صور الصفحة
PDF
النشر الإلكتروني

Einwürfen kommen noch Bedenklichkeiten über die Tendenz dieser Untersuchungen, in denen man eine Begünstigung des Materialismus und Fatalismus zu finden glaubt. Der Vf. erwiedert Folgendes. Zuerst ist zu beachten, dass alle Untersuchungen dieser Art keine Bedeutung für den einzelnen Meuschen haben. So wenig eine Sterblichkeitstafel dazu dienen kann, zu bestimmen, in welchem Alter ein gewisser Mensch sterben wird, so wenig kann es Tafeln geben, auf die sich Vermuthungen über die künftigen Handlungen eines bestimmten Individuums gründen liessen. Die menschliche Willensfreiheit macht in der That solche Vorherbestimmungen ganz unmöglich. Aber es fragt sich, ob die Wirkungssphäre der Freiheit weit genug reicht, um auch für eine grosse Anzahl von Menschen die Durchschnittszahl gewisser Handlungen der Vorausbestimmung zu entziehen; eine Frage, die nur die Erfahrung entscheiden kann. Die Untersuchungen des Vfs., auf die wir näher eingehen werden, haben ihm nun das Resultat gegeben, dass, wenn man die gleichartigen Handlungen einer grossen Menge von Individuen in Betrachtung zieht, diese mit einer Regelmässigkeit erfolgen, der gegenüber die Freiheit des Willens verschwindet, ihr Einfluss ganz unmerklich wird, so dass sich die Wirkungen des particulären Willens der Einzelnen aufheben, neutralisiren, gleich als ob sie von rein zufälligen Ursachen herrührten. In der moralischen Statistik kann daher nur vom Menschen im Allgemeinen die Rede seyn, einem Wesen der Abstraction, dessen Kenntniss auf der Beobachtung einer Anzahl von Individuen beruht, die gross genug ist, um die Wirkungen der freien Willkür der Einzelnen verschwinden zu lassen. Aber auf welche Weise können moralische Qualitäten einer Maassbestimmung unterliegen? Nicht nur sind dabei Messinstrumente undenkbar, sondern es wäre auch schon ungereimt, absolute Werthe geben zu wollen. Ein Mensch hat z. B. in einem gewissen Alter nur mehr oder weniger Muth, Klugheit etc. als in einem andern; unsre Handlungen sind nur mehr oder weniger durch Geschlecht, Jahreszeiten, Klima, Beschäftigungen u. dgl. m. bestimmt. Die moralische Statistik muss sich daher mit blossen relativen Zahlenwerthen begnügen und kann die Ursachen der moralischen Erscheinungen nur aus den Wirkungen beurtheilen, indem sie den Grundsatz annimmt: die Wirkungen sind. den Ursachen proportional. Aber hier tritt nun die zweite der vorerwähnten Schwierigkeiten in den Weg, die Unvergleichbarkeit der moralischen Facta. Indess bietet sich zunächst wenigstens eine Reihe von Thatsachen dar, die nicht nur von diesen Schwierigkeiten, sondern auch von denen der dritten Kategorie frei sind, nämlich die jährlich geschlossenen Ehen, die, wenn sie auch nicht zu den eigentlich moralischen Handlungen gezählt werden können, doch jedenfalls zu denen gehören, bei denen der freie Wille concurrirt, und deren Zahl nach den in civilisirten Staaten bestehenden Einrichtungen vollständig bekannt ist. Hier zeigt sich nun, wie der Vf. in einer frühern Abhandlung nachgewiesen hat, eine höchst merkwürdige Regelmässigkeit. In den Städten des Königreichs Belgien betrug von

1841-45 die Zahl der Männer von 25 bis 30 Jahren, die sich verheiratheten, alljährlich im Durchschnitt 2652, mit den geringen aussersten Abweichungen vom Mittel + 46 und 136. Die Zahl der unverheiratheten Männer dieses Alters war ungefähr 30000. Daher heiratheten unter 34 Männern etwa 3, oder die daraus folgende Wahrscheinlichkeit für einen Mann von 25 bis 30 Jahren, sich 2652 im nächstfolgenden Jahr 1846 zu verheirathen, war = 30000

16708

0,093 u. s. w.

