صور الصفحة
PDF
النشر الإلكتروني

meinen Kastens in den Städten, und Aelteste aus den Landgemeinden zugezogen werden sollen. Die Verfasser haben jedoch hier nicht an eine Betheiligung der Gemeinden als berechtigter Gliederungen des kirchlichen Körpers gedacht, sondern jene weltlichen Personen sind ihnen lediglich Diener der Kirchenpolizei, wofür ihnen die Sendschöffen sichtbar das Vorbild geliefert haben. Auch der Bann ist ihnen, gerade wie im ersten Bedenken, nicht blos ein kirchliches Zuchtmittel, welches nur secundär auch auf das bürgerliche Leben einwirkt, sondern eine kirchliche und bürgerliche Strafe zugleich; die Idee einer Kirchenzucht, eines unabhängigen kirchlichen Sittengerichtes ist also völlig verwischt, weshalb denn die Consistorien wie im ersten Gutachten auch noch mit einem Kerker bedacht werden.

Die Consistorien erscheinen in dem Vorschlage der Theologen entschieden als landesherrliche Behörden, und nur rücksichtlich des Bannes werden sie als Vertreter der Kirche bezeichnet. Die Reformatoren haben aber dieselbe Institution, und zwar unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das Recht des Landesfürsten, auch unter der Vorausseßung einer Ausgleichung mit den Bischöfen der römischen Kirche für nöthig gehalten. Dies zeigt z. B. schon eine bereits an einer anderen Stelle benußte Consultation vom Jahre 1540 33), wenn sie sagt: „Doch ,,muß man sich in den Stücken von der Ordination, Juris,,diction, Excommunication und Visitation alsdann mit statt,,lichem Rath vergleichen, wie fern sich solche Gewalt erstrecken ,,sollte, daß auch etliche verständige Personen von der welt,,lichen Obrigkeit dazu beordert würden." Noch deutlicher aber tritt derselbe Standpunct in den Aeußerungen der Reformatoren über die Verfassung, welche den beiden evangelischen Bisthümern in Sachsen gegeben werden sollte, hervor. In einem Gutachten vom Jahre 1541 34) sprechen sie sich dafür aus, daß, da die Fürsten die Pfarrer und Schulen wüft werden ließen. und ganz kein Kirchenregiment hielten, aber auch wegen des Beispieles, so wie um des Adels willen, das Bisthum und Capitel erhalten werden möchten. Dem Lezteren wollten sie

33) Corp. Ref. T. III. p. 943. Gesch. der evang. Kirchenverfassung.

34) Ibid. T. IV. p. 698.
7

bis zur Bestellung eines Bischofs, der später bekanntlich in Amsdorf gefunden wurde, vier Aemter zugestehen, „nehmlich ,,das Eramen und die Ordinatio der Priester, Consistoria, ,,Synodos halten, darin von der Lehr zu reden, item die Visi,,tatio, Aufsehung der Pfarren und Schulen." Dann aber sehen sie hinzu:,,Und wäre ein sehr nüßlich Ding, daß für ,,den bischöflichen Stuhl ein stattlich Consistorium mit einer rechten , Autorität und Erecution aufgerichtet würde, wie dann weiter ,,darüber zu berathschlagen, daß dennoch der Landesfürst eine Autorität darüber hätte. So dann Gelegenheit der Zeit als,,dann also sein würde, möchte man ein stattliche Person mit ,,dem bischöflichen Namen über solch Consistorium ordnen, der ,,als Director folcher Sachen wäre, und hätte dazu die welt,,liche Regierung im Stift, und wären auch etliche Artikel zu ,, stellen, wie derselbige dem Landesfürsten sollte verpflichtet sein, ,,wie er zu wählen u. f. w." Völlig übereinstimmend äußert sich Melanchthon im Jahre 1544 in einem Sendschreiben an den evangelischen Bischof von Merseburg Georg von Anhalt35): ,,De senatu ecclesiae omnino nullum alium senatum vellem ,, constitui quam consistorium, cui in causis difficilioribus ,,princeps ex aula et academia viros optimos et eruditissi,,mos adjungere potest."

