صور الصفحة
PDF
النشر الإلكتروني

Buße oder Strafe des Verbrechens zu erwirken, durch eine ge= richtliche Handlung gesichert werde. Die Beschreiung ward bisweilen, zumal auf dem platten Lande, mit dem Fahrgerichte verbunden, wenn man nämlich sichere Zeichen des Mordes an dem Körper des Todten gewahrte. In solchen Fällen wird noch nach dem J. 1650 bisweilen in den Acten ausdrücklich von einem gehaltenen Fahrgerichte vndt Beschreyung" gesprochen. Das Fahrrecht ward da gehegt, wo die That begangen oder wo der Körper des Entleibten gefunden war, immer unter freiem Himmel und so, daß der todte Leib gesehen ward. Dieser ward geprüft, „der Fall kürzlich untersucht und schließlich Recht gesprochen."

Im J. 1520 erschlug der Bauer Chim Ahrensdorf den Heinrich Wolter am Sce des Dorfes Chemniß. Der Schulze daselbst hielt mit 4 andern Schulzen aus benachbarten Dörfern das Blutgericht vor dem Schulzenhofe zu Chemniß bei der hohen Linde; dem Erschlagenen ward die Hand abgelöset, der flüchtige Mörder aber aus dem Dorfe Chemniß verfestet.

[ocr errors]

Als um das I. 1540 ein Kind in dem Bache bei der Wokrenter Mühle, unferne von Wismar, ertrunken war, mußte Herrmann Facklam, Schulze zu Karow, im Namen des Herzogs Heinrich zu Meklenburg das Fahrgericht darüber sißen." In dem Wismarschen Gerichtsbuche heißt es beim J. 1541: „Item Jochim Brandt iß dot gefteken buten dem roden Dohre vp dem. Damme vnd man weth nicht, wer idt gedahn hefft. Vnd ist dat Recht darauer geseten vnd de Handt affgeledet, wo Recht iß; vnd de ersamen Herren Her Jürgen Grotekorth vnd Her Otto Tancke, beide Richtevogede, seten dat Gerichte vp dem Damme, dar de Dode lach." Ferner beim J. 1556: „Item Hinrich Marqwart tho Zesendorp iß beschriet vnnd fredelos gelecht, darumme, dat he Pagell Wildenn tho Weitkow hefft alhier by dem Damme ein bludt ein blaw ein Behenbrock vnd ein Fahrwunde des Leuendes geslagen, darauer he vom Leuende thom Dode kamen; vnd dat Recht darauer geseten vnd de Handt affgeledet; de Richteheren Her Barthelt Sandow vnd Her Gorries Juhlle." - Und endlich beim J. 1562: „Vmme Petri vnd Pauli iß ein Man sehr verwundet dot gefunden buten dem roden Dohre an dem Stadtgrauen. Auerst des Doden Nhame, ock deß Dederß Nhame vnbewußt; vnd de Richteheren Her Franz vom Haue vnd Her Brandt Hoppenacke aldar von wegen eines Erbaren Radeß datt Vahrrecht auer den doden Corpus the hegende gekamen vnd hebben dohn dat Recht darauer geseten vnd hefft Ordel vnd Recht gegeuen: so man kan den Deder befragen vnd anerkamen, so schall man Lubsch Recht mit

[ocr errors]
[ocr errors]

