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Die Karenen

und ihre Evangelisirung.

Erste Abtheilung.

Mitgetheilt von Fr. Eppler, Prediger.

1. Die hinterindische Halbinsel.

as Volk, dessen Namen dieses Heft an der Stirne trägt, zählt nicht zu jenen großen Nationen, die man die Träger der Bildung und Geschichte zu nennen pflegt. War es doch vor zwei Menschenaltern kaum mehr als genannt. Unter den zahlreichen Völkerschaften, welche die große Halbinsel Hinterindiens bewohnen, bildet es nur einen Bruchtheil, und zwar einen sehr zersprengten Bruchtheil. Im Schatten seiner Waldesdickichte lebte es Jahrhundert um Jahrhundert, soweit es seine Dränger ihm gestatteten, ein unabhängig freies Naturleben, nur Dem recht bekannt, vor dem und in dem sie Alle leben, weben und sind, — „dem Gott der Geister alles Fleisches". Was man von dem Leben eines einzelnen Menschen. schon gesagt hat, das durch die Geburt von Oben noch nicht in den heiligen Zusammenhang des göttlichen Lebens gekommen: es habe wohl Geschichten, und zum Theil recht traurige Geschichten, aber teine Geschichte, das gilt auch von dem Leben eines ganzen Volkes. So lange es noch nicht von dem Lichte berührt ist, das in der Fülle der Zeit über den Nationen aufgegangen, und das im einzigen Sinne das Licht der Welt" heißt (Joh. 8, 12), so lange fehlt ihm der goldene Faden, der seine Geschicke und Führungen geschichtlich verknüpft und seine tiefere Entwicklung aufzeigt. Und an welchem Volk der Neuzeit wäre der alte Grundsaß heiliger Geschichtsbetrachtung heller zu Tage getreten, als eben am Volk der Karenen, der Grund

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saß, daß ein Naturvolk oder Kulturvolk nur soweit von dieser Geschichte aller Geschichten bedacht wird, als es mit dem „Volke Gottes" in Berührung kommt, sei diese nun eine freundliche oder feindliche. So ist's im Alten, so in höherem Maße noch im Neuen Bunde. Zuvor war ja über ihm sein Licht noch nicht aufgegangen, in dessen Glanz es zu wandeln berufen ist. Sobald es sich aber vom Evangelium berühren und durchdringen läßt, sobald säumt sich über ihm ein einziges Morgenroth, das fortleuchtet bis auf den vollen Sonnentag des Lebens. Nun wirds im wahren Sinne des Wortes erst ein Volt. Leben fährt durch die Todtengebeine, die zerstreut über jenes Land hinliegen, über dem bis dahin des Todes dunkle Schatten ruhten. Wenn des Herrn Wort über dasselbe kommt, siehe, da rauscht und regt sich's, und die Gebeine kommen wieder zusammen, ein jegliches Gebein zu seinem Gebein. Und siehe, sie wurden wieder lebendig und richteten sich auf ihre Füße. Und ihrer war ein sehr großes Heer (Hes. 37). Ein leuchtenderes Beispiel für diese biblische Wahrheit giebt es in der neueren Völkergeschichte wohl nicht, als die Karenen, die ohnedieß in grauer Vorzeit schon von Israels Licht und Hoffnung scheinen berührt worden zu sein, wie ihre Traditionen schließen lassen. Wir haben an ihnen, wenn es deren noch bedürfte, eine glänzende Rechtfertigung des Evangeliums in seiner völkererneuernden Kraft, damit aber zugleich eines der hellsten Siegel, das der ewige König des Gottesreiches der evangelischen Mission aufgedrückt hat. Dieß Alles wird sich uns im Verlaufe unserer Darstellung auf's Unzweideutigste vor's Auge stellen. Indeß müssen wir uns erst umsehen nach dem größeren Ländergebiet, in welchem Gott auch den Karenen ihre Wohnstätte angewiesen.

