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Leuchter wegstoßen von seiner Stätte, wo du nicht Buße||ter Tod dich aus der Reihe der Lebenden hinwegzicht; thus! (Offenb. 2, 5.)

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ehe das furchtbare Wort des Herrn an dir zur Erfüllung wird: Ich werde dir kommen bald, und deinen Leuchter wegstoßen von seiner Stätte, wo du nicht Buße thust.

Je länger der Mensch ansteht, fein befseres Selbst zu retten, je tiefer versinkt er in den Schlamm des irdischen Lebens. Es Ihr aber, denen die Gottheit Gelegenheit eröffnete, ist eine elende Selbsttäuschung, zu hoffen, man werde auf die zarten Herzen der Jugend zu wirken, hütet ffe, sich unter veränderten Umständen bessern können, nur jeßt durch eure eigenen Erfahrungen gewarnt, daß nicht, was noch nicht, wo noch so mancherlei uns zwingt, die alte|fle Gott gelobt, bloßes Werk aufgeregter augenblicklicher gewohnte Lebensart und Denkweise fortzusehen. Nein, Gefühle sei, sondern eine Frucht fester Grundfäße von dies ist die Sprache deiner Feigheit, deiner Verworfen- dem, was christlich-edel ist. Nichts ist leichter, als ein heit! Nicht die Umstände, in denen du lebst, zartes Herz durch religiöse Ermahnungen zu rühren; nichts machen dich schlechter, als du sein solltest; ist leichter, als Thränen hervorzulocken, und kühne, seesondern du, durch deine Sinnesart, durch lenvolle Entschlüsse. Denn Alles macht auf das junge deine Verdorbenheit, machst die Umstände Gemüth stärkere Eindrücke. Aber unterrichtet die Jugend um dich schlechter, als sie sein sollten. Dein ||von ihren Pflichten; kläret ihren Verstand auf; machet kleinlicher Ehrgeiz, dein Horchen auf das Urtheil man ihr das Gerechte, das Gute zur Gewohnheit: so bauet cher Leute, deine Furcht vor ihrem Spott hält dich ab, || ihr die Religion in ihrer Brust gleichsam auf Felfengrund, so vollkommen gut zu handeln, als du überzeugt bist, nicht auf weichen Sand, den der nächste Sturm umvälzt daß du könntest. Siche da, dein Ehrgeiz, deine Eitel und entführt. Die Empfindungsvollsten werdet ihr oft keit sind die geschwornen und furchtbarsten Feinde deiner im spätern Alter als die Tugendlosesten beklagt haben; Ruhe! Sie sind es, nicht die Umstände, wie du dir die in ihren Jugendjahren am schwärmerischsten mit euch selbst einreden möchtest, welche dich an Erfüllung jener beteten, werdet ihr in spätern Jahren oft als Religions: heiligen Gelübde verhindern, die Gott nicht vergessen hat. spötter und Zweifler erblicken und bemitleiden. Dies find Thue Buße, das heißt, ändere deine Lebensart, nicht || die bösen Wirkungen einer unvorsichtigen Belehrung in nur deine äusserliche, sondern auch deine innerliche! Du religiösen Dingen, wo man sich begnügte, Gefühle in gelobtest Gott, niemals ein Heuchler zu werden, sondern Bewegung zu bringen, statt den Willen des Lehrlings ein wahrhafter Mensch. Du hast dein Gelübde nicht den an Ueberzeugung und Grundfäße zu binden, um den VerMenschen gegeben, daß du vor ihnen gut und rein erschei||stand zu erleuchten. nen wollest, sondern Gott haft du sie gebracht, dem Allwissenden, dessen Blick hell durch alle Finsternisse und und Bewegungen deines Gemüthes schaut.

Aber auch ich will der ersten Liebe gedenken, und meine Gelübde Dir wieder erneuern, o Gott, mein Schöz pfer, o Jesus, mein Erlöser, mein Seligmacher! Und was ich einst, übermannt von heiligen Empfindungen, in großen Augenblicken meines Lebens schwor, das will ich nun mit ernstem Willen und voll erhabener Ueberzeu= denn noch lebe ich in frischer Jugend-. kraft, noch ist mein Leuchter nicht von seiner Stätte wege gestoßen.

