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Über einen Abschnitt, welchen der Verfasser „Ergebnisse und Ausblick“ überschreibt, läßt sich hier in der Kürze nicht berichten, da ein Verständnis desselben ohne Durchsicht der zahlreichen statistischen Tabellen nicht möglich ist. Nur einiges wenige wollen wir hervorheben. Zunächst die merkwürdige Thatsache, daß der Anteil Nordamerikas an der Deckung des europäischen Weizenbedarfs seit 1881 vermindert worden ist nicht sowohl durch die Konkurrenz andrer überseeischer Gebiete - wie man meistens annimmt —, als durch die Konkurrenz Rußlands und vor allem durch reichlichere Produktion der großen europäischen Einfuhrländer selbst. Von allen unsern wichtigern Feldfrüchten wurde bis zu Ende der sechziger Jahre mehr aus- als eingeführt. Reicht nun auch die heimische Landwirtschaft jezt immer weniger hin, dem Bedarfe der Bevölkerung an Brotgetreide zu genügen, so liefert sie doch an Rohmaterial zur Herstellung von Zucker, Branntwein und Bier mehr, als das Inland braucht. Die Ausfuhr dieser Produkte hat eine großartigere Entwicklung genommen als die entsprechende Ausfuhr irgend eines andern Landes; ebenso die der Mühlenfabrikate und verschiedner Produkte der Vieh- und Milchwirtschaft. Die deutsche Landwirtschaft, sagt der Verfasser, verschiebt ihre Produktionsrichtung immer mehr zu Gunsten der auf der Landwirtschaft beruhenden und mit ihr verbundnen Industrien und zu Ungunsten des Getreidebaues, eine Bewegung, welche der zunehmenden Bevölkerungsdichtigkeit, dem steigenden Arbeitsangebot und dem gestiegenen Bodenwerte zweifellos entspricht." Diese Wandlung enthält einen wertvollen Wink für unsre Agrarier, sie sollten nicht alles Heil von einer künstlichen Steigerung der Getreidepreise erwarten.

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Auf die Preisbildung und Preisbewegung, welchen der Verfasser eine eingehende Untersuchung widmet, ist nicht nur die Ausdehnung des Getreideareals, sondern in noch viel höherm Grade die Entwicklung der Verkehrsmittel von Einfluß. Für eine Mißernte entschädigt den Landwirt nicht, wie ehedem, wenigstens einigermaßen, das Anschwellen der Preise, und reiche amerikanische Ernten drücken die Preise in Europa. Es ist wenig tröstlich, wenn der Verfasser zunächst einem weitern Sinken der Preise als einer Notwendigkeit entgegensieht und anderseits in dem Steigen der Preise die einzige Rettung für unsre Landwirtschaft erblickt. Zur Beruhigung mag es dienen, was er S. 571 sagt: daß nämlich der Weizenbau in Nordamerika wenig lohnend sei; der fabrikmäßige Raubbau beschränkt sich auf ein immer kleineres Gebiet; der Anbau von Weizen habe in den Oststaaten erheblich abgenommen, man wende sich dort dem einträglicheren Anbau von Mais und der Viehzucht zu. Der niedrige Preisstand werde, wenn nicht eine allgemeine Verringerung, so doch eine Verlangsamung der Getreideproduktion in Nordamerika zur Folge haben, und es müsse sich dies bei der überall so rasch zunehmenden Bevölkerung auf dem Weltmarkte fühlbar machen. Es bedürfe schon eines sehr rasch steigenden Angebots von Nahrungsmitteln, wenn es mit der reißend schnell zu

nehmenden Nachfrage gleichen Schritt halten solle. So glaubt denn der Verfasser, daß eine Wiedererhöhung der Getreidepreise auf dem Weltmarkte in nicht zu langer Zeit als wahrscheinlich anzusehen sei. Nur eins könne kraftvoll genug erscheinen, die Gesundung zu hemmen, nämlich Verkehrserleichterungen, welche plöglich die Entfernungen zwischen weit entlegenen Produktionsgebieten und den Verbrauchszentren beträchtlich abkürzen würden. Wenn nun auch die Transportkosten in Nordamerika (Panama-Kanal) noch ermäßigt werden könnten, so sei doch hierzu ein langer Zeitraum erforderlich, innerhalb dessen die Wirkung nur allmählich eintreten würde.

