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gegriffen hat, unter der die einzelnen sänger in einem grade stehen, dasz sie ihren individuellen persönlichen charakter einbüszen, um eine thatsache zu erklären, die unerklärlich bleibt, nachdem man den éinen dichter verloren hat. denn was ist sage? ein product welches die gestaltende kraft auszer sich hat und an sich erfährt. was besagt also in wahrheit der mythus? dasz im ganzen volke, nicht in seinen sängern, die gestaltende kraft ruht. da entfaltet sich vor den freiern im männersale des Odysseus und im kreise der Phaiaken ein anderes bild vor unsern augen. dort sind es die sänger welche die sage gestalten und ihren hörern überliefern, diese selbst sind die lauschenden und aufnehmenden empfänger, so war es zur zeit des Homer, so ist es immer gewesen, so dasz einem volke seine sagen verloren gehen können, wenn sie nicht in dichtungen erhalten und fortgetragen werden, zumal wenn ihnen die sagenforschung fehlt.2 was wüste denn der gebildete Deutsche, der sich um die sagenforschung nicht kümmert, vom Kyffhäuser und Friedrich dem Rothbart, wenn er es nicht von seinen dichtern erführe? und wie will man die verehrung der gottbegnadeten, von der Muse begeisterten sänger beim volke erklären, wenn dieses gibt, jene die empfänger sind?

Noch auf einem andern gebiete macht sich diese irrtümliche vorstellung von der schöpferischen thätigkeit der sage geltend und teuscht das besonnene urteil. Homer gehört unter allen dichtern zu den grösten künstlern in der lebendigen und plastischen gestaltung der charaktere. darum habe ich in meiner 'composition der Ilias' (Göttingen 1864) der darstellung der hauptcharaktere nicht nur eine besondere sorgfalt gewidmet, sondern auch gezeigt dasz die beiden hauptträger der handlung, Achilleus und Agamemnon, dieser selbst aufs engste angepasst sind und dasz ihr charakter nicht verändert werden darf, ohne die entwicklung der handlung unmöglich zu machen oder gänzlich umzugestalten. wie kommt es nun, dasz solche argumente wirkungslos bleiben? weil man die vorstellung hegt, die sage, nicht der dichter, habe diese charaktere geschaffen. so glaubt man an die göttliche kraft der sage, während die Muse, deren göttliche wirksamkeit der alte dichter an sich zu erfahren glaubte, von ihrem throne herabgestiegen ist. wie nichtig solcher glaube sei, möge uns hier nur noch das beispiel des Thersites vor augen führen. nur éinmal und in einer einzigen situation wird dieser charakter uns vorgeführt, um dann gänzlich wieder zu verschwinden. und dennoch wie er leibt und lebt tritt dieser charakter, in wenigen und drastischen zügen gezeichnet, uns vor die augen, so dasz wir sein bild nicht wieder vergessen können. (wir werden dabei an die kunst Shakespeares erinnert.) ist das auch ein charakter, den die sage geschaffen hat? ganz und gar für die situation erfunden er

2 für diese thatsache berufe ich mich auf das zeugnis von Max Müller.

weist er sich, in welcher er erscheint. das volk zürnt auf Agamemnon, weil er den tapfersten beschützer der Achaier aus ihren reihen durch seine beleidigung entfernt hat. dieses grollende und dem kampfe ohne den tapfersten streiter abgeneigte volk soll für die fortsetzung des krieges ohne den beleidigten helden gewonnen werden. da tritt Thersites als sprecher für dasselbe auf und gibt den gedanken ausdruck, welche dasselbe in den letzten zwölf tagen der ruhe in bewegung gesetzt haben. seine lächerliche persönlichkeit wird dann das beste mittel, solchen gedanken und stimmungen ebenfalls den stempel der lächerlichkeit aufzudrücken und den vom dichter beabsichtigten erfolg in der versamlung zu unterstützen. hat die charaktere bildende sage diese situation vorausgesehen?

