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stellt uns einen redlichen Pharisåer, mit Namen Likodemus, vor, auf den die Thaten Jesu solchen Eindruck gemacht haben, daß er bey Ihm, als einem von Gott gesandten Lehrer, weitere Unterweisung sucht. Da unterschied sich also Nikodemus schon auf eine rühmliche Weis se von dem gewöhnlichen Schlage der Pharisder, die insgemein Verächter Jesu, ja seine erbittertsten Feinde waren; ja man mag ihn wohl mit Solchen unter den heutigen Christen vergleichen, deren dürftige und mangelhafte Erkenntniß des Herrn und seines Evangeliums, doch schon in ihrem Herzen ein gewisses Wohlgefallen an dem Heiland, und ein Verlangen hervorgebracht hat, in der Erkenntniß seiner Person und seiner Lehren weiter gefördert und tiefer gegründet zu werden. Wenn nun dergleichen Seelen auch unter uns seyn möchten; dürfte es zunächst für diese, die sich gleichsam am Eingange, oder in dem Vorhofe des Reiches Gottes befinden, dann aber auch für diejenigen, die da noch ferne sind, doch ohne deßhalb zu den Feinden des Herrn und seiner Wahrheit zu gehören, belehrend und erwecklich seyn, in gegenwärtiger Andachtsstunde

so

das merkwürdige Verhalten Jesu gegen einen redlichen und frommen Pharisäer

nach Inhalt unseres Evangeliums zu betrachten.

Es lehrt uns aber dasselbe

1.) wie unser Heiland diesen Mann viel anders be handelt, als sonst die Pharisåer von Ihm be

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2.) ihm seine Frömmigkeit zu nichtę macht — da

gegen

3.) ihn in der wahren, vor Gott bestehenden, Frömmigkeit unterweist,

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und endlich

4.) ihm zeigt, wie er dazu gelangen werde.

Wir wollen die hier angegebenen Hauptabschnitte des ganzen evangelischen Inhaltes, nun einen nach dem andern, in nåhere Erwägung nehmen.

I.

also sehen wir aus unserm Evangelium

wie Jesus hier den redlichen und frommen Nikodemus auf eine ganz andere Art behandelt, als sonst die Pharisaer von Ihm behandelt wurden.

Man darf nur einige Bekanntschaft mit den Geschichtserzählungen des neuen Testamentes haben, um es zu wissen, wie der Herr sich oft in harten Ausdrücken über die Pharisåer erklärte. Hören wir Ihn doch selbst, in einer seiner legten Reden, ein wiederholtes Wehe über diese, um ihrer scheinbaren Frömmigkeit willen, vom Volke hochgepriesenen Leute ausrufen (Matth. 23, 13. ff.). Ihm nämlich, der da wohl wußte, was im Men= schen war (Joh. 2, 25.), Ihm konnte die Schalkheit dieser Heuchler nicht verborgen bleiben, die Er mit übertünchten Gräbern vergleicht, welche auswendig schön gepugt, aber inwendig voller Wust und Moder wären. (Matth. 23, 27.) So werden sie uns denn auch von Jesu selbst, nach ihrer innern Unlauterkeit, geschildert,

als

als Menschen, die sich vermaaßen fromm zu seyn (Luc. 18, 9.), als Satte, die ohne Hunger und Durst nach der Gerechtigkeit, in ihren Herzen sprachen: „ich bin wohl reich, und habe gar satt und bedarf nichts“ (Offenb. 8, 17.), als Stolze, die da beten konnten:

"

Ich danke dir Gott, daß ich nicht bin wie andere Leute u. f. m." (Luc. 18, 11.) Solche Leute aber, die konnten unmöglich für den Heiland passen, so wenig als Er für sie, indem Er, als ein Arzt, nicht den Gesunden; sondern den Kranken Hülfe und Heilung brachte, mithin denn auch nicht geistlich Satte; sondern geistlich Hungernde und Durstende mit Einem Worte, arme sündige, verlorne Seelen suchte, die aber doch nicht gern wollten verloren gehen, daher zu einem redlichen Verlangen nach ihrer Errettung vom Verderben, und einem Sehnen nach ihrer Begnadigung bey Gott sich leicht durch Jesu liebreichen Umgang wecken ließen. Darum finden wir denn auch Jesum, für's Gewöhnliche, mit solchen Menschen im Verkehr, die, wie die Zöllner, oder andere grobe, übelberüchtigte Sünder, ein Greuel in den Augen der Pharisåer waren, welche leßtere denn aber auch an Jesu freundlicher Behandlung solcher groben und landkundigen Sünder ein um so größeres Aergerniß nahmen, je weniger ihre sogenannte Frömmigkeit, und ihre eingebildeten hohen Vorzüge von Ihm beachtet oder einiges Lobes gewürdigt wurden. Da konnten sie denn nicht anders denken, als daß das Urtheil Jesu über die vorgenannten groben Sünder besser ausfalle, als über sie, was denn nun freilich ihren Stolz auf das em=

