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segne der Herr dich, der du hinübergegangen bist und uns, die wir hier noch wallen! So erleuchte Er sein Angesicht über dir, da wo dem Gerechten das Licht aufgeht wie der Mittag, und über uns auf den dunkeln Pfaden dieses Lebens! Er erhebe sein Angesicht auf uns und gebe dir den Frieden der Schauenden und uns den Frieden der Gläubigen. Amen!

II.

Rede bei Eröffnung eines neuen Begräbnißplages. †) Zum Erstenmale heute schlägt unser Trauerzug den ungewohnten Weg ein in diesen neu umschlossenen Raum. Der Vorstand unserer Kirche ist genöthiget gewesen, eine neue Ruheståtte für die Entschlafenen unseres Kirchspiels einzurichten, denn die bisherige ist angefüllt, und nur eine seltene Ausnahme wird es seyn, wenn wir dort noch einen Todten einsenken. Doch unverschlossen bleibt auch jener Raum der frommen Undacht, welche dort unter den Gråbern wandeln will, um das frohe Bewußtseyn des ewigen Lebens, zu dem wir berufen sind, mit dem heilsamen Gefühle irdis scher Vergänglichkeit zu durchdringen. Gern werden wir es sehen, wenn kindliche Ehrfurcht und Dankbarkeit, wenn våterliche und mütterliche Liebe, wenn zurückgebliebener Gatten treue Anhänglichkeit und Sehnsucht und verlassener Freunde liebevolles Andenken fortfährt, dort theure Grabhügel zu besuchen und zu schmücken. Und wenn wir, die wir jezt zum Erstenmale hier zu diesem schmerzs lichen Geschäfte versammelt sind, uns mit unseren Gedanken dorthin versehen, uns zurückrufend, wie viel Thránen dort geweint worden sind von solchen, die nun auch schon nicht mehr weinen, sondern selbst ruhen bei den Beweinten; wieviel schmerzliche Klagen dort zu Gott gedrungen sind, kaum zu besänftigen durch die heiligen Worte christlicher Tröstung; welche heiße Gebete der Verlassenen, denen alle menschliche Hülfe geraubt war mit dem Begrabenen, dort Hülfe von Oben erfleht haben; welche reuevolle und

†) Magazin a, a. D. III. 375–380.

gewiß oft gesegnete Gelübde dort abgelegt worden sind von solchen, welche sich bewußt waren, daß sie tiefe Schmerzen gebracht hatten über ein nun beendetes Leben; und wenn wir nun um uns schauen in diesem noch öden Raume, und denken, wie er sich auch allmåhlig anfüllen wird vor uns und nach uns, und wie sich auch hier, wie dort, Thrånen und Seufzer, Gebet und Flehen, leidenschaft: licher noch ungeheiligter Schmerz, stille Ergebung, fruchtbares Nachdenken, heilsame Zerknirschung, fromme Dankbarkeit, heitere Hoffs nung, sich lagern werden über den Gråbern: welch ein Bild des menschlichen Lebens in seinen Leiden und Seligkeiten, in seiner Herrlichkeit und seiner Schmach steht dann vor unserer Seele!

Doch der heutige Tag, *) m. Fr., fordert uns noch zu einer besonderen Betrachtung auf. Warum widmen wir denn einen neuen Raum der Ruhe des Grabes und der stillen Abgeschiedenheit, in der desto tiefer alle jene Empfindungen die Seele durchdringen können? Warum öffnen wir nicht gleich wieder die Gråber, damit dieselben Stätten neue Bewohner einnehmen können, unbekümmert darum, wieviel die Verwesung noch unversehrt gelassen hat von ihrem früheren Raube? Um diese Frage richtig zu beantworten, müssen wir uns mit anderen Völkern vergleichen. Einige haben immer auf alle Weise gesucht, die Leichname der Verstorbenen theils gegen die Verwesung bestmöglichst zu verwahren, und sie so an bes sonders heilig gehaltenen Orten aufgestellt, oder wenigstens was sich von den zerstörten Körpern am Besten aufbewahren ließ, in ihrer nächsten Umgebung als ein Kleinod aufbewahrt. Undere im Gegentheil legen gewaltsam Hand an ihre Todten, um die Zerstörung nach Möglichkeit zu beschleunigen und vollständig zu machen. Das Erste ist eine thōrichte Zärtlichkeit gegen den todten Stoff, von welchem doch nun der Geist gewichen ist, eine Zårtlichkeit, die oft in abergläubige Verehrung ausartet; das Andere erscheint uns, Jenem gegenüber, fast wie eine Mitwirkung mit dem Tode, um das Werk des Lebens und das Werkzeug des Geistes zu zerstören. Die allgemeine Sitte der christlichen Völker steht zwischen beiden in der Mitte. Alles, was Leib ist und dem Leibe angehört, hat für uns nur einen Werth, sofern er belebt wird von der erlösten Seele, welche den Geist der Kindschaft empfangen hat. Ist diese hinaufgestiegen, wohin der Herr Ale nach sich zieht: so fónnen wir kein Verkehr der Liebe und Freundschaft mehr haben

