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in demselben auf, ohne jedoch durch ihn zum lebendigen Herzenschristenthum geleitet worden zu sein. Nachdem er im elterlichen Hause seine erste Erziehung erhalten, kam er im Jahr 1804 in das Collegium zu Andover. In derselben Anstalt befand sich ein junger Mann, Namens E., der sich vor Andern durch seine hohe Begabung, sein liebenswürdiges, wißiges und angenehmes Wesen, sowie durch bezaubernde Manieren auszeichnete, dabei ein vollendeter Gottesläugner. Bald war der Sohn des ernsten Puritaners nicht nur sein Bewunderer und Freund, sondern ein eben so entschiedener Bekenner seines Unglaubens. Adoniram war jedoch zu aufrichtig und männlich, als daß er diese Veränderung in seinen Glaubensansichten seinem Vater hätte verschweigen können. Dieser aber behandelte die Mittheilungen seines Sohnes ähnlich, wie es andere Väter thaten unter den glei= chen Umständen, mit der Strenge eines Mannes, der nie am eigenen Glauben gezweifelt hatte. Den Thränen, Klagen und Bitten der Mutter zu widerstehen, war für den jungen Gottesläugner schon schwerer. Indeß machte er eine Reise durch die nördlichen Staaten Amerika's mit unklaren Plänen wissenschaftlichen Ehrgeizes, unruhig im Geist und elend am Herzen. Eines Abends spät kehrte er in einem ländlichen Gasthause ein, um daselbst zu übernachten. Als der Wirth ihm in sein Zimmer leuchtete, drückte ihm dieser sein Be= dauern aus, daß er ihm seine Nachtherberge neben der eines jungen Mannes anweisen müsse, der schwer krank und allem Anscheine nach am Sterben sei. Judson versicherte mit anscheinender Kaltblütigkeit und Herzlosigkeit, daß ihn dieß ganz nicht beunruhige. Nichtsdestoweniger drangen Löne aus dem anstoßenden Zimmer herüber, die ihm keine Ruhe ließen. Es waren nicht sowohl die Bewegungen der Wärter, die ihn in Unruhe verseßten, als vielmehr das Seufzen und Stöhnen des Kranken in der feierlichstillen Mitternacht und der trübe Gedanke, daß der junge Mann wahrscheinlich am Sterben liege. Dazu kamen die frühen Eindrücke des Elternhauses und die neulichen Thränen seiner Mutter. Dieß Alles war zu stark für seinen Unglauben. War dieser Sterbende vorbereitet? bin ichs?" frug er sich. Schamröthe überflog sein Gesicht bei dieser Frage; denn er fühlte die Hohlheit seiner armseligen Philosophie. Aber was würden seine früheren Studiengenossen zu dieser Schwäche sagen? was würde insbesondere sein flarer, verständiger, wißiger Universitätsfreund von einer solchen kindischen Unruhe denken? Dennoch kehrten seine Gedanken immer

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wieder zu dem Kranken zurück, der in des Lebens letter Feuerprobe lag. War er ein Christ, ruhig und stark in der Hoffnung des ewigen Lebens? oder erbebt er am Ufer einer dunkeln, unbekannten Zukunft? Vielleicht war er ein Freidenker, auferzogen von christlichen Eltern und begleitet von den Gebeten einer frommen Mutter." So wogte es in ihm auf und ab. Er erinnerte sich, daß der Wirth ihm denselben als einen jungen Menschen beschrieben hatte, und es drängte ihn im Geiste sich an das Sterbebette zu stellen, obwohl er mit aller Macht dagegen kämpfte. So kam der Morgen, und die helle Fluth des Lichtes, die sich in sein Zimmer goß, zerstreute, wie er sich für den Augenblick beredete, alle seine abergläubischen Nachtgedanken. Sobald er sich erhoben, suchte er den Wirth auf und fragte nach seinem kranken Hausgenossen. Er ist todt!" war die

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Antwort. Todt?" - "Ja, er ist dahin, der arme Bursche! Der Arzt sagte, er würde wahrscheinlich die Nacht nicht überleben." — ,,Wissen Sie, wer er war?" - „O ja, er war ein junger Mann vom Providence - Collegium; ein sehr hübscher Junge. Sein Name ist E." Judson war wie vom Schlage gerührt. Es war Niemand anders, als sein angebeteter Freund, der ihm zuerst die Zweifel des Unglaubens ins Ohr geflüstert. „Todt!" dachte er bei sich selbst; ,, verloren, verloren!" An diesem Lag merkte er, daß er ohne Christenthum nicht leben könne; er fühlte die Wahrheit des Evangeliums, gab den Reiseplan auf und lenkte seine Schritte heimwärts. Dieß war der Wendepunkt seines Lebens.

