getragen hast. Damit trägst du auch alle meine Sünden ganz und gar hinweg, daß sie nimmermehr vor das An-. gesicht deines Vaters kommen sollen. D, laß dies dein versöhnungsvolles Hinwegtragen meinen Trost sein, wenn in meiner leßten Todesangst der Satan meine Sünden mir vortragen und mich damit wird erschrecken wollen. Denn weil du meine Sünden getragen hast und damit bist unter dem schweren Holz des Kreuzes gedrückt worden, so werde ich von der Strafe meiner Sünden befreit sein und wegen meiner Uebertretung nicht mehr zur Hölle versenkt werden, sondern wie du unter der schweren Kreuzeslast bist hinausgeführet worden aus dem irdischen Jerusalem, also werde ich frei und ledig von der schweren Sündenlast eingeführet werden in das himmlische Jerusalem. Wie du außer der Stadt Gottes getödtet worden, also werde ich in der Stadt Gottes, im Himmel, ewig leben. Indessen aber und dieweil, so lang ich noch in dieser Welt bin, ich ohne Kreuz und Anfechtung nicht sein kann, sondern mit Simon von Kyrene dir dein Kreuz nachtragen und auf mich nehmen muß, ach! so stehe mir bei mit deiner Kraft und gib, daß ich alles, was du mir von Trübsal und Ungemach auflegen wirst, gern und willig dulde und zweifellos glaube, daß, wie Simon dein Kreuz nur bis an die Schädelstätte getragen, also werdest du auch meinem Kreuz ein gewißes Ziel stecken, daß ich darunter nicht unterliegen, sondern endlich die vielfältige Kreuzbeschwerlichkeit dieses Lebens ablege und in die ewige Ruhe und Freude verseßt werden möge. Amen, HErr JEsu! Amen.

Eigene Melodie.

Mir nach! spricht Christus, unser Held;
Mir nach, ihr Christen alle!
Verleugnet euch, verlaßt die Welt,
Folgt meinem Ruf und Schalle,
Nehmt euer Kreuz und Ungemach
Auf euch, folgt meinem Wandel nach.

Wer seine Seel zu finden meint,
Wird sie ohn mich verlieren,
Wer sie hier zu verlieren scheint,
Wird sie in Gott einführen.

Wer nicht sein Kreuz nimmt und folgt mir,
Ist mein nicht werth und meiner Zier.

So laßt uns denn dem lieben HErrn
Mit Leib und Seel nachgehen
Und wohlgemuth, getrost und gern
Bei ihm im Leiden stehen;

Denn wer nicht kämpft, trägt auch die Kron
Des ewgen Lebens nicht davon.

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45. Andacht.

JEsus predigt den ihn beklagenden Weibern.

Eigene Melodie.

So gehst du nun, mein JEsu, hin,
Für mich den Tod zu leiden,
Für mich, der ich ein Sünder bin,
Der dich betrübt mit Freuden.
Wohlan, fahr fort,

Du edler Hort,

Mein Augen sollen fließen
Ein Thränensee

Mit Ach und Weh,

Dein Leiden zu begießen.

Ich, ich, HErr JEsu, sollte zwar

Der Sünden Strafe leiden

An Leib und Seel, an Haut und Haar,

Auf ewig aller Freuden

Beraubet sein

Und leiden Pein,

So nimmst du hin die Schulde;

Dein Blut und Tod

Bringt mich vor Gott,

Ich bleib in deiner Hulde.

Was kann für solche Liebe dir,
HErr JEsu, ich wohl geben?
Ich weiß und finde nichts an mir;
Doch will, weil ich werd leben,
Mich eigen dir

HErr, nach Gebühr

Zu dienen ganz verschreiben,

Auch nach der Zeit

In Ewigkeit

Dein Diener sein und bleiben.

Schauet doch und sehet, ob irgend ein Schmerz sei wie mein
Schmerz, der mich getroffen hat. Denn der HErr hat mich
voll Jammer gemacht am Tage seines grimmigen Zorns.
Klagl. Jer. 1, 12.

Es folgete ihm aber nach ein großer Haufe Volks und Weiber, die klagten und beweineten ihn. JEsus aber wandte sich um zu ihnen, und sprach: Ihr Töchter von Jerusalem, weinet nicht über mich, sondern weinet über euch selbst, und über eure Kinder, denn siehe, es wird die Zeit kommen, in welcher man sagen wird: Selig sind die Unfruchtbaren, und die Leiber, die nicht geboren haben, und die Brüste, die nicht gesäuget haben. Dann werden sie anfahen zu sagen zu den Bergen: Fallet über uns, und zu den Hügeln: Decket uns. Denn so man das thut am grünen Holz, was will am dürren werden?

Luk. 23, 27-31.

Es geht eine große Menge Volks mit Christo in seiner Ausführung. Unter denen finden sich etliche gottselige Weiber, die sind heftig betrübt, seufzen, klagen und weinen: Ach, wie ist der treue Prediger JEsus so armselig zugerichtet und an seinem ganzen Leibe verwundet! Ach, soll der wohlverdiente, unschuldige Mann, der dem ganzen Lande so viel Guts erwiesen, eines solchen schmählichen verfluchten Todes sterben? Das erbarme Gott im Himmel!

Zu diesen frommen Matronen wendet sich der HErr JEsus, thut ihnen eine denkwürdige Valetpredigt und spricht: „O ihr Töchter von Jerusalem, weinet nicht über mich und mein Leiden, ich will bald das fröhliche Consummatum est (Es ist vollbracht) singen. Weinet viel

mehr über euch und euere Kinder, bereuet euere Sünde und tröstet euch meines bittern Leidens und Sterbens. Ihr habt zu trauern und zu klagen Ursach, denn es wird ein solch Zornwetter über euch und das ganze jüdische Volk kommen, daß manche Mutter wünschen möchte, daß sie nie geboren und kein Kind an ihren Brüsten genährt hätte. Ja, es werden alsdann die Leute vor großer Angst schreien: O ihr Berge, fallet über uns, und ihr Hügel, decket uns!"

Allhier lerne, wie du die Passion Christi fruchtbarlich betrachten sollst. Laß dir diese sein eine herzdurchdringende Bußpredigt. Zürne nicht über Judam, der JEsum verrathen, nicht über die Hohenpriester, so ihn fälschlich angeklagt, nicht über Pilatum, der ihn unschuldigerweise verdammt, nicht über die unbarmherzigen Kriegsknechte, die ihn ans Kreuz geschlagen; sondern weine herzlich und schmerzlich über deine und der Deinigen Sünde und sprich mit dem König David: „Wir haben mishandelt und sind gottlos gewesen." Denn eben deine und meine Missethaten sind die spißigen Nägel, damit der HErr JEsus ans Kreuz geheftet ist. Um deiner Missethaten willen ist er verwundet und um deiner Sünde willen also zerschlagen. Gregor von Nazianz und Hieronymus melden, daß die Juden auf dem Ort, da JEsus gestanden, alle Jahr um diese Zeit zusammenkommen und daselbst ihre Klagetage mit einander halten sollen. Du aber, lieber Mensch, weine über deine Bosheit und sprich mit Daniel: „Ach, HErr! wir haben gesündigt und unrecht gethan und sind gottlos gewesen." Du aber, du Mensch, bist der unfruchtbare Feigenbaum, der den Fluch verdient hat. Du bist das dürre Sündenholz, welches sollte abgehauen und in den höllischen Feuerofen geworfen werden.