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pfindlichste kränkte, und es erklärlich macht, daß sie den Heiland auf das bitterste haßten. Wenn nun der hier erwähnte Tikodemus freilich auch der Pharisåersecte angehörte; so finden wir doch einen auffallenden Unterschied in dem Benehmen Jesu gegen ihn und gegen andere Pharisåer. Der Heiland läßt sich gleich mit ihm in eine ausführliche Unterredung ein, und nimmt nicht Anstand, ihm das Geheimniß seiner Lehre vom Reiche Gottes zu eröffnen. Kurz, Er redet mit Nikodemus so, wie Er, so viel wir wissen, bis dahin noch mit keinem Pharisåer geredet hatte. Was mochte Ihn aber wohl bewegen, hier solche Ausnahme zu machen? War ja doch Nikode= mus auch ein Pharisåer, mithin derselben Secte zugethan, über welche Jesus oft sich mit dem strengsten Tadel äußert, und schwerlich thut man diesem Manne zu viel, wenn man sich ihn als einen solchen denkt, der auch etwas auf seine Frömmigkeit gab, und sich des Reiches Gottes vor vielen andern, insonderheit vor den groben Sündern und bey der Welt berüchtigten Uebelthåtern, würdig dünkte. Geschieht das doch wohl heute auch noch, von mancher Christenseele, obschon dieselbe nicht immer Arges darunter hat; denn der Hang zur Eigengerechtigkeit und jenem Pharisäerstolze, der bey sich selber spricht: „Ich danke dir Gott, daß ich nicht bin, wie andere Leute“, ist gar zu tief in der uns allen ange= bornen Eigenliebe begründet. Dennoch ist nichts dem wahren Christenthume mehr zuwider, als solcher Sinn der Selbstgefälligkeit, und so lehrt auch die Schrift mit klaren Worten, wir sollen „nicht Gefallen an uns

felber

selber haben" (Röm. 15, 1.), weßhalb ein alter Kirchenlehrer, da man ihn fragte, was doch die erste Christentugend sey, ganz richtig antwortete: Demuth; was aber die 2te? Demuth und was die ste? Demuth, womit er sagen wollte, daß Demuth, oder das beugende Gefühl der Unwürdigkeit vor Gott und des Bedürfnisses der unverdienten göttlichen Gnade, dem ganzen Christenthum eines Menschen müsse zum Grunde liegen, daß also ohne Demuth kein Christ, mit andern Worten, kein Bürger und Genosse des Reiches Gottes sich denken lasse. Das wußte nun aber damals Wikode= mus noch nicht. Indeß war doch Etwas bey diesem Manne, das ihn vom großen Haufen der Pharisåer unterschied und Jesu wohlgefiel. Und dieses war ein redlicher Sinn, dem schon das Wort der Verheißung gegeben ist:,, den Aufrichtigen läßt es Gott gelingen. “ (Sprw. 2, 7.) Nikodemus war kein Heuchler, der es nur auf den Schein der Frömmigkeit anlegt, er strebte vielmehr, nach seiner Weise, der Frömmigkeit ernstlich nach, achtete darum auch Jesum aufrichtig hoch, und so hielt auch des Heilandes niedrige Gestalt, woran so Viele Anstoß nahmen, ihn keinesweges ab, den richtigen Schluß zu machen: „Niemand kann die Zeichen thun, die Er thut, es sey denn Gott mit ihm.“ Warum nicht alle Pharisåer, denen doch auch die göttlichen Thaten Jesu bekannt genug waren, daraus denselben Schluß, wie Nikodemus, zogen? Fehlte es ihnen etwa an Verstand dazu? Ach nein! den hatten sie wohl; aber etwas fehlte ihnen der redliche Sinn, den wir bey Nikodemus

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