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t

VII.

Am 28sten März 1813. †)

Meine andächtigen Zuhörer! Durch ein außerordentliches Ereigniß finden wir die Reihe unserer Vorträge über den leidenden Er löser unterbrochen, und unsere heutige Zusammenkunft einem ganz andern Gegenstande gewidmet. Wie waren wir schon Alle durch die Begebenheiten der lezten Wochen auf das innigste bewegt! Ausziehn sahn wir aus unsern Mauern das Heer eines dem Namen nach uns verbündeten Volkes: aber nicht, als ob Freunde von uns schieden, war uns zu Muthe; sondern mit dankbarer Freude fühlten wir den langen schweren Druck endlich von uns genom

Jenem folgten auf dem Fuße die Schaaren eines andern Bolkes, dem Namen nach mit uns im Kriege: aber mit der fröhlichsten Begeisterung wurden sie aufgenommen, wie sie sich auch zu erkennen gaben, als des Königes und des Volkes Freunde. Und als wir nicht lange nach ihnen auch unsere eignen Krieger zurückkehren sahen, da durfte keiner mehr zweifeln; sondern froh ging die Rede von Mund zu Munde, Dank dem himmlischen unverkennba ren Zeichen, welches Gott der Herr durch die schrecklichen Zerstörungen des Krieges im Norden gegeben, Dank den edlen und tapfern Heerführern, die selbst den Schein des Ungehorsams und die Verlehung des Buchstaben nicht achtend, es wagten, wahrhaft im Sinn und Geist des Königs handelnd den ersten entscheidenden Schritt zu thun, um uns von den unerträglichen Banden, die uns so lange gefesselt hielten, zu befreien, Dank dem Könige, der in diesem dargebotenen günstigen Augenblick nichts anderes, als seinen, dem unfrigen ganz gleichen Sinn konnte walten lassen, Dank dem allen,

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1) Erschienen,, zum Besten der Auszurüßtenden," Berlin, in der Realschulbuchhandlung 1813, mit folgender Bemerkung:

Der Aufforderung, diese Predigt zu dem angegebenen Zweck dem Druck zu übergeben, habe ich mich nicht entziehen gewollt. Einige Erweiterungen im Einzelnen abgerechnet, wird der niedergeschriebene Vortrag möglichst dem wirks lich gehaltenen gleich sein.

die große Veränderung, der Uebergang von der Knechtschaft zur Freiheit bereitet sich. Aber wie unverholen wir auch unter uns Gott freudig dankten: es war noch nicht Zeit es öffentlich zu thun; denn der König hatte noch nicht geredet. Endlich erscholl es uns, das lange und ungeduldig erwartete Königliche Wort, welches, wie: wol es gewiß uns allen aus den öffentlichen Blättern tief eingeprågt ist, wir, da es auf des Königs Befehl heute von allen Kanzeln der Stadt soll verlesen werden, auch gewiß alle mit Freuden und Rührung nochmals hören werden. Also lautet es:

Hierauf folgte der Aufruf des Königs: an mein Volk.

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So der König; und ich enthalte mich billig lobpreisend über dies Königliche Wort zu reden. Sie ist noch frisch in uns Allen, die Freude über die Gewißheit des Kampfes, die uns dieses Wort giebt, über den edlen und hohen Geist, in dem hier ausgesprochen worden, was lange jeder Beste im Volk gefühlt und gedacht hatte. Und nun, kaum hatten wir diesen herrlichen Ruf vernommen, so schlug unser Ohr der Jubel einer allen Deutschen theuern und ehrwürdigen Stadt, die zuerst von dem unmittelbaren feindlichen Joche befreit ward; und - die Krone von allem wir sahen unsern theuren König selbst unter uns treten, mit einem Gefühl, ja wir dürfen es uns gestehen, wie es noch nie sein Herz kann gehoben haben, weil er noch nie Veranlassung hatte, so innig und wahr zu empfinden, was doch für einen Herrscher das beglückendste und ers hebendste ist, die reinste Uebereinstimmung zwischen seinem Willen und seiner Völker Wunsch; wir sahen ihn das Heer, auf seinen Befehl zum Kampf geweiht und gesegnet durch Gebet, hinaus geleiten den Weg, der es dem Feinde entgegen führt. Dieses nun, der Durchzug unsers Heeres zum Kampf, zum entscheidenden Kampf um das höchste und edelste, ist der Gegenstand, der, wie er gewiß uns Alle erfüllt und bewegt, uns besonders in dieser Stunde beschäftigen soll, damit auch für uns dieser heilige Krieg beginne mit demüthigend erhebenden Gedanken an Gott, damit ihm unsere Hoffnung und unsere Freude geheiliget werde.