So zieht denn der Verfasser das Ergebnis seiner Forschungen dahin, daß es sich bei dem gegenwärtigen niedrigen Stande der Getreidepreise um eine vorübergehende Erscheinung handle. Es sei eine Krisis, hervorgerufen durch die rasche Besiedelung fremder Erdteile und den Ausbau des modernen Verkehrsnezes, deren baldiges Ende hauptsächlich auf Grund der Thatsachen zu erwarten sei, daß die Niederlassung in Nordamerika in Zukunft mit größern. Schwierigkeiten verbunden sein werde als bisher, und daß die Krisis alle getreideproduzirenden Länder gleichmäßig ergriffen, die privatwirtschaftlichen Grundlagen der Volkswirtschaft aller Kulturvölker gleichmäßig erschüttert habe. Daraus folgert denn der Verfasser, „daß, wenn jemals Schußzölle gerechtfertigt waren, es diejenigen seien, welche die mitteleuropäischen Staaten zur Erhaltung ihres Grundbesizerstandes errichtet haben." Er läßt sie aber nur als eine vorübergehende Maßregel gelten, und befürwortet deshalb eine gewisse Beweglichkeit der Getreidezölle, sei es, daß man auf das alte, freilich mit gewissen Mängeln behaftete englische System einer gleitenden Skala zurückgreife, sei es, daß man dem Bundesrate überlasse, auf dem Verordnungswege Erhöhungen oder Erniedrigungen der Zölle zu verfügen.

Ein leztes Kapitel behandelt die Konkurrenz der nordamerikanischen Viehzucht mit der unsrigen. Hier werden die Zucht des Rindvichs, der Schweine, der Schafe, der Pferde, die Milch- und Käsewirtschaft, die Vichzucht der Steppen, die Organisation des Handels mit den Produkten der Viehzucht ausführlich erörtert. Wir beschränken uns auch hier darauf, die Ansicht des Verfassers mitzuteilen, daß eine Konkurrenz Nordamerikas in dieser Produktion für Deutschland nur wenig zu befürchten sei.

Wir könnten unsern Bericht hiermit schließen, wenn wir nicht noch einige Bemerkungen hinzufügen müßten. Einen sehr hervorstechenden Ausspruch, vielleicht den bemerkenswertesten des ganzen Buches, thut der Verfasser S. 588: ...Wenn sagt er gegenwärtig bei sinkenden Getreidepreisen die Grundrente abnimmt, gleichzeitig die Höhe des Zinsfußes und der Unternehmergewinne zurückgeht, die Löhne hingegen im wesentlichen unverändert bleiben, so bedeutet das eine Vergrößerung des Anteils der besiglosen Klassen am Reinertrage unsrer Volkswirtschaft unter Verringerung des Anteils der besigenden Klassen.

Sucht dem gegenüber die Staatsgewalt das Einkommen der Grundbesizer auf der frühern Höhe zu erhalten, so widersezt sie sich jener Verschiebung, tritt ein für die Besißenden auf Kosten der Besißlosen. Auch ist es verkehrt, zur Rechtfertigung der Getreidezölle von einem drohenden Untergange unsrer Landwirtschaft oder Getreideproduktion zu reden. Es handelt sich selbstverständlich nur um den zu fürchtenden Ruin der jezigen Landwirte."