-

Erfülle dein Gelübde, aber bald denn Stunden und Jahre verfliegen, wie ein Morgentraum. Was wirft du nach einigen Jahren von dem noch haben, was du ger lebt haben wirst? Aber deine übeln Gewohnheiten,gung vollbringen deine bösen Triebe werden Erbübel deiner Jahre werden; einrosten werden deine Leidenschaft und dich früher oder später mit Schmach bedecken. Siehe nicht auf die, wel Höre mich, Alwissender! höre mich, o du Langmüchen jest manche Thorheit unschädlich hingeht, oder die thiger, Du einst mein Richter! Ich weiß, daß nur ein ungestraft Böses in die Welt zu bringen scheinen. Ach, reines Gemüth ein feliges Gemüth werden und fein du kennst das Innere ihres Herzens nicht; sie können kann. Jch weiß, daß nur Kummer und Unruhe auf Erglänzen und doch nicht glücklich sein; sie können sich rühden sind, weil der Mensch selbst im Wahnsinn jedes Uebel men, und doch den schmerzlichen Widerspruch ihres Be bereitet, wenn er von dem Lebensbeispiel Jesu Chrifti, wußtseins hören: du lügft! Was haben sie von ihrem von der Tugend abtrünnig wird. So erneuere ich hierfalschen, ganz dem Jrdischen geweihten Leben? Sorge, mit vor Dir, Allgegenwärtiger, die Gelübde meiner erVerdruß, Angst, keine Stunde reiner Freude und hei: ||ften Liebe; ich will zurückkehren zu meiner Unschuld, zu tern, ächten Lebensgenusses. Aber die Unglücklichen, was meinem Himmelsfrieden. Ich will die mit mir erwachsehaben sie, wenn nun ihr unruhiges, finsteres Dasein amnen und Bark gewordenen Fehler austilgen, damit ich Ende ist? ganz der Tugend angehören föime; durch die Tugend

Erfülle deine frühen Gelübde; noch ist die Kraft in ||aber Jesu Chrifto, dem ich mich im Bund der Taufe zu: dir, noch ist die Stunde, welche dir die Rückkehr erlaubt. sagte; Jefu Christo aber, um, Gott, mein Gott, mein Noch einige Jahre noch ein Traum, und das gebrech-Vater und mein Richter, Deiner Gnade, Deiner unendliche Alter wird dich überraschen und verzehren. Hoffe lichen Liebe anzugehören. Amen.

nicht, spätere Jahre werden dir ein ruhigeres Blut, und damit eine Erleichtung bringen, besser zu werden. Nein,

fie bringen uns größere Kraftlosigkeit und Reue. Als

Kind, als Jüngling, als Jungfrau weintest du die Thrä

229.

nen der frohen Hoffnung um das, was du werden könn Kleine Ursachen, große Wirkungen.

test; als Greis wirst du heimlich die Thränen fruchtlosen und defto tiefern Schmerzes weinen um das, was du nicht geworden bist.

Erfülle deine Gelübde, che Krankheiten deine Kraft vernichten, die jezt noch dir gehört; che ein unvermuthe- j

Matth. 5, 29. 30.

Um auch den kleinsten Sünden
Mit Vorsicht zu entflich'n,
Laß lebhaft mich empfinden,
Daß sie zu größern zieh'n!

Sich gern mit Launen brüsten,
Sich Schwächen gern verzeih'n,
Heißt sein Verderben rüßten,
Und Lasterthaten ftreu'n.

Mein Herz kann bald verzagen,
Bald wieder treßig sein,
Hier bald Verbot'nes wagen,
Dort bald das Gute scheu'n:
Kann leicht sich hintergehen,
Will feiner Lüfte Spiel,
Durch sich getäuscht, nicht sehn,
Und trauet sich zuviel.

Lerne dich selbst kennen, deine gewaltigsten Triebe, deine
geheimsten Neigungen und die Ursachen alles deffen, was
dich leicht froher machen, oder was dich verstimmen kann!
Aber dieser erste Schritt
Dies ist der Weisheit Anfang.
zur Lebensweisheit ist der schwerste, und vielleicht schon
darum, weil die meisten Menschen sich einbilden: es sei
nichts leichter als das; Jeder kenne sich selbst besser, denn
Andere, und wisse gar gut, warum er so und nicht an
ders empfindet, begehrt, denkt und handelt.

