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das Unkraut vor der Zeit auszuraufen, schadet nur dem edeln Weizen. In ihrem Eifer, die Kirchenlehre zu schützen, schützt sie ganz unkirchliche Zeitansichten. Ist nicht z. B. schon der Gedanke, keinen ,,Widerspruch gegen die Lehre der Kirche aufkommen zu lassen, eine pietistische Privatmeinung, die zwar mit der römischen, aber durchaus nicht mit der protestantischen Kirchlichkeit zu vereinigen ist? Auf die,, Lehre der Kirche" mag der Vatikan und der Köhler pochen; des Protestanten Zuversicht steht allein auf Gottes Wort. Wer den religiösen Charakter des Breslauer Lutherthums kennt, wird sich schwerlich der Befürchtung entschlagen können, es werde jenes, nicht die Schrift-, sondern die Kirchenlehre schützende Censurgebot mit der Zeit von selbst dahin führen, dass das reine, biblische Evangelium, als unverträglich mit dem Wesen und Einrichtungen der schlesischen Gemeinen, gar nicht mehr zum Worte gelassen, sondern unter dem Namen der luth. Kirchenlehre eine der heil. Schrift und den protest. Symbolen fremde Conventikel- und Traktätchenreligion, mit all' ihrer düstern Trostlosigkeit, in die theologischen Bücher hineingewinkt werden möchte *).

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Das sind einige von den papistischen Grundzügen des Pietismus. Wie viel wäre ausserdem noch zu sagen von dem Werkdienste, der mit der Missionssache, mit der Bibelverbreitung, mit den frommen Vereinen u. s. w. getrieben wird; von der neuen Melodie auf das alte Lied vom Fegefeuer; von der Sucht, die Gottseligkeit nach Mönchs- und Nonnenmanier als ein stehendes Gewerbe zu betreiben; lauter Dinge, die dem Papismus verwandt, dem Evangelium fremd sind, aber nicht einzeln verhandelt zu werden brauchen, sobald nur ihr und aller (auch der pietistischen) Päbste ei Wurzel: die trotz alles Buss- und Sündengewimmers mangelnde lebendige Ueberzeugung von der Nichtigkeit alles menschlichen Verdienstes, das mit dem Munde abgeleugnete und doch im Leben überall hervortretende Streben, sich aus eigener Kraft vor Gott zu rechtfertigen, die fromme oder frivole Unkennt. niss des Erlösers, des Evangeliums und des seligmachenden Glaubens, recht durchschaut und gewürdigt wird. Nur auf eine Thatsache möchte noch aufmerksam zu machen sein. Da den Pietisten ihre sonderheitlichen Satzungen und Gebräuche mehr als das Christenthum selbst am Herzen liegen, so betrachten sie dieselben keineswegs als freie Mitteldinge, sondern als Kennzeichen der Frömmigkeit und Kirchlichkeit, die durchaus angenommen werden müssten. So erklärt die Breslauer Synode von 1841, ganz im Gei

*) Sobald sich einmal ein Individuum oder eine Behörde das Glaubensrichteramt über die gesammte Kirche anmasst, So wiederholen sich auch, nur in der Form modificirt, mit innerer Nothwendigkeit die früheren Vorgänge. Die Romanisten setzen die (deutsche) Bibel selbst in das Verzeichniss der verbotenen Bücher; soweit kann und wird die Breslauer Glaubenscensur allerdings niemals gehen, sie wird aber den in anderen Büchern wiederholten Inhalt und Kern der Schrift als unkirchlich streichen.

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ste der Union, nicht die Gnadenmittel, auch nicht Glauben und Liebe, nicht die h. Schrift, nicht die symbolischen Bücher, sondern einzig und allein die allgemeine Ordnung," wie sie in den Beschlüssen“ vorliegt, für die Auctorität,,,durch welche die luth. Kirche Preussens zusammengehalten wird (§. 30.), und schliesst ihre Thätigkeit mit der stockpapistischen Erklärung,,, dass, wenn ein Widerspruch gegen ihre Beschlüsse zu dulden, ihr Zweck gänzlich verfehlt werden würde; die Synode stelle keine Glaubenssätze auf, ist auch fern davon zu vermeinen, dass mit den von ihr getroffenen Einrichtungen Gnade vor Gott und Vergebung der Sünden verdient werden solle, sondern sie hat um guter Ordnung willen Beschlüsse gefasst, und solchen sind Gemeinen wie Einzelne Folge zu leisten schuldig, so lange nicht nachgewiesen werden kann, dass diese an sich Sünde seien. Diess wurde einstimmig von der ganzen Synode anerkannt "*) *). Nach solchen Erklärun

