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geben will, um, wo es ihrer Gemächlichkeit zuträglich ist, den Faden physischer Untersuchungen abzureissen und mit einem Vorgeben von Erweiterung der Erkenntniss ihn an transscendentale Ideen zu knüpfen, durch die man eigentlich nur erkennt, dass man nichts wisse; wenn, sage ich, der Empirist sich hiemit begnügte, so würde sein Grundsatz eine Maxime der Mässigung in Ansprüchen, der Bescheidenheit in Behauptungen und zugleich der grössest möglichen Erweiterung unseres Verstandes durch den eigentlich uns vorgesetzten Lehrer, nämlich die Erfahrung sein. Denn in solchem Falle würden uns intellectuelle Voraussetzungen und Glaube zum Behuf unserer praktischen Angelegenheit nicht genommen werden; nur könnte man sie nicht unter dem Titel und dem Pompe von Wissenschaft und Vernunfteinsicht auftreten lassen, weil das eigentliche speculative Wissen überall keinen anderen Gegenstand, als den der Erfahrung treffen kann, und wenn man ihre Grenze überschreitet, die Synthesis, welche neue und von jener unabhängige Erkenntnisse versucht, kein Substratum der Anschauung hat, an welchem sie ausgeübt werden könnte.

So aber, wenn der Empirismus in Ansehung der Ideen, (wie es mehrentheils geschieht,) selbst dogmatisch wird und dasjenige dreist verneint, was über der Sphäre seiner anschauenden Erkenntnisse ist, so fällt er selbst in den Fehler der Unbescheidenheit, der hier um desto tadelbarer ist, weil dadurch dem praktischen Interesse der Vernunft ein unersetzlicher Nachtheil verursacht wird.

*

Dies ist der Gegensatz des Epikureismus gegen den Platonismus.

* Es ist indessen noch die Frage, ob EPIKUR diese Grundsätze als objective Behauptungen jemals vorgetragen habe. Wenn sie etwa weiter nichts, als Maximen des speculativen Gebrauchs der Vernunft waren, so zeigt er daran einen ächteren philosophischen Geist, als irgend einer der Weltweisen des Alterthums. Dass man

in Erklärung der Erscheinungen so zu Werke gehen müsse, als ob das Feld der Untersuchung durch keine Grenze oder Anfang der Welt abgeschnitten sei, den Stoff der Welt so annehmen, wie er sein muss, wenn wir von ihm durch Erfahrung belehrt werden wollen, dass keine andere Erzeugung der Begebenheiten, als wie sie durch unveränderliche Naturgesetze bestimmt werden, und endlich keine von der Welt unterschiedene Ursache müsse gebraucht werden, sind noch jetzt sehr richtige, aber wenig beobachtete Grundsätze, die speculative Philosophie zu erweitern, so wie auch die Principien der Moral unabhängig von .fremden Hülfsquellen auszufinden, ohne dass darum derjenige, welcher verlangt, jene dogmatischen Sätze, so lange als wir mit der blosen Speculation beschäftigt sind, zu ignoriren, darum beschuldigt werden darf, er wolle sie läugnen.

Ein jeder von beiden sagt mehr, als er weiss, doch so, dass der erstere das Wissen, obzwar zum Nachtheile des Praktischen aufmuntert und befördert, der zweite zwar zum Praktischen vortreffliche Principien an die Hand gibt, aber eben dadurch in Ansehung alles dessen, worin uns allein ein speculatives Wissen vergönnt ist, der Vernunft erlaubt, idealischen Erklärungen der Naturerscheinungen nachzuhängen und darüber die physische Nachforschung zu verabsäumen.