die

Oft wirkten die größten Begebenheiten bei weitem nicht so stark auf mich, als sehr geringfügige Zufälle, ein Anderer kaum achtet. Ich denke heute über eine Angelegenheit ganz verschieden von ehemals, ungeachtet die Angelegenheit noch ganz unverändert die gleiche sein kann, mit allen ihren Nebenumständen für mich, wie sie es sonst war. Ich sehe verschiedene Menschen, durch ein dunkles Gefühl hingeriffen, sich lieben oder Abneigung bezeugen, ohne daß sie einander dazu Grund und Anlaß gegeben hätten. Ich sehe den Einen das vorziehen, was der Andere häßlich nennt, und höre von Diesem dasjenige preis Es sen, was der Andere ohne Wohlgefallen erblickt. thut oft Mancher Dinge, er weiß selbst nicht warum, und sagt nur: es gefiel mir so; ich fand mich dazu wie mit Gewalt hingetrieben; ich mußte es thun, und konnte nun nicht anders! Es ist nichts Seltenes, daß bisher wackere Leute unter veränderten Umständen oder auch in ihrer bisherigen Lage plößlich eine schlechtere Denkart annehmen, ohne daß man eine Ursuche wahrnimmt, was sie dazu bez wegen konnte.

Woher dies? — Alles in der Welt hat seine Ursache. Aus leichtsinnigem Wesen, aus urfachloser Willkühr ent= scheidet sich gewiß Niemand mit großer Entschlossenheit für Dies oder Jenes..

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mir selbst noch unbekannten Beschaffenheit meines Gemüs thes liegen. Und was ist das Gemüth? Es ist der Bez rührungs- und Mittelpunkt, worin meine irdische und geistige Natur in ihrer Wirsamkeit zusammentreffen; wo Geist und Seele ihre Kräfte mit den Kräften des pflan= zenhaften und thierischen Lebens gleichsam verschmelzen ; wo der Mensch eigentlich Mensch ist, während er mit seis nem Körperlichen am Staube, mit seinem Geistigen an Gott hängt.

Hier im Gemüth, wo die vereinte Thätigkeit des gan. zen menschlichen Wesens wohnt, kann oft eine Reizbarkeit und Empfänglichkeit für gewisse Dinge vorhanden sein, die da für Andere fehlt, also daß die kleinsten äuffern An lässe, die wir im flüchtigen Gewühl des Tagewerks kaum recht bemerkt haben, auf unser Innerstes von großer Wirkung werden können. So kann ein Stäubchen, deffen wir nicht achten, und von denen wir zu Laufenden im Luftmeer umschwebt werden, die peinlichsten Schmerzen erzeugen, indem es unser Auge berührt. Hier im Gemüth ist das Gartenbeet, wo alle unsere Tugenden, alle unfere Fehler ihren ersten unbemerkten Samen hinstreuten, und feimten und groß wurden.

Nicht die äussern Kleinigkeiten sind an sich die Urhebers unsers Gut- oder Schlechtsein, sondern die verborgenen Eigenthümlichkeiten unsers Gemüths, dunkele Vorstellungen, dunkele Gefühle. Diese entscheiden über das Wohl und Wehe unsers Lebens.

Jesus Christus, der tiefe Menschenkenner, welcher mit göttlich klarem Blicke die Natur der schwachen Sterb lichen durchschaute, kannte diese Quelle unsers Verderbens gar wohl, und den Einfluß der Kleinigkeiten von auffen auf unsere Gesinnungen. In der bildlichen Sprache des Morgenlandes, und um ganz von denen verstanden zu werden, zu welchen er redete, drückte er sich darüber aus. Dahin gehört die merkwürdige Stelle in seiner Bergpres digt: Aergert dich aber dein rechtes Auge, se reiß es aus und wirf es von dir. Es ist dir besser, daß eines deiner Glieder verderbe, und nicht der ganze Leib in die Hölle geworfen werde. Aergert dich deine rechte Hand, so haue fie ab, und wirf sie von dir. Es ist dir beffer, daß eines deiner Glieder verderbe, und nicht der ganze Leib in die Hölle geworfen werde. (Matth. 5, 29. 30.)

Bei diesen Bildern, die Jesus nicht wörtlich genom= men wissen wollte, dachte er keineswegs, daß uns das Auge oder die Hand selbst ärgern, das heißt, zur unges rechten Handlung verleiten könne, sondern er deutete da: Wenn ich mich in meine verlebten Tage zurückversche, mit mehr auf jene kleinen Umstände, welche auf die Gewerde ich oft gewahr, daß ich handelte, lebte, oder ver- finnungsart der Menschen wirken. Er forderte feine wirks mied, ohne recht zu wiffen, warum? Und wenn ich ge-liche Selbstverstümmelung des menschlichen Körpers, sonnauer forsche, werde ich gewahr, daß wirklich sehr unbe-dern die Aufopferung derjenigen Ursachen, und wenn sie deutende Kleinigkeiten auf die Stimmung meiner damali uns auch noch so lieb wären, durch welche wir zum Süngen Laune, auf die Richtung meines damaligen Willens digen gereizt werden. immer, ich möchte sagen, unbezwingbaren Einfluß hat= ten. Auch in mir ward das Sprichwort wahr: kleine Ursachen haben oft die größten Wirkungen.

