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Wir haben das leztemal die Vertheidiger des Christenthums, besonders Justin den Märtyrer und dann die schriftlichen Gegner desselben, einen Celsus und Lucian betrachtet, und haben gesehen, wie die geistigen Kräfte des absterbenden Heidenthums und des aufblühenden Christenthums angefangen haben, sich aneinander zu reiben und aneinander zu messen, wie der heidnischen Litteratur und Philosophie gegenüber, die in dem antoninischen Zeitalter ihre besondere Pflege fand, eine christliche Litteratur und Philosophie auffam, die ihr die bisherige Herrschaft streitig machte. Sept wenden wir une dem Innern der Kirche selbst zu. Wir haben früher gesehen, wie schon unter Hadrian sich auch innerhalb der christlichen Kirche Gegensäge gebildet hatten zwischen dem ebionitischen und dem gnostischen Christenthum, zwischen der jüdischen und der heidnischen Richtung, die beide das Christenthum zu verunstalten drohten. Wie nun gegen die Angriffe von außen Männer aufstanden, die die Wahrheit des Christenthums gegen Heiden und Juden vertheidigten, die Apologeten, mit denen wir uns in der vorigen Stunde beschäftigt haben, so fehlte es auch nicht an Solchen, welche der Irrlehre, die in der Kirche immer kühner aufzutauchen begann, sowohl die Autorität dieser Kirche, als die des göttlichen Wortes, auf der die Kirche ruht, entgegenseßten. Unter diesen Säulen der kirchlichen Rechtgläubigkeit ragt besonders

ein Mann im Zeitalter der Antonine hervor, der durch sein Werk, das er der falschen Gnosis entgegenseßte, sich einen berühmten Namen in der christlichen Theologie erworben hat. Es ist Irenäus mit seinen Werke gegen die Kezereien (adversus haereses). Indessen ist es nicht der Schriftsteller und am wenigsten der Streittheologe allein, den ich Ihnen in der Person dieses Mannes vor= führen möchte, sondern es ist auch sein edler, einfacher Charakter, sein bei aller Entschiedenheit friedliebender Sinn, wodurch er sich uns empfiehlt. Irenäus hat für die Kirchengeschichte schon darum eine große Bedeutung, weil er durch seine Erscheinung die Vermittlung bildet zwischen dem christlichen Morgen- und AbendLande. Mit dem einen Fuß steht er in Kleinasien, mit dem andern in Gallien, und so sind uns auch seine Schriften theils in griechischen Bruchstücken, großentheils aber in lateinischer Sprache aufbewahrt.

Irenäus ist geboren um's Jahr 140. Wo? wiffen wir nicht, sein Name (etwa unserm „Friedrich" entsprechend) deutet jedenfalls auf griechischen Ursprung. In Smyrna saß er zu den Füßen des uns schon bekannten Bischofs Polykarp und nahm den ganzen Eindruck dieses würdigen Mannes in sein jugendliches Gemüth auf „Ich schrieb, was ich hörte“, sagt er selbst, „nicht auf Papier, sondern in meinem Herzen nieder und stets bringe ich es durch die Gnade Gottes wieder in frische Erinnerung." Ob Polykarp seinen Schüler Irenäus selbst nach Gallien verpflanzt, oder ob dieser von sich aus dahin gegangen, wiffen wir nicht. Genug, wir finden ihn nach der Mitte des zweiten Jahrhunderts in Lyon. Erst wurde er Presbyter, später nach dem Märtyrtode des Bischofs Pothinus, dessen wir bei der Verfolgung unter Mark Aurel gedacht haben, Bischof der Gemeinde im Jahr 178. Von Lyon aus leitete er dann auch die übrigen Gemeinden Galliens mit großer Weisheit und Hingebung. Aber auch auf die Kirche im Großen und Ganzen, auf die katholische Kirche, wie wir von nun an im Unterschied von den häretischen Parteien ste nennen, hat er durch seinen Einfluß gewirkt. Sein umfangreiches Werk gegen die Kezer oder die falschen Gnostiker enthält freilich manches, was unserm Geschmack und unserer Denkweise nicht mehr zusagen möchte; allein die Gesinnung, die daraus hervortritt, ist eben die einer auf

