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sondern nur angenommene und comparative Allgemeinheit (durch Induction), so dass es eigentlich heissen muss: so viel wir bisher wahrgenommen haben, findet sich von dieser oder jener Regel keine Ausnahme. Wird also ein Urtheil in strenger Allgemeinheit gedacht, d. i. so, dass gar keine Ausnahme als möglich verstattet wird, so ist es nicht von der Erfahrung abgeleitet, sondern schlechterdings a priori gültig. Die empirische Allgemeinheit ist also nur eine willkührliche Steigerung der Gültigkeit, von der, welche in den meisten Fällen, bis zu der, die in allen gilt, wie z. B. in dem Satze: alle Körper sind schwer; wo dagegen strenge Allgemeinheit zu einem Urtheile wesentlich gehört, da zeigt diese auf einen besonderen Erkenntnissquell desselben, nämlich ein Vermögen des Erkenntnisses a priori. Nothwendigkeit und strenge Allgemeinheit sind also sichere Kennzeichen einer Erkenntniss a priori und gehören auch unzertrennlich zu einander. Weil es aber im Gebrauche derselben bisweilen leichter ist, die empirische Beschränktheit derselben, als die Zufälligkeit in den Urtheilen, oder es auch mannichmal einleuchtender ist, die unbeschränkte Allgemeinheit, die wir einem Urtheile beilegen, als die Nothwendigkeit desselben zu zeigen, so ist es rathsam, sich gedachter beider Kriterien, deren jedes für sich unfehlbar ist, abgesondert zu bedienen.

Dass es nun dergleichen nothwendige und im strengsten Sinne allgemeine, mithin reine Urtheile a priori im menschlichen Erkenntniss wirklich gebe, ist leicht zu zeigen. Will man ein Beispiel aus Wissenschaften, so darf man nur auf alle Sätze der Mathematik hinaussehen; will man ein solches aus dem gemeinsten Verstandesgebrauche, so kann der Satz, dass alle Veränderung eine Ursache haben müsse, dazu dienen; ja in dem letzteren enthält selbst der Begriff einer Ursache so offenbar den Begriff einer Nothwendigkeit der Verknüpfung mit einer Wirkung und einer strengen Allgemeinheit der Regel, dass er gänzlich verloren gehen würde, wenn man ihn, wie HUME that, von einer öfteren Beigesellung dessen, was geschieht, mit dem, was vorhergeht, und einer daraus entspringenden Gewohnheit, (mithin blos subjectiven Nothwendigkeit,) Vorstellungen zu verknüpfen, ableiten wollte. Auch könnte man, ohne dergleichen Beispiele zum Beweise der Wirklichkeit reiner Grundsätze a priori in unserem Erkenntnisse zu bedürfen, dieser ihre Unentbehrlichkeit zur Möglichkeit der Erfahrung selbst, mithin a priori darthun. Denn wo wollte selbst Erfahrung ihre Gewissheit hernehmen, wenn alle Regeln, nach denen sie fortgeht, immer wieder empirisch, mithin zufällig

wären; daher man diese schwerlich für erste Grundsätze gelten lassen kann. Allein wir können uns damit begnügen, den reinen Gebrauch unseres Erkenntnissvermögens als Thatsache sammt den Kennzeichen desselben dargelegt zu haben. Aber nicht blos in Urtheilen, sondern selbst in Begriffen zeigt sich ein Ursprung einiger derselben a priori. Lasset von eurem Erfahrungsbegriffe eines Körpers alles, was daran empirisch ist, nach und nach weg: die Farbe, die Härte oder Weiche, die Schwere, die Undurchdringlichkeit, so bleibt doch der Raum übrig, den er, (welcher nun ganz verschwunden ist,) einnahm, und den könnt ihr nicht weglassen. Eben so, wenn ihr von eurem empirischen Begriffe eines jeden körperlichen oder nicht körperlichen Objects alle Eigenschaften weglasst, die euch die Erfahrung lehrt, so könnt ihr ihm doch nicht diejenige nehmen, dadurch ihr es als Substanz oder einer Substanz anhängend denkt, (obgleich dieser Begriff mehr Bestimmung enthält, als der eines Objects überhaupt.) Ihr müsst also, überführt durch die Nothwendigkeit, womit sich dieser Begriff euch aufdringt, gestehen, dass er in eurem Erkenntnissvermögen a priori seinen Sitz habe.1

1 Statt dieser beiden ersten Abschnitte der Einleitung findet sich in der 1. Ausgabe, wo die Einleitung nur in zwei Abschnitte (I, Idee der Transscendental - Philosophie und II, Eintheilung der Transscendental-Philosophie) zerfällt, folgende kürzere Darstellung:

