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eine Zeitlang dessen Ausbruch. Kaum aber hatte er sich entfernt, so brach er auf's Heftigste los. Jene Worte Bileams: „Ein Stern wird aufgehen aus Jakob und ein Scepter aus Israel aufkommen und wird zerschmettern die Fürsten der Moabiter und zerstören alle Kinder Seth," (4 Mos. 24, 17) fanden auch jezt noch einen mäch tigen Wiederhall in der Brust eines Schwärmers, der sich den Sohn des Sterns, Bar Coch ba nannte. Zu Bither (Bethera), einer Festung des jüdischen Landes, unweit Jerusalem, ließ er sich zum König salben, und die ihm nicht huldigen wollten, namentlich die Christen im Lande, verfolgte er auf's Blut. Er überstel mit einer bewaffneten Macht Jerusalem, zerstörte den heidnischen Tempel und ließ Münzen prägen, die auf der einen Seite seinen Namen, auf der andern die Inschrift: „Freiheit Jerusalems" trugen. Als der römische Statthalter Tinnius Rufus zu schwach war, Widerstand zu leisten, so wurde der tüchtigste Feldherr des Kaisers, Julius Severus mit einer Verstärkung aus Britannien herbeigerufen, der erst mit weiser Vorsicht, ohne sich in Schlachten einzulassen, den Aufruhr zu dämpfen begann. Die Juden warfen sich auf Bither, entschlossen zum äußersten Kampf. Nachdem Severus das Land einzeln erobert, erhielt er auch diese legte Veste in seine Gewalt. So ward nach einem dreijährigen blutigen Kriege der Aufruhr im Jahr 135 getilgt, in welchem nach der gewöhnlichen. Angabe 580,000 Juden ihr Leben verloren. Fünfzig feste Schlösser wurden zerstört, 985 Städte und Dörfer in eine Wüste verwandelt. - Bar Cochba, den das enttäuschte Volk nun den „Sohn der Lüge", Bar Cosiba, nannte, war in der Schlacht umgekommen; sein Haupt ward in's römische Lager gebracht. Der Rabbi Akiba, der auch mit in die Verschwörung verwickelt war, wurde unter grau, samen Martern hingerichtet, die er mit der größten Standhaftigkeit trug. Andere der Mitschuldigen wurden theils zu Sclaven verkauft, theils in die Steinbrüche Egyptens abgeführt. Ueber die Stätte, da der Tempel gestanden, ließ Hadrian den Pflug gehen und den Boden mit Salz bestreuen. Die Stadt Jerusalem aber wurde dem Kaiser und dem Jupiter Capitolinus zu Ehren wieder aufgebaut, Aelia Capitolina genannt und mit heidnischen Colonisten bevölkert. Kein Jude durfte im Umkreis von mehrern Stunden der Stadt sich nähern, und um das Maaß des Hohnes Hagenbach, Vorlesungen II.

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voll zu machen, ward über dem Stadtthor gen Bethlehem ein marmornes Schwein angebracht. Der Uebertritt zum Judenthum ward bei Todesstrafe verboten 18).

Mit dieser zweiten Eroberung Jerusalems durch die Hand der Römer löste sich das lezte Band, das noch die Juden äußerlich zusammen gehalten hatte. Von da an erscheinen ste als das aus der Heimath vertriebene, unstäte und flüchtige Volk, wie es bis auf den heutigen Tag sich uns darstellt, ein Zeugniß des göttlichen Gerichtes, wie des göttlichen Erbarmens, ein Volk, dessen Geschichte noch nicht beendet ist und das augenscheinlich aufbewahrt ist, um dereinst zur Vollendung des Reiches Gottes in seiner Weise verwendet zu werden.

