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Am zweyten Sonntage nach Trinitatis.

Einleitung.

Wie groß, geliebte Zuhdrer! die Anzahl derer ist, die Christen heißen; so muß man doch nach denen suchen, die in der That und Wahrheit Chriften sind. Wie geht das zu? und warum ist zur Zeit die Zahl der wahren Christen noch immer klein zu nennen gegen die Menge derer, die nur den Schein des christli= chen Wesens, ja oft auch nicht einmal diesen, haben? Ein Hauptgrund ist bey Vielen die große Unbekanntschaft mit dem, was zu dem Wesen des wahren Christenthums gehört, woher es denn geschieht, daß sie vom Christenthum überhaupt, und dessen einzelnen Lehren und Geboten, oft eine durchaus irrige und verkehrte Vorstellung unterhalten. Diese bedauernswürdige Unwissenheit wird, sonderlich in unsern Tagen, unter Hohen und Niedern, wie die Erfahrung lehrt, gefunden, und wem nur einigermaaßen die Augen geöffnet sind, erblickt überall die Menge solcher Christen, die man vergeblich fragen würde, was wir denn eigentlich am Christenthume haben, und warum wir vorzugsweise es mit dem christlichen Glauben halten. Und möchten denn nur dergleichen Unwissende noch ein Verlangen haben, das Christenthum in seinem Grunde und Wesen genauer kennen zu lernen! Dazu aber sind eine Menge theils viel zu gleichgültig gegen alles, was außer dem Bereich ihrer Sinne liegt, theils aber auch zu stolz, so daß sie von der schmei

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chelhaften Vorstellung, das Rechte schon erfaßt zu haben, auf keine Weise abzubringen sind. Wie thun sich aber solche Leute den allergrößten Schaden selbst! Und wie würde ihnen das Christenthum, wenn sie's nur einmal gründlich kennen und seine göttliche Kraft am eigenen Herzen erfahren lernten, gar bald in einem solchen Lichte erscheinen, daß sie, wie einst der große Heidenapostel, „alles für Schaden achteten, gegen die übers schwengliche Erkenntniß Jesu Christi.“ (Phil. 8, 8.) Ben meiner völligen Ueberzeugung nun, daß ihr, Ge= liebte! es gleichfalls nöthig habt, zu lernen, wie denn das Christenthum von uns betrachtet seyn wolle, gedenke ich diesmal, dem heutigen Evangelio zufolge, euch selbiges von einer zwiefachen Seite, einer freundlich lockenden, und einer ernst ermahnenden, darzustellen. Gott wolle uns bey dieser unsrer Betrachtung seinen Gnadenbeystand verleihen, damit sie recht gesegnet auf unser aller Herzen wirke, und Früchte schaffe für die Ewigkeit durch Jesum Christum. Amen!

Evangel. Luc. 14, 16-24.

Wenn wir, Geliebte in dem Herrn! die vorgelesene Gleichnißrede Jesu in nåhere Betrachtung ziehen; so wird uns hier der rechte Begriff von der Beschaffenheit des Christenthums gegeben, das wir uns dem zufolge also denken müssen, wie es sowohl eine freundliche, als eine ernste Seite habe. Davon nun wollen wir in dieser Andachtsstunde handeln, also

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„ die freundliche und die ernste Seite des
Christenthums"

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betrachten.
So viel nun

I.

die freundliche Seite des Christenthums betrifft; so wird dieselbe deutlich genug in unserm Evangelio hers vorgehoben. Nicht nur, daß wir im Christenthum, von Gottes Seite, die freundlichste Einladung vernehmen, wir finden darin auch weiter noch, daß diese freundliche Einladung an Jedermann von uns, selbst an die Schlechtesten und Versunkensten, ergehe. Das sind zwey Eigenschaften des Christenthums, die unverkennbar hier, in Jesu Gleichnißrede, angedeutet werden.

1.) also ergehet im Christenthum, von Gotteswegen, die freundlichste Einladung an uns.