dem Grunde des göttlichen Wortes und der kirchlichen Ueberlieferung ruhenden praktischen Frömmigkeit. Durch innige Liebe zu Gott und dem Göttlichen und durch eigene Uebung der Frömmigkeit, das war seine Grundüberzeugung, gelangen wir besser zur Erkenntniß Gottes, als durch alle Philosophie; denn, spricht Irenäus mit Paulus, das Wissen bläset auf, aber die Liebe bessert (1 Cor. 8, 1). Alle unnüßen, bloß speculativen Fragen nach der ewigen Zeugung des Sohnes Gottes aus dem Vater, nach der Zeit vor der Weltschöpfung und Aehnliches weist daher der glaubensnüchterne Mann mit entschiedenem Unwillen, sogar oft mit derber Ironie zurück; um so fester hält er an den einfachen Grundlehren des christlichen Bekenntnisses von der Offenbarung Gottes in Christo; Christus ist ihm das Unsichtbare des Vaters, wie es für uns in die Sichtbarkeit heraustritt, gleichsam das uns zugekehrte Angesicht Gottes. Er ist ihm der Gottmensch, der Göttliches und Menschliches, das durch die Sünde in uns getrennt ist, in sich zusammengeschlossen und vereinigt, und der auf jeder Lebensstufe das vollkommene Bild der Menschheit in göttlicher Verklärung dargestellt hat. Er ist geworden was wir find, damit wir würden was er ist, und durch ihn zu Gott kommen. So ist er den Kindern ein Kind geworden, damit er die Kinder heiligte, den Jünglingen ein Jüngling, den Männern ein Mann, um so jedem Alter seine Weihe zu geben. Hat er doch für alle sein Leben gelassen! Der Reinste unter Allen starb er für die Menschheit; sein Leiden war das Reinigungsmittel für die ganze Welt, welche ohne diese Erlösung zu Grunde gegangen wäre. Nicht mit Gewalt, sondern durch die bessere Ueberzeugung 1), die er in den Gemüthern gründete, hat er die Menschen losgekauft aus der Knechtschaft, in die sie durch die Sünde gerathen waren. Weiter grübelt Irenäus nicht über das Geheimniß der Erlösung. Er hält sich an die große Thatsache der göttlichen Liebe, die bezeugt ist durch die Geschichte und die sich innerlich bezeugt in den Herzen der Gläubigen. Besonders eindringlich redet Irenäus von der christlichen Gemeinschaft, von der Kirche. Wo die Kirche ist, da ist der Geist Gottes, und umgekehrt, wo der Geist Gottes ist, da ist auch die wahre Kirche. Diese Gemeinschaft vollzieht sich durch die heilige Taufe und Secundum suadelam (adv. haer. V, I.)

