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Selbsterkenntniss aus wird die rechte Grenzlinie sich ziehen lassen. Eine Staatsaufsicht über die Schulen aus der Mitte der Schule selbst, unter Mitwirkung der Kirche für Alles, was die Erziehung betrifft, und die ausschliessliche Leitung des Religionsunterrichts (natürlich mit den confessionellen Scheidungszeichen) durch dieselbe, wird von jetzt an, in der Periode der Religionsfreiheit, durchaus Noth thun. An eine Sonderung von Confessions- und Staatsschulen (die ja auch unter dieser Voraussetzung stets zusammenwirken müssten) werden wir, auf dem engern, uns zugemessenen Raume, keine Veranlassung finden zu denken.

Wenn ferner vornämlich ein Punkt geändert würde, worin sowohl die Kirche als der Staat mehr oder weniger gefehlt haben - wenn der Familie der ihr gebührende Antheil an der Schulsache zurückgegeben würde, indem man theils die Anfachung der hier betonten Kräfte zum Ziel sich setzte, theils die Modalität eines organischen Zusammenwirkens der grössern und engern Kreise (durch Schul-Presbyterien) näher bestimmte wenn endlich von Seiten des Staats die entehrende, verderbliche Einrichtung mit Mulctiren der Schulversäumnisse (die übrigens wohl schon überall sistirt seyn dürfte, wo der Staat irgendwie sein wahres Interesse begriff) ganz abgeschafft würde 1) so möchte der Weg zu einem freundlichen Zusammenwirken zwischen Kirche und Staat auf diesem Gebiete nicht blos gebahnt, sondern gesichert seyn.

CXXXIII.

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Vielleicht auf keinem andern Gebiete waren die Conflicte zwischen Staat und Kirche so ernstlicher Natur als auf dem der Ehe. Deshalb darf es uns nicht wundern, dass Luther, der (wie wir oben gehört) vom Anfange ganz,,unverwickelt mit diesen Sachen" seyn wollte, in einem Normalbuche für

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1) Ueberhaupt scheint (trotz dem, was v. Polenz in seiner Schrift über Gewissensfreiheit" S. 53 dagegen bemerkt) kein Schulzwang, ausser dem indirecten, den ja der Staat fühlbar genug machen kann, Platz greifen zu dürfen. Entweder muss man (wie an manchen Orten geschah) ,,Schulboten" einrich ten, welche die Saumseligen und Unwilligen durch passende Vorstellungen zur Erkenntniss bringen, und solche Boten weiterhin mit den Presbyterien in Verbindung setzen, oder man muss (nach der durchgängigen Praxis in Nordamerika) die Erwerbung oder den Verlust gewisser bürgerlicher Rechte und Ehrenfunctionen an den fleissigen Schulbesuch knüpfen. Vgl. über diesen letztern Gegenstand: Vinet essai sur la manifestation des convictions réligieuses, p. 460 ff.

die evangelischen Prediger dieses als die rechte Art und Weise der Kirche anempfahl, die Trauung als eine freie Sache, für diejenigen, welche sie begehrten, hinzustellen ), während, als natürliche Consequenz davon, alles Bürgerliche, das in die Ehe einschlägt, an die bürgerliche Obrigkeit verwiesen, mit nichten aber wie früher bischöflichen Officialaten übergeben ward, woraus (wie sich gezeigt hatte) die Ehefragen nur verwickelt und höchst verletzende Folgerungen für den Staat gebildet wurden.

Dass die Sache in der Lutherischen Kirche sich anders gestaltete, war gewiss nicht Luthers und ebenso wenig Melanchthons Schuld, der durchaus dieselben Grundsätze in dieser Beziehung wie sein grosser Mitstreiter vertheidigte. Das hatten aber am allerwenigsten die Reformatoren sich träumen lassen, dass man, ihrer Ansicht und der offenkundigen Lehre der heiligen Schrift, so wie der Apostolischen und der Praxis der primitiven Kirche zuwider 2), im neunzehnten Jahrhundert von vielen Seiten die Civilehe zu einem Concubinat gestempelt hätte, deren Einführung (so dass Staat und Kirche dasjenige, was ihnen gebührt. erhielten) allein die Grenzstreitigkeiten zu entfernen vermag, deren Ausfechtung nicht selten durch die Beschwerung der Gewissen der Geistlichen, die Störung der Ruhe der Familien und endlich die Lähmung der Kraft des Staats selbst erkauft ward 3).

Wohl können wir es fassen, wie Männer, welche für die Bedeutung und Erhaltung der heiligen Sitte 4) warm füh

1) Vgl. oben §. XXXV. und Luthers Traubüchhein für die einfältigen Pfarrherrn; Werke, X, 855 f.