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*) Solche Beschlüsse drehen die christliche Ordnung geradezu Die weltlichen Obrigkeiten sprechen freilich oft genug: Hoc volo, hoc jubeo; stat pro ratione voluntas! und der Christ ist ihweil es Gott so befohlen hat, auch in diesem Falle Gehorsam schuldig (selbst mit Ertragung von Schaden und Unrecht), soweit es ohne Sünde geschehen kann. Synoden und Kirchenbehörden dagegen müssen, als blos menschliche Einrichtungen, von jedem ihrer Decrete, sobald es angefochten wird, aus der h. Schrift erweisen, dass es ohne Verletzung des Gewissens und der christlichen Freiheit, ohne Sünde, gehalten werden könne. Den Gemeinen liegt der Beweis des Gegentheils gar nicht erst ob; sie müssen vielmehr jeden kirchlichen Beschluss, den seine Urheber nicht biblisch zu rechtfertigen vermögen, als von vornherein unverbindlich verwerfen. Denn die mit dem Evangelium unvereinbaren Kirchensatzungen stiften, laut der Erfahrung, nie eine ,, gute Ordnung, "sondern Verwirrung der Gewissen und Verdunkelung der göttlichen Wahrheit. Auch die Ausrede, solche Satzungen würden nicht eingeführt, um Gnade bei Gott und Vergebung der Sünden zu verdienen, ist und bleibt lahm, solange man die Beobachtung dieser Gebräuche, gleich der Taufe und dem Gehorsam des Glaubens, zur Bedingung der Aufnahme in eine christliche Gemeine macht. Denn damit stellt man Menschenwerke neben die göttlichen Werke, wodurch Gnade und Sündenvergebung erlangt wird, und ganz unmerklich schleicht sich in die Gemüther der Wahn ein, als seien jene zum Bestehen der Christenheit und zum geistlichen Heile jedes Einzelnen ebenso nothwendig und kräftig als diese. Ueberhaupt lässt der Finalbeschluss einen tiefen Blick in den Geist der Breslauer Synode thun und zeigt recht deutlich, was für Bekenner der Augsb. Conf. dort versammelt waren. Um nicht deren 15. Art. gegen ihr Werk aufkommen zu lassen, wollen sie nach dem 16. behandelt sein. Und in der ganzen Versammlung war nicht Einer, dem wenigstens ein ev.- protest. Instinct den Sinn dieser beiden Artikel gedeutet und ihm zugerufen hätte: Unser Neubau hat keinen kirchlichen, sondern einen staatlichen Charakter. Wir haben der unirten Staatskirche einen lutherischen Kirchenstaat entgegengestellt. Pabstthum muss Pabstthum vertreiben! Das ist das Echo unserer curialistischen Edicte, die nur dann_auf_dauernden Beifall zu rechnen haben, wenn es gelingt, ihre Befolgung zur Gewissenssache zu machen, indem wir das jus divinum der weltlichen Obrigkeit auch auf uns ausdehnen!

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gen darf es nicht befremden, wenn selbst gegen wissenschaftlich hochgestellte, in Glauben, Lehre und Wandel unbescholtene ev.luth. Theologen, blos weil sie kryptopapistische Satzungen der Schlesier getadelt haben, wie gegen Häretiker verfahren und auf gut mittelalterlich ein Widerruf" dessen gefordert wird, was sie auf Grund der h. Schrift gegen die unprotestantischen Neuerungen sprachen So sehr ist jedoch das Licht des Evangeliums noch nicht verdunkelt, dass gar Niemand mehr bemerken sollte, wohin die protestantische Kirche unfehlbar gerathen müsste, wenn jeder Widerspruch gegen Menschensatzungen verpönt, die christliche Freiheit in Verfassungssachen mit Bannstrahlen bedroht, rühmlich bekannte rechtgläubige Kirchenlehrer von Behörden zweifelhaften Glaubens geschulmeistert und zum Widerrufe genöthigt würden. Im Gegentheil wird über ein solches Gebahren auch mancher noch Unwissende erschrecken und ernstlich bei sich erwägen, ob es wohl der evangelischen Christenheit frommen werde, wenn sie statt des göttlichen Wortes das liebe Ich einer gewissen Partei zu ihrem Centralpunkte machen sollte.