Damit ist eigentlich ausgesprochen, daß nicht sowohl unsre Landwirtschaft, als vielmehr unsre Landeigentümer leiden, mit andern Worten, daß der Preisrückgang am meisten auf die Bodenrente drückt. Von dem Sinken der Bodenrente wollen aber weder die Agrarier etwas hören, noch geben es die Manchesterleute zu. Denn nach Ricardos Glaubenssay wird die Bodenrente bestimmt durch den Unterschied an Ertrag zwischen dem besten und dem geringsten in Anbau genommenen Land; und da fortwährend geringeres Land in Anbau genommen wird, so muß nach diesem Saße die Grundrente naturgemäß immer steigen; Henry George folgert daraus ganz richtig ein stetiges Sinken von Zins und Arbeitslohn, weshalb er denn das Monopol des Grundeigentums abschaffen will.

Wie steht es aber in Wirklichkeit? Wenn nicht alles trügt, so ist die Rente aus Grund und Boden fast überall, dem Glaubenssage entgegen, im Sinken begriffen, in Irland, in England, in Schottland, in Mecklenburg, in Preußen, überall müssen die Pachtpreise namhaft herabgesezt werden. Die Untersuchungen Serings selbst liefern dazu vielfache Beweise. Der Ricardosche Saz kann also nicht richtig sein oder ist es nicht mehr. Seine scharfe Unterscheidung zwischen Land und Kapital mochte zu seiner Zeit und mag vielleicht noch jezt für England richtig sein; ein Land, wo sich fast der gesamte Grund und Boden im Besize weniger Personen befindet, wo diese ihr Eigentum nicht gegen Kapital eingetauscht, sondern es als Monopol von der Staatsgewalt erhalten haben, wo das Grundeigentum geschlossen und dem Austausch gegen Kapital, wie überhaupt dem Besizwechsel fast ganz entzogen ist; in einem Lande, wo sich die Eigentümer mit der Bebauung ihrer Latifundien nicht befassen, sondern sie der Ausbeute einer kapitalistischen Pächterklasse überlassen; in einem solchen Lande, das weder vermessen ist noch Grundbücher hat, Hypotheken daher kaum dem Namen nach kennt, mochte oder mag ein innerer Gegensatz zwischen Land und Kapital begründet sein. Aber alle diese Verhältnisse sind uns (mit geringen Ausnahmen) unbekannt. Selbst die großen Güter, wo sie etwa nachweislich geschlossen sind, sind es nicht dem Besize, sondern nur der Begrenzung nach; sie wandern von Hand zu Hand, und jedermann weiß, daß die Rittergüter in jeder Zeitung angeboten und gesucht werden wie jede andre Waare. Das sogenannte unbewegliche Eigentum hat längst aufgehört, unbeweglich zu sein, es seht sich fortwährend um in baares Geld, so gut wie die Erzeugnisse der Industrie. Es ist daher nicht einzuschen, warum Kapital und Land grund

säßlich unterschieden werden müßten. Sind sie aber, wie man glaubt, nichtverschiedenartig, so kann es auch nicht überraschen, daß zu einer Zeit, wo der Kapitalzins in stetigem Sinken begriffen ist, die Landrente in Mitleidenschaft gezogen wird.

