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Aber, wenn es nun nach allem Angeführten keinem Zweifel unterworfen sein kann, dass es die Assyrier und nicht die Babylonier sind, von denen Micha das Strafgericht über Juda erwartete, musste da nicht sein Buch, nachdem nun alle auf Juda bezüglichen Drohungen in demselben, zurückgenommen, nicht in Erfüllung gegangen waren, nachdem sich die alle diese Drohungen zusammenfassende und ihre Spitze bildende Verkündigung in ihm, die Verkündigung in 3, 12, durch die Busse des Königs und seines Volks aufgehoben, nicht erfüllt hatte, einen grossen Theil seiner Bedeutung verlieren, und muss es nicht so schwer begreiflich erscheinen, wie dasselbe dennoch durch Abschriften vervielfältigt, auf die Nachwelt gebracht und in den Kanon aufgenommen werden konnte? Was konnten unerfüllte Drohungen für die folgenden Geschlechter für Bedeutung, was konnten diese an ihnen für ein Interesse haben? Dass die Verkündigung in 1, 6. 7 sich erfüllt hatte, vermochte dem Buche noch keine solche Bedeutung zu verleihen, die seine Erhaltung erklärlich macht. Dazu war diese Verkündigung doch zu untergeordnet in ihm. Sie vermochte es um so weniger, als sie sehr bald nachdem sie ausgesprochen worden, sich erfüllte und dadurch nothwendig an Bedeutung verlor. Noch weniger konnten die Verheissungen in 2, 12 f. und C. 4. 5 dem Buche ein solches Ansehen und eine solche Bedeutung geben, die seine Erhaltung erklärlich machen. Sich im strengsten Gegensatze zu den Drohungen in C. 1-3 bewegend, auf ihnen sich aufbauend, ihre Erfüllung zu ihrer Voraussetzung habend, mussten sie, nachdem dieselben sich nicht hatten erfüllen sollen und in Folge davon nicht erfüllt hatten, theils (die Verheissungen in 2, 12 f. 4, 6. 7. 10) ganz wegfallen, theils (die Verheissungen in 4, 8. 5, 1 ff. 4, 1 ff.) zum Wenigsten sehr bedeutend modificirt werden, eine wesentlich andere Gestalt annehmen. Nicht gerade das in den zuletzt angeführten Stellen verheissene, sondern höchstens etwa nur ihm Aehnliches konnte in Erfüllung gehen. Ganz anders wäre es mit dem Buche Micha's gewesen, hätten sich die Drohungen gegen Juda in C. 1-3 und in 4, 9 f. erst in späterer Zeit durch die Babylonier erfüllen sollen. Da hätte es vor der Erfüllung die Aufmerksamkeit des jüdischen Volkes in hohem Grade auf sich ziehen und bei und nach derselben, aufs Glänzendste bewahrheitet, das höchste Ansehen unter ihm erlangen müssen. Auch dann, wenn die Drohungen in ihm, Micha's Zeit geltend, sich in ihr erfüllt hätten, würde, wie es eine grosse Bedeutung und ein hohes Anschen gewinnen und sich erhalten und den heiligen Schriften bei

gesellt werden konnte, leicht zu fassen sein.

Fast scheint

es, Micha's Wirksamkeit hätte, wenn er nicht, wie wir annehmen müssen, seine Schrift schon ehe er bei der in Jer. 26, 18 f. erwähnten Gelegenheit auftrat verfasst, wenn er nicht bei dieser Gelegenheit eben sie vorgetragen hätte, eine bloss mündliche bleiben müssen. Wie sollen wir uns nun die Stellung des Propheten selbst zu seiner eigenen Schrift denken, nachdem die Drohungen in ihr zurückgenommen worden waren? wie die seiner erleuchteten Zeitgenossen? wie die der zunächst folgenden Geschlechter? Wie fassten sie alle ihren Inhalt auf und welche Bedeutung hatte er für sie?

