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XXXVII.

(Maler, ledig; 75 Jahr alt.)

Wir stehen am Grabe eines Mannes, der noch vor wenigen Tagen, obgleich schon in das höhere Alter vorgerückt, so lebensfroh unter uns sich bewegte, als es bei der Schwächlichkeit seines Körpers möglich war, und mit gewohnter Pünktlichkeit die ihm übrig gebliebenen Pflichten seines Berufes erfüllte. Jezt hat er auf den Wink des Allmächtigen nach kurzem Kranksein seinen Pilgerstab niedergelegt, seine Hand abgezogen von seinem vieljährigen Wirken im Bereiche der Kunst und seine sterbliche Hülle, die ihm der Engel des Todes abgestreift, ist bereit, im kühlen Bette unter der Erde zu ruhen. Darum können wir den Entschlafenen nur glücklich preisen, daß ihm, nachdem er bis zum Alter von 75 Jahren die gebrechliche Hütte seines Leibes unter mancherlei Beschwerden mit sich getragen, ihm, der fast einsam im Leben stand und der die wenigen Angehörigen, welche der Tod ihm noch zurückgelassen hatte, nicht in unmittelbarer Nähe hatte, daß ihm kein langes Krankenlager, kein langer peinvoller Kampf beschieden war, sondern daß er bald und schnell den ersten Anfällen der letzten Krankheit unterlag.

„Herr, nun läßest Du Deinen Diener im Frieden fahren“, so dürfen wir zum Preise der Gnade, die in Christo Jesu ist, im Hinblicke auf sein Leben an dieser Gruft ausrufen, denn im Frieden, wie er gelebt hat, ist er auch geschieden aus unserer Mitte. Wie er frühe schon in der Schule der Entbehrung geübt wurde, wie der Trieb, sich in seiner Kunst auszubilden, ihn

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hinausführte in die Fremde und die Ferne und der ernste Wille, sich selbst fortzubringen, ihn ebenso zum unermüdeten Fleiße als zur Beschränkung seiner Bedürfnisse anspornte, so blieb auch sein Sinn im späteren Leben durchaus bescheiden und genügsam. Als er nach seinen Wanderungen, auf denen er sich vielfache Kenntnisse und Erfahrungen gesammelt hatte, heimgekehrt war in das Land und in die Stadt seiner Väter, wie zufrieden und glücklich fühlte er sich da in dem engen Wirkungskreise, der ihm hier geöffnet werden konnte und bei den höchst bescheidenen Mitteln, die ihm für seine Leistungen geboten werden konnten; wie hat er sich auch in dieser Lage, die für manche Andere eine drückende gewesen wäre, eine anständige, ehrenhafte Stellung und einen frohen Lebensmuth zu bewahren gewußt, ja selbst die dankbare Liebe gegen Mutter und Schwester mit Kinder- und Brudertreue geübt, so weit es nur möglich war. So war er zufrieden in seinem Gott und im glei chen Frieden hat er mit den Menschen gelebt. Sein Eifer und seine Gewissenhaftigkeit im Amte mußte stets bei seinen Vorgeseßten und seine Freundlichkeit und Biederkeit bei Allen, die ihm nahe kåmen, Anerkennung finden. Noch mehr hat er sich in dem kleinen aber innig vertrauten Freundeskreise, über welchen er nicht hinausschritt, und in welchem er sich stets so heimisch und wohl fühlte, mit der gemüthlichsten heitersten Laune ferne von aller Unzartheit, Bitterkeit oder Falschheit unter den Freunden bewegt, die es ihm durch viele Jahre in der That und Wahrheit waren, von denen er ganz erkannt und gewürdigt wurde und sich vieler Beweise treuer Anhänglichkeit erfreuen durfte. So wie sein innerer Mensch mit dem sanften und stillen Geiste sich immer gleich blieb, so floß ihm auch durch Gottes gnädige Fügung sein äußeres Leben ohne sonderliche Störungen und Unfälle hin. Der Vater im Himmel, der Keinen vergißt und versäumt, welcher auf ihn vertraut, hat stets dafür gesorgt, daß er, wenn auch keinen Ueberfluß, doch auch keinen Mangel hatte und daß die Pflege der Liebe auch in den lezten Tagen und Stunden seines Daseins ihm nicht fehlte. Der

Gott, der da weiß, wann er die Seinen heimrufen soll, hat seinen Engel ihm gesendet, daß er ihm mit sanfter Hand die Augen zudrücke. Der Herr hat es mit ihm wohlgemacht im Leben und im Sterben. Darum wollen wir an seinem Grabe unsere Herzen zum Himmel erheben und ihn der Gnade dessen empfehlen, welcher ist der Weg, die Wahrheit und das Leben.