,,Erfahrung ist ohne Zweifel das erste Product, welches unser Verstand hervorbringt, indem er den rohen Stoff sinnlicher Empfindungen bearbeitet. Sie ist eben dadurch die erste Belehrung, und im Fortgange so unerschöpflich an neuem Unterricht, dass das zusammengekettete Leben aller künftigen Zeugungen an neuen Kenntnissen, die auf diesem Boden gesammelt werden können, niemals Mangel haben wird. Gleichwohl ist sie bei weitem nicht das einzige Feld, darin sich unser Verstand einschränken lässt. Sie sagt uns zwar, was da sei, aber nicht, dass es nothwendigerweise so und nicht anders sein müsse. Eben darum gibt sie uns auch keine wahre Allgemeinheit, und die Vernunft, welche nach dieser Art von Erkenntnissen so begierig ist, wird durch sie mehr gereizt als befriedigt. Solche allgemeine Erkenntnisse nun, die zugleich den Charakter der inneren Nothwendigkeit haben, müssen von der Erfahrung unabhängig, für sich selbst klar und gewiss sein; man nennt sie daher Erkenntnisse a priori; da im Gegentheil das, was lediglich von der Erfahrung erborgt ist, wie man sich ausdrückt, nur a posteriori oder empirisch erkannt wird.

,,Nun zeigt es sich, welches überaus merkwürdig, dass selbst unter unsere Erfahrungen sich Erkenntnisse mengen, die ihren Ursprung a priori haben müssen und die vielleicht nur dazu dienen, um unseren Vorstellungen der Sinne Zusammenhang zu verschaffen. Denn, wenn man aus den ersteren auch alles wegschafft, was den Sinnen angehört, so bleiben dennoch gewisse ursprüngliche Begriffe und aus ihnen erzeugte Urtheile übrig, die gänzlich a priori, unabhängig von der Erfahrung entstanden sein

III.

Die Philosophie bedarf einer Wissenschaft, welche die Möglichkeit, die Principien und den Umfang aller Erkenntnisse a priori

bestimme.

Was noch weit mehr sagen will, als alles Vorige, ist dieses, dass gewisse Erkenntnisse sogar das Feld aller möglichen Erfahrungen verlassen, und durch Begriffe, denen überall kein entsprechender Gegenstand in der Erfahrung gegeben werden kann, den Umfang unserer Urtheile über alle Grenzen derselben zu erweitern den Anschein haben.

Und gerade in diesen letzteren Erkenntnissen, welche über die Sinnenwelt hinausgehen, wo Erfahrung gar keinen Leitfaden noch Berichtigung geben kann, liegen die Nachforschungen unserer Vernunft, die wir, der Wichtigkeit nach, für weit vorzüglicher und ihre Endabsicht für viel erhabener halten, als alles, was der Verstand im Felde der Erscheinungen lernen kann, wobei wir, sogar auf die Gefahr zu irren, eher alles wagen, als dass wir so angelegentliche Untersuchungen aus irgend einem Grunde der Bedenklichkeit, oder aus Geringschätzung und Gleichgültigkeit aufgeben sollten. Diese unvermeidlichen Aufgaben der reinen Vernunft selbst sind Gott, Freiheit und Unsterblichkeit. Die Wissenschaft aber, deren Endabsicht mit allen ihren Zurüstungen eigentlich nur auf die Auflösung derselben gerichtet ist, heisst Metaphysik, deren Verfahren im Anfange dogmatisch ist, d. i. ohne vorhergehende Prüfung des Vermögens oder Unvermögens der Vernunft zu einer so grossen Unternehmung zuversichtlich die Ausführung übernimmt. 1

Nun scheint es zwar natürlich, dass, so bald man den Boden der Erfahrung verlassen hat, man doch nicht mit Erkenntnissen, die man besitzt, ohne zu wissen woher, und auf den Credit der Grundsätze, deren Ursprung man nicht kennt, sofort ein Gebäude errichten werde, ohne

müssen, weil sie machen, dass man von den Gegenständen, die den Sinnen erscheinen, mehr sagen kann, wenigstens es sagen zu können glaubt, als blose Erfahrung lehren würde, und dass Behauptungen wahre Allgemeinheit und strenge Nothwendigkeit enthalten, dergleichen die blos empirische Erkenntniss nicht liefern kann.

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Was aber noch weit mehr sagen will, ist dieses," u. s. w. Der Satz, der die Ueberschrift von III bildet, ist in der zweiten Ausgabe hinzugekommen.

