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bangen Schritten? Mörder, warum bebst du vor dem Haben sie nicht Lehre und Warnung in unzähligen Beis Rauschen eines Laubes? Heimlicher Betrüger, warum || spielen von Andern erfahren? Glauben sie allein mit ih ist dir jedes Menschen scharfer Blick, der auf dich fällt,ren Thorheiten oder Vergehungen eine Ausnahme in der verdächtig? Und du, der anvertrautes Gut unterschlägt, göttlichen Weltordnung, in der Geschichte des Menschen warum fühlst du Beängstigungen, so oft dich etwas an lebens zu machen ? Wehe ihnen, denn sie gehen die deinen Diebstahl mahnt, und warum fürchtest du, roth || Wege Kains, und fallen in den Irrthum Balaams um zu werden, wenn sich Jemand zufällig deinem Verbrechen Genusses willen, und kommen um in dem Aufruhe Konahet, das er doch noch nicht kennt ? rä! Sie find Wolken ohne Waffer, von: Winde umherz Warum diese Widersprüche in den Menschen, und getrieben; kahle, unfruchtbare Bäume, zweimal erstore selbst in solchen, denen es nicht an Verstand und Ein-ben und ausgewurzelt; wilde Wellen des Meeres, die ficht des Bessern fehlt? O, wie erbärmliche, unloskäuf ihre eigene Schande ausschäumen! (Jud. 11, 12. 13.) liche Sklaven eurer unanständigen, eurer verbrecherischen Und doch ist es in unfern Tagen eine sehr gemein ges Gelüßte müsset ihr fein, daß ihr um einen elenden Geld-wordene Sitte, daß man sich, öfters aus sehr übel ans gewinnst Jahre lang Angst leiden, um den vergnügenden Rausch weniger Augenblicke ein halbes Leben lang innere, peinliche Vorwürfe tragen könnet!

Wie gern möchtet ihr eure Verdorbenheit vor euch, vor allen Menschen, vor Gott selbst entschuldigen! Nein, dies wäre doch zu wenig. Ihr möchtet lieber eure schwarze Schuld weiß brennen; euern unanständigen Wandel zum Lieblingston, zur herrschenden Sitte machen; eure 2a-|| fter mit dem Namen irgend einer Tugend schmücken, damit ihr recht ungestört fort fündigen, recht ungestört euern thierischen Gelüsten jedes Opfer darbringen, und eure schändlichen Gewohnheiten nach Wunsch befriedigen könnet. Darum erfindet ihr für das Niederträchtige in eurer Denkart hohe Namen, für das Unehrliche eures Thuns rühmliche Benennungen, für das Abscheuliche eurer Ausschweifungen liebenswürdige Titel.

Aber es ist umsonst! Die Häßlichkeit eures Gemüths will sich nicht verschleiern lassen, und bricht mit Gewalt überall hervor, um sich zu verrathen; mit Tücke lohnt euch euer Verbrechen. Ziere immerhin deine unreinen Triebe, o ekelhafter Wollüstling, mit den reizendsten Bezeichnungen; nenne fie Hang zur Zärtlichkeit, Liebe, artiges Betragen, Weltton; brüste dich immerhin, Verführer, mit deinen Siegen über eine durch dich ver nichtete Unschuld — du erliegst unter der Verachtung aller | Edeln, und die Unedeln machen sich ein Fest daraus, deine Schändlichkeit anzuklagen. Furcht und Verdruß schleicht dir in deine geheimsten Schlupfwinkel nach, und der gestörte Hausfrieden bereitet dir graues Haar. Wohl bot dir die Sünde Rosen dar, aber als du unbesonnen die Hand darnach strecktest, ward sie dir hämisch von giftigen Dornen zerfleischt.

gebrachter Höflichkeit, scheut, die Laster und Thorheiten bei ihren wahren Namen zu nennen. Man sucht durch ges linde Ausdrücke die im Schwange gehenden Untugenden milder darzustellen; ja, es wird für Etwas gehalten, wenn man zu effenbaren Schlechtigkeiten vornehm lächeln kann; wenn man sich stellt oder unverhohlen zeigt, man sei mit dieser oder jener von unsern Vätern für Sünde ge= haltenen Handlung nicht ganz fremd. Ja, man unternimmt es sogar, oft halb im Scherze, oft im vollsten Ernste, entschieden schändliche Dinge mit ehrenvollen Bezeichnungen zu schmücken, und Laster zu Tugenden zu stempeln.

Der feine Betrüger, der Andere um ihr gerechtes Eigenthum bringt, Erben um ihr Erbtheil, Wittwen um ihr Vermögen betrügt, ehrliche Käufer hinterlistig übervortheilt, heißt nur ein kluger Mann, der sich nicht betrügen läßt, ein Mann, der für das Seine forgt.