Aber auch für die Geschichte des Christenthums war dieses Schicksal der Juden ein entscheidender Wendepunkt. Wollten die Christen auch jezt noch in Jerusalem (Aelia Capitolina) bleiben, so mußten sie noch entschiedener, noch auffälliger vom Judenthum sich lossagen, als es bisher geschehen war. Nur so konnten ste auf Duldung von Seiten der Heiden Anspruch machen. So trat denn auch wirklich das erstemal ein Heidendhrist, Marcus, an die Spize der dortigen Gemeinde 19). Das Judendhristenthum, das bis anhin noch immer seine Vertreter im jüdischen Lande gefun= den hatte, hörte damit auf, als solches zu existiren; und die freiere Form, für die Paulus gekämpft hatte, trug den endlichen Sieg davon,

Dieß führt uns auf die innern Verhältnisse des Christenthums zur Zeit Hadrians, namentlich auf den Gegensatz des Juden= und Heidenchristenthums, wie er in den häretischen Gestaltungen des Ebionismus und des Gnosticismus hervortrat.

18) Vgl. Jost, Geschichte des israelitischen Volkes II, S. 109 ff. 19) Euseb Kirchengesch. IV, 6.

Achte Vorlesung.

Häretische Richtungen in der Christenheit.

Gerinth.

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Ebioniten und Nazarener.

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Der Gnosticismus. Bafilides. Valentinus.
Ophiten. Andere Gnostiker. Marcion.

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Es ist eine altkirchliche Sage, daß bis auf Hadrian die Kirche in Absicht auf die Lehre ihre jungfräuliche Reinheit bewahrt habe, daß sie von keiner Keßerei sei befleckt worden. Erst um die Zeit, mit der wir uns in der lezten Stunde beschäftigt haben, erst mit dem Beginn des zweiten Jahrhunderts der christlichen Geschichte, habe auch die Irrlehre sich hervorgethan 1). Streng buchstäblich darf man das wohl nicht nehmen; denn schon Paulus hatte ja zu kämpfen theils mit denen, die sich den jüdischen Sazungen hingaben, theils mit denen, welche aus Mißverstand der christlichen Freiheit, diese mißbrauchten, wie denn auch er schon einer falschen Philosophie, einer falschen Gnosis oder der falschberühmten Kunst" entgegen trat. Eben so warnten auch die andern Apostel vor Irrlehrern. Aber das ist gewiß, daß erst im zweiten Jahrhundert die häretischen Parteien sich sondern, und unter bestimmten Namen in bestimmten Gestaltungen hervortreten, gegen welche dann die Kirche, als die rechtgläubige, als die katholische Kirche sich um so kräftiger verwahren mußte, wenn sie nicht nach der einen oder andern Seite hin ihre Eigenthümlichkeit aufgeben und selbst eine Beute des Häretischen werden wollte. Das Christenthum

1) Hegefip bei Euseb Kirchengesch. III, 32.

wurzelte, wie wir gesehen haben, auf dem Judenthum; aber keineswegs war es nur eine Wiederholung oder nur eine Erneuerung des Judenthums. Das Judenthum sollte im Christenthum aufgehen, seiner höhern Idee nach. Darauf hatte schon Ignatius hingewiesen, in der Stelle, die ich in der legten Stunde aus seinen Briefen mitgetheilt habe. Nachdem die Weissagung der Propheten in Christo erfüllt war, konnte das Gesetz nicht mehr neben dem Evangelium bestehen als ein Besonderes, sondern das Evangelium war die Verklärung des Gesezes, indem es den göttlichen Inhalt desselben in sich schloß, aber unter der Form eines Gesetzes der Freiheit, nicht mehr als Buchstabe, sondern als Geist. Wollte nun dennoch neben dem freien Evangelium der Gnade und des Geistes ein jüdisches Gesezeschristenthum sich geltend machen, so konnte dieß auf die Dauer nicht bestehen; es mußte entweder von selbst weichen, oder wo es sich gegen die Freiheit des Evangeliums erhob, als eine unberechtigte Erscheinung, oder doch wenigstens als ein Anachronismus bekämpft werden, als eine Erscheinung, die fich überlebt hatte. Das die eine Seite des Kampfes. Aber auch die andere Seite müssen wir in's Auge fassen. Paulus hatte, als der Heidenapostel, das Christenthum allerdings losgelöst von den Banden des Gesezes; gleichwohl aber hatte er den tiefern geschichtlichen Zusammenhang des Christenthums mit dem Judenthum niemals übersehen und in seinem Brief an die Römer hatte er es deutlich ausgesprochen, daß die Zweige des guten Baumes auf den wilden Delbaum seien gepfropft worden. Wollte nun das Heidenchristenthum, in falsch verstandener Unabhängigkeit vom Judenthum, sich über allen historischen Zusammenhang mit demselben hinwegsehen, wollte es sich im Anschluß an die heidnische Philosophie und Mythologie als eine rein idealistische, poetischphilosophische Religion aufbauen, ohne die historische Grundlage, die in der Heilsanstalt des alten Bundes gegeben ist, so konnte auch dieses unhistorische, dieses gesezeswidrige und gesezstürmende Verfahren nicht geduldet werden. Das Christenthum mußte also dastehen, fest auf seinen eigenen Lebenswurzeln; es durfte sich weder in's Judenthum zurückdrängen, noch in die Wildniß des Heidenthums hineinreißen lassen. Es mußte abwehren das Eine, wie das Andere. Nun aber sehen wir, daß zu Anfang