Es ist dieß Hinterindien, jene große Halbinsel, die, ähnlich ihrer Schwester, der vorderindischen, im Riesengebirge des Himalaya und seinen östlichen Ausläufern ihre Wurzeln hat, und ihre Länderspißen tief zum Südmeere streckt, viel tiefer als die Vorderindiens. Von den Tagen Herodots, des Vaters der Geschichte, der uns die ersten Nachrichten über Indien giebt, bis auf die Zeit der großen Länderentdeckungen im 15. und 16. Jahrhundert, lag diese Halbinsel als unbekanntes Land" in dem Zaubernamen „Indien" mit eingeschlossen. Alles Land jenseits des Indus war Indien; wie weit es

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sich aber erstrecke, wußte Niemand. Wohl sprachen die Alten von einem goldenen Chersones", der nach der Beschreibung der Flüsse das Jrawadi-Delta bezeichnen muß, wie auch der Name Goldland die wörtliche Ueberseßung des alten Pali-Namens von Barma, Suwannabumi, ist; aber es blieb vor der Hand im goldenen Dämmer der Ahnung eingehüllt. Mit dem Anfang des Reformationszeitalters sollte es anders werden. Die Portugiesen, die damals im Ländersuchen Allen vorangiengen, hatten den Seeweg nach Indien gefunden. Der Ruf vom Handel und Reichthum morgenwärts gelegener Länder, wo schon im Jahr 1496 ein Genuese, Hieronymus da Sta Stephano, bis Pegu vorgedrungen war, zog sie weiter nach Osten. Hatte zuerst Sigueira (1509) durch die Straße von Malakka sich in das weite Inselmeer gewagt, so eroberte bald der portugiesische Vicekönig Albuquerque (1511) die Stadt Malakka, und sandte seine Schiffe weiter, um die Gewürzinseln in Besiß zu nehmen. Auf der Fahrt das hin tauchten zum ersten Mal die Umrisse einer zweiten indischen Halbinsel auf. Man nannte sie, zum Unterschied von der vorderen, das hintere Indien. Nur langsam ward man mit demselben bekannt. Als man dem Lande und seiner Bevölkerung näher trat, fand man, daß die lettere eine unverkennbare Aehnlichkeit habe theils mit den Chinesen im Osten, theils mit den Hindu's im Westen, und dieß suchte man durch die Namen Indochina, Indochinesen auszudrücken.

Die Portugiesen waren also die Ersten, die in diesem unentdeckten Lande festen Fuß zu fassen und sich in demselben zu bereichern suchten. Ihnen folgten vom 17. Jahrhundert an die Holländer, Franzosen, Engländer und Amerikaner. Aber erst in unserm Jahrhundert gewannen die Engländer, insbesondere durch den siegreichen Ausgang des Krieges mit den Barmanen (1824-1826), wie bedeutende Länderstrecken, so auch eine größere Kenntniß des Landes und einen bemerkbareren Einfluß auf seine Bewohner. Dadurch ward auch der evangelischen Mission auf der Westküste sichere Bahn gebrochen, während die früheren Versuche der katholischen Kirche (seit 1554) hier ziemlich erfolglos blieben, so mächtigen Einfluß sie auf der Ostküste (in Annam seit 1615) gewann, allwo sie neuestens (1862) französt= scher Eroberung den Weg gebahnt hat.

Treten wir der Halbinsel näher. Fassen wir zuerst ihre äußeren Umrisse ins Auge, so erstreckt sie sich (von 27°—1o n. Breite) vom Südrande Hochastens bis nahe zum Aequator dem Meere entgegen,

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von dem sie gegen 1500 deutsche Meilen weit umflossen ist, während die Landumgürtung nur 565 deutsche Meilen beträgt. Von West nach Ost zieht sie sich durch 19 Längengrade. Im Westen ist ihre Landgrenze indobritisches Gebiet. Von den Gangesmündungen aufsteigend, scheidet sie der Brahmaputra, als eigentlicher Grenzfluß, Vorderindien ab, aus dem lange Jahrtausende hindurch indische Kultur und Unkultur, Heidenthum und Religionssysteme den Weg in die östliche Halbinsel gefunden. Im Norden stößt sie an die hohen Alpenländer Hochasiens, deren höchste Gipfel bis zu 26,000 Fuß aufragen. Dieser nördliche Gebirgskranz schüßte die Halbinsel vor der Herrschaft der roheren Völker, die vom mittleren Hochasten verwüstend nach Süden zu dringen suchten. In der Nordwestecke das Alpenplateau Bhutan berührend, hat es von den Garrobergen über das Bergland der Nora, der Naga's und über die Gebirgswand Manipur's, nach Ober-Asam hin, an den langen Schneedecken von Langtan vorüber, das den südlichsten Vorsprung des Himalayazuges bildet, seine nähere Nordgrenze. Wie im Nordwesten der Brahmaputra, so ist hier im Nordosten auf eine Strecke Weges der große Kiang der Grenzfluß, und zwar gegen China, von dessen Ländergebieten es sich weiterhin durch das Hochalpenland Schineschan abhebt, das durch die bereits chinesische Provinz Yünnan zur Bucht von Tongking abfällt. Hier gehen wenige Pässe ins „himmlische Reich" hinüber, durch welche chinesisches Wesen herüber drang. Dieselbe natürliche Grenzlinie," sagt der länderkundige Ritter, scheidet hier, mehr oder weniger scharf, auch die politischen Reiche der südlicheren Barmanen, Siamesen, Tongkinesen und der untergeordneten Gebirgsfürsten von den nördlichen Staaten Asams, Lübets, dem Lande der G'Lokba und Nui, sowie China's, und die tübetischen und chinesischen nördlichen Völkerstämme von den südlicheren hinterindischen, ebenso deren Sprachen, die Geschichten, die Sitten und Lebensweisen.“