Es ist also von der größten Wichtigkeit für uns, daß wir in uns selbst auf diejenigen an sich geringfügig scheinenden Gründe unserer Neigungen oder Abneigungen Acht Noch einmal frage ich: Woher diese merkwürdige haben. Eben darum sind uns diese Kleinigkeiten ges Erscheinung in mir? Denn wer steht dafür, daß nicht fährlich, weil wir gewohnt sind, sie nur Kleinigkeiten auch jekt noch alle Lage Kleinigkeiten den meisten Ein-zu nennen, und sie als solche kaum einer Aufmerksamkeit fluß auf die Eigenthümlichkeiten meiner Gesinnung haben? würdigen. - Aber für uns, für unsere Glückseligkeit und Der Grund davon liegt wohl schwerlich in den äuf- Ruhe, sind sie keine Kleinigkeiten, sondern Sachen von fern Kleinigkeiten, die auf mich wirken; denn es gibt de- der größten Erheblichkeit. Was ist denn klein, was groß? ren in jedem Lage Millionen, für die ich ganz unempfind- Alles hängt ja nur von Lagen, Umständen und Verhält lich bleibe. Der Grund muß in der oft ganz besondern, || nissen ab. Der Wassertropfen ist klein, aber groß genug,

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einem gefüllten Eimer endlich das Uebermaß zum Ueber=|| Schaudern denken kannst, zum größten Elend versinken laufen zu geben. follst; ob du durch das Schwert der Gerechtigkeit, oder Eben diese von uns übersehenen Kleinigkeiten kön= || als Selbstmörder, oder durch Ausschweifungen irgend nen das Meiste zu unserer Verschlimmerung beitragen. einer Art, oder als Tugendhafter von den Augen aller Schwebt nicht auch der Same des Unkrauts, gleich Son- guten Menschen beweinet, sterben wirft. nenftäubchen, im Hauche der Luft? Und doch erwachsen Du erkennst aber die verborgene Em= durch ihn zahlreiche, wuchernde, dem Ackerfelde verderb-pfindlichkeit deines Gemüths, aus welcher sich liche Pflanzen, welche alle andere guten Keime ersticken || die dunkeln Vorstellungen, Gefühle und Neigungen enthelfen. wickeln, die dich zum Thun und Lassen bestimmen, an Es ist wichtig, diefer Kleinigkeiten zu achten. Denn folchen äussern Kleinigkeiten, welche dich fie find es, welche eben, weil wir uns gegen fie am we besonders in Anspruch nehmen. Dinge, die nigsten bewahren, unserer Tugend die größten Gefahren dich vollkommen gleichgültig laffen, und kaum eine Bewes bringen können. Mancher hätte sich geweigert, eine gung in die hervorbringen, sind deiner Tugend ohne Geschlechte Handlung zu begehen, und wenn man ihn dazu fahr. Aber da ist deine wunde Seite, wo dich oft eine mit Anerbietung einer Tonne Goldes versucht hätte. Der= || wahre Kleinigkeit in eine besondere Stimmung verfekt. selbe Mensch aber vollbrachte dennoch dieselbe schlechte Habe Acht auf dich, wenn du, ohne zu That, weil er in einer besondern Gemüthsstimmung irgend wissen warum, in ganz heiterer Laune bist. ein Wort hörte. Und das Wort, welches ihn reizte, Forsche nach: was bewirkte dies Wohlbehagen in dir? überwog die Tonne Goldes. Manche Unschuld, welche Seit welchem Augenblicke entstand es? Was war in dem allen schändlichen Künsten der Verführung edel widerstan= || Augenblicke geschehen oder geredet? Es wird selten fehden hatte, ging verloren, da ein Bild, ein zufällig scheilen, daß du nicht endlich die verborgenen Ursachen entnender Einfall in unbewachten Augenblicken tiefen Ein- decken könntest. Es war ein kleiner, von dir kaum beachdruck machte. teter Umstand, welcher allen Andern vollkommen gleichs Doch weder die Tonne Goldes, noch das Wort, we- gültig blieb, der dir das ganze Wunder bewirkte. Und der das Bild, noch der zufällige Einfall bewirkten das Wunder ist es, weil es deine eigene Bewunderung erregt, Unglück, sondern die im Gemüth befindliche, uns selbst wie eine Kleinigkeit so großen Einfluß auf dich haben oft allzuwenig bekannte Reizbarkeit und Empfänglichkeit konnte. Aber habe auf diese Empfindlichkeit deines Ge= für gewiffe Dinge. Da erwachten gewiffe dunkele Gemüthes eine besondere Aufmerksamkeit; denn aus ihr strömt fühle. Neigungen, von denen wir uns selbst kaum im er: ften Augenblick des Entstehens Rechenschaft ablegen konnten, schienen uns viel zu unbedeutend, zu vorübergehend, zu unschuldig, als daß wir ihnen hätten mit aller Macht eines ernsten Willens entgegen arbeiten sollen. Aber da war der Keim unsers Uebels gebildet, der Grund unsers spätern Schicksals gebaut!

