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in dieser Zeit des Hoffens, daß die Hütte dieses Leibes, durch welche sie sich in den lezten Jahren vielfach beengt fühlte, still abgebrochen und ihr ein sanftes und seliges Ende von allem Uebel, das sie drückte und ängstigte, vergönnt werden möchte, hast Du gnädig erhört; hast nach dem Reichthum Deiner Barmherzigkeit ihr Leiden abgekürzt; haft den bitteren Kelch, der vielleicht noch in manchen heißen Trübsalsnächten ihrer gewartet hätte, von ihr genommen; hast Deinem Todesengel Befehl gegeben, mit sanfter Hand die Bande zu lösen, die ihren ringenden Geist hier noch festhielten und hast ihr gnädig hindurchgeholfen zur herrlichen Freiheit der Kinder Gottes.

Herr, der Du so selig die Deinen vollendest, Du bist es würdig, daß wir mit festem Glauben uns Dir ergeben und uns Deiner Zucht und Leitung immer kindlicher überlassen. Du bist und bleibst auch unser Licht in der Finsterniß, auch unser Friede in der Angst dieser Welt, auch unsere Hilfe in Noth und Tod, so knüpfe Du das Band der Gemeinschaft mit unsern Seelen immer fester, daß uns weder Hohes noch Tiefes, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Leben noch Tod möge von Deiner Liebe scheiden. Vollende Dein Werk auch in uns, daß wir mit Allen, welche Deine Hand bereits zur Herrlichkeit geführt hat, einst an Deinem Throne Deinen Ruhm verkündigen mögen von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.

XVI.

(Bürger, ledig; 67 Jahr alt.)

Die Gerechten werden geflüchtet vor dem Leiden; und die richtig vor sich gewandel háben, kommen zum Frieden, und ruhen in ihren Kammern.

Daß diefe Worte des Propheten auch an diesem unserem Freunde sich erfüllt haben, dessen irdisches Gebein wir hier einsenken zur ewigen Nuhe, könnte uns schon ein Trost sein in der tiefen Trauer um seinen Verlust. Denn der Entschlafene hat m diesem Grabe eine Hülle abgelegt, die zwar lange den größten Theil seines Lebens hindurch eine gesunde Behausung seines unfterblichen Geistes war, in welcher er aber doch in der legten Zeit feines Lebens fich vielfach gedrückt fühlte und die für die Zukunft immer drückender zu werden drohte. Denn der völlige Verlust seines Augenlichtes, den er befürchten mußte, und die sich von Tag zu Tag mehrenden Anzeichen von der Abnahme seiner Kräfte, die von ihm nicht unbeachtet blieben, mußten seine Seele mit bangen Besorgnissen erfüllen, weil ein Leben ohne Thätigkeit für ihn, dem ein rastloses Arbeiten und Wirken Bedürfniß und Freude war, bitterer gewesen wäre, als der Tod. Von allen diesen Befürchtungen hat ihn nun der Tod befreit und das Grab hat ihn geflüchtet vor dem Leiden. Aber hierin könnten wir nur dann eine völlige Beruhigung beim Hingange eines theuren FamilienAngehörigen finden, wenn das Leben des Menschen nichts Ande

res wäre, als ein „elend jämmerlich Ding von Mutters leibe an, bis er in die Erde begraben wird, die unser aller Mutter ist." Nicht aber in dieser Schattenseite, sondern in den Lichtseiten eines vollendeten Lebens, in den Spuren der göttlichen Treue und Barmherzigkeit, die darin hervortreten; in dent Segen Gottes, von dem es zeuget, und in dem Segen, den es gestiftet; in der Liebe, die es von oben erfahren, und in der Liebe, die es geübet und Bewähret hat, suchen wir, meine Christen, unsere Erhebung an den Gräbern theurer Menschen; und in der frommen, wehmüthigen Erinnerung an diesen ihren Lebensgang, an die reichen Früchte ihres Lebens, und in der Vergegenwärtigung ihres trauten Lebensbildes finden wir die heiligen, unzerstörbaren Ueberreste, die kein Tod und kein Grab uns nehmen kann, finden wir allein eine befriedigende Antwort auf die Fragen des Glaubens und der Liebe an ihrem Grabe.

Werfen wir nun einen Blick auf dieses beschlossene Leben zurück, so war es bei allen trüben Schickungen doch reich an mannigfachen Proben und Erfahrungen der segnenden und bewahrenden, der schüßenden und helfenden Treue unseres Gottes. Frühe mußte der Vollendete in den vollen Ernst des Lebens treten. Das jüngste unter 10 Kindern frommer und treubesorgter, aber unbemittelter Eltern ward ihm schon in seinem siebenten Lebensjahr sein Vater durch den Tod entrissen, und so mußte er zu einer Zeit, wo Andere noch harmlos der Kindheit sich freuen, schon über die Schwelle des elterlichen Hauses schreiten, um zu dem von ihm erwählten Fache sich vorzubilden. Aber die väterlich erziehende Hand Gottes hat es auch an ihm bewährt: welch' ein köstlich Ding es sei einem Manne, daß er sein Joch in der Jugend tragen lerne. Denn je früher er der Stüße eines Vaters sich beraubt wußte, und je tiefer er dieß fühlte, desto ernstlicher ließ er sich seine Ausbildung in seinem Berufe angelegen sein; desto eifriger und ftrebsamer ergriff er jede Gelegenheit, die sich ihm darbot, die Lücken seines Wissens auszufüllen; und je