0,088. Eben so fand der Vf. für das 30ste bis 35ste Lebensjahr 1554 Diese Zahlen sind nun für die verschiedenen Jahre so constant, dass nach Hrn. Q.'s Untersuchungen die jährlich geschlossenen Ehen mit einer grösseren Regelmässigkeit erfolgen als die Todesfälle, bei denen doch der menschliche Wille (mit Ausnahme des Selbstmords) unmittelbar ohne allen Einfluss ist. Der Vf. nennt nun diese Wahrscheinlichkeit die Tendenz zur Ehe (tendence au mariage), unterscheidet jedoch vorsichtig eine scheinbare und wirkliche, indem ein Mensch zeitlebens eine wirkliche Neigung zum Heirathen haben kann, ohne je zur Erfüllung seines Wunsches gelangen zu können, indess ein andrer, durch zufällige Umstände veranlasst, ohne wirkliche Neigung in die Ebe tritt. Wenn jedoch die für jedes einzelne Jahr und ein gewisses Lebensalter berechnete Wahrscheinlichkeit sich fast constant zeigt, so findet der Vf. darin den Beweis, dass sie vom Einfluss der zufälligen Ursachen befreit ist, und meint, dass dann die wirkliche Tendenz zur Ehe mit der scheinbaren zusammenfalle. Wir geben das erstere zu, ohne dem andern völlig beitreten zu können. Die wirkliche Tendenz zur Ehe kann und wird weit stärker sein, als die durch jene Wahrscheinlichkeiten ausgedrückte, aber die ihr entgegenstehenden Hindernisse reduciren sie auf diese Grösse. Gewiss hegen weit mehr als nur † der in den Belgischen Städten lebenden unverheiratheten Männer von 25 bis 30 Jahren den Wunsch sich zu verheirathen, aber ihre äussern Verhältnisse erlauben es ihnen nicht, einen Hausstand zu gründen. Die berechneten Wahrscheinlichkeiten sind nicht der reine Ausdruck einer auf Geschlechtsliebe, Gemüthsbedürfniss, Sitte, Berechnung der Vortheile u. s. w. beruhenden wirklichen Tendenz, sondern nur des Uebergewichts dieser Tendenz über die zu besiegenden Hindernisse. Die berechnete Zahl giebt nur an, bei wieviel Individuen einer gegebenen Altersclasse die ihrer Stärke nach unbekannt bleibende Tendenz zur Ehe die ihrer Stärke nach ebenso unbekannten Hindernisse überwindet, sie ist gleichsam nur die Resultaute zweier nach entgegengesetzten Richtungen wirkenden Componenten. Ob dieser Sieg die Folge der mit den Lebensjahren wachsenden Stärke der Tendenz, oder einer mit derselben abnehmenden Grösse der Hindernisse oder durch beides zugleich bedingt ist, bleibt unbestimmt. Nach der gemeinen Annahme möchte aber die Heirathslust wohl eher in das frühere in seinen Entschliessungen noch nicht allzubedenkliche männliche Alter als in die reiferen Jahre fallen, die gerade eine grössere Wahrscheinlichkeit der Verheirathung zeigen. Ref. hält es daher für das Sicherste, ganz einfach bei

der Bezeichnung,,Wahrscheinlichkeit zu heirathen," stehen zu bleiben, man müsste denn statt dessen den Ausdruck,, Hoffnung heirathen zu können" vorziehen wollen. In demselben Masse, in welchem die Heirathen sich der statistischen Untersuchung günstig zeigen, häufen sich die Schwierigkeiten bei der der Verbrechen. Schon der Begriff des Verbrechens umfasst so vieles Ungleichartige vom leichtesten bis zum schwersten Verstoss gegen die Gesetze, die Motiven dazu sind so verschiedenartig, der Grad der Strafbarkeit in so weite Grenzen eingeschlossen, dass es nicht streng wissenschaftlich sein würde, sich mit einer einzigen Kategorie zu begnügen. Hierzu kommt, dass nur ein Theil der begangenen Verbrechen bekannt wird, und also die Data mangelhaft sind. Indessen unterstützten den Vf. bei diesen schwierigen Untersuchungen die in Frankreich seit einer ziemlichen Reihe von Jahren über die Zahl der alljährlich angeklagten, verurtheilten und freigesprochenen Personen bekannt gemachten Tabellen, in denen die Verbrechen unter verschiedene Rubriken gebracht sind. Für England, Belgien und Baden lagen ihm zwar ebenfalls tabellarische Uebersichten vor, denen aber die Specialität der französischen in der Angabe der Art der Verbrechen abgegangen zu sein scheint; wenigstens betreffen die für diese Staaten gezogenen Resultate nur das Verbrechen im Allgemeinen. Im Uebrigen stellt der Vf. den Satz auf, dass so lange der Gang der Justiz in Absicht anf Verfolgung und Bestrafung des Verbrechens in einem Staate sich nicht ändert, auch das Verhältniss zwischen begangenen, angezeigten und gerichtlich verhandelten Verbrechen sich gleich bleibe; so dass, da es zwar nicht in Absicht auf die Moralität, oder genauer zu reden Legalität der Bevölkerung, aber doch bei Vergleichung der in verschiedenen Lebensaltern begangenen Uebertretungen der Gesetze, nur auf die Verhältnisszahlen ankommt, der Mangel der unangezeigt gebliebenen Verbrechen ohne Einfluss bleibt. Durch eine ganz ähnliche Rechnung wie die bei den Heirathen gelangt nun der Vf. zu Wahrscheinlichkeitsbestimmungen darüber, dass ein Mensch in einem gewissen Alter sowohl ein Verbrechen im Allgemeinen als eine der in den französischen Tabellen aufgeführte Art desselben begehen werde. Und diese Wahrscheinlichkeit nennt er den Hang zum Verbrechen (penchant au crime) und unterscheidet auch hier einen scheinbaren und wirklichen Hang, auf dieselbe Weise wie bei den Heirathen. Gegen diese Auffassung der Ursache der Verbrechen müssen wir aber Aehnliches erinnern wie gegen die Tendenz zum Heirathen. Nur ist es hier viel wichtiger, sich über die Erklärung der unleugbar vorliegenden Thatsache zu verständigen, weil dies gerade die Stelle ist, welche die moralische Statistik in den Verdacht der Begünstigung des Fatalismus bringen kann. Allerdings ist für jeden Menschen, und also auch für den durchschnittlichen oder mittleren, die Möglichkeit vorhanden, dass er die Gesetze übertrete. Die Vergleichung der Anzahl von Verbrechen einer gewissen Altersclasse mit der Anzahl der gesammten Bevölkerung dieser Classe giebt die Wahrscheinlichkeit des Verbrechens für