2) Wir brauchen blos auf die ausdrücklichen Worte des Herrn Matth. 19, 3 ff., welcher durchaus nichts weiter über die Schliessung der Ehen verordnete, als was bereits im Mosaischen Gesetze bestand, und nur den wahren einzigen Scheidungsgrund schärfte, so wie auf die Art und Weise hinzuweisen, wie der Apostel Paulus die Frage von den frühesten gemischten Ehen in der Christenheit 1 Cor. 7, 10-17 behandelt. Ueber die Praxis der alten Kirche vgl. Augusti's Denkwürdigkeiten aus der christlichen Archäologie, Bd. IX.

3) Den augenfälligsten Beweis dafür haben wir unlängst in den Streitigkeiten zwischen dem Erzbischof von Cöln und der Preussischen Krone (1837–1840) erhalten, die sich bekanntlich auch über die Frage von der passiven Assistenz" der Römischkatholischen Geistlichkeit, und von der confessionellen Erziehung der Kinder aus gemischten Ehen erstreckten Dass viele evangel. Geistliche und Universitätslehrer damals sich unbedingt für das formelle Recht der Römischen Kirche in diesem Punkte erklär. ten, konnte ihnen gewiss nur zur Ehre gereichen.

4) Denn so und nicht anders ist die Trauung in der älte

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len, alle Kräfte der Ueberredung dahin richten, dass dieselbe, wie bisher, die Regel seyn und bleiben müsse wir theilen durchus ihren Wunsch, nur nicht ihre Furcht, dass es anders werden möchte allein das können wir nicht verstehen, wie sie Consequenzen der Art in Schutz nehmen können, dass, wo eine Sonderung desjenigen, was die bürgerliche Gültigkeit der Ehe ausmacht, von der kirchlichen Sanction und Ratihabition dieses Verhältnisses einträte (welches letztere ja, schon dem Begriffe nach, eine freie Sache seyn muss), sofort ein bisher in den weitesten Kreisen noch ganz unbekanntes, fremdartiges Element in das christliche Volksleben eindringen, und nothwendig das Seinige dazu beitragen würde, alle christlichen Lebensanschauungen des Volks aufzulösen und dadurch mehr und mehr der Kirche selbst ihren Boden zu entziehen" 1).

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CXXXIV.

Darum können wir es nicht verstehen, weil die allereinfachste Erfahrung diejenigen, welche solche Furcht hegen, auf drei Hauptpunkte hätte aufmerksam machen müssen, die wirklich hier entscheidend sind. Unzweifelhaft ist es nämlich zuerst, dass das ganze fragliche Verhältniss bereits auf viele Weise untergraben ist, und dass selbst die strengsten Ehe- und Scheidungsgesetze von Seiten des Staates dasselbe nicht in die ursprüngliche Lage haben zurückbringen können 2); hieraus aber scheint nothwendig die Folgerung hervorzugehen, dass auch in diesem Falle das Princip der Freiheit und bürgerlichen Ordnung zu allererst sich geltend machen muss, damit der Segen der Kirche, welcher gegenwärtig sehr Vielen als blos leere Form oder als eine abgenöthigte Zugabe, als eine Uebergangsbrücke erscheint, wiederum in seinem vollen Glanze strahlen, in seiner unvergänglichen Bedeutung anerkannt werden könne. Dann aber lehrt uns die Geschichte, dass wo die Civilehe eingeführt war oder ward, da hat sie sten Kirche bezeichnet, indem sie ursprünglich eine Notification für die Gemeinde und den Bischof war, woran später der priesterliche Segen sich knüpfte. Dieses ist auch vollkommen von unsern bessern Dogmatikern und Ethikern anerkannt. S. J. L. v. Mosheims Sittenlehre, VIII, 197 f. Baumgartens evangel. Glaubenslehre, III, 663. Reinhards System der christlichen Moral, III, 408.

1) Krabbe die evangelische Landeskirche Preussens, S. 495. 2) Die reichste Erfahrung in dieser Hinsicht hat man ohne Zweifel in Preussen eingesammelt, wo die Reform der Ehe- und Scheidungsgesetzgebung zuletzt einer eigenen Commission übertragen ward, ohne dass auch diese es weiter als bis zu wohlgemeinten Vorschlägen bringen konnte.

keineswegs die befürchteten Wirkungen im Gefolge gehabt; die Heiligkeit der Ehe (welche ja selbst die Bessern unter den Heiden anerkannten) 1) ist keineswegs dadurch gekränkt worden; die Kirche hat von dem Einflusse auf ihre Mitglieder, der durch die Institution der Trauung bedingt ist, Nichts verloren. Endlich dürfte selbst ein minder aufmerksamer Blick auf die Verhältnisse und die Entwickelung der Gegenwart uns überzeugen, dass die Einrichtungen, hinsichtlich des Ehecontracts und der Bedingungen der Scheidung, welche von Zeit zu Zeit in den modernern Staaten getroffen, der Einführung der Civilehe durchaus historisch den Weg gebahnt haben, ohne dass die Kirche von ihrem wohlverstandenen Standpunkte sich befugt erkannt hätte, irgend einen Einspruch dagegen zu erheben 2).

