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rakter annahm (wie in dem Schottischen Covenant besonders seit 1632 und bei den Englischen Independenten seit Cromwell das Panier erhob), da lag die Schuld mehr an den Unterdrückungen der unchristlichen Gewalthaber als an der Erbitterung des gepeinigten Volks, welches sein Heiligthum schützen wollte. In der That war die Anglikanische Kirche, wie ein neuerer Verfasser sich treffend ausdrückt, auf einer Mauer von Leichen, durch Asche und Thränen gekittet, erbaut" 1).

XCIII.

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Nur wenig waren der Augenblicke im bezeichneten Zeitraum, wo den Englischen und Schottischen Dissenters (wenn man einmal unter diesem Namen alle diejenigen begreifen will, die sich der Usurpation der Herrschaft über die Kirche Christi widersetzten) ein freieres Aufathmen vergönnt war die Regierungen wechselten, die Maximen aber blieben (mit Ausnahme der kurzen Herrschaft Cromwells, der 1654 die Religionsfreiheit proclamirte) dieselben. Die Bischöfe waren mit wenigen Ausnahmen nur dienstbare Werkzeuge der Maassregeln, die zuletzt alle Gemeindefreiheit vernichteten.

Selbst Thomas Cranmer, der aufrichtige Freund der Reformation, war so schwach, dass er bei Edward VI. um die Erneuerung seines Commissoriums nachsuchte und so erst den Forderungen des Evangeliums genügen zu können meinte 2). Auch unter diesem König, der unmündig war und blieb, ward in den starrsten staatskirchlichen Ansichten Nichts geändert. Die Bischöfe wurden durch Königliche Patente ernannt und übten alle ihre Amtsfunctionen im Namen des Königs. Cranmer selbst trieb den König, das Todesurtheil mehrerer Ketzer zu unterschreiben und vollziehen zu lassen.

Die Gewaltthätigkeiten, die unter der blutigen Maria (bis 1559) verübt wurden, die Hinschlachtung der Protestanten zu Tausenden, ruhten durchaus auf demselben Princip, welches die Anglikanische Staatskirche trug, nur dass sie den

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1) Funk Organisation der Englischen Staatskirche, S. 88. 2) Noch schärfer, aber keineswegs ungerecht, urtheilt der grosse Geschichtschreiber Macaulay über den falschen Vermitt lungs-Standpunkt Cranmers: Einem Heiligen gleich in seinen Bekenntnissen, ohne Gewissensschärfe in seinem Vornehmen, begeistert für Nichts, kühn im Speculiren, ein Feigling und Zeitdiener im Handeln, ein Feind, mit dem sich reden liess, und ein lauer Freund, war er in jeder Hinsicht dazu geeignet, die Bedingungen des Bündnisses zwischen den weltlichen und religiösen Feinden des Papstthums in Richtigkeit zu bringen." (Macaulay History of England, I, 51).

wirklichen Papst anerkannte, während ihr Vater und ihre Schwester sich selbst dazu machten. Die letztere, Elisabeth, welche sich vorgenommen hatte, das Gebäude des Anglikanismus zu vollenden, nahm nicht nur ,, die Suprematie des Regenten in kirchlichen Dingen" unter „, die Hauptstücke der Religion" auf, die überall gelehrt werden sollten, sondern errichtete, auf Antrieb des Dr. Whitgift, eine stehende Inquisition, welche jede Abweichung von der Disciplin, der Lehre, dem Cultus der herrschenden Kirche, bald nach kirchlichen, bald nach bürgerlichen Gesetzen, je nachdem es am schnellsten zum Ziele führte, richtete. Alle, welche von den Versammlungeu der Kirche sicb abhielten, wurden gefänglich eingesetzt und mussten binnen drei Monaten eine reumüthige Unterwerfungs - Acte" unterschreiben; im entgegengesetzten Fall wurden sie aus dem Lande verjagt; kehrten sie wieder zurück, ward das Todesurtheil über sie gesprochen (1596).

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Bekannt ist die Regierungsmaxime Jakobs des Ersten: ,, No bishop, no king;" nach seiner Ueberzeugung verhielt sich die presbyterianische zur bischöflichen Verfassung,, wie Belial zu Gott." Den einzigen Trost, den seine Vorgängerin den Dissentirenden gelassen hatte: die Auswanderung, raubte er ihnen. Der Thron schwankte bereits, während der König seinen,, Königs-Spiegel" schrieb ').

Diese Grundsätze führten bekanntlich seinen Sohn, Carl I., zum Blutgerüst (1649). Während die Schotten ihre kirchliche und bürgerliche Freiheit mit dem Schwerte behaupteten, führte das Englische Parlament das Schottische Kirchenbuch (1645) und die Presbyterial - Verfassung (1646) in England ein. Bald löste der Independentismus alle kirchlichen Gemeinschaftsbande. Das waren die goldnen Früchte der Bestrebungen des Bischofs William Laud und,, der liturgischen Hofcommission," die er auf den Befehl des Königs einrichtete (1636).

