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XX.

Am 16ten Sonntage nach Trinitatis, den 21sten Sept. 1828, bei der Wieder - Eröffnung der Deutsch - Evangelisch - Lutherischen Kirche, in der Savoy, zu London. †)

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Herr, unser Gott und Vater, der du uns durch den Mund dei

nes Sohnes verheißen hast, daß wo Viele oder Wenige vor dir versammelt sind in deinem Namen, Er selbst unter ihnen seyn werde, Er, der Eins ist mit dir, und in dem alle diese Verheißungen Ja sind und Amen: ! laß denn dieses auch an uns in Erfüllung gehen, so daß wir uns in dieser Stunde uns seiner geistigen Gegenwart erfreuen zum Heil unsrer Seelen; und gieb, daß hier und in allen Gemeinden der Gläubigen nichts anders möge verkündigt werden, als Er und deine seligmachende Gnade durch Ihn! darum rufen wir dich an in seinem Namen: Vater unser, u. s. w.

Text. Ephef. 4, 23.

Erneuert euch aber im Geist eures Gem úths.

Meine geliebten Freunde in Christo Jesu! Als es mir auf das freundlichste in brüderlicher Liebe vergönnt ward, mir als einem

†) Erschienen bei G. Neimer, Berlin 1829, mit folgender Erklärung: Die Savoy Kirche war mehrere Monate eines Baues wegen gesperrt gewesen, und da es sich traf, daß grade während meines kurzen Aufenthalts in London zum ersten Male wieder Gottesdienst gehalten werden sollte: so hatte Hr. Dr. Steinkopff die Freundlichkeit mir vorzuschlagen, daß ich die Predigt übernehmen möchte. Ein solcher gelegentlicher Vortrag mitten unter den Zerstreuungen eines solchen Aufenthaltes vor einer ganz fremden Gemeine gehalten, eignet fich freilich weniger für ein größeres Publicum; indeß da diese Predigt schon in London aus einer im Ganzen recht getreuen Nachschrift gedrukt worden ist: sø konnte ich gegen eine neue Bekanntmachung derselben hier auch nichts bedeutendes einwenden,

Fremdlinge, der aber doch euch verwandt ist und befreundet, an diesem besonders erfreulichen Tage zu euch zu reden: so glaubte ich nichts besseres thun zu können, als mit diesen Worten des Apostels euch anzusprechen; und in demselbigen Sinne, in welchem er sie zu jener Christen-Gemeinde redete, will ich sie auch für euch anwenden.

Es war eine Gemeinde von Christen, welchen der Apostel selbst das Zeugniß gab, daß sie aus Gottes Gnade selig gemacht worden durch den Glauben an Jefum. Wenn er ihnen also dennoch hier zuruft, fie sollen sich erneuern im Geist: so meint er da: mit nicht jenes ursprüngliche geheimnißvolle Wirken des göttlichen Geistes, welches doch immer nur der Anfang bleibt eines neuen Lebens, wenn nåmlich der Mensch zuerst von sich sagen kann, Ich glaube, Herr, hilf meinem Unglauben; wenn er zuerst sich in Wahrheit das Zeugniß geben kann, Ich habe ein Wohlgefallen nach dem inwendigen Menschen an dem Geseze Gottes, ich habe das Wollen und Wünschen, aber das Vollbringen fehlt. Denn wenn er von ihnen sagt und ihnen bezeugt, daß sie selig geworden seien durch den Glauben an Jesum: so mußte auch dieses schon an ih nen geschehen sein. Aber das neue und göttliche Leben, welches Er unser Erlöser wiedergebracht hat, bedarf einer beständigen Erfrischung und Erneuerung aus seinem Ursprung. Mit jener ersten Hinwendung des Menschen zu Gott im Glauben, beginnt erst der Kampf zwischen dem Geiste und dem Fleische; und eben deswegen, damit der Sieg immer vollständiger werde, bedürfen wir einer sich oft erneuenden Belebung jener geistigen Kräfte. Von dieser also redet der Apostel in unserm Terte.