Was endlich das dritte Moment, worauf bei der vorläufigen Wahl zwischen beiden streitigen Theilen gesehen werden kann, anlangt, so ist es überaus befremdlich, dass der Empirismus aller Popularität gänzlich zuwider ist, ob man gleich glauben sollte, der gemeine Verstand werde einen Entwurf begierig aufnehmen, der ihn durch nichts als Erfahrungserkenntnisse und deren vernunftmässigen Zusammenhang zu befriedigen verspricht, anstatt dass die transscendentale Dogmatik ihn nöthigt, zu Begriffen hinaufzusteigen, welche die Einsicht und das Vernunftvermögen der im Denken geübtesten Köpfe weit übersteigen. Aber eben dieses ist sein Bewegungsgrund. Denn er befindet sich alsdenn in einem Zustande, in welchem sich auch der Gelehrteste über ihn nichts herausnehmen kann. Wenn er wenig oder nichts davon versteht, so kann sich doch auch Niemand rühmen, viel mehr davon zu verstehen, und ob er gleich hierüber nicht so schulgerecht, als Andere sprechen kann, so kann er doch darüber unendlich mehr vernünfteln, weil er unter lauter Ideen herumwandelt, über die man eben darum am beredtsten ist, weil man davon nichts weiss; anstatt, dass er über der Nachforschung der Natur ganz verstummen und seine Unwissenheit gestehen müsste. Gemächlichkeit und Eitelkeit also sind schon eine starke Empfehlung dieser Grundsätze. Ueberdem, ob es gleich einem Philosophen sehr schwer wird, etwas als Grundsatz anzunehmen, ohne deshalb sich selbst Rechenschaft geben zu können, oder gar Begriffe, deren objective Realität nicht eingesehen werden kann, einzuführen, so ist doch dem gemeinen Verstande nichts gewöhnlicher. Er will etwas haben, womit er zuversichtlich anfangen könne. Die Schwierigkeit, eine solche Voraussetzung selbst zu begreifen, beunruhigt ihn nicht, weil sie ihm, (der nicht weiss, was Begreifen heisst,) niemals in den Sinn kommt, und er hält das für bekannt, was ihm durch öfteren Gebrauch geläufig ist. Zuletzt aber verschwindet alles speculative Interesse bei ihm vor dem praktischen und er bildet sich ein, das einzusehen und zu wissen, was anzunehmen, oder zu glauben, ihn seine Besorgnisse oder Hoffnungen antrei

ben. So ist der Empirismus der transscendental-idealisirenden Vernunft aller Popularität gänzlich beraubt, und so viel Nachtheiliges wider die obersten praktischen Grundsätze sie auch enthalten mag, so ist doch gar nicht zu besorgen, dass sie die Grenzen der Schule jemals überschreiten und im gemeinen Wesen ein nur einigermassen beträchtliches Ansehen und einige Gunst bei der grossen Menge erwerben werde.

Die menschliche Vernunft ist ihrer Natur nach architektonisch, d. i. sie betrachtet alle Erkenntnisse als gehörig zu einem möglichen System und verstattet daher auch nur solche Principien, die eine vorhabende Erkenntniss wenigstens nicht unfähig machen, in irgend einem System mit anderen zusammen zu stehen. Die Sätze der Antithesis sind aber von der Art, dass sie die Vollendung eines Gebäudes von Erkenntnissen gänzlich unmöglich machen. Nach ihnen gibt es über einen Zustand der Welt immer einen noch älteren, in jedem Theile immer noch andere, wiederum theilbare, vor jeder Begebenheit eine andere, die wiederum eben so wohl anderweitig erzeugt war, und im Dasein überhaupt alles immer nur bedingt, ohne irgend ein unbedingtes und erstes Dasein anzuerkennen. Da also die Antithesis nirgend ein Erstes einräumt und keinen Anfang, der schlechthin zum Grunde des Baues dienen könnte, so ist ein vollständiges Gebäude der Erkenntniss bei dergleichen Voraussetzungen gänzlich unmöglich. Daher führt das architektonische Interesse der Vernunft, (welches nicht empirische, sondern reine Vernunfteinheit a priori fordert,) eine natürliche Empfehlung für die Behauptungen der Thesis bei sich.

Könnte sich aber ein Mensch von allem Interesse lossagen und die Behauptungen der Vernunft gleichgültig gegen alle Folgen, blos nach dem Gehalte ihrer Gründe in Betrachtung ziehen, so würde ein solcher, gesetzt dass er keinen Ausweg wüsste, anders aus dem Gedränge zu kommen, als dass er sich zu einer oder andern der strittigen Lehren bekennete, in einem unaufhörlich schwankenden Zustande sein. Heute würde es ihm überzeugend vorkommen, der menschliche Wille sei frei; morgen, wenn er die unauflösliche Naturkette in Betrachtung zöge, würde er dafür halten, die Freiheit sei nichts, als Selbsttäuschung und alles sei blos Natur. Wenn es nun aber zum Thun und Handeln käme, so würde dieses Spiel der blos speculativen Vernunft, wie Schattenbilder eines Traums, verschwinden, und er würde seine Principien blos nach dem praktischen Interesse wählen. Weil es aber doch einem nachdenkenden und forschenden Wesen anständig ist, gewisse Zeiten lediglich

KANT'S sämmtl. Werke. III.

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der Prüfung seiner eigenen Vernunft zu widmen, hiebei aber alle Parteilichkeit gänzlich auszuziehen und so seine Bemerkungen Anderen zur Beurtheilung öffentlich mitzutheilen, so kann es Niemandem verargt, noch weniger verwehrt werden, die Sätze und Gegensätze, so wie sie sich, durch keine Drohung geschreckt, vor Geschworenen von seinem eigenen Stande, (nämlich dem Stande schwacher Menschen,) vertheidi-. gen können, auftreten zu lassen.