So bietet das kirchliche Feld in unserer zerrissenen Zeit ein ähnliches Bild, wie das weltliche. Wie hier den wenigen patriotrisch gesinnten Bürgern die Menge der revolutionären und reactionären Egoisten, so steht dort die kleine Zahl der evangelischen Protestanten den Schaaren des rationalistischen und pietistischen Papismus gegenüber, der schon nicht mehr aus der Ferne droht, sondern in leibhaftiger Gestalt unter uns wandelt, jeden Augenblick bereit, auch den letzten Rest der Schätze, die eine glaubensreiche evangelische Vergangenheit auf ihre leichtfertigen, verblendeten, undankbaren Kinder vererbte, vollends zu verschlingen und eine abermalige Nacht des Un- und Aberglaubens über die betrogene Menschheit herauf zu führen. Wird das finstere Werk zeitweise gelingen? Das weiss nur Gott! Wir aber sollen uns durch die Gewissheit erkräftigen, dass, wenn auch nicht unsern Personen (an denen ja nichts gelegen ist und die wahrscheinlich als die irdischen, mit tausend Mängeln behafteten Opferschaalen des heiligen Feuers verachtet in den Staub sinken werden), doch unserer Sache, weil sie Gottes Sache ist, der endliche Sieg werden muss. Uns gehört die Zukunft! schreien dämonische Stimmen im politischen Kampfe. Wir sprechen es noch zehnmal herzhafter in dem täglich heisser und verworrener werdenden Streite um unvergängliche Freiheit. Ja, weil unsere Sache doch das Feld behalten wird, weil unseres himmlischen Königs Thron gegen alle antichristlichen Stürme auf's Beste befestigt ist, weil das Opfer auf Golgatha durch keine List noch Gewalt ungeschehen gemacht werden kann, weil der Auferstandene noch heut, heut und bis an's Ende der Tage bei den Seinen ist, ihnen Leben und Seligkeit austheilt, unter seinen Feinden aber als strenger Gebieter herrscht und namentlich seit dem verhängnissvollen Jahre 1830 in immer schrecklicher und unerhörter werdenden Gerichten seine weltregierende Majestät offenbart, so rufen wir, wie in das politische Völkergetümmel, so in den neupapistischen Doppelschwarm mit dem Glaubenstrotze unserer protestantischen Väter hinein: Dem Evangelium eine Gasse! Das Wort sollt ihr wohl lassen stahn

und kein'n Dank dazu haben!

Verhandlungen d. Leipziger luth. Conf. 27. u. 28. Aug. 1851, 93

Darstellung der Verhandlungen der am 27. und 28. August 1851 zu Leipzig abgehaltenen Conferenz von Gliedern und Freunden der evangelisch - lutherischen Kirche.

Nach den Protokollen bearbeitet

von

Dr. Hermann Gustav Mehlhorn,

Schuldirector zu Meerane.

Die Conferenz von Gliedern und Freunden der evang. luth. Kirche wurde am 27. August früh nach 9 Uhr in der Aula des Universitätsgebäudes zu Leipzig durch den zeitherigen Präsidenten, Oberhofprediger Dr. Harless, mit Gebet eröffnet. Sodann erklärte Hr. Dr. Harless, dass er in Folge seiner veränderten amtlichen Stellung genöthigt sei, nicht blos aus dem Ausschuss der Conferenz auszuscheiden, sondern auch das Präsidium niederzulegen; zugleich schlägt er zum diesmaligen Präsidenten den Hrn. Dr. Petri aus Hannover vor und erklärt sich dieser, durch Acclamation dazu erwählt, zur Uebernahme des Präsidiums bereit.

