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Herr

XIV.

(Hausvater; 65 Jahr alt.)

err unser Gott, tiefgebeugt durch die dunkeln Schickungen Deiner allmächtigen Hand stehen wir an diesem Grabe, in das wir die Hülle eines wahrhaft biederen Mannes, eines von uns Allen innig geliebten Gatten, Vaters und Freundes niederlegen sollen. Du, o Vater, bist es, der dem bis an's Ende seiner Tage so thätigen Leben des Entschlafenen schnell und unerwartet sein Ziel gesteckt und das glückliche Band gelöst hat, das ihn so fest an seine Lieben knüpfte. Aber dennoch beten wir Deine heilige Weisheit an in stiller Demuth und Ergebung, denn wir wissen, daß Du die ewige und höchste Liebe bist und bleibest auch dann, wenn Du uns schlägest und verwundest da, wo es am wehesten thut und daß Du bei allen Deinen Heimsuchungen doch nur Gedanken des Friedens über uns hast.

Oso gib denn, daß wir mit freudigem Glauben an Deine himmlische Gnade auch jezt über Tod und Grab hinwegsehen in Dein Vaterherz hinein, in welchem Du die Anliegen Deiner Kinder allezeit mit so erbarmender Liebe berathest. Gib uns Glaube, Hoffnung und Liebe, daß auch wir Welt und Tod überwinden und einst das Ende des Glaubens davontragen, nemlich der Seelen Seligkeit. Amen!

Geliebte in dem Herrn! Wir haben abermals zu unserer Demüthigung und Bestürzung erfahren, wie eitel und vergänglich des Menschen Leben ist, daß es dahinfähret wie ein Schatten, und daß die unerbittliche Hand des Todes auch in die glücklichsten Kreise hineingreift, ehe wir es uns versehen und des Hauses Krone, den Hort und Trost einer Familie herausreißt, ohne auf ihr Klagen und Jammergeschrei zu achten. Wie hat doch dieser Gatte und Vater noch vor Kurzem in scheinbar ungebrochener Lebenskraft unter uns geweilt und gewirkt, und nur wenige Tage der

Krankheit sollten hinreichen, in ihm Todesahnungen hervorzurufen, die nicht getrügt haben; denn während die Seinen sich Hoffnung machten auf seine baldige Wiederherstellung oder doch bei einem in Aussicht stehenden tieferen Leiden auf eine noch längere Dauer seiner Erdenzeit rechneten, sank unversehens seine irdische Hülle zusammen und als sie die Gefahr erkannten, waren es schon die legten Athemzüge, die aus seiner beengten Brust kamen. Ein harter niederwerfender Schlag für die Hinterbliebenen! Denn welch ein edles, treues und lauteres Herz hat mit seinem lezten Seufzer aufgehört, für sie zu schlagen. Mit welch emsiger, zärtlicher Sorge für die Seinen, mit welch rastloser Thätigkeit hat er seine Lebenszeit ausgefüllt; wie war es sein einziges Anliegen und Bemühen, während seines ganzen Hausstandes im innigen Einverständniß mit seiner treuen Gattin seine Kinder christlich zu erziehen, zu allem Guten anzuhalten und vor allen Gefahren des Leibes und der Seele zu bewahren; wie angelegen ließ er es sich sein, für das Wohl ihrer Zukunft und ihr Unterkommen nichts zu versäumen, aber auch nichts zu übereilen. Und dieselbe Seelengüte und Treuherzigkeit, dieselbe Freundlichkeit und Gefälligkeit, dieselbe Zuverläßigkeit des Charakters hat er auch im Verkehr mit seinen Freunden und Mitbürgern immer bewiesen und dafür von allen Seiten Vertrauen und Wohlwollen, Liebe und Achtung genoßen; und weil er nicht von dem gemeinen irdischen Sinn erfüllt war, der seine Hoffnung nur auf das Zeitliche seßt und nur im Erwerbe, auf welchem Wege es auch geschehe, seine Freude und nur im Erworbenen seine Sicherheit sucht, weil er seine Zuversicht auf den Herrn sezte und auf Frömmigkeit und Gottesfurcht in seinem Hause hielt, darum hat ihn auch der Herr gesegnet und hat seine Zusage an ihm erfüllt: Trachtet am ersten nach dem Reiche Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das Andere Alles zufallen. Er hat sichtbar die Hilfe des allmächtigen Gottes in seinem Leben erfahren. Zwar ist er nicht verschont geblieben von den herbsten Erfahrungen und besonders der erschüt

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ternde Todesfall, durch welchen er einen hoffnungsvollen Sohn verlor, ließ eine lange blutende und nie ganz vernarbende Wunde in dem Herzen der Eltern zurück. Aber solche Erfahrungen haben ihn nicht vom Herrn und seinem Worte abgezogen, sondern zur stillen Einkehr in sein eigenes Herz und zum ernsten Sinn und Trachten nach dem Himmlischen geführt. Dorthin, wo alles Leid der Erde ein Ende hat, richtete sich sein stilles Sehnen besonders in den lezten Jahren seines Lebens, wo manche Anwandlungen der menschlichen Hinfälligkeit ihn mahnten, daß nur Ein Schritt sei zum Tode; und als es ihm immer gewisser wurde, daß eine unheilbare Krankheit, die furchtbare Bangigkeiten und Leidenskämpfe in ihrem Gefolge hat, in ihm sich festgesezt habe, als ihm bange werden wollte im Hinblick auf diese Leiden, da hat die gnädige Hand Gottes ihn sanft und stille, wie er gelebt hat, hindurchgeführt durch die Pforten des Todes, ohne daß er dessen Bitterkeit zu schmecken bekommen hätte. Wir aber, so viel uns auch in ihm entrissen ist, wir verehren doch auch in diesem seinem Ende die Alles wohlmachende treue Vaterliebe Gottes und befeh= len ihr getrost und zuversichtlich die Wege der hinterbliebenen Gattin und Kinder; er wird auch an ihnen, er wird an uns Allen, so wir nur ihm trauen und anhangen, seine Vatertreue bewähren, wird seine Hand nicht von ihnen abziehen und wird fie behüten und segnen nach seiner großen Barmherzigkeit.