1849. I.

3

das mittlere Individuum dieser Altersclasse. Ein natürlicher Hang oder gar eine Nothwendigkeit die Gesetze zu übertreten wird aber dadurch keineswegs erwiesen. Zwar sind diese Zahlen für die Jahre, in denen die Leidenschaften herrschen, im Allgemeinen am grössten und nehmen mit dem besonneneren Alter wieder ab. Aber dies zeigt nur eine grössere oder kleinere Empfänglichkeit für die Verlockung zum Verbrechen an; und auch dies erschöpft die Sache noch nicht. Mangel und Noth, die z. B. mit der Vermehrung der Familie drückender wird, mag sie Folge der Trägheit oder ungünstiger Verhältnisse sein, schlechte Erziehung, schlechte Gesellschaft, Mangel an Arbeit u. dgl. m. wirken mächtig mit. Es spiegelt sich also in jenen Wahrscheinlichkeiten eben so sehr die Unvollkommenheit socialer Verhältnisse als die Unfähigkeit des leidenschaftlichen, charakterlosen oder charakterschwachen Menschen, der Verlockung zum Verbrechen zu widerstehen. Freilich sinken vor diesen Thatsachen die Träume der Vertheidiger einer absoluten Willensfreiheit zusammen, die aus Furcht vor dem Determinismus nicht sehen wollen, dass jede verbrecherische That, obgleich sie undedingt nicht geschehen soll, doch, wenn sie geschieht, ihre natürlichen Motiven hat, und dass dem Menschen, in welchem der sittliche Charakter noch nicht hinlängliche Stärke erreicht hat, durchaus kein Schutz gegen die Möglichkeit sich zu vergehen gegeben ist, sondern ihm vielleicht nur die Veranlassung dazu mangelt. Mit einem Worte, anstatt mit Hrn. Q. von einem Hange zum Verbrechen, möchten wir lieber von einer Verleitung, oder allenfalls von einer Zugänglichkeit für dasselbe reden, oder sagen, dass jedem Lebensalter eine nicht nur von ihm, sondern zugleich von den bestehenden socialen Verhältnissen, dem Zustande der Gesittung, der Gesetzgebung, der Rechtspflege, der nationalen Eigenthümlichkeiten u. s. w. abhängige Gefahr ein Verbrechen zu begehen von bestimmbarer Grösse zukomme. Durch eine solche Auffassung ist die moralische Statistik von jedem solchen Verdachte gereinigt, sie verdient vielmehr den Dank des Moralisten, indem sie so bestimmte Warnungen aufstellt, durch die sich Staat, Kirche und Schule bewogen finden müssen, sowohl unmittelbar, als mittelbar durch Beförderung eines streng sittlichen Familienlebens, das Uebel an der Wurzel anzugreifen. Denn jene Wahrscheinlichkeiten sind nicht der Ausdruck unveränderlicher Naturgesetze, sondern von sittlichen Zuständen abstrahirt, die sich durch den Willen der Menschen, wenn auch nur allmälig, verbessern lassen. Freilich ist durch die Gesetzgebung, durch Kirchen- und Schulordnung allein nicht zu helfen, jeder Einzelne muss mitwirken; der in Sitte und Religiösität des Volks sich aussprechende Gesammtwille muss das Beste thun. Ref. hat Grund anzunehmen, dass er hiermit auch im Wesentlichen die Meinung des Vfs. ausspreche, der sich mehrmals in ähnlichem Sinne äussert. Aber es ist jedenfalls gut, durch Beseitigung einer so zweideutigen Benennung wie die des Hanges zum Verbrechen Missverständnissen vorzubeugen.