Der Antinomie der reinen Vernunft

vierter Abschnitt.

Von den transscendentalen Aufgaben der reinen Vernunft, in so fern sie schlechterdings müssen aufgelöset werden können.

Alle Aufgaben auflösen und alle Fragen beantworten zu wollen, würde eine unverschämte Grosssprecherei und ein so ausschweifender Eigendünkel sein, dass man dadurch sich sofort um alles Zutrauen bringen müsste. Gleichwohl gibt es Wissenschaften, deren Natur es so mit sich bringt, dass eine jede darin vorkommende Frage aus dem, was man weiss, schlechthin beantwortlich sein muss, weil die Antwort aus denselben Quellen entspringen muss, daraus die Frage entspringt, und WO es keinesweges erlaubt ist, unvermeidliche Unwissenheit vorzuschützen, sondern die Auflösung gefordert werden kann. Was in allen möglichen Fällen Recht oder Unrecht sei, muss man der Regel nach wissen können, weil es unsere Verbindlichkeit betrifft und wir zu dem, was wir nicht wissen können, auch keine Verbindlichkeit haben. In der Erklärung der Erscheinungen der Natur muss uns indessen vieles ungewiss und manche Frage unauflöslich bleiben, weil das, was wir von der Natur wissen, zu dem, was wir erklären sollen, bei weitem nicht in allen Fällen zureichend ist. Es fragt sich nun, ob in der Transscendental-Philosophie irgend eine Frage, die ein der Vernunft vorgelegtes Object betrifft, durch eben diese reine Vernunft unbeantwortlich sei, und ob man sich ihrer entscheidenden Beantwortung dadurch mit Recht ent

ziehen könne, dass man es als schlechthin ungewiss (aus allem dem, was wir erkennen können,) demjenigen beizählt, wovon wir zwar so viel Begriff haben, um eine Frage aufzuwerfen, es uns aber gänzlich an Mitteln oder am Vermögen fehlt, sie jemals zu beantworten.

Ich behaupte nun, dass die Transscendental-Philosophie unter allem speculativen Erkenntniss dieses Eigenthümliche habe, dass gar keine Frage, welche einen der reinen Vernunft gegebenen Gegenstand betrifft, für eben dieselbe menschliche Vernunft unauflöslich sei, und dass kein Vorschützen einer unvermeidlichen Unwissenheit und unergründlichen Tiefe der Aufgabe von der Verbindlichkeit frei sprechen könne, sie gründlich und vollständig zu beantworten; weil eben derselbe Begriff, der uns in den Stand setzt, zu fragen, durchaus uns auch tüchtig machen muss, auf diese Frage zu antworten, indem der Gegenstand ausser dem Begriffe gar nicht angetroffen wird, (wie bei Recht und Unrecht.)

Es sind aber in der Transscendental-Philosophie keine anderen, als nur die kosmologischen Fragen, in Ansehung deren man mit Recht eine genugthuende Antwort, die die Beschaffenheit des Gegenstandes betrifft, fordern kann, ohne dass dem Philosophen erlaubt ist, sich derselben dadurch zu entziehen, dass er undurchdringliche Dunkelheit vorschützt, und diese Fragen können nur kosmologische Ideen betreffen. Denn der Gegenstand muss empirisch gegeben sein, und die Frage geht nur auf die Angemessenheit desselben mit einer Idee. Ist der Gegenstand transscendental und also selbst unbekannt, z. B. ob das Etwas, dessen Erscheinung (in uns selbst) das Denken ist (Seele), ein an sich einfaches Wesen sei, ob es eine Ursache aller Dinge insgesammt gebe, die schlechthin nothwendig ist u. s. w., so sollen wir zu unserer Idee einen Gegenstand suchen, von welchem wir gestehen können, dass er uns unbekannt, aber deswegen doch nicht unmöglich sei.* Die kosmo

* Man kann zwar auf die Frage, was ein transscendentaler Gegenstand für eine Beschaffenheit habe, keine Antwort geben, nämlich was er sei, aber wohl, dass die Frage selbst nichts sei, darum, weil kein Gegenstand derselben gegeben worden. Daher sind alle Fragen der transscendentalen Seelenlehre auch beantwortlich und wirklich beantwortet; denn sie betreffen das transscendentale Subject aller inneren Erscheinungen, welches selbst nicht Erscheinung ist und also nicht als Gegenstand gegeben ist, und worauf keine der Kategorien, (auf welche doch eigentlich die Frage gestellt ist,) Bedingungen ihrer Anwendung antreffen. Also ist hier der Fall, da der gemeine Ausdruck gilt, dass keine Antwort auch eine Antwort sei, nämlich dass eine Frage nach der Beschaffenheit desjenigen Etwas, was durch kein bestimmtes

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