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ihre Richtschnur und Glaubensregel, aber sie täuschen sich selbst. Sie vindiciren der Kirche das Auslegungsrecht der Bibel, machen also jene zur norma normans, diese zur norma normata, was mit dem Protestantismus durchaus unverträglich ist. Eben so hohl und voll Selbsttäuschung ist ihr lobpreisendes Gerede von den symbolischen Büchern, die doch nun und nimmermehr ihr Glaubensbekenntniss werden können, weil sie eines ganz andern Geistes Kinder und Zeugnisse sind. Sie lassen dieselben, wie die h. Schrift, nicht nach ihrem objectiven Sinne, sondern nur nach kirchlicher (subjectiver) Auffassung gelten. Am aufrichtigsten ist noch die Erklärung Mancher, die Theologie sei über die Symbole hinausgeschritten.. Wohin mag sie dann geschritten sein? Zu einem tiefen, geistreichen Rationalismus? Bei Einigen gewiss, bei Andern hingegen zur Bildung oder mindestens zur Sehnsucht nach einer neuen kirchlichen Tradition, deren Bedürfniss sich täglich fühlbarer zu machen scheint und die, ausser den patristischen,,, orthodoxen" und pietistischen Bestandtheilen etwa noch die „Entscheidungsquellen" des Breslauer Ober-Kirchencollegiums: die heil. Schrift, die symbolischen Bücher, die Glaubensanalogie, die Beschlüsse der Generalsynoden „und die allgemeinen Landesgesetze, soweit dieselben ins kirchliche Gebiet einschlagen" (vgl. Beschlüsse der Breslauer Generalsynode von 1841 §. 27.), als künftige Glaubens und Kirchengrundlagen enthalten dürfte. Soweit ist es nach Gottes Verhängniss, damit die wahren und falschen Glieder der evangelischen Christenheit offenbar würden, mit den neumodischen Gläubigen gekommen, dass sie, gleich den ärgsten Rationalisten, sogar an dem protestantischen Formalprincip, an Gottes untrüglichem Worte, verzweifeln und in der Kirche, d. h. in einem Haufen schwacher Menschen und dem von ihnen zusammengetragenen Satzungswuste, ihr Bollwerk suchen.

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II. Die Kirche ist eine von Christo zum Heile der Menschheit gestiftete Anstalt.

oder mündlichen) Uebung ihres Amtes niemals als Glieder der Kirche, sondern als ausserordentliche Gesandte Gottes an dieselbe anzusehen; ihre Auctorität ruht nicht auf der Kirche, sondern umgekehrt. Sollte das älter oder jünger entscheiden, so müsste selbst das mündliche apostolisch - prophetische Gotteswort sogleich nach der Constituirung der Kirche des A. oder N. Test. seine normative Geltung an diese verloren haben, und das ist auch der eigentliche Sinn jenes pietistischen Satzes. Die Kirche (d. h. hier: die Pietisten) soll lehren, Apostel und Propheten aber sollen von ihr lernen.

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Die Kirche oder Christenheit ist nichts anderes als das auserwählte Volk Gottes, die Gemeine der Heiligen, die Versammlung aller Gläubigen, das ist unumstössliche Bibellehre, die aber den Pietisten so wenig in ihre Rechnung passt, wie den römischen Katholiken. Sie wollen keine Kirche, die blos ein Verein der schon gläubig gewordenen ist, sondern eine Anstalt, welche erst aus Ungläubigen Gläubige macht. Daher ihre schriftwidrige Unterscheidung zwischen der Kirche, als Anstalt, und der ihr untergeordneten Gemeine oder Gesellschaft, des guten Scheines wegen begründet durch einige parabolische, oder prophetische Bibelstellen, die zur vermeinten Aufhellung der schon an sich klaren, didaktischen mit eben so verkehrter Hermeneutik gebraucht werden, als wenn Einer prosaische Ausdrücke poetisch und poetische prosaisch interpretirt *). Sieht man nun näher zu, aus was für Leuten die Kirche oder Heilsanstalt, und aus welchen die Gemeine bestehen soll, so wird man leicht inne, dass jene aus den verordneten Spendern, diese aus den Empfängern der Gnadenmittel zusammengesetzt wird. Es handelt sich also um die Stiftung einer neuen Hierarchie und deren Herrschaft über die Laien **). Aerger haben kaum die römischen Priester, der gemeinen Christenheit gegenüber, auf ihr,, Amt" und ihren,, Stand " gepocht, als es in neurer und neuster Zeit von s. g. Protestanten, von Lutheranern," geschehen ist. Wie widerlich sticht doch dieser Amts- und Standestrotz ab gegen die Ueberzeugung unserer evangelischen Glaubensväter, dass Christus einen geistlichen Stand, ein neues levitisches Priesterthum, gar nicht eingesetzt, sondern alle Gläubige zu gleichberechtigten Priestern vor Gott gemacht und die Aemter seines Reiches nach seinem Wohlgefallen unter sie vertheilt,

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*) Die Gesammtzahl der Deutschen u. s. w. wird niemand eine Anstalt nennen, sondern eine Nation, die zur Erreichung ihrer irdischen Zwecke bestimmte Anstalten und Einrichtungen besitzt. Eben so hat das christliche Volk, die Gesammtzahl der Gläubigen, die Kirche besondere Mittel und Anstalten zur Erreichung ihres himmlischen Berufs; ist sie aber deshalb selbst eine Anstalt?