Weiter rechtfertigt Hr. Dr. Harless die drei, welche diesinal die Conferenz berufen, nämlich die HHrn. Prof. Dr. Kahnis, Prof. Dr. Lindner jun. und M. Schneider, als von ihm dazu aufgefordert und damit beauftragt, und, nachdem er der Versammlung mitgetheilt, dass für diesmal die HHrn. Director Dr. Mehlhorn aus Meerane, Diakonus Dr. Wille aus Leipzig, Dr. jur. Kollmann aus Mecklenburg und Cand. Neubert aus Leipzig die Geschäfte des Secretariates übernommen, schlägt er an seine Stelle in den Ausschuss seinen Amtsnachfolger, Prof. Dr. Kahnis in Leipzig vor, welcher auch, unter Zustimmung der Versammlung, in den. selben eintritt, so dass dieser Ausschuss nun aus den HHrn. Prof. Dr. Thomasius in Erlangen, Geheimer Justizrath Dr. Huschke in Breslau, Ober- Appellations - Rath Elvers in Cassel, Oberkirchenrath Generalsuperint. Dr. Kliefoth in Schwerin, Pfarrer Dr. Petri in Hannover und Prof. Dr. Kahnis in Leipzig besteht, demselben aber überlassen bleibt, sich aus seiner eignen Mitte einen Vorsitzenden zu wählen. Hr. Dr. Petri übernimmt hierauf das Präsidium, erklärt in einer Ansprache an die Conferenz sich dahin, dass er dieselbe leiten werde als einen brüderlichen Austausch und, wo es sein müsse, brüderlichen Streit der Meinungen und fordert Hrn. Superint. Münchmeyer aus Lamspringe im Han

növerischen auf, über die erste zur Besprechung zu bringende Frage, über

das geistliche Amt

die Verhandlungen einzuleiten.

Sup. Münchmeyer bezeichnet diese Frage als eine recht brennende Lebens- und Tagesfrage, die nicht blos in Deutschland, sondern fast in allen Ländern bereits zur Sprache gekommen oder noch dazu kommen werde, und stellt folgende XII Thesen auf:

I. Das Amt, das die Versöhnung predigt, das Neutestamentliche Hirtenamt, ist eine unmittelbare Stiftung und Gabe des HErrn (2 Cor. V, 18.).

II. Er hat dieses Amt gegeben gleich getragen von bestimmten Personen, erst den Aposteln (Eph. IV, 11), dann den überall von den Aposteln dazu bestimmten Presbytern oder Bischöfen (Act. XIV, 23. Tit. I, 5.).

III. Dieses Amt ist Eines, die verschiedenen Abstufungen desselben sind juris humani.

IV. Der HErr hat dieses Amt der Gemeinde oder Kirche gegeben; aber so, dass sie nie ohne dasselbe gewesen ist, und so, dass sie niemals etwas davon ab- oder hinzuthun und nicht ohne dasselbe sein darf.

V. Die Bedingung, um des Amtes theilhaftig zu werden, ist, dass einer ein Christ sei oder das allgemeine Priesterthum habe (cf. Luthers Erklärung zu Ps. CX, v. J. 1539), und dass der Gewählte die für das Amt erforderlichen Eigenschaften besitze; das allgemeine Priesterthum allein giebt noch kein Recht zu amtlichen Handlungen.

VI. Die Gemeinde oder Kirche soll das Amt bestellen, aber als gegliederter Leib, dass sie in gehöriger Unterordnung unter das Amt handle.

VII. Das, wodurch die, welche sonst nur Christen sind, zu Trägern des Amtes werden, ist die Ordination, deren Wesen darin besteht, dass sie Weihe zum Amte und Uebertragung desselben ist, natürlich nnr so lange, als bei den Trägern die Bedingungen des Amtes Statt finden, also ohne einen character indelebilis zu ertheilen.

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VIII. Wenn die Ertheilung der Ordination an einen bestimmten Grad des Amtes geknüpft ist, so besteht dies, wie die Abstufungen des Amtes selbst, jure humano. sich ist jeder Amtsinhaber geschickt, Andre zu ordiniren. Ob es denkbar wäre, dass alle Träger des Amtes abfielen, so könnten und sollten in solchem casu necessitatis auch Laien ordiniren gleichwie sogar die Sacramente verwalten (cf. tractat. de potest. etc. §. 67.).

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