des zweiten Jahrhunderts die beiden entgegenstehenden Pole des Juden- und Heidenchristenthums in bestimmter Weise ihre Spizen hervorkehren. Dieß geschieht einerseits bei den judaifirenden Ebioniten, anderseits bei den heidnisch gesinnten oder doch heidnisch gefärbten Gnostikern. Von diesen beiden merkwürdigen Erschei= nungen des Ebionismus und Gnosticismus werden wir nun in dieser Stunde zu handeln haben. Ich muß für diesen Gegen= stand Ihre Nachsicht besonders in Anspruch nehmen, da es höchst schwierig ist, ihn für das allgemeine Verständniß so zuzurichten, daß nicht immer noch ein Anstrich von wissenschaftlich-abstracter Behandlungsweise dran hängen bleibt. Und doch läßt sich die Sache nicht mit Stillschweigen übergehen. Die Treue gegen die Geschichte fordert, daß wir uns von diesen sich theils abstoßenden, theils wieder sich in gewissen Punkten begegnenden und durchkreuzenden Anschauungsweisen eine möglichst klare Vorstellung zu bilden suchen. Wir wollen es der gelehrten Forschung überlassen, die Geschichte dieser Parteien bis in ihre Uranfänge zu verfolgen und die oft unmerklichen Uebergänge aus der einen Form in die andere nachzuweisen. Für die Betrachtung des Großen und Ganzen mag es hinreichen, das festzuhalten, daß die beiden Hauptrichtungen, wogegen die junge Kirche zu kämpfen und deren fie sich zu erwehren hatte, die falschen Einflüsse jüdischer und die falschen Einflüsse heidnischer Denkweise waren. Neben wir zuerst von den jüdischen Einflüssen. Das Christenthum war aus dem Judenthum hervorgegangen, und als eine jüdische Secte wurde es im Anfang auch von den Heiden betrachtet. Die verächtliche Benennung Galiläer oder auch Nazarener kam allen Chriften gemeinschaftlich zu. Noch zu Nero's Zeit haben wir gesehen, wurden sie als jüdische Secte verfolgt. Nachdem aber das Christenthum sich auch äußerlich vom Judenthum abgelöst hatte, wozu, wie wir gesehen, schon die Zerstörung Jerusalems und dann der jüdische Krieg unter Hadrian beitrug, blieb die Benennung Nazarener für die übrig, die den frühern Standpunkt des Judenchristenthums ferner einhielten, und welche also auch als Christen noch immer das jüdische Gesez als ein göttliches beobachteten. Es ist immer das Schicksal einer sich abschließenden, an der Bewegung der Zeit keinen Antheil nehmenden Partei, daß sie nach und nach verküm

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