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Wie steht es nun mit dem Verfasser? In der Vorauer Hs. meldet die erste Strophe, daß auf Veranlassung von Bischof Gunther von Bamberg († 1065) der Geistliche Ezzo ein Gedicht verfaßte, wozu Wille die Melodie erfand; darauf folgt: duo ilten si sich alle munechen. Die einleitende Zusatzstrophe faßte man zunächst nur als Anspielung auf Ezzo, dann aber als direkten Hinweis auf das folgende Gedicht.*) Niemand kann jedoch beweisen, daß der spätere Zusatz geschichtlichen Glauben verdient. Auch die eben angeführte Zeile ist verschieden gedeutet worden; meist legt man aus, das Gedicht habe vielfachen Uebertritt zum Mönchstand bewirkt; richtiger scheint mir jedoch Wilmanns nach Diemers Vorgang si alle nur auf die vorher genannten Geistlichen (phaphen) zu beziehen, die sich damals zum gemeinsamen kanonischen Leben entschlossen: das Lied veranlaßt nicht die Reform des geistlichen Lebens, sondern umgekehrt die Reform das Lied; es war eine Festkantate, die vorgetragen wurde, als die Geistlichen die gemeinsame Wohnung bezogen."

Die Annahme einer großen öffentlichen Wirkung des Gedichtes war unterstützt worden durch eine Stelle der Vita Altmanni, cap. 3 in Monum. German. Script. XII, 230, welche schon Diemer damit in Verbindung brachte: darnach habe sich auf der Pilgerfahrt des Bischofs Gunther von Bamberg nach Jerusalem in dessen Begleitung auch der canonicus und scholasticus Ezzo befunden, 'vir omni sapientia et eloquentia praeditus, qui in eodem itinere cantilenam de miraculis Christi patria lingua nobiliter composuit'. Die Angaben der Vorsatzstrophe und dieser Stelle widersprechen sich nicht, unterstützen sich aber auch ebenso wenig, wie Konrad Hofmann dargelegt hat: „Beide Stellen stimmen nur in

*) Nach der Auffassung von Paul, der Steinmeyer in MSD 3 II, S. 187 zustimmt, setzt jedoch der Vorauer Bearbeiter in 13-15 (von dem mînem sinne) und 21 f. sein Gedicht in Gegensatz zu Ezzos Gesang, so daß dann allerdings unsere Verse einen unbekannten Verfasser hätten.

einer einzigen Tatsache überein, nämlich darin, daß Ezzo ein Gedicht gemacht hat. Die Vita weiß ferner, wann und worüber er das Gedicht gemacht hat, auf der Kreuzfahrt und de miraculis Christi. Davon weiß die deutsche Strophe nichts, sie weiß dagegen, auf wessen Auftrag, mit wessen Hilfe und mit welchem Erfolge Ezzo sein Gedicht gemacht hat." Der Name Ezzo kommt in Bamberger Urkunden häufig vor, und im übrigen konnte ein so begabter Geistlicher ja zwei verschiedene Gedichte verfaßt haben. Eine Vermittlung in dem Sinne, daß das in der Straßb. und Vor. Hs. überlieferte Gedicht jene cantilena Ezzos sei, ist nur möglich unter der Annahme, daß die Vita ungenaue Angaben macht, indem das Gedicht einen etwas anderen Inhalt als die ,,Wunder Christi" hat und nicht auf einer Kreuzfahrt entstanden ist. Eine solche Annahme macht Müllenhoff wahrscheinlich: „Altmanns Biograph schrieb im Kloster Göttweich, das Altmann als Bischof von Passau gegründet hatte, im Auftrage des Abtes Chadalhoh (1125–1141) nach mündlichen Berichten solcher, die den im Jahre 1091 verstorbenen Bischof noch persönlich gekannt hatten, aber mindestens 60 Jahre nach der Pilgerfahrt und dem Tode Günthers (1065)." Wilmanns fügt bei: „Der Gesang mag auch auf der Wallfahrt oft genug angestimmt sein, und es ist sehr begreiflich, wenn jüngere Generationen das berühmte Gedicht und den berühmten Pilgerzug in Verbindung brachten."

Es kann demnach unser Gedicht die cantilena des scholasticus Ezzo sein, ein zwingender Beweis ist jedoch nicht beizubringen. Der in der Vorsatzstrophe genannte Komponist Wille wird allgemein mit Diemer für den siebenten Abt von Michelsberg gehalten, der 1082 erwählt wurde und 1085 starb.

