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XXI.

(Beamter; 75 Jahr alt.)

Wer er beharret bis an's Ende, der wird selig. Dieses Wort seines Herrn und Heilandes hat sich unser entschlafener Freund während seines Ganges durch diese Welt zum Leitstern gewählt. Dieses Treubleiben dem Herrn und in ihm sich selbst war der vorherrschende Zug an seinem Lebensbilde. Was er in seiner Jugend gelernt hatte: „Bleibe in Gottes Wort und übe Dich darinnen und beharre in Deinem Beruf“, das hat er in seinem ganzen Leben gehalten. Mit voller und warmer Ergebenheit hat er sechzig Jahre, hat er fast sein Leben Lang seinen fürstlichen Herren gedient und ist dem Enkelsohne, als seinem Gebieter, ebenso mit ganzer Seele zugethan gewesen, wie einst dem Vater und Großvater. Seine Erlebnisse in einer be wegten Zeit, die er frisch und lebendig wiederzugeben wußte, alle Zeichen der Dankbarkeit und Achtung, die ihm geworden waren für seine uneigennüßigen und guten Dienste, das waren die Kleinode, die er sorgsam bewahrte und die er in seinen späteren Tagen immer wieder hervorsuchte, um an ihnen Auge und Herz zu erfreuen. Wie er die Seinen liebte von Anfang an, so liebte er fie bis ans Ende. Mit welcher Geduld und zarter Aufmerksamteit suchte er seiner Gattin, als seit vielen Jahren ihr Augenlicht immer schwächer wurde und zuletzt ganz erlosch, dieses schwere Leiden zu erleichtern; und als sie der Herr im vorigen Jahre zu

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sich nahm, da zog es auch ihn mächtig heimwärts und es war, als ob sein Geist zuweilen schon dieser Welt entrückt mit der hingegangenen Gefährtin seines Lebens wieder im innigsten Verkehre lebe. Ebenso treu und beständig in der Liebe war er gegen seine Kinder und Kindeskinder. Ueber ihren Seelen zu wachen, sie zu guten und frommen Menschen zu erziehen und in Allem unterweisen zu lassen, was zu ihrem Fortkommen in der Welt gehörte, das ließ er sich immer ernstlich angelegen sein; ihnen eine harmlose Freude und Ueberraschung zu bereiten, das war seinem Herzen, bis es stille stand, die größte Freude; und wie der allzufrühe Tod eines talentvollen wohlgerathenen Sohnes nie von ihm verschmerzt wurde, so war auch alles Erfreuliche, das er von seinen Kindern und Enkeln erfahren durfte, für ihn das Wohlthuendste in seinem Alter. Nicht minder treu ist er sich geblieben in seiner Gemüthsstimmung, indem er sich einen heiteren Sinn und frohen Lebensmuth bis in die Jahre hinein bewahrt hat, die sonst dem Menschen nicht zu gefallen pflegen. Das war ein Segen des Herrn, der an ihm seine Verheißung wahr gemacht hat: „Dein Alter sei wie Deine Jugend!" das war der Segen, den Gott auf seine Beständigkeit im Glauben, auf sein Beharren in der Liebe gelegt hat. Der Gott seiner Jugend, der stets seine Gnadenhände über ihn ausgestreitet hat, war auch, als es mit ihm Abend wurde, seines Herzens Trost und Licht, und stärkte ihn zu seiner leßten Reise noch durch das Brod des Lebens und ließ ihn unter den Segenswünschen und Thränen der Seinigen ruhig und schmerzlos entschlafen.

Das ist unser Trost, lieber himmlischer Vater, daß durch Deine Gnade dieser unser Bruder vom Tode zum Leben hindurchgedrungen und daß ihm sein Glaube gerechnet ist zur Gerechtig= keit, die vor Dir gilt; ihn preisen wir selig, daß er ausgerungen und überwunden hat, und Deinen Namen preisen wir, daß Du Deine Freundlichkeit und Barmherzigkeit auch noch über seine leßten Stunden wie über sein ganzes Leben ausgebreitet und ihm

ein sanftes Ende beschieden hast. Für die aber, welche sein Tod in tiefe Trauer versezt hat, flehen wir zu Dir, daß Du sie aufrichten, sie Deiner ewigen Treue und Gnade gewiß und theilhaftig machen und sie hinweisen wollest auf den Todesüberwinder, Deinen eingebornen Sohn, welcher allein vom Tode aushilft und für uns Alle Wohnungen gemacht hat in seines Vaters Haus. Selig, wer sich auch in den dunkelsten Stunden des Lebens nicht an Dir und Deinem Sohne ärgert; selig, wer treu bleibt bis in den Tod, denn er wird die Krone des Lebens empfangen!

