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Aus dem Vorwort zur ersten Auflage.

Nachdem die poetische Literatur des XI. und XII. Jahrhunderts infolge der Veröffentlichung der Vorauer und Millstätter Handschrift durch Diemer und Karajan eine starke Bereicherung erfahren hatte, kamen die 'Denkmäler deutscher Poesie und Prosa aus dem VIII. bis XII. Jahrhundert' von Müllenhoff und Scherer (1. Auflage 1864) einem vielfachen Bedürfnisse entgegen, indem dieselben unter anderm eine Sammlung der kleineren Gedichte jener Zeit darboten. Die zweite Ausgabe dieses Buches (1873), welche seit einigen Jahren vergriffen ist, brachte die Texte in fast unveränderter Gestalt, in den Anmerkungen jedoch mancherlei Zusätze.

Wenn ich es nun unternehme, eine Sammlung der kleineren Gedichte des XI. und XII. Jahrhunderts herauszugeben, so geschieht es in der Ansicht, welche zuerst Bartsch und Holtzmann bei der Besprechung der ersten Auflage der 'Denkmäler' (Germania 9, 55—75) übereinstimmend geäußert haben, daß nämlich bei der Herstellung der Texte dieses Buches eine allzugroße Willkür und Gewaltsamkeit tätig gewesen ist. Ich habe mich deshalb möglichst an die mit so großer Genauigkeit geschriebenen Handschriften angeschlossen und eine

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Aenderung derselben nur aus inhaltlichen Gründen vorgenommen; niemals bin ich dagegen aus metrischen und strophischen Gründen von der Ueberlieferung abgewichen. Die Lehre von Scherer, daß es in jener Zeit Gedichte gab von gleichen Versen, aber ungleichen, jedoch symmetrisch geordneten Strophen, und von ungleichen, aber in einzelnen Strophen symmetrisch wechselnden Versen, halte ich für verfehlt, und bezüglich der Rhythmik der damaligen Verse schließe ich mich der Ansicht von Wilmanns (Beiträge zur Gesch. der ält. Lit. 3, 144) an. Nach ihm haben wir in den Handschriften des XI. und XII. Jahrhunderts nicht die Verstümmelung früherer metrischer Regeln zu suchen, sondern ist die Metrik jener Zeit in einem Ringen begriffen und geht wahrscheinlich ohne Beeinflussung durch Otfrid direkt auf den alliterierenden Langvers zurück, indem in jedem Vers nur zwei Haupthebungen bestimmt und die Nebenhebungen noch ungeregelt sind. Wenn andere Systeme damals als Bedingung für ein gutes Gedicht anerkannt und vom Publikum herausgefühlt wurden, ist es in der Tat nicht erklärlich, warum die Schreiber des XI. und XII. Jahrhunderts eine bestehende Regelmäßigkeit gestört hätten, da sich doch im allgemeinen in dieser Zeit eine fortschreitende Tendenz nach formeller Reinheit beobachten läßt.

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Den schon in den 'Denkmälern' aufgenommenen Gedichten habe ich Das himmlische Jerusalem", „Vom Rechte", "Die Hochzeit", "Die Wahrheit", „Die Vorauer Sünden klage", "Die Upsalaer Sündenklage" beigefügt. Ausgeschlossen habe ich „Meregarto", und „Memento mori", weil beide Gedichte in Braunes und Pipers Lesebuch in ursprüng

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licher Form zugänglich sind; dagegen schien es rätlich, „Ezzos Gesang" in beiden Fassungen aufzunehmen. Ferner habe ich das Gedicht „Vom Himmelreich", das sicher erst dem XIII. Jh. angehört,*) sowie fragmentarisch Ueberliefertes (,, Friedberger Christ und Antichrist", "Trost in Verzweiflung" Zs. f. dt. A. 20, 346, Millstätter Sünden klage", deutscher Paulus") unberücksichtigt Marienlob" und „Laudate Dominum" = Denkmäler XL und XLV sind willkürliche Loslösungen aus den „Büchern Moses" und "Arnolds Gedicht" (s. Beitr. 11, 101 u. 142).

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gelassen.

Die Einleitung zu den einzelnen Gedichten gibt Auskunft über die literaturgeschichtliche Stellung, Ueberlieferung, bisherige Behandlung derselben und über das kritische Verfahren. Die Anmerkungen, welche Quellennachweise und Erklärungen zweifelhafter Stellen enthalten, fassen meist nur das bisher Geleistete zusammen; von seltenen Wörtern sind darin nur solche aufgenommen worden, welche sich in Lexers Taschenwörterbuch nicht befinden.