**) Die papistische Trennung der Christenheit in Geistliche und Laien hat man, gleich den Papisten, an die Stelle der nicht verstandenen und doch verworfenen Lehre von der sichtbaren und unsichtbaren Kirche gesetzt, einer Lehre, deren Wahrheit bestehen wird, so lange das Wort: Viele sind berufen, aber We nige sind auserwählt, so lange der christliche Glaube (Hebr. 1, 11.) an eine heilige christliche Kirche neben dem Schauen der über die ganze Erde verbreiteten Christenheit besteht.

Zeitschr. f. luth. Theol. I. 1852.

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den Einen zum Almosenpfleger, den Andern zum Hausvater, den Dritten zum Prediger, jenen zum Könige, diesen zum Arzt, wieder einen Andern zum Ackersmann, Bäcker, oder Soldaten berufen und verordnet habe; dass die Kirche nicht blos den geistlichen, die Gemeine die übrigen, sondern dass jene alle heiligen Orden" und Aemter, namentlich die 3 Hauptstände *), nicht über, sondern neben einander begreife (denn der Unterschied zwischen Kirche und Gemeine ist, wie oben angedeutet, den Alten unbekannt); dass das Predigtamt, so wenig wie jedes andere Amt, ein eisernes Privilegium der nach einem bestimmten Modus dazu Berufenen sei, so dass man die Gnadenmittel nur von einem solchen, oder gar nicht empfangen dürfe, sondern dass z. B. die Noth oder andere Verhältnisse ebenfalls eine rita vocatio begründen; und dass Wort und Sacramente nicht dem geistlichen Stande, sondern der ganzen Kirche verliehen, diese aber nicht selbst ein Gnadenmittel (Heilsanstalt) sei. Doch davon wird im Folgenden noch weiter die Rede sein †).

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III. Zum Bestehen der Kirche ist eine weltförmige Verfassung nöthig.

Die rechte, Gott gefällige Kirchenverfassung, wodurch allein die Christenheit in ihrem Bestand erhalten und gefördert, Zucht und Ordnung gewahrt, Spaltungen und Irrlehren gewehrt, der Sitten verderbniss gesteuert werden kann und soll, ist die gewissenhafte, furchtlose und schriftmässige Verkündigung des göttlichen Gesetzes und Evangeliums und die treue Verwaltung der unverfälschten Sacramente. Dass die Apostel und Reformatoren mit dieser einfachen, nur die 3 wesentlichen äusserlichen Stücke: Wort, Taufe, Abendmahl, enthaltenden Verfassung sich begnügten, andere Aeusserlichkeiten aber nicht für nöthig hielten, ist keiner von den geringsten Beweisen ihrer hohen Erleuchtung, so wie es ein starkes Zeugniss für den unprotestantischen und unchristli

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*) Hauptstände." Es ist etwas ganz Anderes, ob man Amt und Stand mit den älteren Theologen als gleichbedeutend, oder mit den pietistischen als verschieden ansieht. Im erstern Falle bezeichnet Stand den Beruf eines Individuums, im letztern eine Corporation.

†) Je mehr dies im Folgenden nur beiläufig der Fall ist, um so erwünschter wäre der Red. eine genauere Besprechung dieses Hauptpunktes schon an diesem Orte gewesen, zur Niederschlagung insbesondere der neuerdings so viel gehörten und von herrschsüchtigen Clerikern jetzt bereits ausgebeuteten grundpapistischen Sentenz,,,die Gemeine ohne das Amt vermöge nichts," da sie doch Alles vermag, nehmlich auch selbst das Amt in Christi Vollmacht geben und ordnen. Die Red. G.