Ja, Herr, wie wir in Deine Hände den Geist unseres entschlafenen Bruders befehlen und des tröstlichen Glaubens find, daß Du nach den Leiden dieser Zeit und nach der Treue, die er bewiesen hat, ihn zur ewigen Frende und Seligkeit werdest eingehen lassen, so befehlen wir Dir auch seine zurückgebliebenen Angehörigen in der gewissen Hoffnung, Du werdest der Wittwe und den Waisen ein Vater und Versorger sein und werdest ihnen und uns gnädig durchhelfen durch dieses irdische Jammerthal, bis auch wir von Dir aufgenommen werden in die ewigen Hütten, wo wir Dich mit allen Seligen loben und preisen dürfen ewiglich! Amen.

XV.

(Wittwe, kinderlos; 64 Jahr alt.)

Lieber Heiland, Jesus Christus, der Du dem Tode die Macht genommen und unvergängliches Wesen und selige Unsterblichkeit ans Licht gebracht hast, in Deine treuen Hände, in Dein heiliges und liebevolles Erbarmen befehlen wir den erlösten Geist der theuren Entschlafenen, deren entseelte Hülle hier als Staub beim Staube ruhen soll. Du bist gekommen in die Welt, felig zu machen Alle, die dem Tode verfallen waren; auch für unsere Lieben, die der Tod von uns trennt, von denen wir am Grabe, das ihre Gebeine deckt, mit Schmerzen den leßten Abschied nehmen, hast Du Dein versöhnendes Blut vergoßen, haft sie zu Bürgern des Himmels und zu Erben der ewigen Seligkeit geweiht; darum dürfen wir getrost und mit des Glaubens froher Zuversicht sie als Mitgenoßen der seligen Schaar betrachten, welche bei Dir Leben und volles Genüge gefunden, weil sie ihren Lauf im Glauben und in der Liebe vollendet haben.

So wirst Du denn auch an dieser Deiner Erlösten, die nun ihr Tagewerk auf Erden vollbracht und ihre sterbliche Hülle abe gelegt hat, Deine Gnade und Wahrheit verherrlichen, wirst sie aufnehmen in Deine ewigen Hütten und ihr den Frieden gewäh= ren, welchen die Welt ihr nicht geben konnte und der nur droben zu finden ist, wo die Deinen Eins sind mit Dir und durch Dich mit dem Vater. Du selbst hast durch Dein Wort, das ihrer Seele Licht und Leitstern, ihr Stab und ihr Stecken war, Du hast durch mancherlei Kämpfe und Bitterkeiten, und durch die vielen Trauer

stunden ihres Lebens ihren Blick und ihr Verlangen immer mehr hingelenkt zu diesem Einen Ziele, hast durch alle Prüfungen die-· ser Zeit ihr Herz von der Welt uud ihrer Lust abgezogen und dem Ewigen zugewendet, Du hast ihr Liebstes auf Erden in Dein ewiges Reich versezt und dadurch wurde sie mit jedem Tage dieser Erde fremder, wurde ihre Sehnsucht immer mächtiger, daheim zu sein bei Dir und bei ihren Vorangegangenen, und vor Allen bei ihrem geliebten Gatten, mit dem sie Ein Herz und Eine Seele gewesen war, dem sie wie im Leben so auch bei seinem Hinscheiden so gerne ihr Wort gehalten hätte: Wo Du hingehst, da will ich auch hingehn, wo Du bleibest, da will ich auch bleiben, wo du stirbst, da will ich auch sterben, wo du begraben wirst, da will ich auch begraben sein.“

Ja, du Herr, der Du in's Verborgene siehst, du bist der unsichtbare Zeuge ihres stillen, frommen Wartens und Harrens gewesen, bis Du kommest und sie heimführest aus dieser armen Welt. Du weißest es, wie sie wohl mit herzinniger Liebe und ungeschminkter Freundlichkeit Geschwistern und Freunden zugethan war, wie sie wohl gerne die Bitte ihrer Nächsten, besonders auch ihrer Nichte, die schon seit ihrem 5. Jahre bei ihr eine zweite Heimath gefunden, welche aber auch ihr mit kindlicher Hingebung und Treue im Leben, Leiden und Sterben zur Seite stand und sich ein Kindesrecht in ihrem Herzen erworben hatte, wie sie gerne ihrer Bitte entsprochen hätte: „Ach bleibe bei uns!" Du weißest es, wie sie wohl nur im trauten Verkehre mit ihnen, nur im engen Kreise des Hauses, nicht draußen auf dem weiten und lauten Markte sich wohl und geborgen fühlte, wie sie aber doch am liebsten mit ihren Vollendeten im Geiste verkehrte, die schon vom Glauben zum Schauen hindurchgedrungen waren und wie sie, je näher die Zeit ihres Abscheidens heranrückte, desto vernehmlichere Grüße ihrer Seligen aus dem Jenseits vernahm und innerlich immer gewißer wurde, sie werde über ein Kleines dieselben wiedersehen und dann Niemand ihre Freude mehr von ihr nehmen. Auch ihre leßte Bitte

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