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Worte V. 37. drücken die Stimmung aus, in welcher die Jünger dem sich verbergenden HErrn nachgingen: o in welch niederschlagendem Contraste stand diese Stimmung zu der Palmsonntagsfreude ihres Miteinzugs in Jerusalem! Der HErr aber las in den Seelen der betrübten Jünger, und er eilte, kräftige Arzeney ihnen darzubieten gegen das Aergerniss, zu welchem der Unglaube des Volks ihnen gereichen wollte. Dies ist das rechte Motiv Seiner Rede vor den Jüngern,

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in welcher er vor ihren Ohren zusammenfasst, was er diese drei Jahre hindurch vor den Ohren des Volks gepredigt. Und zwar stärkt er zuerst die Jünger, als die nicht vergeblich an ihn glaubten (V. 44-46.); zweitens aber stellt er das Gericht derer, die nicht an ihn glauben, als ein gerechtes ins Licht, weil er Nichts unterlassen habe, um an Allen das empfangene Gebot des Vaters auszurichten, dass er die Welt selig mache zu ewigem Leben (V. 17–50.). Dies die von Lücke vermisste innere Einheit" der Rede. Warum hat aber Johannes nicht ausdrücklich die Jünger als die Hörer der Rede bezeichnet und etwa geschrieben:,,Jesus rief und sprach zu seinen Jüngern," oder „, zu den Zwölfen?" Erstens wohl desshalb, weil die Rede von den übrigen an die Jünger gerichteten allerdings dadurch unterschieden ist, dass hier das Volk den dem Auge des HErrn gegenwärtigen Hintergrund der Hörerschaft bildet, wesshalb es präciser ist zu sagen, die Rede sey vor den Jüngern, als sie sey an die Jünger gesprochen. Zweitens aber hatte ja der Evangelist V. 36. die Situation deutlich genug bezeichnet, und es lag nicht in seinem Plane, den Gang nach Bethanien in seine Darstellung der Leidenswoche aufzunehmen. Uebrigens beachte man, wie die Synoptiker des HErrn letzte Reden an das Volk xans mittheilen, während Joh. neben der öffentlichen Rede V. 23-36. nur diese eine im Jüngerkreise erschollene aufgenommen hat.

Fasst man den so dargelegten Zusammenhang ins Auge und erkennt die unmittelbaren Hörer der Rede in den Jüngern, nicht in dem Volke, so entzieht man sich der Versuchung jene künstlichen und gewaltsamen Mittel anzuwenden, wodurch ältere Ausleger die Ursprünglichkeit der Rede zu erhalten suchen. Selbst einem Bengel konnte es nicht gelingen, den das exegetische Zartgefühl verletzenden Hiatus zwischen V. 36 und 44. auszufüllen, eben weil er den HErrn zum Volke reden lässt; denn schwerlich wird man sich mit seiner (der Lampe'schen gleichkommenden) Interpretation befreunden können: „Verba V. 44-50. in ipso abitu effatus

est, quum notabili jam intervallo remotus ab hominibus esset; quare clamasse dicitur, ut scilicet illi ipsi, quibuscum locutus erat, audirent, non exclusis reliquis, in templo tum constitutis. Occultationem prius memoravit Joh., V. 36., utpote verba: adhuc pusillum ct. respicientem.“ Wollte inan auch die letzte, immerhin scharfsinnige Bemerkung gelten lassen, so wird doch der Tenor von V. 37-43. mit Bengel's Anordnung des Textes unvereinbar bleiben. Jedwede Annahme, welche den deutlichen Schluss character dieser Zwischenbetrachtung des Evangelisten verwischt, muss sich unhaltbar erweisen gegen die Argumente, mit denen die neueren Ausleger, zuletzt Stier in grosser Klarheit und Sicherheit, die Behauptung zu begründen suchen: dass in diesen VV. 44-50. ein Johanneisches Summarium aus vorigen Reden Jesu enthalten, die gegentheilige Ansicht von der Ursprünglichkeit der Rede aber gewaltsam wider die ganze Gestalt sey, in welche Joh. die Sache stelle "*).