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In der Stille des elterlichen Hauses, mehr noch in dem theologischen Seminar zu Andover, in das er bald als ein Wahrheitssuchender eintrat, fand er die volle Zuversicht des Glaubens und den Frieden des Herzens in der Versöhnung Christi. Sein inneres Leben gedieh, gehoben und getragen durch die Gemeinschaft gleichgesinnter Freunde. Da, gegen Ende des leßten Jahres seines Aufenthaltes im Seminar, fiel ihm, wie zufällig, die berühmte Predigt des Dr. Claudius Buchanan, der Stern im Morgenlande" in die Hände, die ihn dergestalt bei Tag und Nacht beschäftigte, daß er den Gedanken, als Missionar ins ferne Indien zu gehen, nimmer los ward, bis er sich eines Tages im stillen Gehölze hinter dem Seminar vor dem unsichtbaren Gott feierlich diesem heiligen Berufe weihte. Er schrich an die Londoner Missionsgesellschaft, denn ein solcher Gedanke war in Nordamerika überraschend neu; diese lud ihn zu einem Besuche

ein, und das Resultat seines einjährigen Aufenthalts daselbst (1811) war, daß nach seiner Rückkehr die große Amerikanische Missionsgesellschaft (American Board of Commissioners for Foreign Missions) geftiftet ward. Er sprach sich über seinen Entschluß gegent Anna Hasseltine, seine Verlobte, und deren Vater offen aus. Beide sprachen ihr Ja und Amen dazu.

Anna, die hochherzige Genossin seines künftigen Lebens, die erste Amerikanerin, die unter die fernen Heiden zu gehen wagte, war in allem Comfort amerikanischen Lebens aufgewachsen. Bis in ihr siebzehntes Jahr glänzte diese schimmernde Blume in der eiteln Welt. Da ward sie, durch einige religiöse Versammlungen angeregt, auf einmal ernster und fragte nach dem großen Ziel des Lebens. Sie las die Schriften der besten englischen und amerikanischen Gottesgelehrten. Schon als Kind ein energisches willensstarkes Mädchen, wollte sie jest in der Blüthe des Lebens nicht müßig sein. Und wie sich die englischen und amerikanischen Frauen vor andern durch die besondere Begabung höherer praktischer Thätigkeit auszeichnen, durch die sie ihren Nebenmenschen zu nüßen wissen, so eröffnete auch unsre Anna jest nicht nur eine Sonntags-, sondern eine Alltagsschule. In dieser süßen Thätigkeit des Jugendunterrichts verflossen ihr vier Jahre, als sie durch Judson in das weite Arbeitsfeld der Mission gerufen wurde. An dieß edle Paar schlossen sich vier gleichgesinnte Freunde Newell, Nott, Hall und Rice mit ihren Frauen an. Am 19. Februar 1812 lichtete ihr Schiff zu Salem die Anker, das fte nach einer angenehmen Fahrt am 18. Juni nach Kalkutta brachte, wo sie der ehrwürdige Veteran der Missionare, Dr. W. Carey, herzlich bewillkommte und in sein gastlich Haus nach Sirampur brachte. Das waren Tage der Ermuthigung, die sie unter den würdigen Vorkämpfern der Mission, einem Carey, Marshman und Ward, verbrachten; und der Blick auf ihre Thätigkeit bot ihnen ein glänzendes, in die Farben der Hoffnung getauchtes Gemälde dar. Sie bedurften dieß. Die englisch- ostindische Regierung, der Mission ohnedieß nicht hold, erfuhr nicht sobald ihre Ankunft, als ihnen die bestimmteste Weisung zugieng, sogleich das Land zu verlassen und nach Amerika zurückzukehren. Denn daß sie Amerikaner waren, verschärfte bei der damaligen Spannung zwischen England und Nordamerika den Befehl. Nach manchen Schwierigkeiten erhielten sie endlich die Erlaubniß nach Isle de France (Mauritius) zu segeln. Alleiu

das dahingehende morsche Schiff konnte nur zwei von ihnen mitnehmen. Später folgten auch Judsons dahin, nachdem sie verschiedene Mißgeschicke erlebt. Frau Newell aber war indeß von dieser Insel „in das Land des ewigen Friedens eingegangen".

