlichen Ver- 105 standes werfen. Allein bei weiterer Ausdehnung des Fleisses. auf Schriftsteller aller Gattungen und Zeiten werden die Uebungen fruchtbarer durch die grössern Schwierigkeiten, die sich finden, um den oft verborgenen Gehalt einer Stelle und die in jeder Schrift vorhandenen Eigenthümlichkeiten persönlicher, localer und temporeller Art aufzufassen, indem man in dem Zeitraume vieler Jahrhunderte, wo immer ein späterer Schriftsteller den frühern, ein früherer den spätern erläutert, Ausdrücke, Vorstellungsarten und mancherlei historische Data aufsuchen muss, wodurch anfangs undurchdringlich scheinende Dunkelheiten zerstreuet werden. Ein anderer Vortheil, der bei dieser und der kritischen Beschäftigung erhalten wird, kann ebenfalls nicht genug geschätzt werden, wir meinen eine sichere Angewöhnung, die zartesten Momente von Wahrheit und Wahrscheinlichkeit nach ihren Graden abzuwägen, wobei Gegenstände entfernter Zeiten nicht,

*) So urtheilten, scheint es, auch schon Römische Kundige nach einem Fragment des Cicero bei Sueton. de clar. Rhett. c. 2. ,, Equidem memoria teneo, pueris nobis primum Latine docere coepisse L. Plotium quendam; ad quem quum fieret concursus, quod studiosissimus quisque apud eum exerceretur, dolebam, mihi idem non licere: continebar autem doctissimorum hominum auctoritate, qui existimabant Graecis exercitationibus ali melius ingenia posse."

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