1 Die Worte:,,Diese unvermeidlichen Aufgaben sind Zusatz der 2. Ausg.

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die Ausführung übernimmt,“

der Grundlegung desselben durch sorgfältige Untersuchungen vorher versichert zu sein, dass man also vielmehr die Frage vorlängst werde aufgeworfen haben, wie denn der Verstand zu allen diesen Erkenntnissen a priori kommen könne, und welchen Umfang, Gültigkeit und Werth sie haben mögen. In der That ist auch nichts natürlicher, wenn man unter dem Worte natürlich das versteht, was billiger und vernünftiger Weise geschehen sollte; versteht man aber darunter das, was gewöhnlichermassen geschieht, so ist hinwiederum nichts natürlicher und begreiflicher, als dass diese Untersuchung lange unterbleiben musste. Denn ein Theil dieser Erkenntnisse, die mathematische, ist im alten Besitze der Zuverlässigkeit, und gibt dadurch eine günstige Erwartung auch für andere, ob diese gleich von ganz verschiedener Natur sein mögen. Ueberdem, wenn man über den Kreis der Erfahrung hinaus ist, so ist man sicher, durch Erfahrung nicht widerlegt zu werden. Der Reiz, seine Erkenntnisse zu erweitern, ist so gross, dass man nur durch einen klaren Widerspruch, auf den man stösst, in seinem Fortschritte aufgehalten werden kann. Dieser aber kann vermieden werden, wenn man seine Erdichtungen nur behutsam macht, ohne dass sie deswegen weniger Erdichtungen bleiben. Die Mathematik gibt uns ein glänzendes Beispiel, wie weit wir es, unabhängig von der Erfahrung, in der Erkenntniss a priori bringen können. Nun beschäftigt sie sich zwar mit Gegenständen und Erkenntnissen blos so weit, als sich solche in der Anschauung darstellen lassen. Aber dieser Umstand wird leicht übersehen, weil gedachte Anschauung selbst a priori gegeben werden kann, mithin von einem blosen reinen Begriff kaum unterschieden wird. Durch einen solchen Beweis von der Macht der Vernunft eingenommen, sieht der Trieb zur Erweiterung keine Grenzen. Die leichte Taube, indem sie im freien Fluge die Luft theilt, deren Widerstand sie fühlt, könnte die Vorstellung fassen, dass es ihr im luftleeren Raume noch viel besser gelingen werde. Eben so verliess PLATO die Sinnenwelt, weil sie dem Verstande so enge Schranken setzt, und wagte sich jenseit derselben, auf den Flügeln der Ideen, in den leeren Raum des reinen Verstandes. Er bemerkte nicht, dass er durch seine Bemühungen keinen Weg gewönne; denn er hatte keinen Widerhalt, gleichsam zur Unterlage, worauf er sich steifen und woran er seine Kräfte anwenden konnte, um den Verstand von der Stelle zu bringen. Es ist aber ein gewöhnliches Schicksal der menschlichen Vernunft in der Speculation, ihr Gebäude so früh wie möglich fertig zu machen und hintennach allererst zu unter

suchen, ob auch der Grund dazu gut gelegt sei. Alsdenn aber werden allerlei Beschönigungen herbeigesucht, um uns wegen dessen Tüchtigkeit zu trösten, oder auch eine solche späte und gefährliche Prüfung lieber gar abzuweisen. Was uns aber während des Bauens von aller Besorgniss und Verdacht frei hält und mit scheinbarer Gründlichkeit schmeichelt, ist dieses. Ein grosser Theil, und vielleicht der grösste, von dem Geschäfte unserer Vernunft besteht in Zergliederung der Begriffe, die wir schon von Gegenständen haben. Dieses liefert uns eine Menge von Erkenntnissen, die, ob sie gleich nichts weiter als Aufklärungen oder Erläuterungen desjenigen sind, was in unsern Begriffen (wiewohl noch auf verworrene Art) schon gedacht worden, doch wenigstens. der Form nach neuen Einsichten gleich geschätzt werden, wiewohl sie der Materie oder dem Inhalte nach die Begriffe, die wir haben, nicht erweitern, sondern nur auseinander setzen. Da dieses Verfahren nun eine wirkliche Erkenntniss a priori gibt, die einen sichern und nützlichen Fortgang hat, so erschleicht die Vernunft, ohne es selbst zu merken, unter dieser Vorspiegelung Behauptungen von ganz anderer Art, wo sie zu gegebenen Begriffen ganz fremde, und zwar a priori hinzu thut, ohne dass man weiss, wie sie dazu gelange, und ohne sich eine solche Frage auch nur in die Gedanken kommen zu lassen. Ich will daher gleich Anfangs von dem Unterschiede dieser zwiefachen Erkenntnissart handeln.

IV.

Von dem Unterschiede analytischer und synthetischer Urtheile.1

In allen Urtheilen, worinnen das Verhältniss eines Subjects zum Prädicat gedacht wird, (wenn ich nur die bejahenden erwäge, denn auf die verneinenden ist nachher die Anwendung leicht,) ist dieses Verhältniss auf zweierlei Art möglich. Entweder das Prädicat B gehört zum Subject A als etwas, was in diesem Begriffe A (versteckterweise) enthalten ist; oder B liegt ganz ausser dem Begriff A, ob es zwar mit demselben in Verknüpfung steht. Im ersten Fall nenne ich das Urtheil analytisch, in dem andern synthetisch. Analytische Urtheile (die bejahenden) sind also diejenigen, in welchen die Verknüpfung des Prä

1 Diese Ueberschrift hat auch die 1. Ausgabe, aber ohne die Bezeichnung durch eine Zahl.

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