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Erst nachdem durch volle Anerkennung der epilogischen Tendenz von V. 37-43. und des abschliessenden Characters von V. 36. die alte Annahme von der Ursprünglichkeit der Rede concurrenzfähig gemacht ist, fällt für sie das ganze Gewicht der Worte in die Wagschaale, mit denen der Evangelist die Rede einleitet:,,Jesus aber rief und sprach.“ Gewiss mit Recht hat Kling **) auf dies expage scharfen

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*) Ebrard (Wissensch. Kritik der ev. Gesch. S. 601) beharrt allerdings bei der alten Annahme; aber wir vermögen ihm auf dem Wege nicht zu folgen, den er einschlägt, um die Ursprüng. lichkeit der Rede mit V. 36 in Einklang zu setzen. Er lässt nämlich die Rede nicht unmittelbar nach V. 20-36. weil sonst Jesus hätte wiederumwenden" müssen sondern früher, bei irgend einer bestimmten, nicht weiter angegebenen Veranlassung," vom HErrn gesprochen seyn und meint, der Evang. beabsichtige gegenüber der Grundgesinnung der oxoría, des selbstsüchtigen Trachtens nach der eignen Jóga, Jesum als Den darzustellen, der nie das Seine, sondern stets die Ehre seines Vaters gesucht habe, und eben dies,, mache er klar" an einer frühern, bei bestimm tem Anlass gespsochenen Rede. Auch abgesehen von dem Problematischen eines derartigen Nachtrags in dem streng chronologisch gehaltenen Ev. Joh ist nicht erfindlich, dass ein solcher Gegensatz zu V. 43. den Grundgedanken der Rede characterisire, den vielmehr Olshausen ganz richtig dahin angibt:,,Segen des Glaubens und Fluch des Unglaubens," obschon derselbe in der Rede,,lauter einzelne, ohne strengen innern Zusammenhang aneinander gereihete Sentenzen erblickt.

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**) Stnd. u. Krit. 1836 3. S 677. Es ist mir der Aufsatz leider nicht zur Hand gewesen; doch aus Stier's und Olshausen's Anführungen ersehe ich, dass auch Kling die Rede an das Volk gerichtet seyn lässt,