*) Es war der jährliche Buß- und Bettag. Predigten IV.

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mit dem, was ihr Leib war. Aber der Natur anheimgefallen, foll er auch nur durch diese aufgelöst werden, ungesehen und ungestört soll sie ihr Werk vollenden im Schoße der Erde. Aus dieser Ur sache, nicht etwa, als ob hier die Erde in einem vorzüglicheren Sinne des Herrn wåre, werden unsere Begräbnißplåße umschlossen und eingefriedigt, und eben dieses ist die Hauptabsicht, wenn so Viele von den Unsrigen die Gråber ihrer Angehörigen auf manchers lei Weise befestigen und mit Zeichen der Theilnahme und der Zárts lichkeit umgeben, damit zufällige Beschädigung verhütet und die Lust zu irgend muthwilligem Frevel durch ein wehmüthiges Mit gefühl erstickt werde. Und so allgemein wünschen wir, daß das Werk der Verwesung in der Verborgenheit vollbracht werde, daß wir selbst den Durst nach Erkenntniß der Ursachen des Todes, wenn er Ausnahmen verlangt, eifersüchtig bewachen, und daß, wenn die Gerechtigkeit das Leben eines Unglücklichen gewaltsam endet und seinem Leichname die Aufnahme in den Schoß der Erde versagt, dies fast als eine gemeinsame Strafe für Alle empfunden wird, weil die entseelte Hülle Eines, der doch unser Bruder war, behandelt wird, als sey die Seele, die dort gewohnt, nicht selbst auch Wohnfiß und Werkzeug des göttlichen Geistes gewesen. Aber, m. g. F., ist für uns ein solcher Unglücklicher mehr verwerflich, als ein Anderer, der zwar nicht solche Thaten verübt hat, durch welche er der Gerechtigkeit anheimfiel, aber in dem doch der Geist eben so wenig Raum gewinnen konnte, und der eben so wilden Leidens schaften und eben so zügellosen Begierden preisgegeben war? Ges wiß gilt uns Einer, was der Andere, wenn doch der Mensch bei uns nach außerlichen Werken nicht gerichtet wird, der Langel gottgefälliger Gesinnung aber immer verwerflich macht. So last uns denn an diesem Tage der Demüthigung und der Buße daran denken, wieviel wohl noch fehlt, daß Alle, deren Ueberreste wir der Erde anvertrauen, dazu geeignet sind, diese heilige Scheu zu unterhalten, und die zarten Aeußerungen derselben zu verdienen. Uch wie Viele, deren am Leiblichen und Irdischen haftende Sinnlichkeit kein geistiges Leben aufkommen ließ, mögen auch dort ruhen an der jest geschlossenen Ståtte! Wie Viele, die mehr nur gezüc gelt wurden durch menschliche Schaam und äußerliche Sitte, als daß der Geist von Innen her Maß und Uebereinstimmung in ihr Leben gebracht hätte! Und sollten es nicht Ulles die irdischen Ueberrefte wahrer Christen seyn, die in solcher bewahrten Stille ru hen? Wenn auch nur Wenige ein ftilles Gebet des Herrn beten,