Das Gedicht war sehr bekannt, indem nach Müllenhoffs Wahrnehmung im Leben Jesu der Frau Ava, in der Vorauer Genesis und in der Wahrheit Verse daraus benutzt sind. Auch war das Gedicht wohl Vorbild für die Summa Theologiae. Wenn aber gelegentlich

geradezu von einer Schule Ezzos gesprochen wurde, so warnt Kelle S. 72 vor Ueberschätzung des Einflusses, indem er darauf hinweist, daß manche dieser Vorstellungen damals in der Luft lagen und sich bereits früher in der geistlichen lateinischen Dichtung finden; besonders sucht Kelle Abhängigkeit von einem Gedicht des Hrabanus Maurus, „De laudibus sanctae crucis" und den von diesem dazu verfaßten prosaischen Erläuterungen glaubhaft zu machen.

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Wie schon vorweggenommen werden mußte, ist das Gedicht überliefert in der Vorauer Hs. (Steiermark) XI Diemer, Dt. Ged., S. 319-330 mit Uebersetzung S. LVII—LXII, und in einer Straßburger Hs. des 11. Jahrhunderts Barack, Althochdeutsche Funde, Zs. f. d. A. 23, 209-212 Ezzos Gesang und Memento mori mit phototyp. Facsimile, 1879. Die Mundart der Ueberlieferung in der Straßburger Hs. ist alemannisch, in der Vorauer Hs. bairisch. Ausgaben: Simrock, Altdeutsches Lesebuch; Schade, Geistliche Gedichte; ders., Monumentorum Theotis corum decas; ders., Altdeutsches Lesebuch; Diemer, Wiener Sitzungsber. phil.hist. Klasse 52, 193–202; MSD XXXI,3 bearbeitet von E. Steinmeyer 1892, Text I, S. 78-92, Anm. II, S. 168-188 (Steinmeyer gesteht zwar der Straßb. Hs. fast durchweg die größere Ursprünglichkeit zu, hält sie aber doch mit Recht nicht für fehlerfrei; er nimmt an, daß beide Hss. auf ein gemeinsames, hier und da verderbtes Original zurückgehen, und gestaltet aus ihnen einen Text, der den sprachlichen Charakter der Vorauer Ueberlieferung auch in den 7 Strophen beibehält, deren Wortlaut mit Hilfe der Straßburger Hs. herzustellen war; vgl. II, S. 184: „so wurde zwar nicht das Original, aber eine auf dem Wege zwischen diesem und der Vorauer Hs. liegende Gestalt erreicht“. Was den metrischen Aufbau des Gedichtes betrifft, hält Steinmeyer vorläufig an Müllenhoffs Schema mit den durch die Auffindung der Straßburger Hs. gebotenen Abänderungen fest); W. Braune, Althochdeutsches Lesebuch, 7 1911

(seit der 2. Auflage 1881 das Straßburger Fragment, seit der 6. Auflage 1906 auch die dazugehörigen Zusätze und Abweichungen der Vorauer Hs.); Piper, Die geistliche Dichtung des Mittelalters, 1888, I, 37 ff.

Darüber gehandelt haben außerdem: Diemer, Wiener Sitzungsber., phil.- hist. Klasse 55, 271-328; Konrad Hofmann, Münchner Sitzungsber., phil.-hist. Klasse 1871, S. 293-318; Scherer, Q. u. F. 12, 29 f. und Zs. f. östr. Gymnas. 1868, 735-743 (= Kleine Schriften I, 588-597); Giske, Germania 28, 89-98;*) Wilmanns, Bonner Festschrift 1887; John Meier, Beitr. 16, 68 ff. (bestreitet den fränkischen Ursprung und den Zusammenhang mit Bamberg); F. Weidling, Germania 37, 69-74 (widerlegt die Auffassung von John Meier); W. Mettin, Die Komposition des Ezzoleichs, Diss. Halle 1892 (vermutet, daß eine Kontamination von zwei Gedichten stattgefunden habe); Kelle, Die Quelle von Ezzos Gesang, Wiener Sitzungsber. Bd. 129, Nr. I, 1893; F. von der Leyen, Kl. Beitr. zur dt. Literaturgesch. im 11. u. 12. Jh., 1897, S. 9-40; H. Buchholz, Zs.f.dt.Ph. 33, 141 f.; E. Schröder, Zs. f. dt. A. 47, 72 u. 55, 40; s. ferner Kelle, S. 7-21 u. 72, Anm. S. 240-250 u. 285; Vogt, S. 163; Saran, S. 252-254. Ueber die Vor. Hs. vgl. Beitr. 11, 139 ff.

Bei der Textherstellung habe ich die beiden Hs. gemeinschaftlichen Strophen jeweils aufeinander folgen lassen, zuerst nach der Straßb. Hs. als Strophe I-VII kursiv, dann nach der Vorauer, so daß leicht verglichen werden kann. In der Vorauer Ueberlieferung ist der Wechsel von ht und th, ch und hc, z und c beseitigt, sowie stets uo statt der mannigfaltigen Bezeichnung dieses Lautes und wu für die sparende Schreibung w gesetzt.

