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sen? Nein, dann wird der Herr unsrer Kinder Blut von unserer Hand fordern. Ist die lutherische Kirche noch da, wenn sie nur de jure auf vergilbtem Papier steht, sonst aber in Predigt und Sakrament nicht ebenso zu merken, zu sehen und wahrzunehmen ist? Nein! Wir wollen solche Kirche mit dem Titel de jure gern fahren lassen, wenn wir nur die lutherische Kirche de facto haben. Eine lutherische Kirche, an der nichts Lutherisches ist, als der Titel de jure, ist des Teufels Schule, welche de jure Seelen verführt, aus dem Bethause Gottes eine Mördergrube macht, und auf die Anwendung leidet, was der Herr dem Engel der Gemeine zu Smyrna schreiben lässt: die Lästerung von denen, die da sagen, sie sind Juden. und sinds nicht, sondern sind des Satans Schule. Hier sagen die Lästerer auch: wir sind Juden de jure! Aber der Herr sagt: Sie sinds nicht, sondern sind des Satans Schule. Fiat applicatio. Die falschen Propheten sagen: Wir sind die lutherische Kirche de jure. Aber der Herr sagt: Sie sinds nicht. Wem sollen wir nun Recht geben? Dem Buchstabentitel de jure? Oder dem Herrn, der da spricht: Sie sinds nicht? Kurz und gut: Die lutherische Kirche de jure lassen wir gern fahren, denn die bringt uns und unsre Kinder in die Hölle. Aber die Jutherische Kirche de facto, die ist uns über und über genug, denn die macht uns selig durch das reine Wort und Sakrament.“

Die Sache hat nun unter den durch das Jahr 1848 hervorgebrachten Veränderungen den Ausgang, dass diese klagenden Lutheraner einen eignen lutherischen Pastor bekommen haben. Sie erklären dabei vor Gott und Menschen, dass sie sich nicht von der lutherischen Kirche getrennt, sondern ihr treu geblieben sind, während das antilutherische Kirchenregiment sich von der lutherischen Kirche separirt habe. Wie gesagt: ich kenne die Verhältnisse nicht so genau, um ein entscheidendes Urtheil mir anmassen zu dürfen. Aber gesetzt, es wäre so, wie sie sagen haben die lieben Leute Recht, oder Unrecht? Sind ihre Argumente stumpfe oder scharfe Waffen? Es ist im Wesentlichen ganz dieselbe Sache, wie die unsrer lutherischen Brüder in Preussen. Ein lutherisches [?] Kirchenregiment mit etlichen reformirten, oder vielleicht auch nur mit einem reformirten Mitgliede versetzt, dabey ein Ministerium, das aus Rationalisten und wie die Leute sagen und klagen aus andern guten, aber sich stark zur Union hinneigenden Mitgliedern besteht, bey denen sie mit einer Forderung des Aufgebens der unirenden Tendenzen nicht durchdringen können.

Also der erste Grund der Berechtigung zur Separatizn von einer Landeskirche dürfte in der Alterirung des Bekenntnisses und der Sakramente liegen, und zwar in einer solchen, wodurch die Gnadenmittel der Kirche aufhören, instrumenta spiritus sancti zu seyn. Doch hat man dabey sich nicht zu übereilen, nicht fleischlich zuzufahren, sondern erst alle Wege und Mittel zu versuchen, ob nicht Remedur zu erlangen sey. Wir haben dabey an Luther ein Vorbild. Wie schwer fiel es dem, sich von der römischen Kirche zu trennen. Wie hielt er fest an der Kirche, so lange er noch festhalten konnte. Doch sass er nicht stille, legte nicht die Hände in den Schooss, sondern suchte Remedur zu erringen. Als aber alles nicht half; als die römische Kirche ihn ausstiess, da nahm er auch die Separation mit grosser Freudigkeit an, und hielt sie mit Eifer fest. Von andrer Seite gibt uns Luther ein Beyspiel in seinem Verhalten gegen die Reformirten. Zwar be stand eine eigentliche Kirchengemeinschaft zwischen den Lutheri

schen und Reformirten nicht. Doch gabs eine momentane Concordie zwischen beyden, die aber wieder zerfloss und in sich zerfiel, weil die Reformirten in der Lehre vom Sakrament des Nachtmals nicht Stich und Stand hielten, und im kurzen Bekenntniss vom heiligen Abendmal kündigte Luther ihnen die Gemeinschaft wieder auf, Das war auch in etwelchem Maasse eine Separation, ja er konnte mit Recht erklären, dass er nie eine Gemeinschaft mit den Reformirten gehabt, weil die Concordie im Grunde keinen Bestand gewonnen hatte.