Den Ehebrecher, den Wollüßtling nennt man nur eis nen Mann von Lebensart, von gutem Lon. Den Speichellecker, welcher vor seinen Obern kriecht, ihre Thorheiten preiset, ihre Albernheiten bewundert, nur um sich selbst emporzubringen, nennt man einen Mann, der die Welt kennt, einen Menschen, der zu leben weiß. Den giftigen Läfterer, der die kleine Gabe seines Wiges dazu verwendet, diejenigen zu verspotten und in Gesellschaften lächerlich zu machen, welche ihm mißfallen, nenut man einen muntern Kopf, einen angenehmen Gesellschafz ter, einen Mann von Geist. Den Eigensinnigen, der überall widerspricht, überall Nachgiebigkeit fordert, ohne sich selbst in die Menschen, wie sie sind, oder in die Ums ftände zu schicken, nennt man einen Mann von Karakter, einen festen Mann. Den Hochmüthigen, der sich nicht Triumphire immerhin, Trunkenbold, lüfterner Schlem- mit Personen geringern Herkommens einläßt, überall nur mer, in deiner Unmäßigkeit. Schminke sie mit dem Na-feinen eingebildeten Werth geltend machen will, Andere men frohen Lebensgenusses oder der Liebe zu geselligen neben sich verachtet und zurückstößt, nennt man einen Freuden. Es glaubt dir Niemand. Selbst die, welche Mann von edelm Selbstgefühl, der fich nicht wegwers deinen Tisch verlassen, sehen dein Ende voraus, und fen will. heißen dich unter sich einen Schwelger, einen Säufer. Genug, es ist kein Lafter, kein Vergehen, wenn es Dein durch unmäßigkeit verderbtes Blut, deine durch nur nicht von der Art ist, daß es die bürgerliche Orda Ueberreiz geschwächten Nerven, dein mit unnatürlicher nung offenbar zerrüttet und vor der weltlichen RichterFarbe entstelltes Antlik, dein sieches Alter, dein früh || stuhl gezogen werden muß, welches nicht bald eine bloße zum Sterbebette wankender Schritt werden dich beleh-Schwäche, bald eine liebenswürdige unart, bald eine ren, daß du der Sünde gefröhnet habest, die dich da- || leichte Verirrung, oder wohl gar eine rühmliche Eigens für erwürgt. schaft genannt wäre.

So täuschen sich die Sünder, indem sie Andere zu betrügen meinen. Sie buhlen um Liebe und Hochachtung, und finden zuleßt Verachtung; fie suchen Wollust, und finden zuleht Schmerzen, Krankheit und Gram; fie gei= zen nach Ehre, und ärnten zulest Schmach und gerechte Verspottung. Und was können sie Anderes erwarten?

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Stunden der Andacht. 15. A.

Dies allgemeine Bemühen, die herrschenden Laster zu beschönigen, ist einer der laut: redendßten Seugen von dem Verfall der Sitten und der um sich greifenden Verdorbenheit der Gesinnunge. Denn ungeachtet Jes der wohl weiß, wohin zuleht die Schändlichkeit der

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Handlung führen muß, die er mit schonenden, schmei.wörter 7 Wer trägt die Schuld, wenn sich der unerfaß. chelhaften Namen beehrt, schämt er sich dennoch nicht, rene Jüngling feinen wilden Neigungen überläßt? Habt fie mit heuchlerischer Güte oder Bewunderung in die Reihe || ihr nicht seibst mit euerm Beschönigen des Lasters den ehrwürdiger Tugenden zu stellen. Damm durchbrochen, welcher den Strom noch gefeffeft Wäre es wohl nöthig, mich erst selbst davon zu hielt? Warum scherztet ihr über verleßtes Recht, über überzeugen, wie verächtlich und thōricht, wie nachthei-vergessene Pflicht? Ihr scherztet damit vielleicht den leßlig uns und Andern, wie unchriftlich eine Gleißnerei die ten Reft heiliger Scheu von dem Verbrechen in einer ser Art sei ? fremden Brust hinweg! Euer Einstimmen in den Modeton, welchen Leichtsinnige oder Wüstlinge angaben, machte euch wider euern Willen zum Theilnehmer mancher ruchlosen That; machte euch, ohne euern Willen, vielleicht zum Urheber manches Familienunglücks, zum Schöpfer mancher Schmerzensthräne! Ihr wolltet das nicht; aber ihr wußtet es, wie gefährlich es sei, mit Lus gend und Sünde wie mit gleichbedeutenden Dingen zu tändeln. Ihr streutet den Samen der Hölle aus: wolltet ihr damit Aernten des Himmels gewinnen ?