ehme brukenn." Als im J. 1567 der Sohn des Schulzen zu Rosenthal auf der Brücke bei Wokrent mit einem Beile tödtlich verwundet und drei Tage hernach gestorben war, „ist also der Tode wiederumb vff die Brucken gebracht wurden, dar selbst Peter Tunnich, Kuchmeister zu Mekelborgk, mit den eldesten Schulzen des Ampts gekommen, das Gerichte daruber sigen zu lassen." Genau bekannt ist das Verfahren, welches zu Rostock in Fällen des Mordes, da der Thäter entflohen war, bei Beschreiung der Entleibten im 16. und 17. Jahrh. stattfand 1). Der Körper des Todten wird nämlich vor das öffentlich gehegte peinliche Noth- und Halsgericht gebracht. Daselbst bittet der Fiskal den Sarg zu öffnen, damit Jeder sehe, daß ein todter Körper darin vorhanden. Dann bittet er ferner, die Gichtung, d. h. die Beschreibung der Wunden, zu verlesen und die Beerdigung des Körpers zu gestatten, welches durch die Thei ler des Rechtens erkannt wird“, und darauf, daß dem Thä-ter eine Klage gesprochen werde: „es solle ihm seit und weit, in Rusch und Busch, in Kirchen und Häusern nachgetrachtet werden", damit er zur Haft und Strafe gebracht werden möge. Nachdem dies erkannt, tritt einer der Theilsleute mit bloßem Schwerte zu Füßen des Leichnams und thut dreimal das Zetergeschrei über den Mörder und berührt jedesmal den Körper mit der Spiße des Schwertes. Dann stellt der Fiskal die Klage an, heischet zu dreien Malen den Uebelthäter aus dem Frieden in den Unfrieden und legt damit die Verfestung zu." Ostern 1653 ward zwischen Metelsdorf und Schulenbrook im Amte Meklenburg ein erschlagener Bürger aus Wismar gefunden. Auf Ansuchen der Wittwe lieferte das Amt gegen einen Revers des Rathes zu Wismar über die unverleßte herzogliche Gerichtsbarkeit den Leichnam aus, doch erst nach gehalte nem Fahrgerichte, wobei nach altem Gebrauche das Zetergeschrey von dem Henker verrichtet worden." Noch im J 1717 berichtet das Amt Grevismühlen: am 19. Jan. seien drei russische Soldaten und eine Bauersfrau auf dem Warnower See ertrunken; die Leichen seien Tags darauf unter dem Eise hervor gesucht, auch gefunden und folglich das gewöhnliche Fahrrecht darüber gehalten worden." Die Formula, wie das Fahrgericht zu Wismar zu halten“ 2), vom J. 1686, sagt in der Einleitung: es kämen viele Selbstmorde und Todt

[ocr errors]

"

[ocr errors]

1) Neue wöchentl. Rostocksche Nachrichten und Anzeigen vom J. 1839, Nr. 10. 2) Liegt in einem gleichzeitigen Abdruck in 4. vor. Pohle, a. a. D. S. 77, ver weist irrthümlich auf die Neuen wöchentl. Rostockschen Nachrichten vom J. 1839, Nr. 10, wo sich nur der oben erwähnte: „Kurze Prozeß, so zu Rostock bei Bes schreiung der Entleibten gehalten wird“, mitgetheilt findet.

schläge vor, wobei nach altem Herkommen ein Fahrgericht und nach Befinden die Beschreiung zu halten sei, und bestimmt in §. 4 und 5: wenn der Tod ohne Schuld und Vorwit des Gestorbenen erfolgt sei, solle sofort das Fahrgericht gehalten werden; und in §. 8 und 9: bei Anzeigen des Todtschlags solle das Gericht vor öffentlichem Stapel die Beschreiung halten und die Verdächtigen bei der Leiche inqui riren; bei allen Fahrgerichten führe der älteste Gerichtsherr den Vorfit, zeige den Fall und die Ursache an und fordere Procuratoren und Ankläger zur Rede auf.

10. Uebergang zum amtlichen Untersuchungs - Verfahren. Einfluß der Heren-Prozesse. Bestellung und Wirksamkeit der Fiskäle. Frühzeitige Inquisitions - Fälle.