Nimm; o erbarmungsreicher Heiland, der Du dein theures Blut vergossen hast zur Vergebung unserer Sünden, und uns Allen ein Mittler und Fürsprecher bist bei dem Vater, den erlösten Geist, der sich nun losgerungen hat von den beengenden Banden des Leibes, in die Heimath der Vollendeten und in die herrliche Freiheit der Kinder Gottes auf. Decke Du alle seine Mängel und Gebrechen mit Deinem göttlichen Verdienste und Erbarmen zu und laß ihn in Dir die Gerechtigkeit finden, die vor Gott gilt. Kröne ihn mit Gnade und Barmherzigkeit und laß ihn mit der Schaar Deiner Erlösten, welche in Dir. das Leben und volle Genüge haben, anbetend vor Deinen Thron kommen und Dein Lob verkündigen ohne Aufhören. Herr erhöre unser Gebet, das wir gläubig vor Dich bringen, um Deiner unendlichen Liebe willen! Amen.

XXXVIII.

(Jubelgreis, Wittwer; 79 Jahre alt.)

Geliebte Freunde in Christo! Als wir vor bald zwei Jahren dem Manne, um dessen Grab wir jest versammelt sind, unsere Glückwünsche darbrachten zu dem schönen seltenen Feste der goldenen Hochzeit, das er durch die große Gnade Gottes mit seiner Gattin feiern durfte, da durften wir uns mit ihm freuen seiner geistigen und körperlichen Rüstigkeit und Munterkeit, die er sich bis dahin vor Vielen bewahrt hatte; aber es war auch der gemeinsame Eindruck, den wir Alle von dieser Feier und von jeder späteren Berührung mit ihm empfingen, daß der verdiente Kranz der Ehren, welchen Kinder und Anverwandte, Freunde und Mitbürger aus allen Ständen dem würdigen Jubelgreise um das Haupt wanden, seine Kraft schnell gebrochen und daß sich ihm von jenem Festtage an die Gebrechlichkeit des Alters immer fühlbarer gemacht hat. Ja, als vor einigen Wochen seine liebe traute Lebensgefährtin, mit der er gegen 52 Jahre lang in der friedlichsten Ehe gelebt hatte, durch den Tod von seiner Seite genommen wurde und sein leidender Zustand es ihm nicht gestattete, sie auf ihrem leßten Gange zu begleiten, da tröstete er sich dessen, daß er doch bald ihr nachfolgen und unter Einer Erde mit ihr ausruhen werde von den Mühen der gemeinsamen Wallfahrt. Der Herr hat ihn nicht zu lange warten lassen und hat ihn das Gelübde, das er seiner Gattin so treulich im Leben gehalten hat: Wo du hin' gehst, da will ich auch hingehen; wo du bleibest, da bleibe ich auch; wo du stirbst, da sterbe ich auch, da

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will ich auch begraben werten. Der Herr thue mir diß und das; der Tod muß mich und dich scheiden, ihr auch im Tode halten durfte. Nach einer Trennung von nur weni= gen Tagen hat sie der Tod jezt wieder mit einander vereinigt und damit ist sein leßtes Verlangen ihm von dem barmherzigen, Gott gewährt worden. So theuer ihm seine Lieben waren, welche ihm jezt nachweinen, so sehr er alle Zärtlichkeit und Achtung, mit der sie ihm stets begegneten, zu schäßen wußte, es waren ihm ja schon zu viele seiner Vertrautesten vorangegangen in die himm lische Heimath, die Welt und die Zeit um ihn her hatte sich zu sehr verändert, als daß er sich nicht hätte hier immer fremder fühlen und wünschen sollen, daheim zu sein bei dem Herrn und seinen Vollendeten. Wir aber, sosehr wir ihm diesen ersehnten Heimgang gönnen, wir sehen doch mit Schmerzen eine tiefe Lücke in unserem Lebenskreise mit dem Hintritte dieses ehrwürdigen biederen Mannes, der wohl bei Allen, welche ihn billig und unpartheiisch beurtheilen, als ein Mann vom guten alten Schlage, - wenn ich so sagen darf, von ächtem Schrot und Korn gegolten hat.

Als ein Zeuge einer vorangegangenen Zeit, als ein Mann von ungefärbtem, festem Glauben, der den Ernst des Lebensberufes nie vergaß und doch im fröhlichen Kreise so heiter und guter Dinge sein konnte; der so unabläßig thätig war in seinem Berufe, so besorgt für die Seinigen und doch auf Gottes Gnade und Segen weit mehr vertraute, als auf den ungewissen Reichthum; so mannhaft und zuverläßig und doch so herzlich und milde im Umgang, so steht er heute und noch lange vor unseren Augen. Ein solcher Mann hat nicht umsonst gelebt; ein solcher Vater ist auch im Tode nicht für die Seinen verloren, weil die gesegneten Wirkungen seines Lebens weit über die Grenzen desselben hinaus ihnen bleiben. So werden sie für all' diesen Segen auch dem, welchem allein Preis und Ehre gebührt, ihres Dankes Opfer darbringen und mit uns beten:

Diets, Grabreden.

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