Fühlt nicht Jeder selbst, daß er, indem er Easter und schimpfliche Meinungen zu beschönigen sucht, ein Schmeichler der allerniedrigsten Art wird? Er lobt, was sein Herz verdammt; er lächelt Beifall zu Unthaten, die, wenn sie gegen ihn ausgeübt worden wären, ihn vielleicht zur Verzweiflung gebracht haben würden. Wer ist denn niederträchtiger, der, welcher aus Uebereilung und leis denschaftlichem bösen Hange fündigt, oder der, welcher mit kaltem Blute das Schändliche bewundert und durch milde Namen gefällig darstellt?

Das Beschönigen des Lasters ist im Widerspruch mit Verachtest du in deinem Herzen den schlauen Verräder Heiligkeit der Religion, welche wir bekennen; ist ther, den treulofen Freund, den geilen Verführer, den|| unwürdig dem Herzen und Mund des Christen. gewiffenlosen Richter, den eiteln Verschwender o so Jesus Messias, unser Vorbild, obwohl gütig bist du nicht minder dir selbst verächtlich, der du Heuch- || auch gegen Sünder, nachsichtig gegen Fehlende, voller ler genug bist, die ekelhafte Sünde mit dem Schleier des Liebe und Erbarmen selbst gegen diejenigen, welche ihn Schönen zu schmücken! beleidigten und verfolgten, war dennoch nicht schonend Das Beschönigen des Lasters ist aber mehr, als bloß gegen Sünden. Er gab bösen Neigungen keinen edlern tadelnswerthe Modethorheit — nein, es ist in sich selbst Namen, als sie verdienten; noch weniger suchte er das Sünde, wie jede andere; Verrath an unserm eigenen ||als löblich darzustellen, was unrecht war. Er haßte die Herzen; Verführung der noch Unschuldigen! Wer zum niedrige Schmeichelei, und tadelte mit furchtbarem Ernst Gottlosen spricht, du bißt fromm, dem flu- nicht nur diejenigen, welche Lieblingsfünden entschuldis ajcu die Leute, den haffet das Volk. (Spr.||gen wollten, sondern auch die, welche Tugenden heuchelCal. 24, 24.).

ten, die sie nie besaßen. Wer erinnert sich nicht des festen Muthes, mit welchem er den Schriftgelehrten und Phaz rifäern begegnete; wer gedenkt hier nicht seiner Worte, mit denen er ihre Scheinheiligkeit niederdonnerte, als er sprach: Wehe euch Schriftgelehrten und Pharisäern, ihr Heuchler, die ihr gleich seid wie die übertünchten Gräber, welche auswendig hübsch scheinen, aber inwendig sind fie voller Todtenbeine und alles Unflathes! (Matth.

Es ist Verräth an unserm eigenen Herzen. Denn wenn wir billigen und deschönigen mit dem Munde, was unser Gewissen verwirft, tadeln wir damit nicht unsere eigene Lugend, die unser Stolz sein sollte? Machen wir uns damit nicht allen edlern Menschen verdächtig, daß wir ebenfalls fähig wären, das Schlechte zu thun, was wir so freundlich in Schuh nehmen? Berauben wir uns nicht selbst der Ehre, indem wir Gesinnungen und Tha-|| 23, 27.) ten Ehre geben wollen, die keine verdienen? Es ift und woher denn entsteht in unsern heutigen Gefellz Verrath an unferm eigenen Herzen; denn wehe dem, der schaften dieser leichtfertige, gefährliche, der Christenüber verlegtes Pflichtgefühl nur lächeln kann, und 2a-würde schlecht geziemende Ton, mit dem über unsittlichen fter als leichte Scherze, Störungen der Liebe und Lebenswandel Scherz getrieben, oder das Unedle gleich Glückseligkeit als anmuthige Schwachheiten einer lobenswürdigen Sache erwähnt wird? ausgibt. Was er anfangs aus schmeichlerischer Gefällig=|| Meistens ist daran eine übelverstandene keit gering schäßte, oder nur für unbedeutend zu halten || Höflichkeit Schuld. Man scheuet sich, das Schändden Schein annahm, das wird er endlich in der That liche mit seinem schändenden Namen zu nennen. Es ist für sich selbst als eine Kleinigkeit achten. Sittenlosigkei- unter gewissen Menschen, die auf Anständigkeit mehr ten, denen er an Andern einen angenehmen Namen gab,halten, als auf Tugend, viel verzeihlicher, etwas unwird er sich zuleßt verzeihen, wenn er Neigung für fie gerechtes zu thun, als etwas Unschickliches zu sagen. Ihempfinder. So wird unvermerkt der feile Heuchler sein einen gilt der vorgeschriebene Ton der sogenannten guten gener Berführer, der Mörder seiner eigenen Zugend. Gesellschaft mehr, als das ewige Gesch in ihrer Brust. Er wird es! und hätte er noch Festigkeit genug, Andere fehlen aus gemeiner Schmeichelei. daß er auch die Reinheit seiner Sitten treu bewahrte, Sie wollen fich beliebt machen, nirgends anstoßen, und während er mit verachtungswürdiger Schlauheit und Gebemänteln daher die schlechtesten Handlungen derer, so schmeidigkeit das Unreine in Sinn und Thun Anderer be gut fie können, bei denen sie sich in Gunft segen möchten. schönigt: so kann er doch nicht verhüten, durch die Sie rechtfertigen dann wohl ihr unwürdiges Betragen unbesonnenheit seiner Worte fremder Unschuld gefährlich sogar mit dem Vorwand christlicher Menschenliebe, fanf= zu werden. ter Schonung, welche den Fehler Anderer nicht strenge Nur allzumächtig regt sich die sinnliche, thierische richten soll. Diese Heuchlero wie groß ist ihre Zahl! Natur des Menschen, und allzustark ist oft die Lockung-fönnen sie mit ihren unreinen Absichten auch vor dem der Leidenschaft; bedarf sie noch zum Siege auch un-|| allwissenden Richter der Seelen bestehen ? ferer Beredsamkeit, unsers Aufmunterns, unserer Schuß-!! Wieder Andere, und ihre Zahl ist vielleicht die größte