In der Erörterung, welche wir hiermit abschließen, ist Luthers Name wenig genannt worden, wie denn wirklich auch seink Mitwirkung in den publicistischen Acten und Schriften mehr in den Hintergrund zurückgetreten war. Sein Verhältniß zu der inzwischen eingetretenen veränderten Auffassung läßt sich indessen aus den Briefen deutlich erkennen. Schon im I. 1530 hatte er in einem bekannten Briefe an Melchior Stiefel 36) die Einmischung der weltlichen Gewalt in das Gebiet der kirchlichen Zucht mit dem Bemerken zurückgewiesen:,,Der Schoffer ad haec nihil adhuc faciat, quia non est politica „res", und in demselben Jahre hatte er Melanchthon erinnert 37): ,,Primum quum certum sit, duas istas administrationes esse distinctas et diversas, nempe ecclesiasticam et politicam.., nobis hic acriter vigilandum est nec committen

وو

[ocr errors]

35) Ibid. T. V. p. 469.
36) De Wette, Briefe Bd. III.

G. 538.

37) Daselbst Bd. IV. S. 105.

وو

,,dum, ut denuo confundantur, nec ulli cedendum aut con,, sentiendum, ut confundat." Zugleich gab er jedoch zu, daß, wenn auch die Personen und das Regiment unvermischt sein sollen, doch idem homo utramque personam gerere possit, wenn nur der Bischof nicht als Bischof, sondern als Fürst befehle. An den ersten Verhandlungen über die Consistorien hatte er, wie es scheint, keinen unmittelbaren Antheil. Doch schrieb er im J. 1539, als in Wittenberg ein Consistorium vorläufig errichtet worden war, an Spalatin 38):,,Nam etsi hic ,, Wittenbergae consistorium coeperit constitui, tamen, ubi ,, absolutum fuerit, nihil ad visitatores pertinebit, sed ad causas matrimoniales (quas hic ferre amplius nec volumus ,,nec possumus) et ad rusticos cogendos in ordinem ali,,quem disciplinae et ad persolvendos reditus pastoribus, ,,quod forte et nobilitatem et magistratus passim necessario ,,attinget", und Sonntag nach Ulrici desselben Jahres konnte der Kanzler Brück dem Kurfürsten „mit Wahrheit“ berichten 39), ,,das Doctor Martinus an der Handlung des Consistorii zu Wit,,tenbergk Ist eyn gros gefallen hat." Allein schon im J. 1543 flagte Luther wieder (wie schon früher in einem an Leonhard Beier40) gerichteten Schreiben) in einem Briefe an Grefer41), wenn es dahin kommen werde, daß die Höfe die Kirchen nach ihrem Gutdünken regieren wollten, dann werde Gott nicht nur keinen Segen hierzu geben, sondern der jezige Zustand werde noch ein schlimmerer werden als der frühere. Mögen sie, so fährt er fort, Pfarrer werden, predigen, taufen, die Kranken besuchen, die Communion austheilen und alle kirchlichen Verrichtungen vornehmen, oder aufhören die verschiedenen Berufe durch einander zu mischen, ihre Hofgeschäfte besorgen, und die Kirche denen. überlassen, die an sie berufen sind und Gott dafür Rechenschaft abzulegen haben.,,Satan pergit Satan esse. Sub Papa

[ocr errors]

miscuit ecclesiam politiae, sub nostro tempore vult miscere ,, politiam ecclesiae." Hierin drückt sich freilich wieder nur die Auffassung des kirchlichen Regimentes aus, wonach dasselbe in dem Lehramte an jeder Kirche beschlossen ist, und man wird.

38) a. a. S. S. 329.

39) Aus der Urk. im Archiv zu Weimar.

40) Daselbst Bd. V. S. 8.
41) Dafelbft S. 596.

darin nicht eine Abfagung von dem Zuge finden können, dem Luther in Betreff der äußeren Ordnung früher selbst gefolgt war. Um so gewisser aber bezeugt sich die Sorge um die Gefahr des Mißbrauchs. Nicht im landesherrlichen Kirchenregiment an sich lag das Uebel, sondern darin, daß es entweder ohne Schranken sich entwickelt hatte, oder die Schranke nicht in der Kirche, sondern in einer zweiten Herrschaft, nämlich in der geistlichen, gefunden worden war.

§. 8.

Der Abschluß der Verfassung.

(Die Kirchenordnungen. Der Beruf der Obrigkeit nach den Gesetzen. Der Religionsfriede und das bischüßliche Recht. Beschränkung der Träger des Episkopalrechts durch das Lehramt. Beschränkung durch die Stände.)

