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Meinen nennen wollte, sondern es kann selbst in diesem theoretischen Verhältnisse gesagt werden, dass ich festiglich einen Gott glaube; aber alsdenn ist dieser Glaube in strenger Bedeutung dennoch nicht praktisch, sondern muss ein doctrinaler Glaube genannt werden, den die Theologie der Natur (Physikotheologie) nothwendig allerwärts bewirken muss. In Ansehung eben derselben Weisheit, in Rücksicht auf die vortreffliche Ausstattung der menschlichen Natur und die derselben so schlecht angemessene Kürze des Lebens kann eben sowohl genugsamer Grund zu einem doctrinalen Glauben des künftigen Lebens der menschlichen Seele angetroffen werden.

Der Ausdruck des Glaubens ist in solchen Fällen ein Ausdruck der Bescheidenheit in objectiver Absicht, aber doch zugleich der Festigkeit des Zutrauens in subjectiver. Wenn ich das blos theoretische Fürwahrhalten hier auch nur Hypothese nennen wollte, die ich anzunehmen berechtigt wäre, so würde ich mich dadurch schon anheischig machen, mehr, von der Beschaffenheit einer Weltursache und einer andern Welt, Begriff zu haben, als ich wirklich aufzeigen kann; denn was ich auch nur als Hypothese annehme, davon muss ich wenigstens seinen Eigenschaften nach so viel kennen, dass ich nicht seinen Begriff, sondern nur sein Dasein erdichten darf. Das Wort Glauben aber geht nur auf die Leitung, die mir eine Idee gibt, und den subjectiven Einfluss auf die Beförderung meiner Vernunfthandlungen, die mich an derselben festhält, ob ich gleich von ihr nicht im Stande bin, in speculativer Absicht Rechenschaft zu geben.

Aber der blos doctrinale Glaube hat etwas Wankendes in sich; man wird oft durch Schwierigkeiten, die sich in der Speculation vorfinden, aus demselben gesetzt, ob man zwar unausbleiblich dazu immer wiederum zurückkehrt.

Ganz anders ist es mit dem moralischen Glauben bewandt. Denn da ist es schlechterdings nothwendig, dass etwas geschehen muss, nämlich dass ich dem sittlichen Gesetze in allen Stücken Folge leiste. Der Zweck ist hier unumgänglich festgestellt, und es ist nur eine einzige Bedingung nach aller meiner Einsicht möglich, unter welcher dieser Zweck mit allen gesammten Zwecken zusammenhängt, und dadurch praktische Gültigkeit habe, nämlich, dass ein Gott und eine künftige Welt sei; ich weiss auch ganz gewiss, dass Niemand andere Bedingungen kenne, die auf dieselbe Einheit der Zwecke unter dem moralischen Gesetze führen. Da aber also die sittliche Vorschrift zugleich meine

KANT'S sämmtl. Werke. III.

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Maxime ist, (wie denn die Vernunft gebietet, dass sie es sein soll,) so werde ich unausbleiblich ein Dasein Gottes und ein künftiges Leben glauben und bin sicher, dass diesen Glauben nichts wankend machen könne, weil dadurch meine sittlichen Grundsätze selbst umgestürzt werden würden, denen ich nicht entsagen kann, ohne in meinen eigenen Augen verabscheuungswürdig zu sein.

Auf solche Weise bleibt uns, nach Vereitelung aller ehrsüchtigen Absichten einer über die Grenzen aller Erfahrung hinaus herumschweifenden Vernunft noch genug übrig, dass wir damit in praktischer Absicht zufrieden zu sein Ursache haben. Zwar wird freilich sich Niemand rühmen können, er wisse, dass ein Gott und dass ein künftig Leben sei; denn wenn er das weiss, so ist er gerade der Mann, den ich längst gesucht habe. Alles Wissen, (wenn es einen Gegenstand der blosen Vernunft betrifft,) kann man mittheilen, und ich würde also auch hoffen können, durch seine Belehrung mein Wissen in so bewunderungswürdigem Maasse ausgedehnt zu sehen. Nein, die Ueberzeugung ist nicht logische, sondern moralische Gewissheit, und da sie auf subjectiven Gründen (der moralischen Gesinnung) beruht, so muss ich nicht einmal sagen: es ist moralisch gewiss, dass ein Gott sei u. s. w., sondern: ich bin moralisch gewiss u. s. w. Das heisst: der Glaube an einen Gott und eine andere Welt ist mit meiner moralischen Gesinnung so verwebt, dass, so wenig ich Gefahr laufe, die erstere einzubüssen, eben so wenig besorge ich, dass mir der zweite jemals entrissen werden könne.