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te, behandeln gern gewisse Lieblingslafter der Menschen mit Leichtigkeit, oder wollen sogar ein Verdienst daraus machen, weil sie selbst von ihnen nicht frei find. Im Gefühl ihrer eigenen Verworfenheit wollen fie Sündengenossen, Theilnehmer ihrer Denkart erheben, oder entschuldigen, um sich nicht selbst verdammen zu müssen. Sie können es nicht ertragen, daß man das für schlecht halte, deffen sie selbst fähig oder schuldig sind. So halten sie ihrer eigenen Schande Lobreden, suchen mit wißigem Scherze ihre Fehler zu verkleinern, indem fie Andere nicht tadelhaft finden. Ja im Schmerze ihrer Unwürdigkeit, die ihnen das immerdar laute Gewissen vorwirft, machen sie sogar Tugenden lächerlich, die ih nen fehlen, und wollen ihren Verstand bestechen, damit fein Urtheil ihre Handlungen glimpflich richte.

Weisheit: deis Tadel hinter dem Rücken des Fehlbaren wäre vielleicht Unklugheit und Wirkung eitler Ladelsucht. Aber Niemand gebietet dir auch, etwas, was an sich verdaminlich ist, lobenswürdig an denen zu finden, de ren Gunst dir wichtig sein kann. Stehst du in der Noth= wendigkeit, loben zu müssen — wahrlich, kein Mensch ist so ganz schlecht, daß er nicht auch verdienstvolle Eigenschaften befäße; nenne diese, aber schmeichle niet seinen Fehlern. Er wird did) in jenem Fall ehren, weil du sein Gutes anerkennst; er würde dich in diesem Fall als einen Heuchler oder als einen getäuschten Kurzsichtigen nur verachten.

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Und da, wo du darfst da, wo dein Wort und Urtheil nicht ganz vergebens schallt nenne das Easter bei seinem Namen mit christlichem Muth, und bezeichne War auch ich immer frei und rein von jedem Ver- || deinen Abscheu ohne Hehl. Wer Christum bekennen will, gehen? War auch ich nicht oft schwach genug, in Ge=||foll der Hölle keinen Weihrauch streuen. Wer Gott dies sellschaften den herrschenden Ton anzunehmen, mit wel-nen will, foll nicht der Diener fremder Gößen sein. chem das Abscheuliche der Sittenlosigkeit verzeihlich, und Nur der Gerechte in Denfart, Urtheil und That ist die redliche Unschuld als ein Gegenstand des Spottes und Gott lieb, den Edeln theuer, und selbst den Verworfen muthwilligen Scherzes aufgestellt ward ? ften ehrwürdig.

barm=

O, wenn ich mich jemals so weit vergaß herziger Gott! wenn ich mich aus kleinlichen Rücksichten jemals dahinreiffen ließ, eiteln Menschen lieber zu dienen und zu gefallen, als Diro Verzeihung und Gnade! Nie, nie soll wieder des Lasters Lob, der Lugend Ver= spottung meine Lippen entweihen, mein Herz besudeln ! Wahrheit in Gedanken und Worten sei mein Schmuck

O Vater der Tugenden, o Gott der Wahrheit! stehe Du mir bei mit Deinem heiligen Geist, daß ich Dhe nie treulos werde! Amen.

228.

Offenb. Joo. 2, 4.

vor dem Allwissenden und vor allen guten Menschen! Ach, Erinnerung an die ersten Gelübde. ich bin von Vielen verkannt: aber gab ich nicht vielleicht durch meine unbesonnenen und leichtfertigen Reden selbst Anlaß dazu, daß man mich erst im Stillen, und dann lauter, für schlechter hielt, als ich war?