Eine andere Berechtigung, als die, welche aus dem alterirten kirchlichen Bekenntnisse entspringt, gibt es im Grunde zur Separation nicht. Denn auch die Separation, die durch die Union veranlasst wird, hat keinen andern Grund als diesen. In der Union ist das Bekenntniss wesentlich alterirt, indem der heilige Geist durch die Distributionsformel des heiligen Abendmals zu etwas gemacht wird, was er nicht ist, und was er nie seyn kann, zu einem Doppelzüngler. Er sollte die Worte: das ist mein Leib! u. s. w. in einem zwiefachen Sinne gelten lassen, und das Abendmal mit zwiefachem und zu zwiefachem Glauben aus.. theilen, da doch ausdrücklich nur Ein Glaube ist. So gehts, wenn man nach reformirter Weise das Wort und den heiligen Geist von einander scheidet, und das Wort nicht vom heiligen Geist erfüllt, sondern nach Oekolampad ein blosses äusseres Getön seyn lässet, von dem die Wirkung des heiligen Geistes ganz unabhängig ist Da fällt man auf das Mum, Mum sagen, wie Luther 1533 an die Frankfurter schreibt, aber der heilige Geist sagt nicht Mum Mum, sondern spricht alles klar und rund frey und deutsch heraus, was du glauben und nicht glauben sollt.

Was übrigens die Frage betrifft: ob ein Landesherr, der die Confession wechselt, und also das lutherische Bekenntniss aufgibt, das Kirchenregiment noch führen kann, so findet darauf sich die richtige Antwort in Wieses Kirchenrecht Bd. 3, p. 85 N. 6. und Richters Kirchenrecht p. 93 §. 51.; jedoch irrt Richter, wenn er am Schlusse meint, dass durch die Union die Frage wegen des Verhältnisses der lutherischen Kirche zum reformirten Landesherrn ihre Bedeutung verloren habe.

Ich wollte noch Mehres berühren. Allein ich muss schliessen. Angefangen habe ich dies Schreiben Montag den 18. August d. J., und unter zahllosen Unterbrechungen und Störungen erst Sonnabend den 23. August Abends 8% Uhr bis auf diesen Schluss gebracht. Wollte ich noch länger daran schreiben, würde ich die Absendung so verspäten, dass der Brief erst post festum bey lhnen einträfe. Nehmen Sie daher mit dem Wenigen und Geringen, was ich bieten kann, vorlieb. Grüssen Sie Ihren lieben Vater, und alle meine Freunde und Bekannte. Der Herr sey mit Ihnen und Ihrem Hause und allen denen, die sein sind. Er segne auch die Versammlung; sein Geist sey ihr dux, sein Wort ihr lux. Ihr in trener Liebe Ihnen verbundener

Ratzeburg den 23. August 1851.

ergebenster

Catenhusen.

Beilage 4.

Durlach im Grossherzogth. Baden den 27. Júli 1851. Hochwürdige, Hochgeehrtester Herr Professor! Hochzuverehrende Herren, Freunde und Brüder! zur Lutherischen Conferenz in Leipzig Versammelte!

Mit freudigen Gefühlen las ich die Einladung zur Conferenz von Gliedern und Freunden unsrer Kirche, welche in den letzten Tagen des August in Leipzig sich wieder versammeln soll! Wenn in früheren Jahren mein Herz zwischen Freude und Wehmuth schwankte, so oft ich diese Einladung las, so ergriff mich diesmal nur freudiges Hochgefühl; denn ich vernahm Töne aus der Heimath; denn ich stehe nicht mehr als Fremdling oder Abtrünniger der Kirche gegenüber, die Sie zusammengerufen, ich bin vielmehr durch meinen am 3. November vorigen Jahres vollzoge nen Austritt aus der Badischen Union wieder ein Sohn der luthe

rischen Kirche geworden. Sie hat ihre mütterlichen Arme gegen mich geöffnet, indem ich zu Ostern d. J. in der lutherischen Gemeinde in Steeden in Nassau mich auf sämmtliche Symbole der Evangelisch Lutherischen Kirche verpflichten liess, auch von dem Hochwürdigen Oberkirchenkollegium der Lutherischen Kirche in Preussen als Pastor dieser Kirche anerkannt wurde.