Eben so nun glaube auch ich, so oft ich vor einer Versammlung von Christen rede, sie ansehen zu müssen als solche, welche sich schon in der seligen Bearbeitung des göttlichen Geistes befinden, in welchen Christus bereits angefangen hat sich zu gestalten. Aber wie weit wir es auch darin schon gebracht haben mögen, wie stark der Geist sein mag über das Fleisch; immer bedarf es für uns dieser fortgesetten und unausgesetzten Erneuerung in dem Geiste des Gemüthes; und zu dieser soll uns Alles gedeihen, was zu dem christlichen Leben gehört. Dazu soll beitragen die tägliche Uebung in dem göttlichen Gesehe, wie sie einem jeden der Kreis seines Bes rufs und seiner geselligen Verhältnisse anweist, in welchem wir ja immer Gelegenheit haben zu erkennen, wie mächtig schon der Geist Gottes in uns wirkt, oder wie schwach wir noch selbst sind. Dazu

soll beitragen die stille Selbstbetrachtung, welche überall jenes ges schäftige Leben unterbricht, so oft der Mensch sich selbst prüft, um zu erkennen, indem er in den Spiegel des göttlichen Wortes hins schaut, wie er gestaltet ist. Aber auch diese unsere Versammlungen, ja alle gemeinschaftliche Ermahnung und Erbauung, wie sie beginnt mit dem vertrauten Verhältniß einzelner Seelen untereinander aber am deutlichsten und wirksamsten sich zu erkennen giebt und sich in ihrem größten Umfange zeigt in unsern christlichen Zus sammenkünften, auch diese hat daran ihr eigenes und bescheidnes Theil. Und hierüber mit einander nachzudenken, fordert uns dieser Tag, an dem ihr euch zuerst in diesen Gott geweihten Räumen wieder zusammen findet, auf besondere Weise auf. Darum möchte ich auch vorzüglich in dieser besondern Beziehung euch die Ermah. nung des Apostels ans Herz legen.

Laßt uns deshalb Erstens erwägen: Auf welche Weise besonders diese unsere chriftlichen Zusammenkünfte die Erneuerung im Geist des Gemüths fördern und unterstützen. Dann aber auch Zweitens: Wie dieser erfreuliche Tag mit seiner eigenthümlichen Veranlassung euch eine besondere Aufforderung seyn soll, euch dieser Unterstüßung theilhaftig zu machen, und durch solche Erneuerung im geistigen Leben zu wachsen und zuzunehmen.

I. Wenn wir erstlich uns die Frage vorlegen: Was ist denn die besondere eigenthümliche Wirkung dieser unsrer christlichen Zusammenkünfte zum Behuf der Erneuerung im Geiste des Ges müths? so werden wir sie uns nur richtig beantworten können, wenn wir darauf Achtung geben, was denn überhaupt das eigent, lich Wirksame in denselben sei. Was wird uns, so oft wir uns hier versammlen, vor Augen gehalten, womit beschäftigen wir uns? Es ist nichts anderes, als das Wort Gottes. Was ergreift uns allemal, wenn wir uns in unsern Versammlungshäusern vereinis gen, auf ganz besondere und eigenthümliche Weise? Es ist das Bewußtsein eines gemeinsamen über Alle verbreiteten Lebens, in Beziehung auf welches keiner etwas ist für sich selbst und durch sich selbst. So finden wir uns hier als die Glieder einer christ lichen Gemeinde zusammen. Diese selbst aber ist wieder nur ein Glied einer größern kirchlichen Gesellschaft, und auch diese, die Ges meinschaft der evangelischen Bekenner, ist nur ein Glied in jener unsichtbaren Kirche des Herrn, welche überall nur eins ist und dasselbe.

Seht denn, diese beiden Stükke, Wort Gottes und Bewußtsein der geistigen Gemeinschaft, sind das eigentlich wirksame in allen

Versammlungen der Chriften; aber gewiß auch eben dasjenige, was am kräftigsten sein muß, um uns im Geiste des Gemüthes zu erneuern, weil gerade davor der alte Mensch am wenigsten bestehen kann. Denn das Wort Gottes ist die ewige und heilige Wahrheit, welche bis tief in das Innere des Gemüthes hineindringt; aber alles, was in uns noch dem alten Menschen angehört, das hat auch noch einen Theil an der Unwahrheit, das Gefühl des gemein samen Lebens, welches uns hier ergreift, muß uns nothwendig festhalten an der gemeinsamen Quelle dieses Lebens; aber alles, dem alten Menschen Angehörige, hat einen Theil an der Eigenliebe und Selbstsucht. Wenn dieses beides nicht wäre, die Unwahrheit in den verborgensten Tiefen der menschlichen Seele auf der einen Seite, und die Selbstsucht, welche an dem Eitlen des irdischen Daseins hångt, auf der andern: wo håtte jemals die Sünde Raum gewinnen und Gewalt üben können in der unsterblichen, nach dem Ebenbilde Gottes geschaffenen Seele? Je ungetrübter wir uns also einerseits das göttliche Wort vorhalten, so daß seine reine himmlische Wahrheit unser innerstes Wesen durchdringt; je freudiger wir uns von dem gemeinsamen Leben ergreifen lassen, so daß uns hins gebende Thätigkeit, die nicht das Ihrige sucht, zur Seligkeit wird: desto mehr ringt der alte Mensch in uns mit dem Tode; und eben sein Absterben ist unser zunehmendes, sich immer erneuerndes Leben.