Text. Jerem. 17, 5-8.

So spricht der Herr: Verflucht ist der Mann, der sich auf Menschen verläßt, und hält Fleisch für seinen Arm, und mit seinem Herzen vom Herrn weicht! Der wird sein wie die Heide in der Wüste, und wird nicht sehen den zukünftigen Trost; son

dern wird bleiben in der Dürre in der Wüste, in einem unfruchtbaren Lande, da niemand wohnet. Gesegnet aber ist der Mann, der sich auf den Herrn verläßt, deß der Herr seine Zuversicht ist. Der ist wie ein Baum am Wasser gepflanzet und am Bach gewurzelt. Denn obgleich eine Hige kommt, fürch tet er sich doch nicht, und sorget nicht, wenn ein dürres Jahr kommt; sondern er bringt ohne Aufhören Früchte.

und Jerem. 18, 7—10.

Plöhlich rede ich wider ein Volk und Königreich, daß ich es ausrotten, zerbrechen und verderben wolle; wo sich es aber bekehret von seiner Bosheit, dawider ich rede, so soll mich auch reuen das Unglück, das ich ihm gedachte zu thun. Und plöß: lich rede ich von einem Volk und Königreich, daß ich es bauen und pflanzen wolle: so es aber böses thut vor meinen Augen, daß es meiner Stimme nicht gehorcht, so soll mich auch reuen das Gute, das ich ihm verheißen hatte zu thun.

Nicht etwa, wie es wol scheinen könnte, um eine Verglei chung anzustellen zwischen uns und dem Volke, gegen welches wir zu Felde ziehn, habe ich diese Worte des Propheten unserer Betrachtung zum Grunde gelegt: sondern nur um in unserer eignen Geschichte das entgegengesette recht zu unterscheiden, um uns auf das wesentliche der großen Veränderung hinzuführen, deren wir uns erfreuen. Denn m. Fr. an dieser Ståtte geziemt uns nicht die Freude nur darüber, daß Druck und Leiden, unter denen wir lange geseufzt haben, nun aufhören, nicht die Freude, welche uns heitere Bilder künftigen Wohlergehens vormalt, das wir zu gewinnen hoffen: sondern dieses darf uns hier nur das zweite sein und legte. Und tritt uns dennoch dieser Gegensatz immer vor Augen: so laßt ihn uns so wenden, daß wir fühlen, wie der Prophet es uns vor hált, daß im Einzelnen, noch mehr aber im Großen, der Wechsel der Schicksale abhångt von dem Steigen und Sinken des inneren Werthes. Ja ganz von dieser Seite unserer Würdigkeit vor Gott laßt uns die große Veränderung hier betrachten. Ueber beides dazu gehörige, nemlich Erstlich welches denn in dieser Hinsicht ihr eigentlicher Inhalt und ihr wahres Wesen sei, und 3 weitens, wozu wir uns deshalb müssen aufgefordert fühlen, können uns diese Worte richtig leiten.

