صور الصفحة
PDF
النشر الإلكتروني

XXXXV.

(Wittwe; 62 Jahr alt.)

Dein Friede, du Gott alles Troftes, ruhe auf diesem Grabe einer müden Pilgerin. Der Friede Deines eingebornen Sohnes, welcher höher ist, denn alle Vernunft, senke sich herab in die Herzen, welche an dieser Stätte trauern. Dein Friede, welcher köstlicher ist, als der, welchen die Welt gibt, sei mit dieser hingegangenen Seele und erquicke fie nach dem Kampfe dieser Zeit mit ewiger Freude! Amen.

Als in diesen lezten Tagen die Gefahr, welche das Leben dieser geliebten Mutter bedrohte, immer gewisser und unabwendbarer wurde, da war auch das heiße Flehen der Kinder, welche um das Krankenbette standen, ein wohlberechtigtes: „Vater, ists möglich, so gehe dieser Kelch an uns vorüber!" Warum hätte ihnen das Scheiden von einer Seele nicht schwer werden sollen, welche ihnen ihr Ein und Alles war von der zariesten Kindheit an, die ihren mütterlichen Beruf unter den schwersten Prüfungen und bis an die Grenze des Lebens mit der stärksten und beharrlichsten Liebe an ihnen erfüllt hatte. Aber wie damals, wo das Leben noch mit dem Tode rang, die Bitte zum Herrn um Hilfe und Rettung ihnen am nächsten lag und nicht verargt werden konnte, so muß auch jezt, wo der Höchste entschieden und nach seinem wenn auch unerforschlichen, doch heiligen und gnädigen Willen gethan hat, das gläubige Gemüth sich vor ihm beugen und mit Ergebung sprechen: „Herr, dein Wille geschehe!"

In solch frommer Ergebung ist uns ja die Entschlafene voranegangen. Sie hat an sich früher und bitterer, als viele Andere,

[ocr errors]

den Ausspruch des Höchsten erfahren: „Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken und eure Wege sind nicht meine Wege" aber einen so langen Kampf es sie auch gekostet hat, ihren füßesten Wünschen und Hoffnungen zu entsagen, sie hat sich doch in Demuth gebeugt unter die Zucht Gottes, sie hat mit seltener Geistesstärke den herben Kelch hingenommen für das Glück, von dem ihr jugendliches Herz geträumt hatte. Wie Viele hätten nach solchen Täuschungen den Lebensmuth und die besonnene Fassung verloren; sie aber, ob auch die Wunden, welche ein feindliches Geschick ihr geschlagen, lange innen fortbluteten und nie ganz vernarbten, sie hat ihren Schmerz und ihr Kreuz im stillen Aufsehen auf den Herrn geduldig getragen; und ob sie auch nur enge Kreise sich zog, in welchen sie sich bewegte, ihre Theilnahme, ihre Liebe hat sie darum den Menschen nicht entzogen. Die Fürforge für ihre Kinder machte an sie zwiefach schwere Anforderungen; aber um so fester faßte sie ihre Aufgabe und ihr Ziel ins Augund mit einer Willensstärke, mit einer Verständigkeit und Ente schiedenheit, wie sie Wenigen ihres Geschlechtes eigen ist, ist fie ihrem Berufe nachgekommen. Für das, was sie hier geleistet hat, ist ihr eine erfreuliche und reichliche Erndte geworden; für ihre völlige Hingebung an ihre Kinder haben diese ihr mit der zärtlichen Liebe gelohnt und den Abend ihres Lebens verklärt; für das Glück, das sie einst missen mußte, fand sie sich entschädigt durch das häusliche Glück ihrer Kinder, durch das Heranblühen und Gedeihen, durch die herzliche Anhänglichkeit ihrer Kindeskinder. Wie theilte fie, was ihr an Lebenszeit und Lebenskraft noch geblieben war, zwischen ihren Kindern, um ihnen eine Stüße zu sein und an ihren treuen Herzen auszuruhen von den Kämpfen und Stürmen ihres Lebens. So hat der Herr, auf den sie vertraut und dessen Hand sie festgehalten hat unter allen Prüfungen, sie hindurchgetragen und sich mit großer Barmherzigkeit ihrer angenommen; und mit derselben Gnade ist er mit ihr hinweggeeilt aus dieser Welt und hat sie ins unvergängliche Wesen verseßt,

ehe sie durch viele Schmerzen und lange Pein noch mehr die Jämmerlichkeit und Eitelkeit alles Frdischen an sich erfahren hatte. Darum sprechen auch wir, wenn auch unsere Seele voll Trauerns ist über diesen Verlust, doch mit Anbetung und Preis Gottes: „Herr, Dein Wille geschehe!" Wir bauen auf seine Vatertreue, die sich auch an dieser Vollendeten niemals unbezeugt gelaffen hat. Seine Wille ist, daß denen, die ihn lieben, alle Dinge müssen zum Besten dienen, so wird er auch die Hinterbliebenen seine Freundlichkeit schmecken lassen, wird mit seiner Liebe und Kraft vor den Riß treten, den die Hingegangene zurückgelassen hat in ihrem Kreise und seine große Verheißung an ihnen wahr machen: wie eine Mutter sich erbarmet über ihre Kindlein, so will ich mich über euch erbarmen." Ja des Herrn Wille geschehe immer freudiger und völliger von uns Allen in Wort und That, in Leid und Freud, bis auch wir hinzugethan werden zu der seligen Schaar der vollendeten Gerechten, in das Reich des Friedens und des Lichtes, wo auch wir dem Höchsten danken werden, daß er die Seinen zwar wunderbar führet, aber allezeit selig! Amen.