Das ist die Erfahrung, m. Fr., welche alle treuen und gläubigen Theilnehmer christlicher Versammlungen zu allen Zei ten machen; das ist die eigenthümliche Art, wie diese zur Erneuerung im Geist des Gemüthes beitragen. Und der Apostel Paus lus bezeugt dies in einem andern, unserm Briefe verwandten Schreiz ben, auf eine ausdrückliche Weise, wo er von dieser Erneuerung im Geiste des Gemüths redet, indem er sagt: Wir sollen den neuen Menschen anziehen, der da erneuert wird zu der Erkenntniß nach dem Ebenbilde deß, der ihn geschaffen hat; da nicht ist Grieche, Jude, Beschneidung, Vorhaut, Ungrieche, Scythe, Knecht, Freier; sondern Alles und in Allen Christus *). Ist nun diese brüderliche Gleichheit nur in unserm gemeinsamen Leben; ist jene Erkenntniß nur in dem göttlichen Worte: so sehen wir aus diesen Worten des Apostels noch genauer, was wir besonders durch unsere christlichen Versammlungen für unsere Erneuerung gewinnen sollen. Es ist die Klarheit in der Erkenntniß, welches da sei der heilige und wohl

*) Coloss. 3, 10. 11.

gefällige Gotteswille an uns Alle in Christo Jesu, es ist die erhöhte lebendige Beziehung auf das gemeinsame Leben der Christen, in welchem eben Er Alles ist in Allem; so daß ein Jeder, der also gestårkt und erinnert von dannen geht, sagen kann, daß nun wie auf's neue und in einem höhern Grade nicht mehr er lebe im Fleisch, sondern Christus in ihm, und daß ihm aufs neue der Geist Christi, was er von Christo genommen, verklärt habe. Diese Wirkung werden wir gewiß alle immer reiner, so wie immer reicher erfahren, je weniger wir glauben, daß es hier etwas anderes wirksames gebe, als dieses beides, das Wort Gottes und das Bewußtsein der christlichen Gemeinschaft.

So haben auch von Anfang an alle diejenigen gedacht, welchen der Dienst an dem göttlichen Worte durch die Gnade Gottes zu ihrem Berufe geworden ist; und eben unser Apostel hat dieß am einfåltigsten und deutlichsten herausgesagt, indem er spricht, Er sei nicht gekommen mit Worten menschlicher Weisheit, sondern nur mit dem Worte Gottes; er habe sich nicht gedünkt etwas anderes zu wissen, als nur Jesum Christum den Gekreuzigten. Aber eben deßwegen sagt er auch, daß seine Predigt überall gewesen sei im Geist und in der Kraft. Und eben so ermuntert er auch überall die Christen, fest zu halten an der Gemeinschaft, und weiset hin an diese, als an die rechte Bürgschaft und Sicherheit für die Fortdauer und Gesundheit des geistlichen Lebens.

Wo es nun anders geschähe als so, da würde freilich dieser göttliche Segen aus unsern Zusammenkünften weichen; sie würden aber auch nicht mehr dieselben sein. Wer hier reden wollte zu den Christen aus seiner eigenen Weisheit, der würde handeln, wie wir in andern menschlichen Geschäften pflegen; und diejenigen, die hieher kåmen, in der Absicht den einen Lehrer vor den Anderen zu unterscheiden, indem sie nämlich auf die Anmuth und Lieblichkeit oder auf die Stärke und menschliche Weisheit der Rede vorzug= lich merkten, die stellen unsere Zusammenkünfte ganz anderen Dertern gleich, wo mit den Waffen der Rede und um anderen Preis gekämpft wird. Beide aber würden auf das Fleisch såen, und vom Fleische nichts anders als das Vergängliche und das Verderben erndten. Je mehr wir von allem Menschlichen absehen, und es nur betrachten als die Schale, in der uns die himmlische Gabe dargereicht wird; je mehr wir für nichts anderes Sinn und Geschmack haben, als für das Wort Gottes, das eben so einfältig ist, als kråftig: um desto mehr werden wir zunehmen in der Klarheit der Er

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