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epischen Handlung Ähnliches; aber die Entwickelung wird in die Empfindung gelegt, und die sinnliche Welt des Epos bleibt ausgeschlossen. Das balladenartige Lied zeigt sich erst in seinen Anfängen; nur in wenigen Stücken erzählt Walther;1 selbst die Schilderung des sinnlich wahrnehmbaren nimmt nur einen kleinen Raum in seiner Poesie ein.2 Und doch verfehlt seine Kunst nicht die Wirkung, sie ist lebendig für die Empfindung, klar für den Verstand, anschaulich für die Phantasie; sie erfreut im Einzelnen und im Ganzen.

1. Lebendigkeit und Unmittelbarkeit.
A. Anrede.3

Der frische Eindruck von Walthers Liedern beruht zum grofsen Teil auf dem persönlichen Verhältnis des Dichters zu seinen Zuhörern. Das Bewusstsein, dafs sie für den Vortrag vor der Gesellschaft bestimmt seien, blieb ihm auch bei seiner Arbeit lebendig, und gab ihr den wirksamen Schein der Unmittelbarkeit. Vor andern liebt er es seine Zuhörer anzureden, sei es dafs er sich an sie im allgemeinen wendet, sei es dafs er sie mit gröfserem Nachdruck specialisiert (a), einzelne Kategorien (b) oder auch einzelne Personen anredet. Der Kollektivbegriff der Gesellschaft selbst wird ihm zur Person, die er mit dem umfassenden Wort werlt anredet (tumbiu werlt = Jugend 37, 24. S. unten.). a. Ir reinen wip, ir werden man 68, 21; ir werden man, ir reiniu wîp

81, 15.

b. hêrren unde vriunt 74, 10. nû râte ein ieglich friunt 27, 13. daran gedenket ritter 125, 1. hüetet iuwer, guoten wîp 102, 5. edeliu wîp, gedenkent 48, 35. Er redet ferner die Fürsten an 29, 15; die hêrren 83, 28. 32. die Ritter 125, 1. die Bischöfe und Pfaffen 33, 1; die jungen Leute 22, 32. 87, 1. 91, 17. 27.

1) Im Tagelied 88, 9; in dem Liede Under der linden 39, 11; in dem Tanzliede Nemt frouwe disen kranz 74, 20; in dem Gedicht Dô der sumer komen was 94, 11; in dem Spruche Mir hat hêr Gerhart Atze etc. 104, 7. Dô gotes sun hie en erde gie 11, 18. Ich sach mit mînen ougen 9, 16. 2) Ein Lied zur Feier des Frühlings 51, 13 vgl. 45, 37. 39, 1; eine Winterklage 75, 25. Magdeburger Weihnachtsfest 19, 5. Aufzug einer vornehmen Dame 46, 10. Kirchgang zweier Frauen 111, 17. Leibliche Schönheit der Frau 53, 25. Verstummen und Verwirrung vor der Geliebten 115, 22. 121, 24. Liebende Vereinigung 185, 11. Er schildert sich, wie er gedankenvoll auf einem Felsen sitzt 8, 4, am Rande des Baches etc. Die Gemälde sind meist wenig ausgeführt und halten sich in allgemeinen Zügen, aber die Züge sind gut gewählt und das Bild wird lebendig trotz seiner Allgemeinheit. Vgl. auch die allegorischen Darstellungen 26, 31. 31, 3. 37, 24. 103, 13.

3) S. Burdach s. v. Anrede.

Aus der Anrede darf man nicht immer auf die Gegenwart der betreffenden Personen schliefsen. Der Dichter redet den Papst

an (11, 6) und die Kardinäle (33, 9), die Vöglein (111, 5), den verstorbenen Reinmar (82, 24), die personifizierten Begriffe der Minne, Stæte, Unmâze, der weltlichen Lust, selbst den Opferstock (34, 14). Die Anrede ist eben ein rhetorisches Mittel, um dem Vortrag Farbe und Leben zu geben; und so darf man sie auch in den Minneliedern als künstlerische Form auffassen.1 Umgekehrt schliefst der Gebrauch der dritten Person nicht die Möglichkeit aus, dafs das Gedicht vor dem Bezeichneten gesungen sei, z. B. 105, 13 vor dem Kaiser, 83, 27 vor hohen Herren.