Rede, wie du denkst! gebietet die Tugend. Rede nicht Alles, was du denkst! gebietet die Klugheit. In diesen wenigen Worten liegt ein Schaß erz habener christlicher Lebensweisheit eingeschlossen.

Rede, wie du denkst. Lobe nicht, was dich; dein Herz und Geist verachten heißen; finde nicht vor andern Menschen verzeihlich, was du in defnem Gewissen für unverzeihlich und gottlos hältst. Spotte nicht der Lus gend, der Unschuld, der Gewissenhaftigkeit, während dein Herz dir Ehrfurcht dafür gebietet.

Herr, Dir gelobe ich aufs Neue
Mich ganz zu Deinem Eigenthum ;
Mein Denken und mein Trachten weihe
Jch Dir, o Gott, zum Heiligthum !
Bon Dir, von Deinem Geißt allein,
Will ich binfort geleitet sein.

O Vater, nimm von Deinem Kinde
Das herzliche Versprechen hin:
Versucht sich je an mir die Sünde,

So will ich ihre Nege flich'n.
Weich, Lust zum Bösen, Sünde, weich,
Gott bört es: ich entsage euch!

Ja, ja, Gott höret mein Versprechen,
Ticf blickt er in mein Herz hinein:
Sollt', ich je mein Gelübde brechen,
So würd er einst mein Richter sein.
Hilf, Gott, daß nie mein Herz vergißt,
Wie ftrafbar jeder Rückfall ift.

Rede nicht Alles, was du denkst. Es ist möglich, daß du oft in Lagen geräthst, wo du unter verdorbenen oder auch nur leichtsinnigen Gesellschaften den Wüftling entschuldigen, oder wohl gar preisen hörst; es ist möglich, daß auf Unkosten des redlichen Mannes! Spötter ohne Zartgefühl ihren Wik ausspenden: aber wer zwingt did) da, in die tadelhafte Sprache einzustim- Es wird Keiner sein, der sich nicht selbst gestehen müßte: men? Wer nöthigt dich, gegen seine bessern Ueberzeus Es gab eine Zeit, da war ich frömmer als gungen zu reden ? Verbieten dir deine Verhältnisse, || ießt! Es gab eine Zeit, da war mein Herz unverdor

dich und deine Empfindungen auszusprechen; findest du den Augenblick unvortheilhaft, mit Ernst einzutreten, und die Worte der Wahrheit feierlich zu bekennen, wo Alles nur für Scherz und Muthwille gestimmt ist kein Verhältniß kann dir zu schweigen verbieten. Da ist dein Schweigen Rede, da dein Schweigen ein stummer Tadel des Unrechts.

Niemand gebietet dir da, dein Urtheil über fremde Fehler mit Ernst und Strenge auszusprechen, wo du dazu keinen Beruf noch Hoffnung hast, mit deinem Urtheil etwas Gutes zu bewirken. Hier ist dein Schweigen

bener und für das Gute weit retzbarer, als jest; mein Gebet floß inbrünstiger aus einem tiefbewegten Gemüthe hervor; meine ganze Seele war gleichfam inniger mit Gott verwandt, und selbst das Irdische schien mir heiliger und verklärter durch die Religion zu werden, als es gegenwärtig ist. Ja, auch wenn ich fehlte, war meine Reue lebhafter, mein Schmerz tiefer und aufrichtiger; ich erhob mich schneller nach jedem Fall, und meine Heimkehr zum Vaterherzen Gott war freudiger, rühren der, als heute.

Und warum ist das, was ehemals gewesen, nicht

auch noch heute? Bin ich nicht mehr derfelbe Mensch, der ich gestern war? Woher diese Verwandlung ?

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Wohl fühle ich mich schuldig, und daß es meinem Herzen gilt, wenn das göttliche Wort spricht: Aber ich habe wider dich, daß du die erste Liebe verläsfest. (Offenb. Joh. 2, 4.) Gott war meine erste Zuversicht und Freude, Jesus meine erste Liebe seitdem ward es die Leidenschaft des Stolzes, des Wohl= lebens, der Eitelkeit.

Gemüths jener feierlichen Stunden, da ich unter namen= Noch heute gedenke ich nicht ohne Bewegung des losem Entzücken, von den Wundern göttlicher Güte umringt, oder unter namenlosem Schmerze, am Sterber bette, am Sarge geliebter Personen, meine Seele Gott weihte, indem ich den Land des gewöhnlichen Lebens

verachten lernte.