Im Süden wird die Gestalt der Halbinsel vornemlich bedingt durch die großen Einschnitte des Meeres, in das sie theilweise bis auf 425 deutsche Meilen ihre Glieder streckt. Die Haupteinschnitte find die Bai von Longking, der Golf von Siam, der Golf von Pegu und der bengalische Meerbusen, die sie in das östliche, südliche und westliche Hinterindien theilen und gleichsam die großen und kleinen Stromsysteme des Kontinents in ihre Becken hervorlocken. Diese Meereinschnitte machen sie zu einem viel reicheren Gestadeland,

als Vorderindien, das nach der sinnigen Vergleichung der Hindu's nur einem einfachen Lotosblatte gleicht, während unsre Halbinsel gegen Süden die Gestalt eines dreifach getheilten, vielfach eingeschnittenen Blattes annimmt, das durch seine äußerst langgestreckte Südspite wie ein Riesenfinger auf die indische Inselflur hinüberzeigt, von der es durch die Meerstraße von Malakka geschieden ist. So liegt hier ein Land von wenigstens 50,000 Quadratmeilen vor uns, in welchem Spanien, Italien, Frankreich, Deutschland und Großbritanien zumal Plaz finden könnten.

Welches ist aber die innere Naturgestalt der Halbinsel? Sie ist im Ganzen von wunderbarer und eigenthümlicher Regelmäßigkeit, wie sie wohl in keinem Land der Erde wiederkehrt. Vom Südrande Hochasiens, wo Hinterindien seine ewigen Wurzeln hat, gehen fünf mehr oder minder parallellaufende oder strahlenförmig sich verbreitende, waldige Gebirgszüge nach Süden und Südosten, das Land in große Längenthäler theilend, durch welche die Alpenwasser in sechs oder sieben Riesenströmen sich meerwärts wälzen. Diese Meridiangebirge bilden wie die Wasserscheiden so auch die natürlichen Völker- und Länderscheiden. Von den östlichen Ufern des Brahmaputra aufsteigend, erblicken wir das erste der von Norden nach Süden streichenden Scheidegebirge. Von den östlichen Garrobergen ausgehend, an das Bergland von Manipur und Nora sich anlehnend, zieht es bis zum Cap Negrais hinab, in mehreren Parallelzügen zum Meere abfallend. Im Norden „Gebirge der Khjaen", im Süden Yomadunggebirge genannt, ist es den Barmanen unter dem Namen des großen westlichen Hügellands bekannt. Es scheidet das barmanische Gebiet von Bengalen und dem Stufenlande Tschittagam, sowie das Gestadeland Arakan ab, das seit 1826 unter brittischer Hoheit steht. Der Strom, der sich zu seinen Füßen windet und es meerwärts begleitet, ist der Koladaing, der Strom von Arakan. Gehen wir durch den Engpaß unter dem 20. Grad nördlicher Breite über das 4500 Fuß hohe Gebirge, so gelangen wir in das weite Thalland des Irawady, des eigentlichen Prachtstromes Hinterindiens, des Stolzes der Barmanen, deren Land wir damit betreten haben. Er ist zugleich der historisch merkwürdigste Strom der ganzen Halbinsel. Hier sind die Kulturebenen und Residenzen von Pegu, Awa und Amarapura. Hier sind wir zugleich im Lande der Mission, mit der wir uns weiter uns ten beschäftigen wollen. Vom hohen Norden Asams oder gar Tübets

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