Für die Geschichte der Verfassungsverhältnisse fließt in den Kirchenordnungen des sechszehnten Jahrhunderts eine erst in der neueren Zeit wieder zugänglich gewordene 1) Quelle von außerordentlichem Reichthum. Unter denselben giebt es einige, welche der Gesezgebung in weiten Kreisen als Prototype gedient haben und entweder wörtlich wiederholt oder doch nachgebildet worden sind. Von diesen sind zwei, der fächsische Unterricht der Visitatoren an die Pfarrherrn vom Jahre 1528 und die gleichzeitige braunschweigische Kirchenordnung, welche den Ordnungen von Hamburg (1529), Minden, Göttingen (1530), Lübeck (1531), Soest (1532), Wittenberg (1533), Bremen (1534), Osnabrück (1543) als Muster gedient hat, bereits erwähnt worden (§. 5.). Ihnen reiht sich die von Osiander und Brenz für Brandenburg - Anspach und das Nürnbergische Gebiet entworfene Kirchenordnung 2) von 1533 an, welche in liturgischer und dogmatischer Hinsicht besonders wichtig geworden ist, grade so wie in ersterer Beziehung die sächsische Agende 3) von 1539 große Bedeutung erlangt hat. Dagegen hat auf den Theil des kirchlichen Lebens, welcher hier in Frage steht, die Mecklenburgische Kirchenordnung 4) von 1552 vor allen anderen maaßgebenden Einfluß

1) Durch die schon oft angeführten Evang. Kirchenordnungen des 16. Jahrh. Weimar 1846. 2 Bde.

2) Ev. K.-D. Bd. I. S. 176.
3) Daselbst S. 307.
4) Daselbst Bd. II. S. 115.

ausgeübt. Genauere Untersuchungen haben erwiesen, daß sie nicht von Melanchthon, wie man früher angenommen hat 5), sondern von Aurifaber, Riebling, Nossiophagus und Rathmann verfaßt worden ist 6). Daß jedoch der Erstere an ihr großen Antheil gehabt habe, geht daraus hervor, daß eine von ihm verfaßte Lehrfchrift, das bekannte, fast symbolisch gewordene Examen ordinandorum, in ihr zuerst erscheint, und daß er mit besonderer Vorliebe wiederholt in seinen Briefen auf sie zurückkommt 7). Ihre Grundlage bildet die Wittenberger Reformationsformel von 1545, der nicht nur die Dekonomie, die Anordnung nach fünf Stücken (Lehre, Lehramt, Ceremonien, Schulen, Kirchengüter), sondern auch der Abschnitt über die Consistorien angehört. Die Thatsache, daß sie im Jahre 1559 als Kirchenordnung:,,Wie es mit Chriftlicher Lere, reichung ,,der Sakrament, Ordination der Diener des Euangelii ordent,,lichen Ceremonien, in den Kirchen, Visitation, Consistorio „vnd Schulen, zu Witteberg, vnd in etlichen Chur vnd Für,,stenthum, Herrschaften vnd Stedte der Augsburg. Confession ,,verwand, gehalten wird", erscheinen konnte 8), ist ein deutliches Zeichen dafür, daß sie sogleich nach ihrem Erscheinen den besonderen Beifall der Fürsten und Theologen gefunden hatte.

Später hat namentlich der Württembergische,,Summarische Begriff“, die sogenannte große Kirchenordnung 9) von 1559, auf den Abschluß der Verfassungsgestaltungen mehrfach eingewirkt. Die Kirchenordnung von 1536 hatte im südlichen Deutschland besonders die Gestaltung des Cultus bestimmt. Nunmehr erstreckte sich aber der Einfluß der Württembergischen Gesetzgebung auch auf das Verfassungsrecht der norddeutschen Landeskirchen, wie z. B. die Braunschweigische Kirchenordnung von 1569, und kursächsische von 1580 zeigen. Die Vermittlung geschah hier durch Jacob Andreä und ging mit dessen Bemühungen um die reine lutherische Lehre, und um die Ab

5) 3. B. von Osiander, Epit. hist. eccl., Tübing. 1601. p. 614., und von Masch, Beitr. zur Geschichte merkwürdiger Bücher S. 135.

6) Vergl. Rudloff, Mecklenb. Geschichte Th. III. Bd. I. S. 131., Schröder, Evang. Mecklenburg

Bd.I. S.35., Wiggers, Mecklenb.
Kirchengesch. S. 126.

7) Corp. Ref. T. VII. p. 1007.
1016. 1032. 1033. T. VIII. p. 32.
78) Ev. K.-O. Bd. II. S. 222.
9) Daselbst S. 198.

« السابقةمتابعة »