I. Um richtig aufzufassen, was die Hauptsache sei in der großen Veränderung unseres bürgerlichen Zustandes, welche durch die Erklärung dieses Krieges beginnt, müssen wir zurückgehn auf eine åltere uns Allen wol bekannte, und von einem großen Theile von uns noch selbst erlebte Zeit, als wir nach einem tiefen Verfall und nach schrecklicher Verheerung, welche diese Lånder betroffen, durch die Anstrengungen mehrerer weiser und strenger Regenten, durch zweckmäßige Benutzung der Ereignisse, durch glücklich geführte Kriege, am meisten aber durch einen in dem Volke selbst sich bildenden edlen und freien Geist des Aufstrebens, ein Volk und Königreich wurden, von welchem die ganze Welt sah, der Herr wolle es bauen und pflanzen, und habe verheißen ihm Gutes zu thun. Und plöglich genug für alle die, welchen das allmähliche Wachsen weniger bemerklich wird, fanden wir uns auf diesem Gi pfel. Aber auch allmählig und indem wir noch lange höher zu steigen wähnten, glitten wir abwärts, und stürzten dann eben so plöglich hinunter. Denn wir begannen auf unsere Stärke zu pochen, auf die Furcht uns zu verlassen, welche wir andern Völkern einflößen könnten, und so sollte uns ohne Anstrengung der eignen Kraft, ohne eigne gottgefällige Werke die Nachwirkung des alten Ruhmes immer höher tragen; wir wurden der Mann, der Fleisch für seinen Arm hålt und dessen Herz von dem Herrn weicht. Uns redlicher Gewinn vergrößerte unser Gebiet auf eine mehr scheinbare als gedeihliche Weise, denn wir gewannen nur wenig wahre Brús der, die gern denselben Gesehen folgten und auf dasselbe Ziel arbeiteten; indem andere Staaten sich anstrengten und aufrieben in immer wiederholten Kriegen zum Theil um dieselbigen hohen Güter, für die wir jett kämpfen wollen, meinten wir durch die Ruhe immer mächtiger zu werden und furchtbarer. So folgte allmählig auf die trohige Klugheit eine verzagte, und wir wurden noch auf eine andere Weise der Mann, der sich auf Menschen verläßt; denn auch wer Menschen schmeichelt und sie fürchtet, verläßt sich auf Menschen. Mit unserm Ruhm selbst ward auch unser Ehrgefühl je långer je mehr ein Schattenbild. Und immer mehr wich unser Herz von dem Herrn; in einem aufgeblasenen unnatürlichen Wohlstand verloren sich immer mehr die alten Tugenden, eine Fluth von Eitelkeit und Verschwendung verheerte die mühsamen Werke langer besserer Jahre; und wie deutlich sich auch die Stimme des Herrn vernehmen ließ und uns ermahnte zur Buße, wir gehorchten ihm nicht, wir thaten Böses vor seinen Augen, und darum reuete ihn

das Gute, das er verheißen hatte, uns zu thun. Und plöhlich, als es eben schien, wir wollten uns aufraffen aus der langen Verblendung und Betäubung, in der aber die Meisten nur nicht årger als je befangen waren, plößlich redete der Herr wider uns als wider ein Volk und Königreich, das er ausrotten, zerbrechen und verder: ben wolle. Da überfiel uns jenes schwere zermalmende Kriegesunglück, und auf diesen plöhlichen Sturz von der Höhe in den Abgrund folgte das immer tiefer und schmerzlicher sich eingrabende Berderben des Friedens. Ich rede nicht von den Entbehrungen, von der Noth, von der Verarmung, von der immer steigenden Verwirrung in allen äußeren Lebensverhältnissen, sondern nur von dem innern geistigen Verderben, das durch diesen Zustand, man weiß nicht, ob man sagen soll nur ans Licht gebracht oder auch wirklich erzeugt und gebildet worden ist. Die traurige Gewöhnung Unwürdiges fortwährend zu erdulden, wie wir sie öffentlich und einzeln in diesen sieben düstern Jahren geübt haben, mit dem Gefühl, daß dem gerechten Unwillen freien Lauf lassen, das Uebel nur mehren könne, ohne irgend einen heilsamen Erfolg, diese Gewöhnung und dieses Gefühl find die Frucht der Schlaffheit, der Entnervung, der Feigherzigkeit: aber wie wurden nicht Feigherzigkeit, Schlaffheit und Entnervung durch sie vermehrt und verbreitet, bis jede Zuversicht zu sich selbst, bis jede Hoffnung mit Ausnahme der thōrichten auf eine Hülfe, die bloß von außen kåme bis selbst der Wunsch sich helfen zu kennen, ja bis das Gefühl eines besseren Zustandes würdig zu sein verschwand, und die trostlose Vorstellung sich der Gemüther bemächtigte, die lebendige geiftige Kraft des Volks sei ganz erschöpft, und die Stunde des volligen Untergangs da, wie diese Besorgniß denn in nicht wenigen unter uns gewaltet hat, die von einem Tage zum andern die gänzliche Auflösung unsers eigenthümlichen Daseins erwartend, und nicht mehr hoffend den Trost der Zukunft zu sehen, nur sannen, wie man sich am bequemsten fügen könne dem fremden Joch. Die Unmöglichkeit, in der wir uns so oft befanden, ohne Lug und Trug der augenblicklichen Gefahr zu entgehen, die Nothwendigkeit Lob und Billigung, ja Uebereinstimmung und Freundschaft zu heucheln, da wo wir nur verachten und verabscheuen konnten, dies alles war schon die Frucht der Schaamlosigkeit, welche um des Lebens willen jeden edleren Zweck des Lebens hintanseht: aber wie ist nicht diese Schamlosigkeit durch jenen Zustand furchtbar ausgebildet worden, und welches Maaß von Erniedrigung gehörte schon

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