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In Deine Hände befehlen wir den Geist dieses Vollendeten; laß ihn droben Deiner Gnade froh werden; vergib' ihm, was er gefehlt, und vergilt ihm, was er an uns Gutes gethan! Fülle Du felbst mit Deinem Segen und durch die Liebe, die da ist das Band der Vollkommenheit, die schmerzliche Lücke unter den Hinterbliebenen aus und ziehe unfre Aller Herzen aus allem Gewirre und durch alle Prüfungen dieses Lebens aufwärts zu Dir, daß wir in Deinem Frieden wandeln, und in Deinem Frieden vollendet wer den zum ewigen Leben! Amen.

XVII.

(Wittwe eines Beamten; 89 Jahr alt.)

Beliebte in dem Herrn! Wenn unser Schmerz an den Gräbern unserer Entschlafenen nur in dem Maaße berechtigt wäre, als diese ihre Zeit noch nicht erfüllt haben; wenn wir, je größer ihre Lebensdauer war, je länger wir mit ihnen auf Erden zusammensein und ihres Besizes uns erfreuen durften, desto weniger der Trauer und der Klage Raum geben dürften bei ihrem Tode, so dürfte an dieser Gruft keine Thräne fließen, so müßte unser · Mund übergehen nur vom Preise und Lobe Gottes, der die Lebensflamme dieser Mutter-, Groß- und Urgroßmutter immer wieder genährt hat, bis sie weit hinausgeschritten war über das Lebensziel der Freundinnen ihrer Jugend, aller Genossen ihrer Zeit, ja ihrer eigenen Kinder und Anverwandten. Und gewiß ist den Herzen dieser Leidtragenden jezt das Gefühl des Dankes ge= gen den Höchsten nicht fremd, der ihnen dieses theure Kleinod ihrer Familie, diesen vereinigenden Stamm, in welchem sie lebten und um welchen sie sich so gerne sammelten, an welchem sie auch im vorgerückten Alter noch eine Stüße hatten, bis zur hohen Stufe von 89 Ighren erhalten hat. Aber gerade je länger sie sich reich und geborgen fühlen durften im Besize dieses treuen vielbewährten Herzens, desto mehr war ihr ganzes Leben mit demselben perwachsen und desto tiefer ist in ihnen jest die Lücke, wo sie auf einmal sie missen sollen, mit der sie in einer so innigen und ste= ten Wechselbeziehung gestanden waren und die sie so lange mit dem süßen Mutternamen hatten ansprechen, der sie so lange in das seelenvolle liebreiche Mutterauge hatten schauen dürfen. Ist es doch schon für uns Alle ein empfindlicher Schlag, den wir von der Vergänglichkeit aller menschlichen Dinge zu fühlen bekommen, wenn wiederum Eines von den lezten wenigen, die noch mit unseren Vätern und Müttern einen Weg gegangen und in Freund

schaft verbunden waren, die aus einer vergangenen Zeit noch mit frischem Gedächtnisse und lebendigem Munde zu uns sprachen, heimgeht; und darum wird es uns auch schwer, von dieser Vollendeten uns zu verabschieden, die uns Allen ein Gegenstand der Hochachtung war und die der liebe Gott wohl auch darum so lange noch hineingestellt hat in eine neue Zeit, daß sie dem jungen Geschlechte eine Zeugin und ein Vorbild sei von dem Geist und Wesen der früheren Geschlechter, von ihrer Frömmigkeit ohne Heuchelei, von ihrem sittlichen Ernste bei aller heiteren Laune und Lebensfreudigkeit, von ihrem festen Willen bei aller Milde und Demuth, von ihrer gewissenhaften Sorgfalt für das geistige und leibliche Wohlergehen ihrer Familie bei allem wahren Freundschaftssinn und bei aller warmen Theilnahme an dem Wohl und Wehe Anderer, von ihrer Eingezogenheit ohne engherzige Abgeschloffenheit, von ihrer Sparsamkeit, nur um nach Herzenslust geben und erfreuen zu können. Dieses richtige Maas in Allem, dieser schöne Einklang des Verstandes und des Gemüthes, das machte ihren inneren Menschen so gesund und frei, das gab ihr die ruhige würdige Haltung in allen Erfahrungen des Lebens und ließ bei ihr alle äußeren Verhältnisse zu dem ihnen gebührenden Recht kommen. Wenn nun wir Alle diese geistige Kraft, diese ächt sittliche Bildung und wahre Herzensgüte an der Vollendeten anerkennen mußten, wie vielmehr mußten ihre nächsten Angehörigen sich beglückt fühlen durch die reiche und zarte Liebe, welche sie zu allen Zeiten, in den trüben wie in den frohen Tagen, bis in ihr höchstes Alter den Ihrigen unwandelbar hat angedeihen lassen und die sich von einem Geschlechte auf das zweite, dritte und vierte in immer gleicher Wärme und Kraft ausgedehnt hat. Ihr ist die große und seltene Gnade von Gott zu Theil geworden, daß sie in ihren späten Tagen nur wenig von den Gebrechen des Alters erfahren durfte, und dieser göttlichen Gnade verdankten nicht nur die sie umgebenden, sondern auch die entfernten Glieder ihrer Familie von Zeit zu Zeit die wohlthuendsten Beweise, wie nahe