[ocr errors]
[ocr errors]

XXXXVI.

(Wittwe; 70 Jahr alt.)

Hier, an diesem Orte der Trennung, an der Grenze, wo wir

[ocr errors]
[ocr errors]

Lebenden unseren Verstorbenen den lezten Abschiedsgruß zurufen müssen, liegt uns, Geliebte in dem Herrn, eine zweifache Pflicht ob, nämlich das Bild unserer Entschlafenen, ihr Leben, ihre Liebe, ihren Dienst uns noch einmal zu vergegenwärtigen und ihnen von Herzen Dank zu sagen für allen Segen, der uns durch sie geworden ist aber auch vor Gott, dem höchsten Lenker aller Dinge unsere Kniee zu beugen, der ihnen das Leben zu einer heilsamen Uebungsschule werden ließ und doch ihnen gnädig durchgeholfen hat, der ihnen noch gegen das Ende ihrer Wallfarth schwere Kämpfe verordnet, aber auch ihr Sehnen nach Erlösung von aller Noth dieses Leibes und Lebens bald erhöret hat. Saget nicht, das Erste mache das Zweite uns schwer oder gar unmöglich, weil wir, je wohler und reicher wir uns im Vereine mit unseren Lieben fühlten, desto ärmer durch ihren Tod geworden seien, weil es uns um so härter ankommen müsse, Gottes Hand zu küssen und seine Wege zu verehren, je theurer nns das Gut gewesen, das wir in seine Hand zurückgeben müssen. Sprechet nicht also, denn es ist ja derselbe Herr über Leben und Tod, der sie uns gegeben und der sie uns genommen hat; derselbe Vater will Huld und Liebe, der ihnen Lasten auferlegte und tragen half, der sie in Trübsal führte und ihnen die friedsame Frucht der Gerechtigkeit daraus erwachsen ließ, der ihre Seele geläutert und geheiligt hat durch die Kreuzesschule und der auch uns durch die Versezung unserer

Liebsten in seinen Himmel von der Erde und ihrer Lust entwöhnen und unsere Gedanken nach oben lenken will. Darum ist der Herr unser Gott auch jezt, wo er unser Haus zu einem Klagehaus gemacht hat, uns derselbe wohlmeinende Freund und Vater wie damals, wo unser Haus noch so wohl berathen, so reich gesegnet war durch der Eltern sorgliches Walten, Hüten und Wirken; wenn er damals uns durch seine Güte die Erde verschönert und verklärt hat, so will er jezt noch für ein viel schöneres und unvergänglicheres Theil uns zubereiten, auf das Erbe, das uns aufbehalten ist im Himmel. Wie hat die Vollendete nicht anders, als mit diesem frommen, glaubensstarken Sinne alle Wandlungen des Lebens angeschaut! Nur im festen Vertrauen auf den Herrn, den Helfer der Wittwen und Waisen, konnte sie es wagen, nach dem allzufrühen Hinsterben ihres durch Biederkeit und Verständigkeit gleich ausgezeichneten Gatten nicht nur die Leitung des Hauswesens und der Kindererziehung, sondern auch die Fortführung eines schwierigen und umfangreichen Geschäfts zu übernehmen. Mit Gott hat sie diß glücklich durchgeführt durch den Geist der Hoffnung und der Zuversicht, der sie nicht verzagen und ermatten ließ und durch die Macht der Liebe, welche nicht sich selbst lebt, welche auf Alles verzichten kann, nur um den Ihrigen das Gefühl des Verwaistseins und des Entbehrens zu ersparen.

Auf einen solch schwülen und mühevollen Tag hätten wir der Vollendeten einen stillen, friedevollen Abend, ein schmerzloses; sanftes Entschlummern gewünscht und gegönnt. Und wohl war ihre lezte Lebenszeit nicht ohne freundliche Lichtpunkte, besonders durch die rührenden Beweise kindlicher Dankbarkeit und Ergebenheit, die ihr so vielfach zu Theil wurden; aber der Herr hat auch durch ihre leßte Krankheit und die damit verbundenen Schmerzen ihrer Geduld noch eine harte Probe auferlegt. Doch auch dafür wollen wir seine Gnade preisen, weil dadurch ihr Herz nur um so sehnlicher sich dem Ewigen zugekehrt hat und nur um so reifer für den Himmel geworden ist.

« السابقةمتابعة »