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Sinne der Bibel stehen zu bleiben, statt über den in ihr verborgenen Geheimnissen zu grübeln. Nachdem so der Vater den ersten Grund zu seiner Frömmigkeit wie zu seiner Gelehrsamkeit gelegt hatte, kam Origenes in die Katechetenschule, der Clemens vorstand. Siebzehn Jahre alt war er, als die Verfolgung unter Septimius Severus ausbrach, in der sein Vater, wie wir früher erwähnt haben, den Märtyrtod fand. O wie gerne hätte der Sohn das Loos des Vaters getheilt! Nichts schien ihm wünschenswerther, als sein junges Leben für die Sache Christi hinzuopfern. Als er durch die Lift seiner Mutter, die ihm seine Kleider verbarg, abgehalten wurde, dem Vater in's Gefängniß zu folgen, da schrieb er ihm wenigstens einen Brief, in dem er ihn auf's Rührendste zur Standhaftigkeit ermunterte. Nach dem Tode des Vaters ward er mit seiner Mutter und seinen sechs Geschwistern in das Haus einer reichen Dame in Alexandrien aufgenommen; doch bald suchte er eine selbstständige Stellung zu erringen, indem er sich seinen Unterhalt durch Ertheilung von Lehrstunden gewann. Ja, bald sah er sich durch die Umstände genöthigt, an der verwaisten Katechetenschule (denn auch Clemens war geflohen) als einstweiliger Lehrer aufzutreten. Seine freiwillige Leistung fand bald Anerkennung und der Bischof von Alerandrien, Demetrius, übertrug dem achtzehnjährigen Jüngling förmlich die erledigte Lehrstelle im J. 203. Nun widmete er Zeit und Kräfte ganz dem wichtigen Amte, und verband mit den unabläßlichen Studien die strengste Zucht des Leibes und des Geistes. Dieser Abhärtung wegen hat man ihn den Stählernen, den Demantenen genannt. Auch in den erneueten Verfolgungen, die über die Kirche ausbrachen, bewahrte er den alten Glaubensmuth und leuchtete Allen durch sein Beispiel vor. Er tröstete die Märtyrer, er begleitete sie zur Nichtstätte, er setzte sich selbst jeder Gefahr aus; doch sollte er nicht selbst den Zeugentod sterben, sondern noch länger wirken für die Zwecke des göttlichen Reiches. Seine Lehrthätigkeit wurde eine immer ausgedehntere, und er selbst scheute sich nicht, auch von heidnischen Philosophen sich noch weiter in das Studium der Weltweisheit einführen zu lassen, damit er auf diesem Wege um so leichter die Weisen und Gebildeten für das Christenthum gewinnen könne. Mit dem philosophischen Studium ging aber das Bibelstudium Hand in Hand, und noch