Gewöhnlich drückt die Anrede der Zuhörer nur die Erwartung sympathischer Teilnahme aus, oder sie ist eine Mahnung, die Gedanken zu sammeln (s. unten S. 69), zuweilen aber enthält sie die Aufforderung direkter thätiger Teilnahme. Publikum soll prüfen und bestätigen, richten und entscheiden; s. Leb. 174; und vgl. ferner 92, 27 nû jehent, waz danne bezzer sî? 49, 2 diu merke disen sanc und kiese denne.

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Das

Auf demselben Boden der Wechselwirkung zwischen dem Dichter und den Zuhörern entspringt auch die Beteuerung, die Versicherung, dafs eine Aussage wahr, zuverlässig, der Überzeugung gemäfs sei.

Beispiele: dêswâr 20, 6. 32, 12. 83, 1. 105, 2. daz ist wâr 23, 12. dêst alsó 14, 7. dêst leider sô 90, 32. dêst ein ende 44, 28. 73, 13. dêst ein ende; ez ist alsô 74, 11. daz muoz eht alsô sîn, nû sî alsô 64, 37. ez muoz geschehen 59, 7.

ich weiz wol 92, 21. doch weiz ich wol 101, 35. daz weiz ich wol 73, 7. daz hab ich befunden wol 97, 25. ich enkan sîn anders niht verstân 57, 10. als ichz meine 61, 15. als ich mich verwæne 86, 4.

daz geloubet mir 112, 32. daz sol si vil wol gelouben mir 112, 22. sît gewis 28, 13. so wis gewis 23, 1. sicherlichen 113, 5. daz wizzet sicherlichen 13, 12. dêst sicher sunder wân 77, 11. sunder strît 96, 4. daz ist âne lougen 115, 37. al sunder lougen 101, 10.

1) Die zweite Person braucht Walther 42, 23. 49, 25. 50, 19. 51, 37. 70, 1. 96, 29. 112, 35 (Botenlied) und natürlich in den Dialogen. Viel häufiger die dritte Person: 54, 37. 59, 10. 61, 8. 63, 32. 64, 13. 65, 33. 71, 19. 35. 72, 31. 73, 23. 93, 20. 97, 34. 99, 6. 100, 3. 109, 1. 110, 13. 111, 12. 112, 3. 112, 17. 114, 23. 115, 6. 115, 30. 116, 33. 117, 8. 118, 12. 24. 119, 17. 120, 16. 25. Wechsel in der Anrede: 13, 33. 62, 6. 63, 8. 69, 15. (74, 20); auch in dem Dialog 70, 22 (vgl. Wackern. Vorr. S. XX). Wilmanns, Walther v. d. Vogelweide.

5

so ich iemer

ich wilz bî mînen triuwen sagen 83, 4. seht mîne triuwe, daz ichz meine 74, 27. weiz got 32, 26. 58, 1. 61, 26. got weiz wol 21, 14. 30, 9. sem mir got 82, 19. sem mir got, sô swüere ich wol 57, 5. ich wil al der welte sweren ûf ir lip 74, 4. ich swer mit beiden handen 104, 20. wol gevar 52, 38. übel müeze mir geschehen 56, 32. diu helle müeze mir gezemen 74, 7. den krebez wolt ich ê ezzen rô 76, 9. ich wurde ê münch ze Toberlû 76, 21. swaz sô mir geschiht 42, 30. swaz mir davon geschiht 84, 4. swiez darunder mir ergât 98, 8. swaz si sagen 50, 11. swiez umb

alle frouwen var 49, 7. got der waldes, swiez ergê 94, 36.

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Neben diesen naturwüchsigen Mitteln finden sich auch feinere. Der Dichter lehnt den Verdacht falscher Darstellung ab (a); seine Erklärung ringt sich gleichsam wie ein Geständnis los (b); er wägt vorsichtig die Bedeutung und Tragweite seiner Worte ab (c); er beugt einer andern Auffassung vor (d). a. waz sol diu rede beschanet 106, 6. nû waz hulfe mich, ob ich unrehte strite 56, 36. ich lüge ungerne und wil der wârheit halben niht verjehen 84, 16. b. ich wil dir jehen 71, 10. des muoz ich jehen 72, 15. c. ob ichz vor sünden tar gesagen, sô sæhe ichs iemer gerner an usw. 54, 1. ob ich da enzwischen loben muoz 54, 19. ob ich mich selben rüemen sol 62, 6. ob ichz reden getar 62, 32. als ich erkenne 66, 17. trôst mac ez leider niht geheizen, owê des, ez ist vil kûme ein kleinez træstelin 66, 1. d. joch meine ich hie 30, 22. joch meine ich niht die huoben 125, 6. ezn sî ein wol bescheiden wip, der meine ich niht 91, 6. Zuweilen wird das Publikum selbst durch rhetorische Frage oder Anrede zur Prüfung oder Bestätigung herausgefordert, z. B. Ir houbet ist sô wünnenrîch, als ez min himel welle sîn. wem solde ez anders sîn gelîch 54, 27. dâ ist der hof verirret. wie sol ein unbescheiden man bescheiden des er niht enkan? sol er etc. 83, 17. nû prüeven her, nû prüeven dar 27, 16.