Von einem Abendmahle ist in dem vorgelesenen Evangelio die Rede, und zwar von einem großen Abendmahle, zu welchem Viele eingeladen werden. Wir müfsen zuvdrderst hier bemerken, daß das Wort „Abends mahl" in der Bedeutung eines Ehrengelages und festli= chen Gastgebotes zu nehmen ist. Denn in dem Lande, wo der Heiland lebte, ward die tägliche Hauptmahlzeit, und so auch jedes Ehrengelag, zu Abend gehalten, und hieß darum ein Abendmahl. Demnach bedient sich unser Heiland hier, wo Er uns einen Begriff von der Beschaffenheit des Christenthums zu geben im Sinne hat, eines gar freundlichen und lieblichen Bildes, damit wir ja nicht denken mögen, es sey das Christenthum ein schwe=

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res, hartes Joch, und gehe nur darauf um, dem Menschen allerley Beschränkungen und Entbehrungen aufzulegen, und harte Pflichtleistungen ihm zuzumuthen. So pflegen freilich wohl noch immer Viele, auch vielleicht unter uns, das Christenthum zu betrachten, woraus natürlich folgt, daß sie sich davor scheuen, etwa wie einst die Kinder Israel sich scheueten, wenn die egyptischen Frohnvögte mit ihren Stecken bey ihnen waren, um sie zur Arbeit anzutreiben. Eine solche finstere Vorstellung vom Christenthum den Leuten entweder beyzubringen, oder darin sie zu bestärken, ist allerdings der Feind mit gutem Bedacht bemühet; denn da wird gleich von vorn herein das Christenthum den Menschen so zuwider, daß sie auch nicht einmal es näher kennen lernen mögen. Darum berichtigt Jesus hier, in seiner Gleichnißrede, die oberwähnte finstere Vorstellung, indem er lehrt, wie uns das Christenthum zum fröhlichsten Genuß einlade, weßhalb wir, mit der ganzen Menge derer, die mit uns zu der Christenheit gehören, als eingeladene Gäste des Königs über Himmel und Erde zu betrachten seyen. Wenn dem zufolge die Einladung an uns ergehet: „Rommet, es ist alles bereit!" so versteht sich ja von selbst, daß wir da weder zur Frohn gefordert, noch zur Bezahlung unserer, allerdings sehr großen, Schuld getrieben werden. Und wenn wir nun von einem Gastmahl, das ein Großer und Reicher giebt, mit gutem Grund erwarten, daß selbiges sehr prächtig seyn und ganz vorzügliche Genüsse darbieten werde; so mögen wir ja leicht erachten, daß es das allerherrlichste Gastmahl

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sey, wozu der ewig reiche Herr über Himmel und Erde uns einladen läßt, wie der Prophet auch davon rühmt: Sie werden trunken von den reichen Gütern deines Hauses, und du trånkest sie mit Wollust, wie mit eis nem Strom." (Ps. 36, 9.) Nun wird das freilich wohl, im vollsten Sinne, erst dort erfüllet, wenn wir des Richters Ruf vernehmen: „Rommet her, ihr Gesegnes ten meines Vaters! ererbet das Reich, das euch bereis tet ist von Anbeginn der Welt!“ (Matth. 26,34.) Aber auch schon hier in diesem Pilgrimsstande, hier, wo noch nicht erscheinet, was wir seyn werden (1 Joh. 3, 2.); hat der Herr den Seinen einen Tisch bereitet, hier schon giebt's für sie gar hohe und selige Abendmahlsfreuden, worauf auch Jesu Worte zielen: „Siche! ich stehe vor der Thür und klopfe an. So Jemand meine Stimme hören wird und mir aufthun, zu dem werde ich eins gehen, und das Abendmahl mit ihm halten, und er mit mir." (Offenb. 3, 20.) Das will, mit andern Worten, sagen: „Ich werde ihn erquicken, ich werde ihm geben von meinem Freudenwein, und seine Seele mit himmlischem Genusse laben!" Und das ist denn ein Vorschmack jener Freuden, ein Freudengenuß, der die Begierde nach dem himmlischen Freudenmahle reizen, und uns die Lust der Welt, das süße Gift, womit der Fürst dieser Welt die armen Seelen verlockt, verleiden und zuwider machen soll. Darum singt auch die Christenheit von Alters her: „Giebst du schon so viel auf Erden, was wird nicht im Himmel werden!" Und wenn der Heiland selber ruft: „Rommet her zu mir! ich will euch erquik

ten!"

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