Hieraus scheint sich zweierlei zu ergeben: éinmal dasz eine gelehrte und gründliche kenntnis der griechischen sprache kein notwendiges erfordernis ist für die beurteilung der frage, ob die Ilias wie die Odyssee éinen dichter für ihre abfassung mit notwendigkeit voraussetzen oder ausschlieszen; zweitens dasz gerade die philologen bei dem gegenwärtigen stande der Homerischen kritik am wenigsten geeignet sind ein unbefangenes urteil über die aufgeworfene frage abzugeben. mit langgehegten vorstellungen zu brechen hält immer schwer, selbst wenn sie sich für das unbefangene urteil als vorurteile ergeben.

Für die notwendigkeit des éinen dichters zeugt ferner vor allem die strenge einheit und ganzheit der handlung, welche ich für die Ilias früher in meiner "composition der Ilias' nachgewiesen habe, für die Odyssee in einer unter der feder befindlichen arbeit nachweisen werde. dieser grund gewinnt doppelte kraft und bedeutung, wenn wir von Aristoteles erfahren, dasz von allen epischen dichtern der Griechen dem Homer allein es gelungen ist seine epopöen um eine einheitliche und ganze handlung zu gruppieren. er erklärt diese erscheinung aus der gröszern schwierigkeit der aufgabe bei dem gröszern umfang. hier kommen wir zu der schwächsten seite der auflösenden Homerischen kritik, welche die autorität des Aristoteles für die epische poesie einfach zurückweist. gerade dieser theoretiker der kunst hat für die erkenntnis der einheit und ganzheit der handlung die merkmale und gesetze mit einer klarheit ausgesprochen, die bis auf den heutigen tag nicht übertroffen, wol aber vielfach verdunkelt worden ist, und diese stehen in voller geltung. sollen wir nun annehmen, dasz er wol befähigt gewesen wäre seine gesetze auf die tragödie richtig anzuwenden und diese zu beurteilen, für das epos aber ihm diese fähigkeit absprechen? das ist der reine unverstand. wenn er aber den übrigen griechischen epikern auszer Homer die einheit und ganzheit der handlung abspricht, so müssen wir uns um so mehr bei seinem urteil beruhigen, weil ihre werke uns verloren gegangen sind, wir also gar keine möglichkeit haben sein urteil einer und die wissenschaft hat wahrlich keine controle zu unterziehen. veranlassung dieses urteil in zweifel zu ziehen. was anders als ihre

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gröszere vortrefflichkeit und anerkennung hat uns denn die Ilias und Odyssee erhalten, während die übrigen epopöen untergegangen sind?

Derselbe Aristoteles sagt in seiner poetik c. 24, 7: 'Homer verdient, wie in vielen andern dingen, so auch besonders darin lob, dasz er allein von den dichtern (vom epos ist hier die rede) wol weisz was er selbst thun musz. es gehört sich nemlich, dasz der dichter in eigner person so wenig als möglich sage: denn so weit er dies thut, ist er nicht nachahmender dichter. die übrigen dichter also führen das ganze werk in eigner person aus und stellen nur weniges und selten nachahmend dar. jener dagegen führt, nachdem er nur weniges einleitend vorausgeschickt hat, sofort einen mann oder ein weib oder eine andere charaktergattung ein, und zwar keine ohne charakter, sondern alle sind individuell ausgeprägt.' mit diesen zeugnissen des Aristoteles vergleiche man nun die vermittelnde hypothese, welche Bernhardy griech. litt. II3 s. 148 ff. aufgestellt hat: 'die poetische kraft und erfindung der epischen genossenschaft machte erst durch ihren fleisz den ausbau beider epen zu einem so hohen grade der vollständigkeit und abrundung möglich, nachdem der stammvater der groszen epen, der einheitliche begriff "Oμnpoc (so), mit kühnem griff statt vereinzelter lieder ein zusammenhängendes ganzes unternommen hatte.' also was die übrigen epischen dichter in ihren eignen schöpfungen zu leisten nicht vermochten, das sollen sie erst in den grundstamm der Homerischen epen hineingearbeitet haben. und warum sollen sie das? weil es unwahrscheinlich ist, dasz der gröste epiker an der spitze der epischen poesie stehen soll. dabei wissen wir von der vorausgehenden entwicklung der poesie nichts sicheres als was wir von Homer darüber erfahren. in solchen anschauungen erkennt die in Wolfs spuren wandelnde Homerische kritik die höhe der wissenschaft.