sie ihnen mit ihrem treuen Geiste und Herzen sei. Darum ist auch dieses ihr spätes Hinscheiden doch ein tiefschmerzendes für dieselben, und noch lange, lange, wird ein Vermissen und Suchen der Dahingegangenen in ihnen zurückbleiben. Doch, wenn die Ihrigen auch ihres Sinnes und Geistes Kinder sind, so werden fie in Ergebung sich beugen unter Gottes Hand, so werden sie dem Höchsten auch an diesem Grabe ihres Dankes Opfer darbringen, welcher sie durch die Vollendete vor Tausenden gesegnet, der ihnen die dankbaren Kindern so erwünschte und so tröstliche Gelegenheit gegeben hat, Liebe mit Liebe, Treue mit Treue reichlich und freudig zu erwiedern und der ihnen und ihren Kindeskindern von dieser vielgeliebten Mutter und ihrem von Gott begnadigten Leben ein unzerstörbares Bild in die Seele gegeben hat, das sie stets in Liebe zusammenhalten und als ein leitender, tröstender Schußgeift während ihres Pilgerlaufes begleiten wird; denn die Liebe hört nimmer auf.

Der Du uns diese und die noch köstlichere Verheißung gege= ben hast, Du treuer Gott und Vater, daß Alle, welche an Deinen Sohn glauben, leben werden, ob sie gleich sterben, und daß ihnen die Stätte bereitet ist droben in Deinem Vaterhause, in Deine Hände legen wir jezt Leib und Seele dieser entschlafenen Mitchristin in der guten Zuversicht, Du werdest Deine Gnade und Treue, die Du so sichtbar an ihr hier verherrlicht hast, auch an ihr in Deinem himmlischen Reiche und an uns Allen bewähren, die wir noch hienieden im Fleische wallen nach Deinem Willen. Wie Du fie gezeitigt und geheiligt hast durch eines langen Lebenstages Last und Hize, so vollende das Werk Deiner Gnade auch an uns, ziehe uns durch alle Deine Führungen und Schickungen immer mehr zu Dir hin, daß wir würdig werden mögen, wenn Deine Zeit und Stunde gekommen ist, einzugehen in Dein himmlisches Jerusalem, zu der Gemeinde der vollkommenen Gerechten und zu der Herrlichkeit Deines lieben Sohnes, unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi! Amen.

XVIII.

(Wittwe; 70 Jahr alt.)

Mach' in mir, mein Herr, im Leiden
Glaube, Liebe, Hoffnung fest;

Ich will treu sein bis zum Scheiden,
Weil mein Gott mich nicht verläßt.

Herr, den meine Seele liebt,

Dem sie sich im Kreuz ergibt,

Sieh', ich fasse Deine Hände,

Hilf mir treu sein bis an's Ende!

Das, meine Leidtragenden, das war der Sinn der vollendeten Mitchristin, der geliebten Mutter und Großmutter, die hier erschöpft von der Schwüle ihres Lebenstages, von der Bürde ihres Kreuzes und Leidens ihren Pilgerstab abgelegt und ihr Haupt niedergelegt hat zum längst ersehnten Todesschlummer. Denn nicht unvorbereitet, nicht unversehens hat ihr die leßte Stunde geschlagen, sondern schon seit Monaten, ja seit Jahren hat sie mit ihrem hellen Geiste, mit ihrer flaren Besonnenheit in den körperlichen Gebrechen und Uebeln, von denen sie heimgesucht war, die ficheren Vorboten ihres Todes erkannt, ohne Furcht und Beben, mit der Ruhe und Fassung einer wahren Christin hat sie den Nachlaß ihrer Kräfte, die mahnende Auflösung wahrgenommen und dem Tode ins Angesicht geschaut. Das war der gute Grund des Glaubens und der Gottseligkeit, auf dem sie, wie einft in gesunden und frohen Tagen, so auch in ihrer Leidenszeit in der Nähe des Todes stand. Aus der frommen, rechtschaffenen Gesin

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