Es lässt sich auf diese Fragen eine genügende Antwort geben und in zufriedenstellender Weise darthun, dass die Schrift Micha's auch nachdem die Drohungen gegen Juda in C. 1-3. 4, 9 f. zurückgenommen worden waren, noch eine solche Bedeutung behielt, dass sich ihre Erhaltung und Aufnahme in den Kanon sehr wohl erklären lässt.

Zunächst hatte sie, trotz der Nichterfüllung des grössten und bedeutendsten Theils ihrer Drohungen für jeden erleuchteten Israeliten in Micha's Zeit und in den nächsten Generationen nach ihr dadurch eine nicht geringe Bedeutung, dass sie auf der einen Seite zeigte, dass in der grossen und furchtbaren Katastrophe Samariens und des Zehnstämmereichs, die man eben oder seit kürzerer oder längerer Zeit hinter sich hatte, eine klare und scharfe Weissagung des Herrn in Erfüllung gegangen war, auf der anderen, dass man in Gefahr vor einem gleichen Gerichte gestanden hatte und ihm nur durch schleunige Busse und die Barmherzigkeit des Herrn entronnen war. Die Verkündigung in 1, 6 f. konnte, zusammengehalten mit ihrer Erfüllung, bei ähnlichen Verkündigungen zeigen, wie man diese keinesweges gering zu achten, sondern ihre Erfüllung zu fürchten habe; die Drohungen in 1, 8 ff. u. s. w. konnten, zusammengehalten damit, dass die göttliche Barmherzigkeit sie auf schleunige Busse zurückgenommen hatte (dass dies der Fall gewesen, wusste man, wie aus Jer. 26, 17 ff. zu ersehen, aus der Ueberlieferung, oder man hatte es noch selbst mit erlebt), bei ähnlichen Drohungen lehren, wie man auf sie alsbald Busse thun müsse und dann Zurücknahme derselben von der Barmherzigkeit des Herrn erwarten könne. Und dass, wenn auch nicht die durch schleunige Busse von der göttlichen Barmherzigkeit erlangte Zurücknahme aller Drohungen des Buches Micha, so doch die der sie zusammenfassenden und ihre Spitze bildenden Drohung in 3, 12, und mithin doch wiederum wesentlich die aller

Drohungen desselben, wirklich zu dem Zwecke angewendet wurden, zu zeigen, dass man durch sofortige Busse von der göttlichen Barmherzigkeit Zurücknahme der Drohung eines ganz gleichen Gerichtes, wie das iu 3, 12 ist, erwirken könne, erfahren wir aus Jer. 26, 17 ff. Die erfüllte Verkündigung in Mich. 1, 6 f. und die zurückgenommenen Drohungen in Mich. 1, 8 ff. u. s. w., die bei Gelegenheit von Drohungen, die den letzteren glichen, zur Hervorrufung von Busse leicht so benutzt werden konnten, ja wie von selbst so benutzt werden mussten, dass sie bei diesem Zwecke einander unterstützten und ergänzten, waren um so mehr geeignet, unter denselben Umständen, unter welchen sie ausgesprochen worden waren, Umkehr zu bewirken, als das erfüllte Verkündete und zurückgenommene Gedrohte das Höchste und Furchtbarste gewesen war, was Israel verkündet und gedroht werden konnte.