Von dem materiellen Inhalt der verdienstvollen und mühsamen Arbeit Hrn. Q.'s einen einigermassen ins Einzelne eingehenden Auszug zu geben, gestattet schon die tabellarische Form nicht, in der die Resultate zusammengestellt sind. Ref. begnügt sich daher mit einer allgemeinen Uebersicht. Die Basis der Untersuchung bilden 26 Tabellen. Ihr Inhalt ist folgender: I. Zahl der Angeklagten in Frankreich nach den Altersclassen: unter 16 Jahr, 16-21, 21-25, 25-30, u. s. f. bis 80 Jahr und drüber für die einzelnen Jahre 1826-44. II. Zahl der Verstorbenen männlichen Geschlechts in Paris, ebenfalls nach Altersclassen und für dieselben Jahre. III. Durchschnittszahlen der Angeklagten in Frankreich für je 5 Jahre derselben Periode; Mittelzahlen für die ganze Periode; Maxima und Minima desselben Zeitraums. III b. Dieselben Zahlen für die Sterbefälle in Paris. Die folgenden Tafeln bis zur XVIten beziehen sich sämmtlich auf denselben Zeitraum und Frankreich und sind ebenfalls nach den Altersclassen geordnet. IV. Zahl der Angeklagten wegen Verletzung des Eigenthums. V. Zahl der Angeklagten wegen Verbrechen gegen Personen. VI. Wegen Nothzucht. VII. Wegen Diebstahl und Raub. VIII. Wegen Schlägen und Verwundungen. IX. Wegen Mord und Mordversuch. X. Wegen Vergiftung und Vergiftungsversuch. XI. Wegen Meuchelmord und Versuch desselben. XII. Wegen Falschmünzerei und Fälschung aller Art. XIII. Wegen falschen Zeugnisses und Meineid. XIV. Zahl der Angeklagten männlichen Geschlechts. XIV b. Zahl der Angeklagten weiblichen Geschlechts. XV. Zahl der freigesprochenen Männer. XV b. Zahl der freigesprochenen Frauen, XVI. Generaltabelle der angeklagten, freigesprochenen und verurtheilten Männer und Frauen. XVII. Zahl der Angeklagten in Belgien von 1836-39, nach Altersclassen geordnet. XVIII. Zahl der Verurtheilten im Grossherzogthum Baden von 1837 — 44, nach Altersclassen. XIX. Proportionalzahlen der Angeklagten in England von 1834-41, ebenfalls nach Alterselassen. XX. Absolute Zahl der Angeklagten in England von 1842 1845, nach Altersclassen. XXI. Zahl der Selbstmorde unter Männern und Frauen in Frankreich, von 1835-44. XXII. Classification der Arlen des Selbstmords beider Geschlechter für Frankreich in demselben Zeitraum. XXIII. Zahl der Selbstmorde in Belgien von 1836— 39, ohne Unterscheidung der Geschlechter. Aus diesen Tabellen zieht der Vf. seine Folgerungen. Zuerst ergiebt sich, dass für jedes Jahr von 1826-44 ohne Ausnahme die grösste Zahl der Angeklagten in Frankreich auf die Lebensjahre 21-25 fiel, und in den folgenden Altersclassen fortwährend abnahm. Die Revolution von 1830 zeigt hierbei keinen Einfluss, die Grenzen zwischen denen die Zahl der Verbrechen schwankt, sind enger als für die Sterblichkeit. Dieselbe Beständigkeit in der Zahl der Verbrechen findet sich in Belgien, Baden und England. Die Wahrscheinlichkeit ein Verbrechen zu begehen ist in Frankreich für die Altersclasse von 16-21 Jahren 0,0004, für die von 21-25 J. 0,0005, oder durchschnittlich begehen unter zehntausend Individuen in der ersten Classe 4, in der

« السابقةمتابعة »