chen Geist des Pietismus ist, dass er mit dieser ächten Kirchenverfassung nicht mehr durchzukommen glaubt, sie sogar für gering achtet und menschlichen Satzungen mehr Kraft zur Erhaltung des Friedens und guter Ordnung in der Christenheit beimisst. Was namentlich die schlesischen Lutheraner für eine Abgötterei mit ihrer Verfassung treiben, ist längst bekannt. Sie, die ohne Unterlass warnen, nicht am fremden Joche mit den ungläubigen Unirten zu ziehen, hätten doch billig selbst zuerst diess fremde, papistische Joch der äusserlichen Satzungen abwerfen und dafür Christi Joch und Last, das Evangelium und seine göttlichen Ordnungen, auf sich nehmen sollen. Aber damit sieht es bei ihnen gar windig aus. In ihrer schon erwähnten, 108 Seiten starken Verfassung (Beschlüsse der u. s. w. evang. -luth. Generalsynode) ist von Christo und seines Reiches Ordnung so wenig, vom Kirchen- und Ober- Kirchencollegium, Vorstehern und ihren Befugnissen, und anderem Menschentand so viel die Rede, die ganze Verfassung ist so verlassen vom christlich - evangelischen, so durchaus erfüllt und getragen vom polizeilichen Schreibergeiste unserer Zeit, dass die schlesisch-lutherische Kirche, nach dieser Verfassung und den sonst bekannten doctrinellen Erscheinungen beurtheilt, nichts als eine reli giöse Bureaukratie, ein weltförmig verfasster Pietismus, ein eigenthümlich gestaltetes Weltreich ist. Was ihnen vor Kurzem öffentlich nachgesagt wurde, sie dächten schon jetzt an die Wahl eines sichtbaren Oberhauptes, eines Oberbischofs, liegt so ganz in der Natur ihrer Verfassung und ihres kirchlichen Geistes, dass es auf die Länge nicht ausbleiben wird, auch wenn jene Nachricht noch voreilig gewesen sein sollte. Mit ihren factisch über der heil. Schrift stehenden Generalsynoden, mit ihrem Alles in Allem wirkenden Ober-Kirchencollegium und seinen die Einheitsspitze allgegenwärtig machenden Organen gleichen sie schon jetzt dem römischen Pabstthum, wie es während einer apostolischen Sedisvacanz von dem Cardinalscollegium aufrecht erhalten und geleitet wird. Bis zur Besetzung des noch leer stehenden Kirchenbeherrscherthrons ist für die schlesischen Lutheraner nur noch ein, und wenn sie nicht bald zu besserer Ueberzeugung von dem Wesen der ev. -luth. Kirche gelangen, ein unvermeidlicher Schritt. Diese bessere Ueberzeugung ist ausser ihnen auch allen denen zu wünschen, die aus menschlicher Ungeduld oder Kurzsichtigkeit die Dauer und Einheit der christlichen Kirche auf Erden nur durch die Einführung hierarchischer Bischöfe, oder durch die Befestigung des weltlichen Summepiskopats garantirt sehen. Ja, wenn die streitende Kirche

Gottes durch Fleisch und Blut zusammen zu halten wäre, dann thäte man allerdings klug, sie, gleich den versunkenen Staatskirchen, nach Art der weltlichen Reiche zu verfassen, ihr eine streng gegliederte, nach subordinatorischen Verhältnissen in Stände und Aemter getheilte Unterthanen- und Beamtenwelt mit einer ,, einheitlichen Spitze" und einem durch solche Einrichtungen nach einem bestimmten Schema operirenden Regierungsmechanismus zu schaffen, mit einem Worte, ihr durchweg das Bild eines wohlgeordneten monarchischen oder republikanischen Staates aufzudrücken. Allein die Kirche Gottes ist nicht auf menschlichen Sand, sondern auf einen göttlichen Felsen gegründet; die Waffen ihrer Ritterschaft sind geistlich und wenn gleich vor den Augen der Welt unscheinbar, doch in der That mächtig genug, auch die Pforten der Hölle zu überwinden. Diese Waffen sind aber keine andern, als das Evangelium des Glaubens uud die heiligen Sakramente. Wer mit ihnen allein nicht zu kämpfen und zu siegen wagt, der lasse die Sorge um die Kirche ganz anstehen und tröste sich damit, dass Christus seine Heerde wohl zu erhalten weiss und zwar durch Mittel, die auch dem „, frommen" Zweifel und Misstrauen untauglich scheinen. Er will einmal kein Reich von dieser Welt; keiner seiner Jünger soll über den andern herrschen, seine Bischöfe oder Pfarrherren (denn das ist im N. T. einerlei) sollen, wenn auch ungleich an Gaben und Ausrüstung, doch in Amt, Recht und Würde einander völlig gleich sein; am allerwenigsten aber will er haben, dass der obrigkeitliche Stand unter irgend einem Vorwande sein weltliches Regiment auch in der Kirche aufrichte und sich mit dem ihm zum irdischen Schutze der übrigen Stände anvertrautem Schwerte zu deren geistlichem Gebieter mache. Unsere einheitliche Spitze soll im Himmel, nicht auf Erden sein.

Wenn doch, statt Materialien zu einem künstlichen Kirchenverfassungsbau aufhäufen zu helfen, jeder nach seinem Berufe und Gaben mitwirken wollte, dass ein dem Wesen des Christenthums entsprechender, einfacher Organismus zu Stande käme, der die Gemeinen durch kein anderes Band, als das des Glaubens und der Liebe, zusammenhielte, jeder einzelnen volle Freiheit und Selbstständigkeit allen übrigen, d. h. der gesammten Kirche, gegenüber gewährte, jeder einzelnen die bisher von Fremden über sie geübten Episkopal- und Summepiskopalrechte unverkümmert zurückgäbe und die Ersetzung der vielleicht hier und dort entstehenden Mängel einzig und allein der brüderlichen Handreichung überliesse! Gott würde immerdar und allenthalben Leute geben, die zur Handhabung

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