Wir fassen die gewonnenen thatsachen zusammen: 1) die poetische sprache und gestaltung, der individuelle stil des dichters ist derselbe in allen teilen der Ilias und der Odyssee, von den unzweifelhaften interpolationen abgesehen. 2) beide dichtungen besitzen eine einheitliche und ganze handlung nach den von Aristoteles aufgestellten gesetzen und merkmalen. 3) der sachkundigste und zuverlässigste zeuge der gesamten griechischen litteratur Aristoteles bezeugt, dasz von allen epischen dichtern der Griechen dem Homer allein gelungen sei seine epen um eine einheitliche und ganze handlung zu gruppieren, und erklärt diese thatsache aus der gröszern schwierigkeit der aufgabe im vergleich mit der gröszern kürze der dramatischen erzeugnisse. 4) während die übrigen epischen dichter der Griechen das ganze in eigner person in ihren werken ausführten und nur weniges und nur selten nachahmend darstellten, schickt Homer nur weniges einleitend voraus, dann entfaltet sich die handlung in dramatischer lebendigkeit, und alle auftretenden personen sind charakteristisch ausgeprägt. das letztere haben wir selbst noch vor augen, das erstere müssen wir dem zuverlässigsten zeugen un

bedingt glauben. diese vier thatsachen allein genügen, um die notwendigkeit des einen dichters für die Ilias und Odyssee zu erweisen, ja diese ergibt sich von selbst aus denselben. betrachten wir im lichte derselben die entwicklung der epischen poesie der Griechen in ihren sängerschulen unter voraussetzung der richtigkeit der Wolfschen hypothese, dasz zuerst unter Peisistratos die zerstreuten lieder in die beiden liedercomplexe Ilias und Odyssee zusammengefaszt seien, der vermeintliche verfasser Homeros nur eine mythische persönlichkeit, so eröffnet sich vor unsern augen ein wundersames bild. an die sage vom zorn des Achilleus und von den abenteuern des Odysseus hat sich eine reihe von gesängen geknüpft, welche von verschiedenen, nach zeit und ort getrennten sängern gedichtet wurden. diese lieder wurden in verschiedenen schulen überliefert. nun geschah es dasz die sage einen dichter erfand, welchem diese verschiedenen lieder beigelegt wurden. dieser verschlang nicht nur die namen der ursprünglichen dichter, sondern annectierte auch ihre erzeugnisse mit solchem erfolge, dasz er bald groszen ruhm und beifall fand. auch knüpfte sich an die lieder vom zorn des Achilleus der name Ilias, an die lieder von Odysseus der name Odysseia. eine anzahl der begabteren sänger schuf dann eine reihe von selbständigen gröszern epopõen, deren verfasser bis heute die kritik noch nicht angezweifelt hat. namentlich bildete sich ein kyklos solcher werke der epischen poesie, welche die sagen vom troischen kriege und seinen helden ergänzend behandelten, die handlungen der Ilias und Odyssee stehend ausschlossen. keiner dieser spätern dichter erreichte indes den ruhm und die verehrung des mythischen Homeros, ja bis zu dém grade siegte seine beliebtheit bei den hörern, dasz sich spätere dichter genötigt sahen ihre eignen werke dem Homer beizulegen, von ihm sie empfangen zu haben sich rühmten, um sie populärer zu machen. trotz alledem kamen indes die sängerschulen niemals auf den gedanken die einzellieder der Ilias und Odyssee zu einem ganzen zusammenzufassen: das geschah zuerst unter Peisistratos in Athen. und da ergab sich dann ein zwiefaches wunder. alle übrigen epischen dichter hatten sich begnügt einen helden oder eine zeit zum mittelpunct ihrer epopöen zu machen, ohne dasz eine einheitliche handlung die glieder derselben zu einem künstlerischen ganzen verband; oder sie wählten eine vielteilige handlung, wie die verfasser der Kyprien und der kleinen Ilias, so dasz sich viele tragödien aus beiden machen lieszen, aus der letztern mehr als acht, deren namen man in der poetik des Aristoteles nachlesen kann. dagegen bewahrten die aus den händen der commission in Athen hervorgegangene Ilias und Odyssee eine einheitliche und ganze handlung, so dasz alle glieder derselben nach ursache und wirkung auseinander folgten, sei es nun nach dem gesetze der notwendigkeit