ehe der Hügel aufgeworfen wird über den Todten, sollte es nicht immer Wahrheit seyn, indem wir es auf den Abgeschiedenen bezie hen? Und die ist es doch nur, wenn er dem Reiche Gottes wahrs haft angehörte, von dem da allein die Rede ist, wenn er als ein solcher, dem die Sünden vergeben sind, nun der Versuchung ents nommen und von allem Uebel erlöst ist. Demüthigen wir uns nun hierüber vor Gott, wie das gewiß unsere gemeinschaftliche Gemüthsstimmung ist: so liegt darin zugleich der Wunsch, daß dieser neue Ruheplaß immer würdiger einer Gemeine des Herrn möge angefüllt werden. Der größte Theil nun derer, die hier werden zur Ruhe gebracht werden, wird immer, wenn gleich auch auf diesem Gebiete der Lebenserhaltung dankenswerthe Fortschritte sind gemacht, dennoch wird immer ein großer Theil aus den Kleinen bestehen, welche nach dem auf dieser Erde waltenden göttlichen Rathschlusse schon in der ersten Entwickelung wieder hinweggenommen worden. Diese unschuldigen Gråber, -ja so mögen wir, die wir auf so mancherlei Weise von der Sünde berührt und befleckt sind, sie wohl mit Recht nennen, wenn gleich auch in den Kindern schon der Keim des Verderbens schlummerte, diese unschuldigen Eråber, wenn nur nicht durch Mangel an göttergebenem Sinne, oder auch durch stumpfe Gleichgültigkeit derer, denen ein solches Opfer abge= fordert wurde, entweiht, werden dieser Ståtte nie unwürdig seyn, und uns nie andere als reine Empfindungen hoffnungsvoller Wehmuth erregen. Fast eben so diejenigen, deren Leiber hier ruhen werden, nachdem sie das höchste Ziel des menschlichen Lebens erreicht haben. Denn wie viel Feinde überwindet nicht die Seele schon dadurch, daß sie sich lange hienieden geduldet! Wie sehr kommt die Zeit den Wirkungen des göttlichen Geistes zu Hülfe! Wie viel Irdisches fällt nicht in einem, der göttlichen Gnade nur nicht ganz verschlossenen, Gemüthe leicht und wie von selbst wieder ab in dem lehten Zeitraume des Lebens! Wie viel Scharfes wird nicht abgeschliffen, wie viel Hårten erweicht, wie viel Leidenschaftliches gemildert! Ja gewiß. selten oder nie werden uns die Gråber unserer Alten nicht ehrwürdig und erbaulich seyn. Über wåre es doch eben so, würde es doch immer mehr eben so auch mit denen, welche der Tod abruft in der blühenden Jugend, auf welche immer die reizendsten Versuchungen anstürmen, mit denen, welche von uns scheiden in dem Zeitraume der fruchtbarsten Thå= tigkeit, verwickelt in alle Sorgen, allen Eifer, allen Zwist eines bunten und bewegten Lebens. Daß wir auch für alle solche, wenn

wir ihre entseelte Hülle hieher geleiten, Gott mit Wahrheit mögen danken können dafür, daß sie gewußt haben, ihre Seele zu be wahren, und daß ihr Andenken im Segen bleibt, - darauf hin, zuarbeiten aus allen Kräften an uns und Anderen, wie denn alles Gute nur ein gemeinsames Werk ist, das, m. g. F., sey heute unser Gelübde an dieser Ståtte.

Und als eine gute Vorbedeutung dürfen wir es ansehen, daß wir hier zuerst heute die Leiche eines achtungswerthen Mannes bestatten, auf dessen Leben Alle, die ihn nåher gekannt haben, mit Wohlgefallen zurücksehen, dem vergönnt gewesen ist, seine Kinder zu einem wohlgeordneten und selbstständigen Leben heranzuziehen, der seinem Hauswesen wohl vorgestanden, und sein Geschäft als ein tüchtiger und löblicher Bürger geführt hat, der immer fleißig gewesen ist zu erscheinen in unseren gottesdienstlichen Versammlungen, und nun wohlbetagt in chriftlicher Hoffnung sich zur Rühe gelegt hat, um als treuer Haushalter einzugehen in seines Herrn Freude; so daß wir Gott danken können für alle Barmherzigkeit und Gnade, die er an diesem unserem Mitbruder gethan hat. So möge denn sein sterblich Theil hier ruhen in Friede, als der Erstling unter denen, die hier schlafen sollen! Mige sein und Aller die ihm hier folgen werden, Andenken in Segen bleiben, und ihre Werke ihnen nachfolgen, indem ein reicher Segen zurückbleibt aus den frommen Erinnerungen an die Dahingeschiedenen, die sich auch hier an ihrer Ruheståtte oft und kräftig erneuern! Mögen hier keine andere Seufzer gehört werden als die, wenn gleich schmerzlich, doch sanft bewegter Herzen, und keine andere Thrånen hier fließen als solche, deren Bitterkeit gemildert ist durch den Troft aus dem göttlichen Worte, und dieser Raum ein wahrhaft christlicher Friedhof seyn, und ein hoffnungsreicher Gottesacker. Amen.

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