Kostete mir denn meine frühere Frömmigkeit allzuviel Ueberwindung und Mühe? Nein, ich war unschuldig, redlich, herzlich, weil ich es sein wollte; und mehr als diesen Willen hatte ich nicht nöthig. Ich liebte die Menschen, weil ich keinen Grund hatte, sie zu haffen. Ich half uneigennüßig meinen Brüdern; half selbst mit freudiger Aufopferung ganz unbekannten Personen, und empfand dabei eine wahre Himmelsluft. Aus Dienstge= fälligkeit schadete ich mir oft selber; aus Großmuth gab ich oft meinen eigenen Feinden den Sieg über mich, und doch empfand ich darüber mehr Vergnügen, als Schmerz. Ich ward oft betrogen von denen, welchen ich allzufehr traute; aber dies machte mich nicht mißtrauisch gegen An dere. Ich blieb der Gleiche. Ich beklagte nur, daß die Noch heute gedenke ich mit aufwallenden EmpfindunLugend so wenig zärtliche Verehrer auf Erden habe; be: gen jener Lage, da ich den ersten Unterricht und die heis flagte nur, daß die schönsten und füßesten aller Gefühle, lige Weihe zum Christenthum empfing durch Theilnahme Freundschaft und Liebe, uns oft die herbeften Leiden veram Gedächtnißmahl Jefu, welches die Kirche beging. ach! daß ich's thun muß den veranlassen. Aber darum war mir die Tugend nicht|| Noch heute erinnere ich mich minder heilig: darum waren mir Freundschaft und Liebe mit Erröthen! an die Stunden großer Noth, wo ich nicht minder die edelsten Kleinodien des Erdenlebens. zu verzweifeln gedachte, und meine Seele, mit namenDem Ullwissenden ist es bekannt, wie mein feuriges lofer Angst ringend, sich zur Weisheit und Gnade des Verlangen nur Veredlung durch jede Lugend, wie mein himmlischen Erbarmers aller Leidenden wandte. O welche höchster Wunsch das Glück der Welt war. Dem Allwif herzlich gefühlte Versprechungen leistete ich da Gott, und fenden ist es bekannt, wie lange ich nach keinem andern der Allgegenwärtige vernahm fie! Wie viele Seufzer Biele strebte. Er hat die Bemühung meines Herzens zu stiegen aus dem Innersten meiner Bruft mit Gebeten emjeder Befferung gesehen. Er war Zeuge meiner ersten Tha-por, und der Vater der Welt empfing fie! Mit brennen ten, die ich, von den Wahrheiten der Religion gerührt, den Thränen versiegelte ich meine Gelübde, und der Allbeging, um seiner Huld würdig zu werden. Er war || wissende sah ste!

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Seuge meiner feierlichen Gelübde, ach, der oft wieder- Doch das Alles ist nicht mehr, wie sonst. Ach, wie holten, in welchen ich ihm meine Seele, mein ganzes || wandelbar ist der Mensch, wie unzuverlässig sind seine Leben weihte. Entschlüffe! Woher denn diese Verschiedenheit von heute und ehemals? Habe ich auch Etwas, das mich vor mir selbst entschuldigen, oder doch nur die Schuld einiz germaßen vermindern kann, die ich mir zum Vorwurf machen muß ?

Und nun bin ich nicht mehr der Vorige. Die Welt um mich her scheint verwandelt; scheint nicht mehr so hei lig, so schön zu sein, weil ich mich selbst in meinem Innern verändert fühle. Ich habe nicht mehr die alte Heiter=|| keit, die stille Harmlosigkeit, den Seelenfrieden, der für Allerdings, wenn ich meine ehemaligen Seelenzuz mich aus dem Vertrauen auf Gottes Vaterweisheit her-stände erwäge, fehlte ich schon damals, als ich fene feiervorging. Ich bin unter den Menschen nicht mehr wie un-lichen Gelübde gethan! Nicht darin aber habe ich gefehlt, ter Brüdern, sondern schüchtern und argwöhnisch, wie daß ich sie that, sondern wie ich sie darbrachte, näme unter geheimen Widersachern. Ich habe meine Augen mehr lich im vollen Sturm meiner aufgeregten Empfindungen, auf das Irdische als auf das Göttliche gerichtet, und doch ohne daß zugleich mein ruhig überlegender Verstand das dünkt mich alles Jrdische nicht mehr mit jenem wunder bei thätig sein konnte. Nothwendig mußten meine guten vollen Reiz umgeben, der mich einst so oft entzückte. Ich Vorsäte wieder schwankend werden, weil sie auf einen so Babe oft noch den Wunsch, groß und christlich) edel zu unsichern Grund gebaut waren, als Gefühle sind, die denken und zu handeln; aber tausend kleine Nebenrück-ihrer Natur noch von kürzerer Dauer sein müssen, je hef= fichten drängen sich dann zwischen meine Seele und den tiger sie herrschen. Was mein bewegtes Herz in einer heiligen Wunsch, und ich bleibe kraftlos und gemein. schönen Stunde der Begeisterung schwor, oder im Drang Noch ist oft das Glück der ganzen Welt mein höchstes unglückseliger Begebenheiten aus der Tiefe der Noth ge= Verlangen; ich beklage es schmerzlich, wenn ich so viel lobte, hätte ich nachneils nicht bloß in Empfindungen feftElend und Gebrechlichkeit des Lebens, den Jammer von halten, sondern zur Angelegenheit ruhiger Ueberlegung Familien und Völkern sehe, als ftrafende Folge einer all- und fester Grundsäge machen sollen. Dies versäumte ich: gemeinen Verderbtheit des Herzens — aber ich habe kei- und ich versäumte es besonders oft in einem Lebensalter, || nen Muth, das Besfere zu leisten, und kehre immer wo die Gefühle überhaupt mächtiger als die ruhig betrach voller Selbstfucht zu mir zurück, und halte die Klugheit | tende Vernunft sind. Daher kam es, daß mein Lebensoft mehr werth, als die Größe der Seelen, die nichts lauf leider ein beständiger Wechsel von guten Vorsägen scheuet für Gott, Wahrheit und Weltglück. und leichtsinnigen Vergessenheiten, von Bereuungen,