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in reifern Jahren lernte er das Hebräische, um das alte Testament aus der Grundsprache erklären zu können. Bald verbreitete sich der Nuf des berühmten Lehrers und Gelehrten im Morgenlande. Ein arabischer Fürst ließ ihn zu einer Unterredung einladen, über deren Erfolg wir übrigens nichts Näheres wissen. Unter der Regierung Caracalla's, der zwar nicht die Christen verfolgte, aber gegen Alerandrien und dessen Schulen wüthete, zog sich Origenes nach Cäsarea in Palästina zurück; auch da widerfuhr ihm von allen Seiten die größte Ehre, und obgleich er keine geistliche Weihe als Priester erlangt hatte, predigte er gleichwohl vor der Gemeinde. Daß er von der Mutter des Alexander Severus, Julia Mammäa, nach Antiochien berufen worden sei, um mit ihr über das Christenthum sich zu unterreden, haben wir das leztemal bemerkt. Diese vielfachen Auszeichnungen erregten freilich auch den Neid Anderer. Der Bischof Demetrius von Alexandrien, ein früherer Gönner unsers Origenes, hatte es nur ungerne gesehen, daß dieser in Cäsarea gepredigt, ohne eine geistliche Würde zu haben. Noch übler empfand er es, daß er die Presbyterwürde nicht aus seinen Händen empfing, sondern von den palästinensischen Bischöfen in Jerusalem und Cäsarea sich hatte weihen lassen. Er nahm nun seine Zuflucht zu Verdächtigungen; die freisinnige Lehrart des Origenes gab ihm dazu den besten Vorwand. Wie oft hat sich doch hinter den Eifer für Orthodoxie ein kleinlicher Neid versteckt, leider auch bei solchen, denen man eine bessere Gesinnung zutrauen sollte! Nachdem Origenes freiwillig Alexandrien verlassen, regte Demetrius auch hinterher noch die ägyptischen Geistlichen wider ihn auf; um so freundlicher ward der gelehrte Mann zum zweitenmal in Cäsarea empfangen. Da eröffnete er eine gelehrte christliche Schule, welche in kurzer Zeit zu einer außerordentlichen Blüthe gelangte und sogar mit der von Alexandrien wetteiferte. Aber ein neuer Sturm erhob sich, der die eben aufgegangenen Blü= then wieder zu zernichten drohte. Wir haben schon der Drangsale erwähnt, die über die Christenheit unter Marimin, dem Thracier, hereinbrachen. Origenes wurde abermals zur Flucht genöthigt; er begab sich nach Cäsarea in Kappadocien, und erst als der Sturm sich gelegt hatte, kehrte er wieder nach Palästina zurück. Da luden ihn die christlichen Bischöfe von Arabien zu sich ein, um einen Hagenbach, Vorlesungen II.

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ihrer Amtsgenossen, den Beryll von Bostra, wieder auf den rechten Weg der Lehre zu leiten, nachdem er sich von demselben eine Zeitlang entfernt und sich den früher erwähnten Patripasstanern ange= schlossen hatte. Ebenso mußte er andere arabische Lehrer widerlegen, welche die seltsame Behauptung aufstellten, die Seele sterbe im Tode mit dem Leibe zugleich und werde erst am jüngsten Tage wieder mit ihm auferweckt. Auch diese brachte Origenes von ihrem Irrthum zurück, indem er die Unsterblichkeit der Seele gegen fie vertheidigte. So bewies derselbe Mann sich als eine Stüße der Rechtgläubigkeit, der in seinem eigenen Vaterlande als Irrlehrer verschrieen war. Daß er aber nicht nur mit dem Kopfe den Christenglauben gegen irrthümliche Fassungen zu vertheidigen, sondern auch das Leben für Chriftum einzusehen bereit war, davon hat er in der Decischen Verfolgung, die, wie wir gesehen haben, im Jahre 250 ausbrach, die glänzendste Probe abgelegt. Er wurde ergriffen und in's Gefängniß geworfen; sein Hals ward mit eisernen Ketten belastet, seine Füße wurden in den Block gespannt; auch die Folter hielt er mannhaft aus. Schon drohte ihm der Tod durch's Feuer, als der Tod des Kaisers den Verfolgungen ein Ende machte und Origenes wieder auf freien Fuß gesezt ward, allein die Mißhandlungen, die er erduldet, ließen unaustilgliche Spuren zurück; er starb, wahrscheinlich in Folge derselben, im Jahre 254 zu Tyrus im 69. Jahre seines Alters.

Origenes war ein überaus fruchtbarer Schriftsteller. Er war nicht nur christlicher Denker und Philosoph; er war Gelehrter im ganzen Umfang des Wortes. Von den Lehrern der drei ersten Jahrhunderte hat keiner wie er das theologische Wissen nach allen verschiedenen Nichtungen hin gefördert, keiner verhältnißmäßig so viel geschrieben. Das Bibelstudium verdankt ihm die mühsamsten Vorarbeiten. Mit großen Kosten, die sein Freund Ambrosius, ein reicher Mann in Alexandrien, aufwendete, hatte er die verschiedenen griechischen Ueberseßungen des alten Testamentes zusammengebracht und sie mit dem hebräischen Grundterte vergleichend zusammengestellt in einem Werke, das noch jezt von den Gelehrten geschäßt wird 3). Ueber alle Bücher der heil. Schrift hat er theils gelehrte

3) Unter dem Namen der Herapla.