Das altdeutsche Privat - Anklage - Verfahren in peinlichen Sachen erlosch in Meklenburg gegen Ende des 16. und in der ersten Hälfte des folgenden Jahrhunderts, nicht eigentlich gesetzlich, aber doch factisch. Es ward allmälig durch das amtliche Anklage- und Untersuchungs-Verfahren verdrängt. Nächst den allgemeinen, auch hier einwirkenden Zeitumständen sind die Verbreitung des Heren-Prozesses und das Institut der Fiskäle hier zumeist in Betracht zu ziehen.

Schon gegen Ende des 15. Jahrh. wirkten die Erfindung der Presse und die Verallgemeinerung der Schreibekunst, das Sinken der kaiserl. Macht und die Entwickelung der Landeshoheit, endlich die Vermehrung der Hochschulen und die Verbreitung des römischen Rechts auf den gesammten deutschen Rechtszustand wesentlich ein. Ganz klar tritt dies bei dem höchsten Reichsgerichte selbst hervor. Als das Reichs-Kammergericht 1495 zu Weglar ständig ward, gestattete es zuerst in seiner damals erlassenen neuen Gerichtsordnung die Zulassung des schriftlichen Prozesses, wenn eine oder beide Parteien ihn wünschten. Seine verbesserte Gerichts-Ordnung v. J. 1500 sett schon das schriftliche Verfahren als das bekannte und regelmäßige voraus und die neue Gerichtsordnung desselben v. J. 1507 schreibt bloß schriftliche Verhandlung vor. Der Einfluß dieses Vorganges auf die deutschen Territorien konnte um so weniger ausbleiben, als sehr viele Rechtsgelehrte damals und später zu Weglar sich praktisch ausbildeten. Die Ansicht von der Nothwendigkeit

ständiger höherer Gerichte, gelehrter Beifißer und schriftlicher Verhandlung ward nun bald allgemein verbreitet.

[ocr errors]

Nicht geringer aber ist die Bedeutung, welche in dieser Beziehung dem kanonischen Rechte, dem geistlichen Gerichtsverfahren und insbesondere der im 16. Jahrh. stattgefundenen Verbreitung des Heren Prozesses zuzuschreiben ist. Die Sazungen der christlichen Kirche und des römisch- deutschen Kais ferrechts nahmen frühzeitig gewisse Verbrechen, wie Entheiligung des Festtages und Keßerei, Majestäts-Beleidigung und LandesVerrath von jeder Composition aus. Bei den geistlichen Gerichten herrschte ferner seit Alters das schriftliche Verfahren vor, da es ihnen nie an schreibkundigen Leuten fehlte. Die geistlichen Gerichte bedienten sich auch frühzeitig - der damaligen Rohheit des Eifers für Ausbreitung des Christenthums und Erhaltung der Rechtgläubigkeit entsprechend, des inquisitorischen Verfah rens in Glaubenssachen, besonders in Fällen der Keßerei und fügten diesem Verfahren, bei dem häufigen Mangel im Beweise, die Anwendung von Mitteln der Bedrohung und des Zwanges (Tortur) hinzu.

Bei der allgemeinen Verbreitung des Glaubens an überir dische Wesen guter und böser Art außer einem höchsten Wesen erhielt fich der in dem geistlichen Keßer - Verfahren des Mittelalters als eine Hauptgattung ausgebildete Heren - Prozeß fast überall in Europa, auch nach Erfindung der Presse und nach der Reformation, ja derselbe ist seitdem in manchen protestantischen Ländern häufiger und mißbräuchlicher vorgekommen, als in einzelnen altkatholischen. Die Reformatoren und die sonst gelehrtesten Zeitgenossen waren selbst noch befangen im Teufels- und Heren-Glauben. Viele Gebildete gaben sich in noch späterer Zeit den magischen und astrologischen Künsten hin. Die uralte, auf Unwissenheit oder doch auf mangelhafter Erkenntniß beruhende Neigung der germanischen Stämme, manche Naturerscheinungen als Teufels- und Heren-Werk zu betrachten, so wie die Ansicht, nach welcher die Frauen, das schwächere Geschlecht, der Verführung böser Geister besonders zugänglich seien, mögen diese an sich sehr merkwürdige Thatsache erklären.