Das einzige Bedenkliche, das sich hiebei findet, ist, dass sich dieser Vernunftglaube auf die Voraussetzung moralischer Gesinnungen gründet. Gehen wir davon ab und nehmen Einen, der in Ansehung sittlicher Gesetze gänzlich gleichgültig wäre, so wird die Frage, welche die Vernunft aufwirft, blos eine Aufgabe für die Speculation und kann alsdenn zwar noch mit starken Gründen aus der Analogie, aber nicht mit solchen, denen sich die hartnäckigste Zweifelsucht ergeben müsste, unterstützt werden.* Es ist aber kein Mensch bei diesen Fragen frei

* Das menschliche Gemüth nimmt, (so wie ich glaube, dass es bei jedem vernünftigen Wesen nothwendig geschieht,) ein natürliches Interesse an der Moralität, ob es gleich nicht ungetheilt und praktisch überwiegend ist. Befestigt und vergrössert dieses Interesse, und ihr werdet die Vernunft sehr gelehrig und selbst aufgeklärter finden, um mit dem praktischen auch das speculative Interesse zu vereinigen. Sorget ihr aber nicht dafür, dass ihr vorher, wenigstens auf dem halben Wege, gute Menschen macht, so werdet ihr auch niemals aus ihnen aufrichtig gläubige Menschen machen.

von allem Interesse. Denn ob er gleich von dem moralischen durch den Mangel guter Gesinnungen getrennt sein möchte, so bleibt doch auch in diesem Falle genug übrig, um zu machen, dass er ein göttliches Dasein und eine Zukunft fürchte. Denn hiezu wird nicht mehr erfordert, als dass er wenigstens keine Gewissheit vorschützen könne, dass kein solches Wesen und kein künftig Leben anzutreffen sei, wozu, weil es durch blose Vernunft, mithin apodiktisch bewiesen werden müsste, er die Unmöglichkeit von beiden darzuthun haben würde, welches gewiss kein vernünftiger Mensch übernehmen kann. Das würde ein negativer Glaube sein, der zwar nicht Moralität und gute Gesinnungen, aber doch das Analogon derselben bewirken, nämlich den Ausbruch der bösen mächtig zurückhalten könnte.

Ist das aber alles, wird man sagen, was reine Vernunft ausrichtet, indem sie über die Grenzen der Erfahrung hinaus Aussichten eröffnet? Nichts mehr, als zwei Glaubensartikel? So viel hätte auch wohl der gemeine Verstand, ohne darüber die Philosophen zu Rathe zu ziehen, ausrichten können!

Ich will hier nicht das Verdienst rühmen, das Philosophie durch die mühsame Bestrebung ihrer Kritik um die menschliche Vernunft habe; gesetzt, es sollte auch beim Ausgange blos negativ befunden werden; denn davon wird in dem folgenden Abschnitte noch etwas vorkommen. Aber verlangt ihr denn, dass ein Erkenntniss, welches alle Menschen angeht, den gemeinen Verstand übersteigen und euch nur von Philosophen entdeckt werden solle? Eben das, was ihr tadelt, ist die beste Bestätigung von der Richtigkeit der bisherigen Behauptungen, da es das, was man Anfangs nicht vorhersehen konnte, entdeckt, nämlich dass die Natur in dem, was Menschen ohne Unterschied angelegen ist, keiner parteiischen Austheilung ihrer Gaben zu beschuldigen sei, und die höchste Philosophie in Ansehung der wesentlichen Zwecke der menschlichen Natur es nicht weiter bringen könne, als die Leitung, welche sie auch dem gemeinsten Verstande hat angedeihen lassen.

Der transscendentalen Methodenlehre

drittes Hauptstück.

Die Architektonik der reinen Vernunft.

Ich verstehe unter einer Architektonik die Kunst der Systeme. Weil die systematische Einheit dasjenige ist, was gemeine Erkenntniss allererst zur Wissenschaft, d. i. aus einem blosen Aggregat derselben ein System macht, so ist Architektonik die Lehre des Scientifischen in unserer Erkenntniss überhaupt und sie gehört also nothwendig zur Methodenlehre.