Wie gerne möchte ich auf der diessjährigen Conferenz in Ihrer Mitte erscheinen, um in meinem sehr einsamen Stande des Segens der Gemeinschaft mich zu erfreuen! Aber mich halten heilige Pflichten hier im Lande zurück: ein kleines lutherisches Gemeinlein in Ihringen bei Breisach, die Erstlinge des wiederaufgerichteten Amtes der Lutherisehen Kirche in Baden, jetzt gerade von schweren Stürmen der Verfolgung umbraust, das sich meiner geistlichen Pflege anvertraut hat, der es gar sehr und unausgesetzt bedarf. Vielleicht wohnt ein junger Theologe aus Baden, früherer Zögling der Leipziger Hochschule, Namens Max Frommel, Ihren Berathungen bei, der so eben auch seinen Austritt aus der Union und Rücktritt zur lutherischen Kirche vollzogen hat, unter ausserordentlichen Schwierigkeiten, die ihm seit Langem schon in den Weg gelegt wurden, die aber sein Glaube und seine Liebe zum Lutheriscben Zion überwunden hat. Er wird nun mein Amtsgenosse werden, und so erfüllt der HErr der Kirche an uns Sein Wort: Er sandte sie je Zween und Zween; er wird mein Gefährde in der Thränensaat, aber auch in der Freudenernte sein.

Noch ist die wiedererwachende Lutherische Kirche in Baden in schwere Kämpfe verstrickt. Die Union, durch den Staatsarm gestärkt, hat die Frage über Sein oder Nichtsein erhoben, und wagt so eben ihre letzten Anstrengungen, um sich das „Sein“ zu retten, die Lutherische Kirche zum ewigen „,Nichtsein" verurtheilen zu lassen. Nirgends hat sich diese sonst so schwachmüthige Union unduldsamer erwiesen, als hier in Baden; sie will nimmer dulden, dass neben ihr im entlegensten Winkel des Landes auch nur Ein kleines Lutherisches Gemeinlein entstehe und bestehe; sie verfolgt dasselbe mit Hülfe des aufgerufenen Staats- und Polizeiarmes auf eine empörende Weise; vielleicht fürchtet sie, dass durch den Arm des HErrn der Lutherischen Kirche das,,, Sein ", der Union aber ,,Nichtsein", durch Dahinsiechen zufallen werde.

Erlauben Sie, dass ich die Art dieses Kampfes, der hoffentlich ein Geburtskampf sein soll, etwas näher und eingehender beschreibe und sodann zwei Bitten an die versammelte Conferenz daran schliesse.

Die im Jahre 1821 im Grossherzogthum Baden amtlich und urkundlich zu Stande gekommene Union der in der Markgrafschaft Baden - Durlach Staats- und Landeskirche gewesenen Lutherischen und der in der angefallenen Rheinpfalz herrschend gewesenen Reformirten Kirche setzte durch ihre konstituirende Generalsynode primo loco (§. 1.) fest:

Beide bisher getrennten evangelisch - protestantischen Kirchen im Grossherzogthum Baden bilden hinfort Eine vereinigte evangelisch-protestantische Kirche, die alle evange lischen Kirchengemeinden in der Maasse in sich schliesst, dass in derselben jetzt und in Zukunft keine Spaltung in unirte und nicht unirte Kirchen Statt finden kann und darf; sondern die evangelische Kirche des Laudes nur Ein wohl- und innig vereintes (!) Ganzes darstellt."

Der unirte evangelische Oberkirchenrath in Karlsruhe, neuerlich vom Ministerium des Innern zum Gutachten aufgefordert, scheute sich nicht, officiell auszusprechen, dass die Lutherische Kirche in Baden nie und nimmer wiedererstehen dürfe; es sei rein aus mit ihr; und das Ministerium des Innern verweigert uns daher, verweigert der doch nun einmal faktisch bestehenden Lutherischen Gemeinde in Ihringen jegliche Anerkennung, gewährt ihr nicht einmal Duldung, wie die Juden hier zu Lande sie geniessen, und verweigert ihr namentlich den Beistand des heil. Amtes. Ich soll durch polizeiliche Massregeln, durch Fortweisungen, durch Einsperrung ferne gehalten werden!