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das heilige Abendmahl. Wie aus dem trockenen Weizen", sagt unter anderm Frenäus, „nicht ein Brot oder ein Teig werden kann, ohne die hinzukommende Feuchtigkeit, so konnten auch wir Alle nicht Eins werden in Christo ohne das Wasser, das vom Himmel ift; und wie die dürre Erde keine Früchte bringt, wenn sie keine Feuchtigkeit empfängt, so würden auch wir, die wir von Natur dürres Holz find, nie Frucht des Lebens bringen, ohne den (befruchtenden) Regen, der sich frei vom Himmel ergießt, denn unsere Leiber haben durch die Taufe, unsere Seelen aber durch den Geist jene Gemeinschaft mit dem unvergänglichen Wesen empfangen.“ 2) - So sieht Irenäus auch im heil. Abendmahle eine reelle Lebensmittheilung Christi an die Seinen, und zugleich schließt ihm dieses heilige Mahl eine geheimnißvolle Kraft in sich, durch die unser Leib zum Auferstehungsleibe zubereitet wird. Chrifti Fleisch und Blut verwandelt sich so in unser Wesen, daß unsere Leiber dadurch unsterblich werden. Man kann diese Vorstellung des Frenäus von der Wirksamkeit der Sacramente eine mystische nennen, und zwar ist seine Mystik nicht nur eine ideale, welche das Höhere und Göttliche über dem Sichtbaren hält, und vermöge des ahnenden Gedankens vom Sichtbaren zum Unsichtbaren aufsteigt, sondern fie ist eine reale Mystik, welche das Ewige im Zeitlichen, das Ueberfinnliche im Sinnlichen, das Geistliche im Leiblichen nicht nur angedeutet, sondern vollkommen verwirklicht fleht. Man hat fich in neuerer Zeit oft an diesem Realismus der Kirchenväter ge= stoßen; man hat ihnen eine Kraßheit der religiösen Vorstellungen zugemuthet, die oft mehr in dem unbehülflichen Geiste der Kritiker, als in ihnen selbst ihren Siz hatte. Allerdings war die Denkweise der Väter von göttlichen Dingen massiver und handgreiflicher, als die unsrige, aber sie war auch kernhafter und gedrungener, als das zerflossene und verschwommene Denken, das man oft als das Geistige und Ideale bezeichnet. -Wir werden die mehr vergeistigende und idealisirende Nichtung auch noch kennen lernen; sie hatte gleichfalls ihre Berechtigung und so fand sie auch ihre Vertreter in der alten Kirche; aber es mußte auch ein Gegengewicht da sein, wenn die Substanz der christlichen Wahrheit nicht in ein bloßes Gedanken

2) Ebend. III, 17.

bild verflüchtigt werden sollte. Da wo unsere Reflexion zwischen Bild und Sache trennt, da bemächtigte sich der alte Glaube des Geheimnisses leibhaftig, er schaute es mit geistig-leiblichem Auge, griff es mit geistig-leiblichen Händen. Dabei lag allerdings auch die Gefahr nahe, wenn die geistige Spannkraft nachließ, in das Leibliche zu versinken und dem Aberglauben anheim zu fallen, wie dieß gerade mit den Sacramenten der Fall war, die häufig nicht nur als Gnaden mittel und Gnadenpfänder, sondern recht eigentlich als die realen Gnadengüter selbst schon in ihrer Aeußerlichkeit festgehalten und zu abergläubischem Werke mißbraucht wurden. Aber eben die besonnenen Lehrer, unter die wir namentlich unsern Irenäus zählen, wußten dann wieder sehr gut diesen Mißbrauch abzuwehren und den gefährlichen Ueberschritt aus dem Mystischen in das Magische, aus dem Geheimnißvollen in das Zauberhafte, aus dem Thatkräftigen in's Mechanische zu vermeiden. Und so darf nicht ohne weiters auf die Rechnung der Kirche und ihrer Lehrer gesezt werden, was der kirchliche Unverstand zu allen Zeiten mißdeutet und mißbraucht hat.

Von seiner praktischen Weisheit hat uns Irenäus eben so schöne Spuren hinterlassen, als von seiner praktischen Frömmigkeit. Wir sehen ihn auftreten in zwei Streitigkeiten, die damals die Kirche bewegten, und von denen wir nun zu reden haben. Die eine dieser Streitigkeiten bezog sich auf etwas Aeußerliches, nämlich auf die Zeit der Osterfeier; die andere auf die Erscheinung einer Secte, die unter dem Namen der montanistischen Secte in der Kirche vorkommt.

Reden wir zuerst von dem Osterstreite. Wir haben schon früher, als wir von dem Stifter der christlichen Kirche redeten, gezeigt, wie er absichtlich keine liturgischen (gottesdienstlichen) Verordnungen hinterlassen, mit Ausnahme der Einsezung des heiligen Abendmahls und der heiligen Taufe. So hat ja auch Christus nicht einmal die Sonntagsfeier förmlich eingesegt und auch von den Aposteln finden wir darüber keine bestimmte Verordnung (vgl. Vorl. 7, S. 120); sondern allmälig löste fich der Sonntag, der bald in der ersten Kirche zur Erinnerung an die Auferstehung Christi gefeiert wurde, vom jüdischen Sabbath ab, und wurde dann als der eigentliche gottesdienstliche Tag der Christen gefeiert, und

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