Unter der Regierung der Vernunft dürfen unsere Erkenntnisse überkaupt keine Rhapsodie, sondern sie müssen ein System ausmachen, in welchem sie allein die wesentlichen Zwecke derselben unterstützen und befördern können. Ich verstehe aber unter einem Systeme die Einheit der mannigfaltigen Erkenntnisse unter einer Idee. Diese ist der Vernunftbegriff von der Form eines Ganzen, sofern durch denselben der Umfang des Mannigfaltigen sowohl, als die Stelle der Theile unter einander a priori bestimmt wird. Der scientifische Vernunftbegriff enthält also den Zweck und die Form des Ganzen, das mit demselben congruirt. Die Einheit des Zwecks, worauf sich alle Theile und in der Idee desselben auch unter einander beziehen, macht, dass kein Theil bei der Kenntniss der übrigen vermisst werden kann, und keine zufällige Hinzusetzung oder unbestimmte Grösse der Vollkommenheit, die nicht ihre a priori bestimmten Grenzen habe, stattfindet. Das Ganze ist also gegliedert (articulatio) und nicht gehäuft (coacervatio); es kann zwar innerlich (per intussusceptionem), aber nicht äusserlich (per appositionem) wachsen, wie ein thierischer Körper, dessen Wachsthum kein Glied hinzusetzt, sondern ohne Veränderung der Proportion ein jedes zu seinen Zwecken stärker und tüchtiger macht.

Die Idee bedarf zur Ausführung ein Schema, d. i. eine a priori aus dem Princip des Zwecks bestimmte wesentliche Mannigfaltigkeit und Ordnung der Theile. Das Schema, welches nicht nach einer Idee, d. i. aus dem Hauptzwecke der Vernunft, sondern empirisch nach zufällig sich darbietenden Absichten, (deren Menge man nicht voraus wissen kann,) entworfen wird, gibt technische, dasjenige aber, was nur zu Folge einer Idee entspringt, (wo die Vernunft die Zwecke a priori aufgibt und nicht empirisch erwartet,) gründet architektonische Einheit. Nicht technisch, wegen der Aehnlichkeit des Mannigfaltigen oder des zufälligen Gebrauchs der Erkenntniss in concreto zu allerlei beliebigen äusseren Zwecken, sondern architektonisch, um der Verwandtschaft willen und der Ableitung von einem einzigen obersten und inneren Zwecke, der das Ganze allererst möglich macht, kann dasjenige entspringen, was wir Wissenschaft nennen, dessen Schema den Umriss (monogramma) und die Eintheilung des Ganzen in Glieder der Idee gemäss, d. i. a priori enthalten, und dieses von allen anderen sicher und nach Principien unterscheiden muss.

Niemand versucht es, eine Wissenschaft zu Stande zu bringen, ohne dass ihm eine Idee zum Grunde liege. Alleiiu n der Ausarbeitung derselben entspricht das Schema, ja sogar die Definition, die er gleich zu Anfange von seiner Wissenschaft gibt, sehr selten seiner Idee; denn diese liegt wie ein Keim in der Vernunft, in welchem alle Theile noch sehr eingewickelt und kaum der mikroskopischen Beobachtung kennbar verloren liegen. Um deswillen muss man Wissenschaften, weil sie doch alle aus dem Gesichtspunkte eines gewissen allgemeinen Interesse ausgedacht werden, nicht nach der Beschreibung, die der Urheber derselben davon gibt, sondern nach der Idee, welche man aus der natürlichen Einheit der Theile, die er zusammengebracht hat, in der Vernunft selbst gegründet findet, erklären und bestimmen. Denn da wird sich finden, dass der Urheber und oft noch seine spätesten Nachfolger um eine Idee herumirren, die sie sich selbst nicht haben deutlich machen und daher den eigenthümlichen Inhalt, die Articulation (systematische Einheit) und Grenzen der Wissenschaft nicht bestimmen können.

Es ist schlimm, dass nur allererst, nachdem wir lange Zeit, nach Anweisung einer in uns versteckt liegenden Idee, rhapsodistisch viele dahin sich beziehende Erkenntnisse als Bauzeug gesammelt, ja gar lange Zeiten hindurch sie technisch zusammengesetzt haben, es uns denn allererst möglich ist, die Idee in hellerem Lichte zu erblicken und ein Ganzes

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