Meine ersten Gelübde schweben halbvergessen hinter Kämpfen und neuen Vergehungen ward: so daß ich mir in den Schatten der Vergangenheit, wo ich sie einstzulegt an meiner eigenen Verbesserung verzweifelte, schwor; und die Thränen, mit welchen ich fie voll in- oft meine jugendlich frommen Gesinnungen selbst wie brünstiger Andacht dem Himmel darbrachte, haben ihre Schwärmereien ohne Werth ansehen wollte, und zuweiKraft und Bedeutung verloren. len nicht an die Möglichkeit glaubte, daß ein Sterblicher

ungeachtet aller Mühe einen hohen Grad tugendlicher,|| Erinnerungen find die ersten Vorgefühle eines schönern, das heißt chriftlicher Vollendung erschwingen könne. harmlosern, heiligern Lebens, dessen du theilhaftig wers Dies ist die Geschichte vieler Menschen, die in ihren || den könntest! Kehre zurück zu der Kindesunschuld, in jüngern Jahren gewöhnlich edlern Herzens waren, und welcher du sonst dich oft selig gefühlt haft; kehre zurück nach erhabenern Zielen strebten, denn in ihren spätern || zu den ersten Gelübden, welche der Ewige noch nicht verz Lagen; die Geschichte vieler Menschen, welche ihre Hergessen hat! zensverschlimmerung mit allen gedenkbaren Scheingrün- Aber mit der Verjüngerung deiner ersten Liebe, deis den bemänteln oder wohl gar rechtfertigen wollten, wozu ihnen die Selbstfucht Vorwände genug darbot.

In der That ist aber auch das jugendliche Alter an fich, wiewohl ohne sein Verdienst, heiliger, unschuldiger, empfänglicher für das Erhabene der Religion, als es die spätern Jahre sind. Der Jüngling und die Jungfrau, kaum den Tagen der Kindheit entgangen, haben von die ser noch immer das schöne Gefühl der Unschuld geerbt. Unbekannt mit den tausend mannigfaltigen Umständen, welche das menschliche Herz erschüttern und ändern kön nen, unerfahren in den Denkarten und verschiedenen, Alles verschlingenden Neigungen der Erwachsenen, halten fie Jeden für so schuldlos und alles Gute wollend, wie sie sich selbst kennen. Denn jeder Mensch hat, um Ande rer Werth zu richten, keinen andern Maßstab, als seinen eigenen Werth.

ner frühen Gelübde, hüte dich, den Fehler zu erneuern, durch welche sie bald nach ihrem Entstehen wieder untergegangen sind. Es sei nicht das rasch auflodernde Feuer der Empfindungen, sondern ein auf Ueberzeugung und Grundsägen ruhender Entschluß, der dich begeistern und der Leitstern deiner Thaten werden muß.

Erneuere mit Entzücken den schönen Schwur, Gott anzugehören und von nun an göttlich zu handeln; aber überlege deine Umstände, die Beschaffenheit deiner Vers hältnisse, die Denkart deiner Bekannten, das Maß deis ner Kräfte, das Fehlerhafte deiner Eigenschaften, deiner Neigungen, deiner Wünsche, und frage dich prüfend: Was kannst du in deiner Lage thun, um das musterhafte Leben eines wahren Menschen- und Gottesfreundes, um den erhabenen Wandel eines ächten Christen zu führen ?