Schon auf der Reise nach Indien waren Judson ernste Bedenken über die Schristmäßigkeit der Kindertaufe aufgestiegen. Bei den Brüdern in Sirampur darin bestärkt, trat er mit seiner Gattin zu den Baptisten über. Er meldete dieß sogleich nach Boston seinen Vorstehern, in vollem Bewußtsein, daß er sich dadurch die äußeren Eristenzmittel abgeschnitten. Allein auch dieser Schritt, aus Ueberzeugung gethan, hatte die gute Folge, daß jezt die amerikanischen Baptisten sich in Philadelphia zu einer Missionsgesellschaft (American Baptist Missionary Union) den 18. Mai 1814 zusammenthaten, die das künftige Arbeitsfeld Judsons als das ihrige betrachtete. Freilich erfuhr er davon erst zwei Jahre später. Und so war ihr Sang, in der That äußerlich nicht sehr ermuthigend, ein Gang im Glauben. Dennoch sprach man ihnen zu, noch einmal einen Versuch in Indien zu machen. Im Juni 1813 kamen sie in Madras an. Die Stimmung der Regierung war jedoch nicht freundlicher geworden. Die Nothwendigkeit, sich wieder einzuschiffen, lag dringend vor. Nach genauer Erkundigung, welches der im Hafen liegenden Schiffe zuerst unter Segel gehen würde und wohin? hieß es: nach Rangun. Der Würfel war gefallen. Durch den Zorn der Menschen" wurden sie ihrem gottbestimmten Arbeitsfelde entgegengetrieben. Auf der Fahrt stürzte ihnen ihr braves europäisches Dienstmädchen, das ihnen die Freunde in Madras mitgegeben, plößlich todt nieder. Frau Judson wurde gefährlich krank. Endlich," schreibt Judson, „brachte uns die Hand des Herrn wohlbehalten über die schwarzen Felsenriffe dieser Meeresstraße hinüber, und ein sanfter Wind wehte uns glücklich in den Hafen von Rangun hinein."

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Rangun (d. h. Friedensstadt) ist der erste Hafen des Barmanen= reiches, sechs geographische Meilen landeinwärts am östlichen IrawadyArm gelegen. In ihr concentrirt sich der Handel mit dem Auslande; fie kam jedoch erst durch Alompra, der im Jahr 1757 ganz Pegu eroberte, in besonderen Flor, während die Engländer schon vorher in dem etwas südöstlicher gelegenen Sirian eine Faktorei besaßen. Das Klima ist für ein tropisches angenehm und verhältnißmäßig gesund,

ähnlich dem von Bengalen. Im November steigt das Thermometer von 12 bis 24° R., im März und April, den heißesten Monaten des Jahres, von 18° am Morgen bei Sonnenaufgang bis über 30° in der Mittagsstunde. Die starken Wechsel der Kühlung in der Nacht, welche die Hiße des Lages ausgleicht, hält man für gesund." Eine große Mannichfaltigkeit von Schönheiten bietet die Natur dar. Die Umgebungen, die mit Buddhaklöstern wie übersät sind, wechseln wellenförmig mit fruchtbaren Hügeln ab, von denen aus man eine prachtvolle Aussicht genießt, zumal auf das vielfach verschlungene Wassernet des Irawadydelta. Die sanfte Erhebung des Bodens schüßt die Stadt vor den Ueberschwemmungen, welche jährlich das übrige Delta überfluten. Stadt und Vorstädte mit ihren engen, aber gepflasterten Straßen und unregelmäßig hingeworfenen Häusern und Bambushütten ziehen sich an den Ufern des Stromes hin. Hinter ihnen erhebt sich eine Art Festung. Von einem ihrer Thore führt eine hölzerne Brücke zu der noch höher gelegenen größesten Merkwürdigkeit der Stadt, zu den Tempelgebäuden des Schu Dagon, des ältesten Landesgößen, dessen Erbe aber vorlängst Gandama= Buddha geworden. Der Tempel von wunderlicher Architektur, mit phantastischem Schnißwerk, pyramidalaufsteigenden Spißen und goldenen Schirmdächern geziert, ist berühmter noch durch seine Reliquien: Stab, Wasserschale, Badgürtel der drei ersten Jukarnationen des Buddha, und acht Haupthaare des Gaudama, was ihn zum zahl= reich besuchten Wallfahrtsorte macht; er ist berühmt auch durch seine große Glocke von sieben Ellen im Durchmesser und 50,000 Pfund Gewicht (die Glocke zu St. Paul in London wiegt nur 11,470 Pfund). Von seiner Höhe beherrscht er die ganze Umgegend. Ueber die Reihen hoher Bäume emporragend, die ihn umgeben und in deren Schatten sich im März die Pilger zur Feier ihrer Feste sammeln, strahlt er mit seinen goldenen Dächern und Zinnen, zumal bei Sonnenschein, in wahrhaft blendender Pracht meerwärts den nahenden Schiffen entgegen. In Stadt und Hafen selbst bewegt sich ein buntes Gemisch von Volksgenossen verschiedener Zungen: Peguaner, Barmanen, Chinesen, Malabaren, Mohren, Armenier, Perser, Portugiesen, Fran- zosen. Englische Familien waren keine da, als Judsons ankamen.

In dieser sogenannten Stadt des Friedens sollte Judson dem Evangelium des Friedens eine Pforte brechen in dieß gößendienerische Land. Und er war dazu vor Andern angethan durch seinen hellen

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