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3 warum wurden diese stets ausgeschlossen, wenn sie nur in einzelliedern existierten? gab es keine einzellieder auf dem behandelten gebiete des troischen sagenkreises? die Odyssee kennt doch solche.

oder der wahrscheinlichkeit. zugleich erwies sich das erste glied der handlung als anfang, weil es nichts voraussetzte, ein anderes aber aus ihm folgen muste, das letzte glied als ende, weil es sich als folge eines andern ergab, aber nichts weiteres nach sich forderte.

Noch ein zweites wunder brachten dieselben verschiedenen sänger zu stande. sie alle sagen einleitend nur weniges in eigner person und führen sofort charaktere ein, so dasz die handlung in dramatischer frische und kraft fortschreitet und sich entwickelt, die charaktere selbst in voller klarheit und bestimmtheit sich ausleben und mit gleicher kunst gezeichnet erscheinen; während die übrigen epischen dichter das meiste in eigner person erzählten und nur weniges und selten nachahmend darstellten. das ist in den grundzügen die entwicklung der epischen poesie bei den Griechen vom standpuncte der Wolfschen hypothese. ergeben sich nun nach dem gesetze der notwendigkeit aus einer wissenschaftlichen hypothese widersinnige und unmögliche consequenzen, so ist dieselbe damit widerlegt und ihre unmöglichkeit bewiesen. zu gleicher zeit wird damit der gesamten aus dieser hypothese erwachsenen kritik ihre basis entzogen. ich mache noch ausdrücklich darauf aufmerksam, dasz ich die erste der vier oben aufgestellten thatsachen, die gleichheit der sprache, nur zur abwehr benutzt und mich bei der widerlegung der Wolfschen hypothese nur auf die drei andern thatsachen gestützt habe. das ist geschehen, weil die gleichheit der sprache und des stils nur empfunden, nicht bewiesen werden kann. ich wollte mich für meinen beweis nur auf unwiderlegliche thatsachen stützen. eine weitere begründung der notwendigkeit des éinen dichters der Ilias habe ich in meiner composition der Ilias' geliefert; dasselbe wird für die Odyssee das in vorbereitung befindliche werk über die composition der Odyssee leisten.

HANNOVER.

ADOLF KIENE.

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ZUR BEDEUTUNG DER PRÄPOSITION ПIPO.

In der neuern zeit wird (unter anderen von Procksch in der zs. f. d. gw. 1878 s. 323, der sich auch auf Aken beruft) für die рräр. прó als grundbedeutung angegeben mit dem rücken zugekehrt', während àvrí 'mit dem antlitz zugekehrt' sei. dies klingt sehr bestechend, scheint aber ungefähr so richtig zu sein, wie wenn jemand behauptete, eic bedeute in - hinein mit dem antlitz zugekehrt', wonach niemand rücklings in einen raum gelangen, zb. in einen abgrund stürzen oder mit dem hinterteil eines schiffes einer bucht zugewendet in diese einlaufen könnte. dergleichen nebenbestimmungen liegen wol in keiner präposition. wie lächerlich aber,

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