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Der Schein religiöser Freiheit, welchen die sogenannte Restauration" unter Carl II. hervorzauberte nach der Verordnung bei seinem Regierungsantritte schien es nämlich, als ob man durch die Zurückweisung des Episkopalismus innerhalb seiner Grenzen die Gemüther wirklich beruhigen wollte

verschwand bald. Härter als unter irgend einem der Tudor'schen und Stuart'schen Vorgänger ward die Kirchenfreiheit durch die Corporations - Acte (1661), die Uniformitäts-Acte

1) Unter seinen „,Opera," herausgegeben von Montacut, Lond. 1619.

(1662) und die Test-Acte (1663) gebunden. Selbst der Schatten der Freiheit ward jetzt bestraft. Kein Dissenter konnte, nach dem ersten dieser Gesetze, ein bürgerliches Amt bekleiden; nach dem zweiten mussten alle, die zu Aemtern gelangten, einen Revers ausstellen bezüglich ihrer Uebereinstimmung mit dem ganzen Inhalte der Liturgie; das dritte vollendete durch noch schärfere Bestimmungen die Anordnungen der beiden erstern. Im Namen der Religion wurden Schändlichkeiten verübt, vor welchen jedes menschliche Gefühl zurückschaudern muss; die hochkirchlichen Prediger waren alle, zufolge ihres Berufes von der Regierung, Polizeibediente und Henker zugleich; nicht mehr mit Blut zufrieden, wie unter der Regierung Marias, fügte man noch die ausgesuchtesten Martern hinzu. Unterdess schläferte der königliche Tyrann sein Gewissen ein, indem er sich heimlich zum Katholicismus hielt, den er noch in der Todesstunde (1685) nicht offen zu bekennen wagte 1).

XCIV.

Nach dieser Uebersicht wird man den Kampf der Englischen Dissenters für die Religionsfreiheit und die Bedeutsamkeit des Augenblicks ermessen können, als, namentlich seit der Thronbesteigung des Hannoverschen Hauses (1714) 2), die Bande je mehr und mehr gelockert wurden, und eine Reaction zu Gunsten der Freiheit eintrat, die, unter dem Einfluss hochherziger und wirklich staatskluger Männer, nach und nach eine solche Ausdehnung gewann, dass sie allen christlichen Völkern als Muster vorgestellt zu werden verdiente.

Bereits unter Georg I. ward nicht nur der Zustand der Dissenters durch die Parlamentsacte von 1715 (welche den Quäkern gestattete, in allen bürgerlichen Sachen statt des Eides eine blosse Versicherung zu geben) erträglicher gemacht, sondern die liberalern, des Christenthums allein würdigen, Grundsätze bahnten sich den Weg in die Episkopalkirche selbst. Der Bischof Benj. Hoadley führte in seiner Predigt,, von der Natur des Reiches Christi" 1717 aus: dass Christus der einzige Herr, Gesetzgeber und Richter in seiner Kirche sey; dass kein Mensch das Recht habe, derselben neue Gesetze

1) Macaulay History of England, 1, 435 ff.

2) Schritte zu einer grössern Freiheit waren bereits unter dem staatsklugen Wilhelm III. gethan, indem er durch die Prorogation der sogenannten,,Convocation" (Geistlichkeits- Synode), vors erste auf 10 Jahre, wenigstens ein wesentliches Hinderniss wegräumte. Seitdem blieb die Convocation, seit 1718, völlig prorogirt, und ihre Erwähnung bei jeder neuen Parlaments - Versamm lung ist eine blosse Formalität.

aufzulegen; dass die Diener der Kirche sich nicht mit weltlicher Regierung befassen dürfen, und dass die Obrigkeit kein Recht habe, Jemanden um seines religiösen Glaubens willen zu strafen. Nur unter dem Schirme dieser Freiheit konnten unter Georg II. († 1766) die Methodisten (obgleich bitterer als alle Dissenters von der Episkopalkirche gehasst, weil sie, aus dem Schoosse derselben entsprungen, sich von ihr nicht trennten) eine Disciplin und ein Kirchenregiment gründen, welches in vielen Stücken ein lautes Zeugniss gegen das bestehende ward.

Von da an war der endliche Sieg der Kirchenfreiheit in England entschieden; ungeachtet unter Georg III. die Regierungsgrundsätze sich etwas änderten, spottete sie der ohnmächtigen Dämme, wodurch man ihren Gang zum Ziele aufzuhalten strebte. Im letzten Theile des 18. Jahrhunderts war der grosse Staatsmann John Fox (1787, 1789, 1799) ihr ebenso begeisterter, als besonnener und unermüdeter Herold.