Darüber sinne erst in der Stille für dich nach, und So athmen sie sehr hochherzog nur für das, was schön und edel ist; fie verabscheuen das grobe Lafter; ihr Sinn glaube, es wird der Geist Gottes es nicht an Licht in ift offen für das Göttliche; die Welt schmückt sich ihnen deinem Gemüthe fehlen lassen, es wird dir dein Gewissen mit Sauberfarben; ihre reizbaren Empfindungen find in fagen, was du zu thun habest, das Ziel das höchste beständiger Regung; ihrer ungezähmten Einbildungskraft und würdigste Ziel alles Menschenlebens zu erringen. schweben nur schmeichelnde Erwartungen vor; sie ver= Erneuere deine erste Liebe, deine frühen Gelübde, und schmähen die Erfahrungen gemeiner Wirklichkeit, und halte dem Ewigen das große Wort, welches ihm in wich trauen sich voller Selbsttäuschung Muth und Kraft genugtigen Stunden deine Seele gab! Aber zittere nicht schwäch zu, immerdar nur das Beste zu thun, das Höchste zuvor der Ausführung; halte dich nicht für verdorbener, wollen, was Religion und Vernunft darstellen. So kom als du bist, sondern wage den ersten Versuch, und halte men dann die feierlichen Augenblicke großer Gelübde-deine Leidenschaften, deinen Hang zur Wolluft oder Rache, aber ach! es kommen auch die Argenblicke des Leicht. finns, des Erliegens unter den Reizen der finnlichen Begierden!

deinen Geiz nach Ehre oder Reichthum, nicht für mäch tiger als den Wunsch deines unsterblichen Wesens in dir. -Handle überall nach ruhig erwogenen Grundsäßen Die lebhaften Gefühle, noch vor wenigen Jahren im deffen, was recht und billig, ehrbar und menschenfreund= Dienst eines heiligen Glaubens, treten eben so schnell in lich, unparteiisch und nüßlich für Jedermann ist. Was den Dienst unheiliger Leidenschaften. Das Herz kämpft du willst, das dir die Leute thun sollen, das thue ihnen zwischen Pflichten und Sünden, und lernt in den Ver- auch! Was dich schmerzen würde, wenn Andere es wi kettungen der Schicksale Vergehungen kennen, von wel- der dich versuchen würden, das unternimm gegen Niechen es ehemals keine Ahnung hatte. Das Leben verliert manden. Uebersiche mit ruhiger Großmuth die Beleidi feinen himmlischen Glanz; die Wirklichkeit wird immer gungen deiner Feinde; zeige von allem Bösen, was man verächtlicher, und doch ist der Mensch mit jedem Jahre dir nachredet, das Gegentheil; fliehe vorsichtig die Anmehr gezwungen, sich mit ihr zu verbinden. Bald verlässe, bei welchen du aus Erfahrung weißt, daß du schlingt sie ihn ganz, wenn er sich selbst überlassen im schwach werden und unanstäudig oder gar lasterhaft wer Getümmel dasteht, kein Vater, keine Mutter mehr für den kannst; fliehe solche Anlässe selbst in deinen Gedanihn sorgt, und er um seine Nahrung, und sein anständi-|| ken, und zerstreue dich schnell, wenn sie deine Seele zu ges Fortkommen in der Welt selbst Sorge tragen muß. irgend etwas ungerechtem locken. Neue Bedürfnisse bedrängen nachher den neuen Hausva So erneuere deine Gelübde, nicht mit den vorübers ter, die junge Hausmutter. Wohl sehnen sie sich noch rauschenden Gefühlen der frühern Jugend, sondern mit oft nach dem Himmlischen empor, was sonst in ihrem Ge- dem heiligen Ernst und der Kraft des reifern Alters. müth einen unbeschreiblich holden Frieden verbreitete: aber Dann wirst du erlangen, was du einst Gott schworst, das Jrdische umklammert sie immer fester; ihre Verhält-deinem Erlöser zusichertest - Kindesunschuld und Kinnisse mit den Menschen umher werden immer verwickelter, desglückseligkeit; dann wird die Welt wieder jenen fridie Sorge um sich und ihre Kinder immer tiefgreifender. || schen Zauber empfahen für dein Herz, welchen du als ver— So gleichsam vom Strom des irdischen Lebens und || loren betrauertest, weil du das Herz verloren hattest, mit Webens hinweggefluttet, ermannt sich ihr Herz nur in dem du sonst die Welt Gottes begrüßtest. einzelnen Augenblicken wieder zu dem verlassenen Beffern, Kehre zurück zur Kindesunschuld und zu deinen ersten zu der ersten Liebe ihres Geistes, und mit Schauer und Gelübden. Gedenke, wovon du gefallen bist, und wehmüthiger Rührung gedenken sie der ersten Gelübde. thue Buße, und thue die ersten Werke: wo aber nicht, Ogedenke ihrer immerhin, meine Secle! Diesel spricht der Herr, werde ich dir kommen bald, und deinen

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