Auch in Meklenburg kommen schon im Laufe des Mittelalters Keßer- und Heren-Prozesse vor; frühzeitig sehen wir solche in der Nähe von Klöstern, wie z. B. Doberan im J. 13361), dann in Form von Verfolgungen der Juden, wie zu Güstrow 1330 und Sternberg 1492 2), im 15. Jahrh. schon häufiger

1) Jahrbücher des Vereins für meklenb. Gesch. VII, S. 41, 42. 2) Jahrbücher XII, S. 208, 211 fig.

als eigentliche Heren-Prozesse in den beiden Seestädten Rostock und Wismar (1403, 1417, 1496) 1). Auf der hohen Schule zu Rostock gab es unter den Lehrern der Theologie besondere Wächter der Rechtgläubigkeit (,,inquisitores hereticae pravitatis"). Entschieden überhand nahmen aber die Heren-Prozesse in Meklenburg, zuerst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrh. Die hierüber ziemlich zahlreich und umfänglich vorliegenden Acten ergeben, daß diese Prozesse häufig aus üblen Nachreden und Pöbel-Gerüchten entstanden, in den Städten öfter auch aus besondern böswilligen Anklagen durch Einzelne, und daß sie im leßten Grunde theils auf dem schändlichsten und abgeschmacktesten Aberglauben, theils auf Neid, Habsucht und Unzucht beruheten, ferner daß in ihnen schon mehr oder minder entschieden inquisitorisch und oft mit leichtfertiger und grausamer Tortur, besonders in der Zeit von 1560-1590 zumal bei den Niedergerichten verfahren ward, und endlich, daß die Entrüstung und der Eifer edler und gebildeter Staatsmänner, wie der Räthe Bouke, Husan, Krause, Stelbag, Sieben und Anderer gegen dieses Unwesen von nur geringem Erfolge war. Besonders einige kleine Landstädte, wie z. B. Sternberg und Crivit, zeigten ihr sonstiges. Elend auch in der schmuzigsten Heren-Verfolgung, gewöhnlich unter Sorge nnd Streit über die Hinrichtungs-Kosten. In der Regel waren Weiber die Ans geber und Weiber die Beklagten; der Feuertod war die gewöhnliche Strafe; zu Rostock wurden im Aug. und Sept. 1584 fiebenzehn Heren und nur ein Zauberer verbrannt. 2) Eine Nach wirkung des auf solche Weise immer häufiger werdenden „peinlichen Verhörens" und der Anwendung der Tortur konnte in Meklenburg nicht ausbleiben. Dieselben Richter der Heren-Prozeffe leiteten ja auch das Verfahren in andern peinlichen Fällen; überdies spielten Aberglaube und irgend eine Abart von Hererei fast in jedem größern Criminal-Prozesse der Zeit eine Rolle mit.

Ein besonderer Umstand wirkte hier noch ein; dieses war die Mangelhaftigkeit der Beweisführung des altdeuts schen Strafverfahrens. Fast Alles beruhte hier auf dem Ergreifen auf handhafter That und auf Zeugen - Aussagen. Bei den meisten Verbrechen aber waren beide Beweise nicht zu führen. Den Ankläger traf aber Strafe, wenn er nicht beweisen konnte; gewöhnlich mußte er auch eben so wie der Beklagte sich in Haft begeben. Auch die Carolina, welche noch vom Anklage - Verfah

1) Vgl. Krey, Beiträge, Bd. 1, S. 339, Bd. 11, S. 21; Bd. III, S. 3; v. Rudloff, meklenb. Geschichte, Bd. II, S. 704; Schröders Beschreibung von Wismar, S. 240, 242.

2) Rostocker Nachrichten und Anzeigen v. J. 1840, Nr. 52.

« السابقةمتابعة »