XCV.

Doch würde man sich irren, wenn man meinte, entweder dass Regierungsmaximen den vornehmsten Antheil an dieser unblutigen Umwälzung hatten, oder dass es allein England war, wo diese liberalere Denkungsart, welche die Gewissen allein an Gott gebunden haben wollte, Wurzel fasste. Nein, die Toleranzpredigt ist gewissermassen ein Kriterium des achtzehnten Jahrhunderts, und so oft auch diese Predigt gemisbraucht wurde theils um die Apathie des natürlichen Menschen zu schmücken, die es weder zum Glauben, noch zum Unglauben bringen mag, theils un die Fundamente alles Glaubens zu untergraben (wodurch die Toleranz selbst zuletzt zur abscheulichsten Intoleranz ward) in Gottes Hand ward sie dennoch ein mächtiges Werkzeug, der Religionsfreiheit den Weg zu bahnen, ein Sauerteig, der, einmal in die Masse geworfen, zuletzt das Ganze durchsäuerte. Wir stehen wieder vor einer der bewundernswürdigsten Spuren der verborgnen göttlichen Haushaltung. In Wahrheit er macht die Winde zu seinen Engeln, die flammenden Blitze zu seinen Dienern; vor Ihm wuss selbst das Dunkel zum Licht werden, wenn er seine Gerichte zum Segen der Frommen ausführt.

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Was Pufendorf, Thomasius, J. H. Böhmer systematisch zu begründen versucht und gleichsam Stein an Stein gefügt hatten (obgleich ein Theil desselben sich nicht tauglich zeigte zum wahren Kirchenbau) dasselbe stiessen Pierre Bayle und John Locke ins Leben hinaus, indem sie zugleich skeptisch-kritisch (obgleich in angeblich apo

logetischer Tendenz) an der historischen Kirche rüttelten, ohne dass es ihnen doch gelungen wäre auf diesem Wege mehr darzulegen, als dass sie selbst in ihrem Glauben tief schwankten.

Diese beiden grossen kritischen Geister sind die eigentlichen Toleranzpre diger des 18. Jahrhunderts, um so viel grösser und besser als ihre Nachtreter, als sie zugleich mit einer bewundernswürdigen Erkenntniss aller historischen Verhältnisse ausgerüstet waren. Was ihnen aber vor Allem ein bestimmtes Uebergewicht über die blossen Systematiker gab und das Ergebniss ihres Kampfes, sofern derselbe wirklich für die Gewissensfreiheit und das Recht des Glaubens sich erhob, war der Umstand, dass beide auf einen historischen Vorgrund und Hintergrund zugleich hinweisen konnwas ihre Lehren kräftiger unterstützte, als irgend ein selbstgewähltes Exempel oder irgend welche Theorie es vermochte. Bayle schrieb mit den Dragonaden Ludwigs XIV. und den sichtbaren Nachwirkungen solcher Maassregeln vor Augen - er selbst musste in Holland eine Zuflucht wider sie suchen Locke hatte die Summe aller Unterdrückungen und Anmassungen der Anglikanischen Staatskirche vor sich, die ebeu jetzt als eine falsche Rechnung sich auszuweisen anfingen. Beide konnten sagen, und sagten es: ,,Siehe, das ist die Staatskirche, und hier ist die Toleranz!"

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Bayle entwickelte seinen Gedankengang hauptsächlich in dem köstlichen Buche:,, Commentaire sur ces paroles: Contrains les d'entrer." Locke schleuderte seine Gedankenblitze aus in dem trefflichen Briefe über Toleranz" und in mehrern andern Schriften. Wir rufen blos einige Punkte aus dem letztgenannten ins Gedächtniss unsrer Leser zurück, um zu zeigen, wie grossartig dieser Kampf im Ganzen war, und wie Vieles bereits von demjenigen vorausgenommen war, worein man sich selbst jetzt mit Mühe zu finden scheint.

XCVI.

John Locke zeigt, dass es gradezu nur eine Geistesbeschränktheit sey, wenn die Regierung in Religionssachen partheiisch, oder wenn diese Partheilichkeit (als die nothwendige Folge jener Beschränktheit) sich auch auf die Bekenner der verschiedenen Religionen unter einander erstreckte. Unpartheiische, gerechte Freiheit (sagt er), das ist es, was wir alle bedürfen. Allein diese hat das Wort des Herrn selbst geheiliget; es ist der eigenthümliche Charakter seines Reichs; nimmer kann die verfolgende Kirche die wahre seyn. Das Reich Gottes ist Gerechtigkeit, Friede und Freude im Heiligen

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