Offenbar ist die Zeit vorüber, wo der Grundherr auf einer festen, hohen Rente bestehen konnte; wo er fraft seiner monopolistischen Stellung imstande war, jeden Ausfall des Ertrages auf das Kapital und den Arbeitslohn abzuwälzen und diesen Miterzeugern der Produkte von dem Ertrage nur soviel zu lassen, als nach Berichtigung der Bodenrente übrig blieb. Es kann dies hier nicht im einzelnen begründet werden, aber es steht fest, und die Untersuchungen Serings selbst beweisen es, daß jenes Monopol gebrochen ist, und daß die Bodenrente ebenso wie Kapital und Arbeit denselben allgemeinen Geseßen unterworfen ist. Daß sich die Grundeigentümer wehren, daß der Staat sich herbeiläßt, eine so große, achtbare und wichtige Klasse seiner Angehörigen, wie es die Landeigentümer ohne Zweifel sind, durch Schußzölle vor gänzlichem Ruin zu wahren, ist nicht zu tadeln, so lange es sich nur um vorübergehende Maßregeln handelt, um den Beteiligten Zeit zu lassen, sich auf die neuen Verhältnisse einzurichten. Damit müßte aber Klärung und Belehrung Hand in Hand gehen. Es müßte einmal was meines Wissens bisher nirgends geschehen ist untersucht und festgestellt werden, wie viel bei heutigen Preisen die Wirtschaft (d. h. Arbeit und Kapital) für die Bodenrente übrig läßt. Dies würde den heutigen naturgemäßen Wert des Grundeigentums erkennen lassen, und es würde sich vielleicht ergeben, daß dieser Wert sich auch bei den heutigen Getreidepreisen nur etwas weniger gut als jedes andre Kapital verzinse. Das Eingeständnis, daß sein Grundbesiß nicht so viel wert sei, als er glaubte oder als er dafür bezahlte, kann dem Grundeigentümer nicht erspart werden, und wenn er einsichtig ist, wird er zugestehen müssen, daß er in keiner schlimmern Lage sei, als der Kapitalist, der seine Rente von sechs und fünf Prozent auf 4 und 3 Prozent hat schwinden sehen. Ob die Klasse der Grundbesißer zahlreicher und für den Staat wichtiger sei, als die der Kapitalisten, ist schwer zu entscheiden. Gewiß aber ist es, daß die Kapitalisten bei dem Sinken des Kapitalzinses die Hilfe des Staates nicht angerufen haben, obwohl viele tausende von ihnen, Witwen, Waisen, erwerbsunfähige alte Leute hart bedrückt und geschädigt worden sind, ja daß der Staat gar nicht an Schuß gedacht, vielmehr die günstige Gelegenheit benugt hat, seine hochverzinslichen Schulden in niedriger verzinsliche zu „fonvertiren," wie der sanfte Ausdruck lautet.

Grenzboten 1. 1888.

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an sicht, daß zu einem kräftigen Auftreten nach außen der deutsche Bund schon infolge seiner Zusammensetzung nicht fähig war. Zu einem solchen Auftreten wäre eine unbedingte Einigkeit zwischen Österreich und Preußen erforderlich gewesen. Ein solches Zusammengehen dieser beiden Großmächte, verbunden mit einem mehr oder weniger sanften Drucke, an den ja die Rheinbundsfürsten durch Napoleon sattsam gewöhnt waren, hätte die Gefolgschaft der Mittel- und Kleinstaaten herbeigeführt oder erzwungen und das Widerstreben der außerdeutschen Bundesmitglieder mindestens lahm gelegt. Ein solches Zusammengehen der beiden Großmächte in allen oder auch nur in den meisten Fragen der großen Politik war jedoch undenkbar, weil es einfach unmöglich war. Dazu waren die Interessen beider zu verschieden; teilweise standen sie sogar in schroffem Gegensaße zu einander. Preußen hätte sich geradezu zum Vasallen Österreichs machen, sich für seine Interessen opfern, also einen politischen Selbstmord begehen müssen. Sobald der organische Zusammenhang Österreichs mit Deutschland gelöst und der Machtkreis beider Staaten völlig geschieden war, konnten sie sich gegenseitig von allergrößtem Nußen sein, wie die Geschichte der letzten fünfzehn Jahre unwiderlegbar beweist. Die unnatürliche Verbindung beider Mächte in einem unlösbaren, engern Bunde bedeutete aber nicht eine Stärkung, sondern eine Schwächung Deutschlands. Bekannt ist ja, wie Talleyrand am Schlusse des Wiener Kongresses frohlockte, daß es gelungen sei, die beiden, Österreich und Preußen nämlich, nun doch zusammenzukoppeln und so zu lähmen.

Noch schlimmer für die Machtstellung und die Handlungsfähigkeit des deutschen Bundes, als seine widernatürliche Zusammensetzung, waren seine Verfassung und seine innern Einrichtungen.

Da das damalige Deutschland keinen Bundesstaat, sondern nur einen Staatenbund bildete, da es kein Oberhaupt hatte, weder unter dem Titel eines

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