Aber das Angeführte war weder das Einzige, was dem Buche Micha trotz der Nichterfüllung der Drolrungen in 1, 8 ff. u. s. w. Ansehen und Bedeutung verlieh, noch Dasjenige, was sie ihm vorzüglich verschaffte. So gewiss Strafverkündigungen durch Busse der Bedrohten unerfüllt bleiben konnten, so gewiss mussten sie wieder in Kraft treten, SObald sich die Busse als keine daurende erwies, sobald an ihre Stelle neuer Abfall trat; es zeigte sich dann, dass sie nur aufgeschoben, nicht aufgehoben waren; und da nun auf die Tage Hiskia's Zeiten, wie die Manasse's, Amons und die ersten 12 Jahre Josia's folgten, so mussten, wenn irgend je welche, die Strafverkündigungen im Buche Micha nach dem Tode Hiskia's wieder in Kraft treten. Ein jeder erleuchtete Israelit musste von dem Zeitpunkte an, wo Manasse's gräuliches Treiben begann, ihre Erfüllung erwarten. Wie denn auch ihr wesentlicher Inhalt unter diesem Nachfolger Hiskia's (s. 2 Kg. 21, 12-14, wo Jerusalem Samariens Schicksal, Vertilgung und Umkehrung, und dem jüdischen Volke Zerstreuung und Verbannung verkündet wird) und dann unter Josia und seinen Nachfolgern (s. 2 Kg. 22, 16. Jer. 7, 14 f. 26, 6, in welchen letzteren beiden Stellen, die, wie die Weissagungen, denen sie angehören, geradezu in Beziehung zum Bucha Micha stehen, Juda das Schicksal Ephraims und dem Tempel das des Heiligthums in Silo gedroht wird) wiederholt und bestätigt ward. (Unter Josia und seinen Nachfolgern geschah Dies, weil eine gründliche Bekehrung unter ihnen weder eintrat, noch eintreten konnte, indem die Regierungen Manasse's und Amons das jüdische Volk als Ganzes religiös im höchsten Grade gebrochen hatten).

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Und mit den Strafverkündigungen des Buchs mussten natilrfich auch alle seine Verheissungen wieder in Kraft treten. Dadurch, dass die Strafwerkzeuge nun Andere als die Assyrier sein mussten, und zwar schon seit Sanheribs Niederlage, indem die assyrische Weltmacht für Juda in ihr für immer gebrochen ward, s. Nah. 1, 9 (wie denn auch das, was 2 Chr. 33, 11 unter Manasse geschah, mit den Drohungen Micha's, selbst mit der in 4, 9, keinen Vergleich aushält und nur wie ein Vorspiel dessen war, was durch die Chaldäer geschehen sollte), ward die Weissagung Micha's nicht wesentlich verändert. Und zum Vollstrecker dessen, was nach Micha durch die Assyrier hatte vollstreckt werden sollen, konnte das Volk, welches nach nicht sehr langer Zeit immer deutlicher als der zukünftige Erbe der Assyrier in der Weltherrschaft hervortrat (Jes. erkannte ihn schon kurz nach Sanheribs Niederlage in demselben, Jes. 39, 6 f.) und sie endlich auch wirklich darin ablöste, das babylonische, um so leichter von den Lesern des Buches gemacht werden, als Micha, offenbar unter Leitung des Geistes, sich über das assyrische Weltreich so ausgedrückt hatte, dass das auf dasselbe folgende babylonische in seinen Ausdrücken wie mit gemeint, ja eigentlich noch treffender bezeichnet war als das assyrische. Das Reich Nimrods, welches das Gericht über Juda vollstrecken sollte, kam erst recht zu Stande, als der Sitz der Weltherrschaft von Assyrien und Ninive nach Babylonien und Babel, den Ausgangspunkten des nimrodischen Reiches, zurückkehrte, wie denn auch die Chaldäer erst rechte Menschenjäger waren (s. Jer. 16, 16. Klgl. 5, 19 und Hab. 1, 14 ff.). Erst als Babel wieder geworden war, was es in der Urzeit gewesen, das Haupt des Königreichs Nimrods, konnte Zion erst recht dorthin kommen. Das babylonische Reich war, wenn das assyrische als das nimrodische aufgefasst ward, gleichsam nur die Vollendung der beiden letzteren und die Rückkehr des Endes zum Anfang. Das assyrische und babylonische Reich waren gleichsam nur die zwei Phasen des einen nimrodischen, und es züchtigt dieses in seiner ersten Phase das Zehnstämmereich, in seiner zweiten, als es sich vollendete, das Reich Juda, ganz dem Verhältnisse gemäss, was zwischen den beiden israelitischen Reichen obwaltete : Juda, das israelitische Centralreich, Jerusalem, Israels Centrale, der Tempel, der Kern und Mittelpunkt des Volkes Gottes, wurden von dem nimrodischen Reiche zerstört, als dessen Sitz wieder zu seinem Ausgangspunkte und seiner Geburtstätte zurückgekehrt, als Babel wieder zu seinem uralten Rechte gelangt war. Das alte nimrodische Reich, von dem Zeitschr. f. luth. Theol. III. 1852.