Schließlich sage ich Herrn Professor Dr. Paul für fördernde Teilnahme an meinen Bemühungen, sowie Herrn Universitätsbibliothekar Dr. Pfaff in Freiburg für mannigfachen Beistand meinen aufrichtigen Dank. Waldkirch i. B., August 1889.

*) Diese Ansicht halte ich jedoch nicht mehr aufrecht, sondern trete jetzt der Auffassung von Vogt bei, der das Gedicht im Grundriß der germ. Philologie II, 1, 273 in das Jahr 1187 setzt; der Text ist erstmals veröffentlicht von Schmeller, Zs. f. dt. A. 8, 145 und findet sich ferner bei Meyer-Benfey, Mittelhochdeutsche Uebungsstücke, S. 1 und bei Leitzmann, Kleinere geistl. Gedichte des XII. Jhs., S. 20.

Vorwort zur zweiten Auflage.

Als mir vor vier Jahren bekannt wurde, daß eine neue Auflage dieser Ausgabe kleinerer deutscher Gedichte. des XI. und XII. Jahrhunderts nötig werde, war es vor allem meine Aufgabe, die ausgezeichneten textkritischen und stofflichen Untersuchungen von Edward Schröder (Göttingen) und Carl von Kraus (Wien) zu verwerten, deren glänzende Beherrschung der Literatur jener Zeit nach Sprachform und Inhalt in Verbindung mit hervorragendem Spürsinn so bedeutsame Beiträge zutage gefördert hat. Ferner war besonders zu berücksichtigen die treffliche neue Herausgabe der „Denkmäler deutscher Poesie und Prosa aus dem VIII-XII. Jahrhundert von K. Müllenhoff und W. Scherer" durch E. Steinmeyer (1892), der zu den Auffassungen der ursprünglichen Herausgeber in ruhig abwägender Weise Stellung nimmt. Weiterhin kamen von Veröffentlichungen allgemeiner Art die versmelodischen Untersuchungen von E. Sievers (Leipzig) und seinen Schülern in Betracht, besonders für die Gedichte „Lob Salomons“ (III), „Aeltere Judith" (das zweite Stück von „Nabuchodonosor" IV), „Beschreibung des himmlischen Jerusalems" (VII) und Vom Rechte" (VIII).

Für mancherlei wertvolle Auskunft, die mit größter Bereitwilligkeit und Güte gewährt wurde, möchte ich

(Greifswald),

auch an dieser Stelle von Herzen danken den Professoren Behaghel (Gießen), Braune (Heidelberg), Ehrismann John Meier (Freiburg), Schröder (Göttingen), Steinmeyer (Erlangen), Vogt (Marburg), Wunderlich (Berlin), besonders aber meinem Studienfreund Professor Leitzmann (Jena), der mir auch wie mein hiesiger Amtsgenosse Professor Emil Hirsch in der Durchsicht der Druckbogen äußerst hilfreich zur Seite stand. Die größte Schwierigkeit boten die Gedichte „Vom Rechte und „Die Hochzeit", deren Ueberlieferung durch so viele Lücken der stark vermoderten Handschrift beeinträchtigt ist; wenn es hier gelungen sein sollte, eine möglichst brauchbare Herstellung zu erreichen, so schulde ich hierfür wärmsten Dank an den kärntnerischen Landesarchivar Ritter von Jaksch in Klagenfurt, der mir Photographien der Millstätter Handschrift herstellen ließ und über zweifelhafte Stellen freundlich Auskunft gab, ferner an den Vorstand der Handschriftenabteilung der Heidelberger Universitäts-Bibliothek Professor Dr. Sillib, der mir bei der Ergänzung der vermoderten Stellen mit seinem erfahrenen Urteil wertvolle Hilfe leistete, endlich an Professor Carl von Kraus, den hochverdienten Erforscher der beiden Gedichte, der so gütig war, mit mir die zweite Korrektur zu lesen und mir außerdem mitzuteilen, was ihm beim Lesen auffiel.

Für mich selbst habe ich den Wunsch, daß es mir gelungen sein möchte, in dieser neuen Auflage, die ich als eine völlig umgearbeitete bezeichnen muß, die mancherlei Unzulänglichkeiten überwunden zu haben, die dem ersten Versuche infolge von etwas übereilter Veröffentlichung und durch persönliche Verhältnisse herbeigeführter überstürzter Drucklegung anhafteten.

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