mehr sein Fortkommen und sein Glück in der Welt von seinem Wohlverhalten bedingt war, desto mehr befleißigte er sich, durch Tüchtigkeit in seinen Leistungen, durch Redlichkeit und gefälliges Benehmen unter fremden Menschen sich Vertrauen zu gewinnen; und wenn er auch später seinem ursprünglichen Beruf entsagend in einen andern Wirkungskreis eintrat, so waren es doch die früher erworbene Bildung und Erfahrung, sein unermüdeter Fleiß, seine Menschenfreundlichkeit und Dienstfertigkeit, die ihm so viel Achtung, Liebe und Vertrauen erwarben und den Grund zu seinem Glücke legten. So geschah es durch die wunderbare, gnädige Fügung Gottes, daß das Haus dessen, der als das jüngste auch das am meisten verwaiste unter seinen Geschwistern war, für diese und ihre Kinder zu einem vereinigenden Mittelpunkte, zu einer heimathlichen Zufluchtsstätte wurde, wo die Zerstreuten sich sammeln, wo die Verlassenen Hilfe suchen, wo die Betagten einen stillen und friedlichen Lebensabend verleben durften. Und wenn er dieses glücklichen Fortganges seiner Unternehmungen sich freute, so freute er sich dessen hauptsächlich darum, weil er nun den Seinigen eine kräftige Stüße, ein wahrhaft väterlicher Freund, ein Berather und Versorger sein konnte. In wie reichem Maaße und in wie weitem Umfange, mit welchem zartem, aufopferndem Sinne er ihnen dieß war, davon zeugen die vielen Thränen der Dankbarkeit und Verehrung, die um ihn fließen, und sie sind gerecht, diese Thränen, denn die Seinen haben in ihm einen Bruder, einen Verwandten verloren, dem kein Opfer für sie zu groß war, der in dem unverdrossensten Wirken und Sorgen für die Glieder seiner Familie seine schönste Lebensaufgabe und in ihrer Anhänglichkeit und dankbaren Liebe Ersaß für alle andern Bande fand.

Darum ist es auch ein herber und blutiger Riß, wenn aus einem Familienkreise derjenige, welcher der treue Begründer und Träger ihres Glückes war, hinweggerückt und mit ihm die Stüße des Hauses hinweggenommen wird. Es ist um so schmerzlicher solches Vermissen, je länger wir mit dem Vollendeten auf dem

Wege waren und je mehr uns seine zuvorkommende Liebe gewöhnt hatte, in allen Verhältnissen bei ihm Trost und Rath zu suchen. Darum wird auch die Lücke, die der. Hingang dieses Bruders besonders in den Herzen seiner hochbetagten, ihm so innig ergebenen Schwestern hinterläßt, keine Zeit mehr ausfüllen und nur der Tod die Sehnsucht nach dem Entschlafenen stillen können. Aber je augenscheinlicher die segnende und schüßende Hand des Höchsten in seinem Leben sich offenbarte, und je reicher wir uns durch seine Liebe fühlten, desto gläubiger und vertrauensvoller müssen wir in diesen Trauerstunden die Hand Gottes festhalten, der im Nehmen, wie im Geben die Liebe selbst ist; der, wenn auch Nacht und Dunkel über uns hereinbrechen, die Sterne seiner Verheißung nur um so freundlicher über uns leuchten läßt. Wenn die Säulen unseres Hauses zusammenbrechen, seine Gnade und Barmherzigkeit wankt und weichet nicht, und der Bund seines Friedens währet ewiglich; wenn auch ein Auge im Tode bricht, das für uns sorgsam gewacht hat, das Auge des Hüters im Himmel schließt sich nicht, der nicht schläfet und nicht schlummert; und ob wir auch schmerzlich den Arm vermisssen, auf welchen unsere müden Glieder sich stüßten, die Hand des treuen Gottes läßt nicht

von uns.

Mit dieser Hoffnung im Herzen, mit diesem Bekenntnisse auf den Lippen wollen wir denn der Erde geben, was von der Erde ist, und von dem dunklen Grunde des Grabes aufblicken zu dem ewigen Morgensterne, Jesus Christus, der da bleibet, wenn es Abend wird, zu dem guten Hirten, der seinen Schaafen das ewige Leben gibt. Alles Leid, aller Schmerz, alle Trennung währen ihre Zeit, aber Gottes Gnade in Christo Jesu in Ewigkeit!

Diesen unvergänglichen Trost pflanze Du, Herr des Lebens und des Todes, in die trauernden Herzen, die Deiner Erquickung bedürfen! Du wollest an ihnen Deine Verheißung erfüllen: Ich will dich nicht verlassen im Alter; ich will dich heben und tragen bis du grau wirst.

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