Denjenigen, welche eine gründliche historisch-rechtliche Uebersicht der ganzen Frage wünschen, dürfte kaum Etwas mehr zu empfehlen seyn als die Verhandlungen über diesen Punkt in der Kurhessischen Ständeversammlung 1846/47, wo, ausser mehrern evangelischen Mitgliedern, zwei Römisch-katholische, der Bischof von Mainz und der damalige Kanzler Linde, mit siegreicher Kraft den Beweis führten, dass die Civilehe in jeder Beziehung geeignet ist, die Verwicklungen auf diesem Gebiete zu lösen, indem sie eines Theils die Unabhängigkeit des Staats von der Kirche sichert, und andererseits die Gewissensfreiheit der Bürger schützt, ohne den religiösen Sinn zu untergraben 3).

CXXXV.

Am leichtesten wird ohne Zweifel die Composition über das Armenwesen zu Stande kommen. Denn hier ist die Axt unstreitig schon an die Wurzel des Baumes gelegt. Man wird immer mehr einsehen, dass dieses Staats-Armenwesen mit seinem ungeheuren bureaukratischen Mechanismus und seiner geringen intensiven Wirksamkeit wie es jetzt in vielen Staaten fast ausschliesslich besteht, so dass nur für eine gewöhnlich durchaus ungeregelte und gerade deshalb weniger fruchtbare Privat- Wohlthätigkeit Raum daneben übrig gelassen ist nicht einmal dem Begriffe

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1),, Casta, sancta, intemerata connubia" ist wenigstens das Postulat des bessern Heidenthums, zumal bei den ersten Römern.

2) Nur gegen das Formlose, das bei diesem Uebergange in einigen Staaten sich herausgestellt hat (indem die Schliessung der Ehe die Kirche erhalten, die Scheidung derselben dem Staate vindicirt ward) könnte man gerechte Einwendungen erheben.

3) Vgl. Allgemeine Zeitung 1846, Nr. 328. 336. 1847, Nr. 86. 91.

des Staats entspricht, geschweige dass es durch die Aufnahme kirchlicher Individuen, die sich nicht frei bewegen dürfen, etwas vom Begriffe der Kirche ausdrücken sollte. Man kann nicht mehr gegen die Thatsache die Augen verschliessen, dass in demselben Maasse wie dieses Armenwesen sich ausbildete und arrondirte, in demselben Maasse auch die eigentliche Armenpflege und Armenaufsicht so gut wie ganz versäumt wurden; dass selbst neben den am vollkommensten organisirten Armeneinrichtungen in allen Mittelund grösseren Städten Schulen des Proletariats sich öffneten, das nun gleichsam wie ein Netz über alle Staaten sich ausbreitet nnd die beste Kraft derselben zu ersticken, allen Segen zu verschlingen droht. Man wird genöthigt werden anzuerkennen, dass der Staat in einem Jahrhunderte oder elwas mehr die theuer erkaufte Erfahrung gemacht hat, wie unzulänglich alle Staats- Kräfte und Mittel sind, wenn man das Undenkbare zu realisiren sich vorsetzt, nämlich dass Alles Staat werden soll.

Die Religionsfreiheit geht in die Weinerndte der Erfahrung ein. Wo der Staat dieselbe als Princip adoptirt, um diese Verhältnisse zu ordnen, da wird nicht blos neben den gründlich reformirten Staatseinrichtungen zu diesem Zwecke ein kirchliches Armenwesen sich bilden, sondern man wird streben, so viel möglich gut zu machen, was in dieser Hinsicht gesündigt und verbrochen ist, indem man die Säcularisation ohne Weiteres auch auf die mannigfachen kirchlichen Wohlthätigkeitsanstalten aus der Väter Tagen ausgedehnt hat; man wird einsehen, dass, was die Kirche hier zurückfordert, durchaus nichts Anders als das Recht ist, welches der Staat selbst den Freimaurerlogen und den Associationen mit blos irdischen, vergänglichen Zwecken zu weigern sich geschämt hat.

Durch die also gewonnene Einsicht wird und muss auch das Hospitals- und Gefängnisswesen gründlich gebessert werden. Die Verwaltung der Spitäler wird vereinfacht werden, indem man aufs neue die Kunst der Väter lernt, sie zu errichten, und dasjenige verlernt, was man jetzt allein sich angeeignet hat: jene reich dotirten Stiftungen nicht einmal erhalten zu können. Die Corrections- und Zuchthäuser aber werden, wo nur eine wahre religiöse Pflege ihnen substruirt werden kann (welches offenbar durch die Entfaltung der freien kirchlichen Kräfte bedingt ist), nicht länger Zerrbilder bleiben, und ihren Namen wie lucus a non lucendo führen. Die Organisation der Gefängnisse wird nicht länger, so wie jetzt, ein unlösbares Problem blei

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