*) Giske nimmt an, die Hs. des Originals sei zertrennt worden. Der Schreiber der Straßb. Hs. habe den ersten Teil, Str. 1-7, vor sich gehabt und wiedergegeben, was er besessen; dies sei deshalb wahrscheinlich, weil die Straßb. Hs. mitten auf der Seite aufhört. Der Vorauer Bearbeiter habe nur den zweiten Teil von 133 ab vor sich gehabt und den ersten aus dem Kopf ergänzt, woraus sich die Interpolationen erklären sollen. Die Unwahrscheinlichkeit dieser Vermutung hat John Meier, Beitr. 16, 69-71 dargelegt.

19 Vor. Hs. ûzer genesi

Anmerkungen. I, 7 Straßb. Hs. unde ûzer libro regum: vielleicht ist damit allgemein das Alte Testament gemeint, aus welchem ja nicht nur die Schöpfung und der Sündenfall, sondern auch Prophezeiungen (wîstuom) und Parallelen beigezogen sind. Vgl. MSD II, 186: „Genesis und das Buch der Könige scheinen den Anfang und das Ende der jüdischen Geschichte und damit diese selbst zu bezeichnen". 23—26 = II, 5-8, in der Vor. Hs. verstellt. Stellen über Verehrung des Sonntags in 31-36 s. MSD II, 169 zu 3, 3. Zu 37-54 vgl. Summa Theol., andere ähnliche Stellen MSD II, 171 zu 3, 10; die Entstehung des Menschen aus acht Teilen ist, worauf mich Steinmeyer gütigst hingewiesen hat, ausführlich behandelt von Max Förster im Archiv für Religionswissenschaft 11, 477-529, darin Ezzo S. 492. 45 âdran Steinmeyer MSD II, 171 zu 3, 15: „Ich habe die schon von anderen vorgeschlagene Form âdran, obwohl sie nicht die einzig hier mögliche ist, gesetzt, weil der Interpolator im allgemeinen nicht so schlecht reimt, daß man ihm âdren: hâr, das Müllenhoff beibehielt, zutrauen dürfte". III, 6f.=60f. Die Vierteilung in Erde, Himmel, Wasser, Luft entspricht der Darstellung der Schöpfungsgeschichte in der Genesis. 79-96 Zusatz der Vorauer Bearbeitung, wie Müllenhoff und Konrad Hofmann herausgefühlt hatten. 91-94 vgl. Bücher Moses, Diemer, S. 6, 8. VI, 1 f. 109 f. MSD ändern aus Reimgründen in beviel vinstri; Braune, Ahd. Lesebuch bemerkt zu beviel: „besser wohl bewal" (von biwellan beflecken, vgl. 178). VI, 3 MSD ändern her in hier mit der Bemerkung: Behielte man her bei, so müßte werlte Akk. Plur. sein, was wenig Wahrscheinlichkeit hat". Dagegen wendet sich Wilmanns S. 536 f.: „In den Worten duo scinen her in werlte nahm der Schreiber werlte jedenfalls als Akk. Sg., und ich sehe nicht ein, warum der Dichter diese unorganisch verlängerte Form, die schon früh begegnet und in nicht wenigen Wörtern der i-Deklination von der Schriftsprache akzeptiert ist, nicht gebraucht haben sollte." VII und 121–156 vgl. nach Diemer Honorius, spec. eccl. p. 1081 (s. MSD II, 172 zu 6, 5). 134 Diemer S. 322, 19 schlug vor Johannes baptista im Reim auf jungest; Müllenhoff schrieb früher, zum Teil im Einklang mit Wackernagel: Do irscein ze jungiste Johannes Baptista. 145f. MSD mit Umstellung Duo die vinf werolte alle gevuoren zuo der helle mit der Bemerkung in II, 173 zu 9, 1. 2: „Der Gegensatz zu Z, 3 macht es wahrscheinlicher, daß alle mit Diemer eher umzustellen als zu streichen ist." Wilmanns S. 15 u. v. d. Leyen S. 38 halten die ganze Strophe für unecht. 166 Eva. 170 MSD weist hin auf Nr. XII. Die Wahrheit 28 f. 193 Antiquus dierum nach Diemer aus Daniel 7,9; 13, 22. 205 f. In MSD als unecht erklärt mit der Bemerkung in II, 175 zu V, 1. 2: „Diese unregelmäßigen Verszeilen kann man nur durch Aus

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Kleinere Deutsche Gedichte des XI. u. XII. Jahrh.

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