Bis jetzt vergeblich, haben wir dagegen aufgestellt:,, dass obige Bestimmung lediglich ein religiöses Statut und kein weltliches, von der Staatsgewalt für die Unterthanen als Solche ausgegangenes Gesetz sei, und darum doch wahrlich nicht verhindern könne, dass nicht Einzelne oder Mehrere aus dieser unirten Kirche wieder austreten dürfen, am Allerwenigsten Solche binden und zwingen dürfe, welche bei jener Vereinigung nicht mitgewirkt haben. Ueberhaupt könne jede Kirche nur für ihre Bekenner Vorschriften ertheilen, d. h. erklären, was Diejenigen zu beobachten haben, welche ihr angehöreu wollen. Es konnte eben deshalb auch nicht die Absicht jenes Unionsstatuts sein, allgemein gültige weltliche Gesetze, und insbesondere Bundes und Staats- Grundgesetze (§. 16. der Deutschen Bundesakte und §. 18. der Bad. Verfassung) über freie Religionsübung umzustossen, und so etwa vorzuschreiben, dass den Lutheranern die ihnen gewährleisteten Rechte nicht mehr zukommen sollen. Sollte dieses aber auch die Absicht jenes Unionsstatuts gewesen sein, so hat eben die (rationalistische) Generalsynode vom Jahre 1821 etwas verfügt, worüber sie gültig nicht verfügen konnte. Sie konnte weder die Verfassung des Bundes noch die des Landes ändern, sie konnte überhaupt gar kein Gesetz erlassen, sondern lediglich (wie sie gethan) den Versuch zur Gründung einer neuen Kirche machen, und für diese Lehre und Verfassung festsetzen, nicht aber mit einigen Federstrichen die Lutherische (und Refor mirte) Kirche austilgen wollen."

Nachdem wir allerwärts abgewiesen worden sind, beruht nun unsere Kirchensache auf der Entscheidung der höchsten Staats

behörde (des Staatsministeriums), wenn überhaupt noch eine Entscheidung gegeben wird. Vielleicht müssen wir lediglich an die öffentliche Meinung appelliren, und zur Verstärkung, vielleicht auch zur Berichtigung derselben, würde es gewiss dienen, wenu die in Leipzig versammelten verehrten Herren, Freunde und Brüder:

1) aufs Neue ein Zeugniss gegen Union überhaupt und in specie gegen eine Union, wie sie hier in Baden ans Tageslicht getreten ist, die sich nicht etwa der Conservation des Lutherhums rühmt, sondern erklärter Massen dasselbe austilgen will, in gemeinsamem Ausdrucke ergehen liesse! 1 Cor. XII, 26. „Es weht eine unirte Luft durch ganz Deutschland (schrieb unlängst P. Loche aus Bayern); wie nöthig scheint es mir, dass in diese laue Unionsluft der frische Lebenshauch aller treuen Bekenner der Lutherischen Kirche läuternd und scheidend hineinwehe!" 2) vielleicht auch aus Anlass dieser neuesten Vorkommnisse eine Erklärung gegen Staats- und Polizei-Kirchenthum gebe. Die unirten Behörden diesseitiger Landeskirche flüchteten sich bei dem Heraustritte des kleinen Lutherischen Häufleins sogleich hinter den Staatsarm mit den Worten:,,die Kirche hat das Ihre gethan, (in einer Warnung vor lutherischen Bestrebungen), der Staat thue das Seine!"6 Nun dieser schritt denn auch sofort Der HErr der Kirche segne

mit Polizeimassregeln ein. Ihre gemeinsame Wirksamkeit zum Frommeu Seiner Kirche !

Genehmigen Sie, verehrtester Herr Professor! meine Bitte um Vorsorge dieser schwachen Zeilen, und die Versicherungen meiner Hochachtung und Liebe, womit ich verharre

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da

Im Anschlusse an das, Sr. Hochwürden Herrn Prof. Dr. Kahnis übersandte Schreiben vom 27. Juli und zur weiteren Ausführung und Begründung desselben wird es wohl nöthig sein, die Badische Union etwas näher zu charakterisiren und die Nothwendigkeit des Austritts aus derselben genauer zu motiviren, mit, nachdem ich in gedachtem Schreiben den Kampf und das Wiedererstehen der Evangel. Luther. Kirche in meinem engeren Vaterlande Baden geschildert habe, meine dorten an Sie, Hochzuverehrende Herren und Brüder! gerichteten Bitten um so begründeter erscheinen mögen.

Es wird zur Vertheidigung der Badischen Union der beiden Confessionskirchen gewöhnlich angeführt, dass dieselbe auf den ausdrücklichen Wunsch, ja auf dringliches Verlangen der Glieder beider Kirchen selbst, somit organisch entstanden, nicht ron

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