GERMANIA. VIERTELJAHRSSCHRIFT FÜR DEUTSCHE ALTERTHUMSKUNDE. HERAUSGEGEBEN VON FRANZ PFEIFFER. EILFTER JAHRGANG. K.K.I. WIEN. VERLAG VON CARL GEROLD'S SOHN. 1866. INHALT. Das Allerseelenbrod. Aus der Geschichte des deutschen Grabcultus. Von E. L. Seite I. Das Kornopfer II. Das Kuchenopfer. Nû bei Hartmann relativ gebraucht. Von Adolf Mankopff. 1. Das Stephanreiten 2. Das Windfüttern. 3. Das Klöckln und die Klöcklerabende Gernde Leute in Schweden. Von Felix Liebrecht. Bruchstücke. Von Franz Pfeiffer: I. Aus der Chronik des Eike von Repgow II. Aus Jacobs von Maerlant Reimbibel. Der weiße, der rothe und der schwarze Hahn. Von Reinhold Köhler Eine Teufelscomödie. Mitgetheilt von Adolf Pichler 1 20 26 40 70 Von Valentin 74 75 76 77 79 81 85 93 96 Ein Fuchsmythus. Von Felix Liebrecht . . Zur Sage von Romulus und den Welfen. Von Felix Liebrecht 102 Zum Spiele von den zehen Jungfrauen. Von Reinhold Bechstein Runeninschriften eines gothischen Stammes auf den Wiener Goldgefäßen des Ba- 177 209 217 262 Althochdeutsche Glossen. Von A. M. Walz. Zeugniss zur deutschen Heldensage. Von W. Crecelius Hrafnagaldr Odhins. Von Theophil Rupp Altes Zeugniss über die Mundarten und die Schriftsprache der Deutschen. Von Altsä chs. Bruchstücke. Von Hoffmann v. Fallersleben. Tristan und Isolde und das Märchen von der goldhaarigen Jungfrau und von den Die Holden am Niederrhein. Von Alexander Kaufmann Die gothischen absoluten Nominativ- und Accusativ-Constructionen. Von Heinrich Baldur. Von Theophil Rupp Ein altes Kindergebet. Von Reinhold Köhler Seite 389 406 411 415 425 435 Über die Betonung viersilbiger Wörter im Mittelhochdeutschen. Von Frz. Pfeiffer 445 450 452 458 LITTERATUR. Die historischen Volkslieder der Deutschen vom 13. bis 16. Jhd., gesammelt und erläutert von R. v. Liliencron. I. Von Karl Bartsch 102 Ulfilas oder die uns erhaltenen Denkmäler der gothischen Sprache. Herausgegeben Paris, Gaston, histoire poétique de Charlemagne. Von Karl Bartsch Die Magdeburger Fragen, herausgegeben von Dr. J. Fr. Behrend. Von Siegel. Uhland's Schriften zur Geschichte der Dichtung und Sage. Erster Band. Von Rymkronyk van Vlaenderen etc. Von Eduard v. Kausler BIBLIOGRAPHIE. Bibliographische Übersicht der Erscheinungen auf dem Gebiete der germanistischen MISCELLEN. Zur Geschichte der deutschen Philologie. I. Briefe von Jacob Grimm: B. an Hoffmann v. Fallersleben Für Herrn J. Zacher in Halle. Von Franz Pfeiffer Berichtigungen zu den Kosenämen der Germanen. Von Franz Stark DAS ALLERSEELENBROD. AUS DER GESCHICHTE DES DEUTSCHEN GRABCULTUS, VON E. L. ROCHHOLZ. I. Das Kornopfer. Die Keimkraft des Getreidekornes erscheint als etwas nahezu Unvergängliches; ackerbautreibende Völker schütten es daher mit in die Gräber, den ewigen Schläfern zur immerdauernden Speise; Culturvölker haben es zum Sinnbild einer über das Grab hinaus reichenden Fortdauer erhoben. Herkömmlich sieht man auf Kirchhöfen katholischer oberdeutscher Dörfer in dem Weihwasserbecken neben dem Grabkreuze einen aus Kornähren geflochtenen Sprengwedel liegen; er ist ein Symbol des hier gleich einem Weizenkorne in die Erde gesenkten Lebens, das durch den Thau des Weihwassers wieder erweckt und gezeitigt werden soll. So galt es schon vor Jahrtausenden; aus Korn und Brod bestanden die frühesten Todtenopfer, so beweist es der Gräberfund, so drücken es die Sprachen aus. Den Thraziern und Hellenen waren die Namen für Getreidehaufen, für Korn- und Todtenbehälter sprachlich synonym, den Etruskern und Tusken galt die Pforte der Unterwelt für einen Kornbehälter, wie die ägyptischen Pyramiden sowohl Königsgräber als auch Kornkammern hießen. Bei der Öffnung antiker Gräber im oberägyptischen Theben, auf denen das Siegel von Jahrtausenden unverletzt geruht hatte, fand man Todtenbrode mit in die Leichenbinden eingewickelt, Weizenkörner in den Händen der Mumien. Als von solcher Frucht der Franzose Guerin Mineville im Jahre 1849 fünf Weizenkörner ausgesäet hatte, erhielt er mit einem 1200fachen Ertrage ein der heutigen ägyptischen Weizenfrucht völlig gleiches Product. Nicht bloß Decandolle's Ansehen verbürgt die Thatsächlichkeit dieser naturhistorischen Angabe, es haben die seither mit dem Mumienweizen weiter fortgesetzten Versuche in der Landwirthschaft Frankreichs einen entschieden ernsten Charakter angenommen. Doch der Brauch selbst des Korn- und Brodopfers bei Leichenbegängnissen findet sich, wie im alten Nillande, ebenso durch das Morgen- und Abendland verbreitet, bei dem einen Volke bald öffentlich und rituell GERMANIA XI. I |