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in Gen. 10, 10-12 die Rede ist, war eine Weissagung, ein Typus, wie auf das spätere Weltreich und die späteren Weltreiche überhaupt, so insbesondere auf das spätere doppelgestaltige nimrodische Weltreich, mit dem Israel zuerst in Conflict kam und dem es unterlag. Die spätere Doppelgestalt war schon im Anfange präformirt, nur dass, als in dem neuer nimrodischen Reiche das in Erfüllung ging, was in dem alten vorbedeutet war, ein der Entwickeluug des letzteren entgegengesetzter Entwickelungsgang Statt fand: Die alte Idee des Weltreiches, die in Sinear-Assur entstanden war und zuerst sich geltend gemacht hatte und im Laufe der Zeit mehrfach in seinen Umgebungen sich geregt*), erwachte in ihm, als

*) S. Gen. 14, 1 und Jud. 3, 8. Dass Abraham, derStamnivater Israels die transeuphratensischen Könige besiegt, war eine Weissagung darauf, dass das von ihm abstammende Volk dereinst das Weltreich besiegen sollte. Der erste Unterdrücker Israels nachdem es das verheissene Land eingenommen hatte, das Strafwerkzeug für seinen ersten Abfall nach der Besitznahme desselben, ist sehr bedeutungsvoll und eine Weissagung auf die dereinstige Bestrafung seines vollendeten Abfalls durch die Weltreiche von jenseits des Euphrat, ein transeuphratensischer, mesopotamischer König und heisst, ebenfalls bedeutungsvoll, Cuschân Rischatajim der Cuschit der Doppelbosheit. Nimrod, der Erfinder der

war ein Sohn Cuschs gewesen (Gen. 10, 8), und Jeremia nennt, Jer. 50, 21, Babel, das Land Doppelwiderspünstigkeit. Zu Abrahams Zeit ist Elam der Mittelpunkt der transeuphratensischen weltreichlichen Bestrebungen, im Anfange der Richterzeit ist es Mesopotamien. Im Umkreise des alten nimrodischen Reiches und in den ihn umgebenden Ländern regte sich fort und fort die in Nimrods Seele entstandene und in seinem Reiche zuerst dargestellte Reichs- oder Weltreichsidee. Zuerst treffen wir sie in den Umgebungen desselben, in Elam und Mesopotamien, an. In Elam ist ihre Realisation eine noch sehr unvollkommene. Kedorlaomer erscheint in Gen. 14, 4. 5. 17. 9 nur als das Haupt der vier transeuphrateusischen Könige, als der mächtigste unter ihnen, der an ihrer Spitze steht, als der primus inter pares, und in Gen. 14, 1, wo die Könige zum ersten Male genannt werden, nimmt nicht er, sondern der König von Sinear (dessen Hauptstadt Babel war) den ersten Platz ein, ohne Zweifel, weil zwar gegenwärtig der König von Elam der transeuphratensische König war, welcher die grösste Macht besass und zu dem die übrigen Könige in dem Verhältnisse standen, worin unter Verbündeten die mindermächtigen zum mächtigsten sich befinden, aber der König von Sinear dem Range, der historischen Würde nach der erste war, indem Sinear das älteste Reich und der Ort war, wo zuerst ein Reich entstanden. (Dass in Gen. 14, 1 die vier Könige in alphabetischer Ordnung stehen, ist gewiss nur zufällig). Die transeuphratensische Weltmacht, die in Gen. 14 zum ersten Male in den Ländern diesseits des Euphrats erobernd erscheint (Nimrod hielt sich nach Gen. 10, 8 ff. noch jenseits des Flusses), ist wesentlich noch eine getheilte, viergetheilte. Ne

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