Commentare geschrieben, theils praktische Vorträge (Homilien) ge= halten, die von den kunstgeübten Händen christlicher Jungfrauen nachgeschrieben worden sind und die wir, Dank sei es ihnen, noch besigen. Das Ganze der christlichen Glaubenslehre hat er zuerst in eine Art von System gebracht und den Grund zu dem gelegt, was wir christliche Dogmatik nennen 4). Gegen den Celsus, von dem wir früher gesprochen, hat er die Wahrheit des Christenthums mit Scharfsinn und Beredsamkeit vertheidigt 5), und überdieß noch in mehrern einzelnen Abhandlungen einzelne Gegenstände des christlichen Glaubens und Lebens beleuchtet. Auch in der Geschichte der christlichen Predigt bilden die vorhin erwähnten Homilien des Origenes das erste namhafte Glied. Sie zeichnen sich durch große Einfachheit, aber durch Neichthum der Gedanken aus. Mehrere seiner Schriften sind untergegangen, manche von ihm haben wir auch nur in der lateinischen Uebersezung und zum Theil entstellt. Noch in neuester Zeit ist ein bisher unbekanntes Werk von ihm entdeckt und veröffentlicht worden, eine Bestreitung der Gnostiker). Nun kann es unseres Ortes nicht sein, die gelehrten Verdienste des Mannes von hier aus zu würdigen. Wohl aber müssen wir uns von seiner Theologie im Ganzen und von seiner eigenthümlichen Schriftauslegung eine Vorstellung zu bilden suchen. Das soll die Aufgabe unserer nächsten Stunde sein.

4) In dem Werke de principiis (epi ayav).

5) Contra Celsum VIII Bücher.

6) Doch ist die origeneische Abstammung dieses in England herausgegebenen Werkes noch nicht erwiesen; nach neuern Vermuthungen wäre es ein Werk seines Schülers Hippolyt.

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Die Theologie des Origenes, mit der wir uns in dieser Stunde vorerst beschäftigen sollen, hat für uns darum eine so große und allgemeine Bedeutung, weil ste uns nicht nur mit den persönlichen Ansichten dieses bedeutenden Kirchenlehrers bekannt macht, sondern weil sich in ihr eine Richtung ausprägt, die bis auf diesen Tag ihre Vertreter in der Kirche hat, gegenüber einer andern Richtung, die gleichfalls ihre Berechtigung hat und die zu ihr die Ergänzung bildet. Man hat die eine dieser Nichtungen die idealistische, die andere die realistische genannt, -- Worte, mit denen man allerdings etwas sagen will, die man aber auch oft nur als Schlagworte gebraucht, ohne über ihren Sinn sich gehörige Rechenschaft gegeben zu haben. Lassen Sie uns daher der Sache selbst etwas näher treten. Alle Religion, das wird man uns zugeben, und so auch das Christenthum beschäftigt sich mit dem Uebersinnlichen, mit dem Geistigen. Die göttlichen Dinge, das sagt uné unsere natürliche Vernunft, liegen hoch hinaus über uns, über unserm Fühlen und Denken. „Was kein Auge gesehen“, so sagt ja auch die Schrift, „was kein Ohr gehört, was in keines Menschen Herz gekommen ist, das hat Gott denen bereitet, die ihn lieben." Gott ist ein Geist, und die ihn anbeten, die müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten." Es ist daher auch sehr natürlich, daß wo wir von göttlichen Dingen reden, wir unserm Geiste die Zumuthung machen, über das Irdische und

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