Man

Nachdruck gelegt und dessen Unverträglichkeit mit einer nicht thatsächlichen, wirklich so gesprochenen Rede hervorgehoben. Exegeten freilich wie de Wette haben ihr Privatvergnügen daran, wenn sie solch Wörtlein, wie dies exque, erjagen: Johannes hat dann Christo allerdings eine gerade so, mit lauter Stimme gehaltene Rede beilegen wollen; aber es ergibt sich für jeden Verständigen, dass sie so nie gehalten seyn kann quod erat demonstrandum. Ehrerbietige Ausleger dagegen, die auf dem Boden der heil. Schrift mit ausgezogenen Schuhen zu gehen wünschen, müssen durch diese erhobene Stimme des Redenden sich bedrückt fühlen, sofern sie in der Rede eine Musivarbeit des Evangelisten, und zwar eine von ihm selber als solche indicirte finden wollen. Stier meint dieser Verlegenheit dadurch zu entgehen, dass er mit Baumgarten-Crusius für die Aoristen ἔκραξε καὶ εἶπεν die Bedeutung,, des Pflegens, des gewöhnlichen, bleibenden oder doch wiederholten Thuns" in Anspruch nimmt und übersetzt:,, Fortwährend sprach er laut erklärend so.“ darf jedoch diesen Sinn nur ohne Umschreibung aussprechen: ,,Fortwährend rief und sprach er so," um gewahr zu werden, dass diese Uebersetzung in die Kategorie der Ausflüchte gehört. Viermal im Ev. Joh. wird ein xoá (xoavyášeıv) Jesu erwähnt. Cap. 7, 28; 37; 11, 43. und an unsrer Stelle,, Minime saepe clamavit Christus," sagt Bengel zu Cap. 7, 28. mit Hindeutung auf Matth. 12, 19.;,,quare clamores, quos edidit, magnas habuere causas; und Hengstenberg macht zu Offenb. 7, 2. die feine Bemerkung, dass hier dieselbe laute Stimme" sich hören lasse, welche auch Joh. 11, 43. als Verkündigerin des entschiedenen und unbedingten Willens" vorkomme. Den entschiedenen, unbedingten Willen, als Christus sich zu erweisen und Seine Herrlichkeit zu offenbaren, legt Jesus hinein in sein xoáče (vergl. auch das vom Täufer Johannes prädicirte xéxoayɛ im Prol. V. 15.): darin kommt unsre Stelle mit den drei übrigen überein, und Bengel's Anmerkung im Gnomon:,, clamavit, cupidus salutis humanae" (was also doch über das aus des Verf.'s Harm. ev. oben citirte bloss locale Motiv des Rufens hinausgreift) ist ganz zutreffend, nur dass die laute Stimme des HErrn auch den zweiten Theil seiner Rede umschliesse, worin seines Wortes richtende Herrlichkeit sich hervorthut. In den Zusammenhang, wie er nach unsrer Darstellung gestaltet ist, greift nun das:,, Jesus aber rief und sprach," ganz am passenden Orte und in genuiner Kraft ein. Dem Unglauben der Welt gegenüber bekräftigt der HErr den niedergeschlagenen Jüngern mit lauter, nachdrücklicher Stimme: es bleibe

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bei Seinen Worten, den Gläubigen zum Leben, den Ungläubigen zum selbstverschuldeten Gericht. Ja, Er rief und sprach:,,Ich weiss, das des Vaters Gebot ist das ewige Leben!"

Treten wir dem Inhalte der Rede näher, so begegnen uns der Wiederholungen von Sentenzen, die in zuvor gehaltenen und von Johannes aufgezeichneten Reden des HErrn bereits vorkommen, so viele, dass Tholuck sagen darf, ,, diese Rede enthalte gar nichts Neues, 66 und besonders aus dieser Ursach die Nicht-Ursprünglichkeit derselben für gewiss erklärt *). Indess zunächst ist wirklich nicht einzusehen, warum, wenn doch Johannes nach der Ansicht der neueren Ausleger eine ,, Recapitulation der Hauptaussprüche Jesu" für erspriesslich gehalten hat, dieselbe dem HErrn selbst weniger ziemend gewesen seyn sollte. Sodann aber ergibt sich bei tieferem Eindringen in den Inhalt der Rede, dass dieselbe keineswegs bloss eine hie und da gesteigerte" Recapitulation voriger Reden,,, des Hauptsächlichsten, was bisher über den Eingebornen und das ewige Leben gesagt ward**), sondern vielmehr eine solche Recapitulation ist, welche das Zeugniss Jesu auf neue, individuelle Weise unter Einem Grundgedanken zusammenfasst und dessen Herrlichkeit in neuer Klarheit offenbart. Hiezu kommt, dass die Rede keineswegs ausschliesslich rückwärts weist, sondern zugleich vorwärts, und so gewissermassen das Mittelglied zwischen den Reden an die Welt (Cap. 8, 26.) und den Abschiedsreden an die Jünger bildet, in welchen die hier noch in der dritten Person ausgesprochenen Verheissungen in die directe Anrede übergehen (vergl. besonders Cap. 14, 6. u. 7.; 9 u. 10.; 12 u. 13; 21. 23. u. 24; Cap. 15, 5.). Beides haben wir im Einzelnen nachzuweisen.