C. Rhetorische Frage. Revocatio. Aposiopese. Parenthese.
Kurze direkte Rede.

Dem Schein, als wäre die Dichtung der unmittelbare Ausdruck einer lebhaften Empfindung, dienen auch rhetorische Fragen und Ausrufungen. Die Beispiele sind so häufig, dafs wir sie nicht anführen.1 Seltner und effektvoller sind andere Mittel.

1) Wigand S. 66. Burdach (S. 72-75): „Die gesammte ältere deutsche Sprache hat vor der heutigen den Reichtum an Ausrufen, welche die feste Kette der syntaktischen Gliederung keck und lebendig zerreifsen, voraus (?). Freude und Schmerz sind noch nicht in festgefügte Perioden eingeschnürt, sondern brechen frei und von selbst aus der Seele hervor. Es ist nur hervorzuheben, dafs sie im Laufe der Entwickelung des höfischen Minnesangs zunehmen." Natürlich; denn kunstvolle Darstellung bricht nicht frei und von selbst aus der Seele hervor, sie erwirbt im Laufe ihrer Entwickelung die Fähigkeit, sich den Schein zu geben.

Der Dichter verliert sich in der Entwickelung seiner Gedanken, bis er gleichsam selbst erschrickt und innehält (Revocatio).1 wê waz spriche ich ôrenlôser ougenûne; den diu minne blendet etc. 69, 27. waz spriche ich tumber man durch mînen bæsen zorn 124, 32. waz hân ich gesprochen? owê, jâ het ich baz geswigen 118, 10. jâ friunt! waz ich von friunden sage! 55, 6. owê, waz lob ich tumber man! mach ich si mir ze hêr etc. 54, 4. ich wil lip und êre und al min heil verswern. . nein ich, weizgot 61, 26. triuget daran mich mín sin.. neina hêrre! sist sô guot 14, 18. neinâ! daz wær alze sêre 73, 26. dâ, keiser, spil! nein, herre keiser, anderswâ 63, 7. Er bricht seine Rede ab und verschweigt das entscheidende Wort (Aposiopese): müet des mannes hænen hie gêt diu rede enzwei 104, 5; oder er giebt ihr eine unvermutete Fortsetzung: Die mir in dem winter froide hânt benomen, si heizen wip, si heizen man disiu sumerzît diu müez in baz bekomen 73, 23; oder er ruft sich selbst gleichsam zur Fortsetzung auf: waz darumbe 43, 24. 48, 6.

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2

Er unterbricht das Satzgefüge durch eine Nebenbemerkung (Parenthese), sei es dafs dieselbe zur Sache gehört (a), oder subjektiver ist, ein Urteil, eine Bekräftigung oder Beteuerung ausspricht (b); in jedem Fall macht sie den Eindruck, als erhielten die Gedanken erst im Augenblick des Vortrages ihre Form. a. er hiez iu klagen (ir sît sîn voget), in sînes sunes lande etc. 12, 9. Ez troumte (des ist manec jâr) ze Babilône dem künige 23, 11. Si sehe dazs innen sich bewar (si schînet ûzen fröidenrîch), dazs an den siten iht irre var 121, 6. Vgl. auch 22, 14. 86, 32. b. belîbe er dort, des got niht gebe, sô lachet ir 29, 22. nu enwelle got 40, 12. daz ist wâr 23, 12. wol 73, 7. dêst leider sô 90, 32. des was gar ze vil 67, 12. wol vernemen 74, 5. ez muoz geschehen 59, 7. daz möhten si mir gerne sagen 117, 34. sprechet swaz ir welt 86, 8; ferner 17, 19. 31, 34. 59, 31. 85, 32. 103, 23. 124, 28.