Amen.

XXII.

(Gatte; 36 Jahr alt.)

Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwindet. Wohl uns, meine Christen, daß wir mit dieser starken Waffe ausgerüstet an dieser Stätte erscheinen, an der sich oft so Vieles vereinigt, uns niederzudrücken und einem trostlosen Schmerze, einem alle Hoffnung wegwerfenden Kleinglauben uns in die Arme zu werfen. Denn wenn an Eines Menschen Leben nach unserem Dafürhalten Alles gekettet ist, was wir zur Freude und zum Glücke unseres Lebens rechneten; wenn darum mit dem lezten Othemzuge eines solchen uns aufs Innigste befreundeten Wesens Vieles, Vieles aufhört, was uns das Dasein erleichterte und verschönerte, und das ganze Gebäude unseres Lebensglückes auf einmal wie ein Kartenhaus zusammenfällt, welch dichte Finsterniß Lagert sich dann um unsre Seele; ist es uns dann nicht, als ob mit dem Grabe ein großer Abgrund sich vor uns aufthue, um Alles zu verschlingen, was wir geliebt, worauf wir gebaut, was wir geglaubt und gehofft hatten? Bei uns, die wir des Herrn find, soll es nicht also sein: auch wenn der Herr unser Liebstes uns vom Herzen hinwegnimmt, sollen wir in der Kraft Gottes stehen als die Gezüchtigten und doch nicht ertödtet, als die Traurigen und doch fröhlich, als die nichts mehr inne haben und doch Alles haben. Denn uns, denen sich Gott erbeut in Christo Jesu als ihr lieber Vater, ist es unumstößlich gewiß, daß ob auch Men

schen sterben und gerade Diejenigen, mit welchen uns Alles verloren und begraben zu sein scheint, doch der Gott noch lebet und regieret, bei dem kein Wechsel ist des Lichtes und der Finsterniß und daß er, dem alle Dinge unterthänig sind, uns auch dann noch versorgen und erfreuen kann, wenn die Hände, deren sich bisher seine Güte bedient hat, im Tode erstarrt sind. So beklagen wir zwar auch das frühe Hinscheiden eines Mannes, der mit ebensoviel Liebe und Eifer, als mit Geschick und Einsicht in seinem Wirkungskreise sich bewegte und es sich selbst in den Stunden, in welchen Andere sich eine Erholung vergönnen, sauer werden ließ, um für die Gegenwart und die Zukunft möglichst zu sorgen; wir trauern mit der hinterbliebenen Wittwe, daß schon nach wenigen Jahren eines glücklichen Zusammenlebens dieses eheliche Band wieder zerrissen worden ist, aber wir erheben auch im tiefsten Leide unsere Herzen zu Dem, welcher die ewige Weisheit und die unveränderliche Liebe ist; ob wir es auch noch nicht sehen, so glauben wir es doch, daß Alles, was Gott thut, wohl gethan ist. Erkennen wir doch schon so viel, daß es wohlgethan vom Herrn war, indem er den Entschlafenen, ohne daß sein verhülltes Auge die Schrecken des Todes sehen durfte, erlöset hat von dem besonders in der legten Zeit so harten Druck seiner irdischen Hülle; ist es doch wohl gethan von dem Herrn, wenn er durch solche Schläge und Verluste unsere Seelen zu sich ziehen will, wenn er es uns zur Erkenntniß bringt durch solche Prüfungen, wie zerbrechlich alle Stüßen sind, auf welche die Menschen gewöhnlich ihr Glück bauen wollen, und daß es nur Einen Felsen gibt, darauf wir unser Haus und unsern Frieden fest gründen können, nämlich den lebendigen Gott und seinen eingebornen Sohn Jesum Christum, der gestern ist und heute und derselbe in Ewigkeit. Und wenn wir auch jezt noch nicht wissen und begreifen, was unser himmlischer Vater thut, hernachmals werden wir es erfahren. Wenn wir aus dem Dunkel der Erde in die himmlische Klarheit, von dem Glauben zum Schauen hindurchgedrungen sind, dann schweigt jede Frage

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