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*) Tholuck (im Commentar zum Ev. Joh.) tadelt Strauss hart darum, dass er darauf bestehe der Ev. gebe vor, hier abermals eine Rede Jesu zu berichten " und sieht in diesem ,,durch den Context so augenscheinlich widerlegten" Vorgeben des Kritikers sehr deutlich dessen Partheylichkeit gegen das vierte Evangelium. Wir müssen hingegen die Straussische Behauptung, so frivol sie ist, von der Position Tholuck's aus für unwiderleglich halten. Die vielen Reminiscenzen" setzt übrigens der Verfasser des Lebens Jesu (I, S. 683. 2. A.) natürlich auf Rechnung der notorischen,,Geschmacklosigkeit" des Evangelisten. **) So characterisirt Köstlin (Lehrbegriff des Ev. u. der Br. Joh. S. 13) die letzte Rede Jesu an die Welt." Für den Köstlin'schen (Baur-Schwegler'schen) Standpunct existirt natürlich die Frage nach der,,Ursprünglichkeit" irgend einer Rede Jesu

nicht.

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V. 44. Jesus aber rief und sprach: Wer an mich glaubet, der glaubet nicht an mich, sondern an Den, der mich gesandt hat.

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Unter der deprimirenden Erwähnung des Unglaubens ihres Volks und der feigen Halbherzigkeit ihrer Volksobersten gingen die Zwölfe dahin, und der aufdringlichste aller bösen Gäste, der Zweifel, pochte wohl schon leise nicht allein an eines Thomas schwermüthiges Herz. Jesus aber (de) schlägt mit majestätischer Stimme alle zweifelnden Gedanken der Seinen, die er liebte bis ans Ende, darnieder, indem er zuvörderst das wahrhaftige Object des Glaubens feststellt und damit den an Ihn Gläubigen den Segen zuspricht, der des Mannes Theil ist, welcher auf den HErrn, nicht auf Menschen, sich verlässt. Der Grundton des Selbstzeugnisses Jesu im Ev. Joh.: Gleicher Gott von Macht und Ehren " lässt deutlich in den Textworten sich spüren, zu welchen Augustin den Commentar gibt:,, Qui in me credit, non in hoc, quod videt, credit; ne sit spes nostra in creatura, sed in Eo, qui suscepit creaturam, in qua humanis oculis apparet." Allerdings nimmt nun die anscheinend paradoxe Rede wieder auf, was der HErr zuvor öfter bezeugt hat: dass er nicht allein sey, sondern Er und der Vater (Cap. 8, 16.); dass in ihm nicht ein von Gott abgesondertes Ich, keine selbstische Hypostasie der menschlichen Natur vorhanden, sondern dass er Eins sey mit dem Vater im ursprünglichen Wesen (Cap. 7, 16.; 8, 16. 42.; 10, 30. 38.). Doch die Sentenz ist so originell ausgedrückt, dass sie unmittelbar auf den Mund des HErrn weist, und ihre allernächste Parallele findet sich in dem synoptischen Ausspruche:,, Wer mich aufnimmt, der nimmt nicht mich auf, sondern Den, der mich gesandt hat" (Marc. 9, 37.). Wir umschreiben also die Textworte so: ,, Seyd getrost, lieben Jünger, euer Herz erschrecke nicht! Sehet ihr mich gleich als den Allerverachtetsten, für Nichts geachtet von der Welt, dennoch bleibt es bei meinem Worte, das ich gesagt habe: Wer mein Wort höret und glaubet Dem, der mich gesandt hat, der hat das ewige Leben (Cap. 5, 24.). Euer Glauben an mich wird euch nicht gereuen; denn nicht auf einen Menschen verlasset ihr euch, da ihr an mich glaubet, sondern auf den wahrhaftigen Gott. Nicht an mich, als wäre ich allein, geschieden von dem Vater, der mich gesandt hat, und als wäre ich, anstatt gesandt von ihm, von mir selber gekommen mit eigner Menschenlehre, sondern an mich, als der ich Eins bin mit dem Vater, und durch mich an Gott (vgl. 1 Petr. 1, 21.), glaubet ihr!" - Gleich das Eingangswort der Ab

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