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daz weiz ich

den eit sol si

Er schaltet eine kurze direkte Rede ein, in welcher die Realität des Lebens gleichsam die Ruhe künstlerischer Darstellung durchstöfst: sô schrien wir vil lîhte 'ein schale, ein schalc! ein mûs, ein mûs!' 32, 30. sô wolt ich schrien 'sê, gelücke sê!' 90, 18. Die tôren sprechent 'snîa snî!' die armen liute 'owê, owî!' 76, 1. ich hete ungerne 'decke blôz!' gerüefet, do ich si nacket sach 54, 21. so sprache ir hant den armen zuo

1) Die älteren Sänger brauchen diese Figur wenig oder gar nicht, in schülerhaftem Übermafs Bernger von Horheim 113, 1; gewandt und mit Geschmack Reinmar, dem Walther folgt. Burdach S. 71. 102.

2) Über die Parenthesen, „die durchaus aus der romanischen Poesie herstammen", bei andern Dichtern s. Burdach S. 104 f. 116. 123.

'sê daz ist dîn' 10, 26. und ich klagende ware 'wê mir armen hiure! diz was vert' 102, 31, nu hæret unde merket ob siz denne tuo: 'si tuot, si entuot; si tuot, si entuot; si tuot!' 66, 10. 'Sît willekomen, hêr wirt' dem gruoze muoz ich swigen: 'sît willekomen, hêr gast,' sô muoz ich sprechen oder nígen 31, 23. ‘ich bin heime' ode ‘ich wil heim' daz træstet baz 31, 30. der sprichet 'sich her, waz ist under disem huote? nû zucke in ûf!' dû stêt ein wilder valke in sinem muote. 'zuck ûf den huot!' sô stêt ein stolzer pfâwe drunder. 'nû zucke in ûf!' dâ stêt ein merewunder 37, 34. 'du bist kurzer, ich bin langer' also strîtent ûf dem anger bluomen unde klê' 51, 34. In diesem letzten Beispiel wird die Lebendigkeit der Rede durch die persönliche Auffassung der Pflanzen erhöht (vgl. 58, 27 f.), in andern der angeführten Stellen durch die Wiederholung desselben Wortes.1

Schein der Objektivität.

Alle die erwähnten Wendungen sind Mittel der subjektiven Darstellung, wie sie der Redner und Dichter braucht. Aber auch den Schein der Objektivität weifs Walther geschickt zu benutzen. Er beruft sich, um seine Darstellung zu bekräftigen, auf das Zeugnis andrer; er führt sie als eine bewährte Wahrheit an, oder läfst seine Gedanken, namentlich Tadel und Vorwurf, durch fremden Mund verkünden: ouch hôrte ich ie die liute des mit volge jehen 31, 1. nû sagent si mir ein ander mære, si jehent usw. 59, 20. hære ich jehen die wîsen 29, 28. Die wîsen râtent 26, 13. daz mac wol klagen ein wiser man usw. 82, 27. Die hêrren jehent 44, 35. als die argen sprechent 70, 19. (Ein meister las, troum unde spiegelglas usw. 122, 24.) Dem frommen Klausner legt er die Klage über den Papst in den Mund 9, 37, den Fahrenden den Spott über Leopolds Kargheit 84, 18, andern, den nahe spehenden, den Vorwurf gegen Philipps Geiz 19, 7. Die Zurechtweisung des Herrn Wicman (18, 1) führt er in dritter Person aus, um so schneidender, je persönlicher grade diese Angelegenheit war. Und höchst wirkungsvoll läfst er 24, 33 den Wiener Hof, 34, 7 den Papst, 103, 35 die unverschämten Sänger selbst ihren Zustand, ihre Absichten und Gesinnungen enthüllen. Auch 62, 26 mag hier erwähnt werden, wo Walther eine Äufserung der Frau sehr geschickt gegen sie zu wenden weifs.

1) Diesen Beispielen reiht sich etwa noch an: daz kit mir ist umbe dich rehte als dir ist umbe mich' 49, 20. sô des betrâget mich, sô spriche ich 'ir sint dri den ich diene usw. 98, 30. Kaum zu vergleichen sind: ein vater lêrte wilent sînen sun also: 'sun diene manne bæstem, daz dir manne beste lône' 26, 29. als die argen sprechent, sô man lûnen sol: 'het er sælde, ich tæte im wol' 70, 19. ouch hôrte ich ie die liute des mit volge jehen, 'gewissen friunt usw. 31, 1. Andere Beispiele direkter Rede: 11, 13. 25. 24, 32. 25, 14. 34, 5. Ferner in den Dialogen 43, 9. 85, 34. 70, 22. 112, 35. 100, 24. 82, 11; im Tagelied 88, 9 und in dem Tanzlied 74, 20.

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