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dein inneres Glück und dein inneres Unglück; ja, auch dein Unglück! Denn wo es dir unter gewissen Umständen wohl ist, wird es dir unter andern Verhältnissen auch übel sein.

Habe Acht auf dich, wenn du, ohne zu wissen warum, verstimmt und verdrießlich bist. Denke nach, seit welcher Stunde, feit welchem Augenblick bist du es geworden-? Woher entsteht nun die größere oder geringere Em- || Welche Kleinigkeit mag diesen Gemüthszustand bewirkt pfindlichkeit unsers Gemüths für gewiffe Dinge? Sie haben? Immer wirst du einen, wenn auch noch so unbeentsteht theils durch die eigenthümliche Beschaffenheit un- deutenden Umstand finden, der etwas in deinem Innern ferer Natur, durch die in uns wohnenden körperlichen oder verlehte. Da ist deine wunde Seite, welche auch nicht geiftigen Anlagen, welche bald in Einem, bald in An- aufs leiseste berührt sein will, ohne Schmerzen zu haben! derm Uebergewicht äuffern, theils durch die ersten lebhaf-|| Siehe, von daher quellen deine meisten Neigungen, Wünsche, ten Eindrücke, die wir selbst zwar längst schon wieder Hoffnungen, Besorgnisse und Handlungsarten; hier fteht vergessen haben, welche aber dennoch die Wirkung hinter- || der Feind deiner Ruhe, dziner Glückseligkeit im verborge= lieffen, daß das Gemüth jederzeit empfänglicher für das nen Hinterhalte; dort lerne dich verwahren. Sage nicht jenige blieb, was mit ihnen späterhin irgend eine Aehn-zu deinem Selbsttroste: O das sind Kleinigkeiten! Wer lichkeit hatte. So wissen wir aus vielfachen Erfahrungen, möchte sich aus dergleichen ein Gewissen machen? Ich daß Gestalt, Ton und Wesen solcher Personen, welche fühle mich keiner schlechten Gesinnung fähig; ich bin mir uns in zartester Jugend abwarteten und pflegten, oder || keiner schlechten That bewußt. Hüte dich, denn du schreckten und beleidigten, in nachherigen Jahren durchbist, ohne es zu glauben, zur Gesinnung schon fähig, dunkles Erinnern Zutrauen oder Widerwillen gegen an- || und dieser wird endlich auch die That folgen. Die dun= dere Personen einflößten, ohne daß diese dazu anders Ankele Quelle ist vorhanden; endlich wird der Bach sichtbar, las gaben, als daß sie mit jenen eine verborgene Aehn-wenn er stärker wird, und nicht mehr zu bändigen, wenn lichkeit hatten, von der wir uns nur kaum noch eine Vorer als Waldstrom dahinbrauset, durch äuffere Umstände ftellung zu machen fähig sind. angefchwellt.

Doch das Entstehen solcher besondern, theilweisen Gemüthsreizbarkeit können wir nicht verhindern. Sie ist an sich selbst auch weder gut noch böse, sondern sie wird erst, was wir aus ihr werden lassen wollen.

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Diese scheinbaren Kleinigkeiten find so bedeutend, daß wir in der Erziehung der Jugend eben die größte Aufmerksamkeit auf sie richten müssen. Aus ihnen erkennen wir die spätere Denkart und das Schicksal des Kindes. Wichtiger ist hingegen, daß wir in unserm Innersten Sie deuten uns an, wo wir dem Uebel entgegenzuarbeis erkennen, worin sie bei uns besteht, damit wir ten haben. — Es ist nicht das erstemal, daß der, welcher gegen dieselbe auf unserer Hut sein können. Denn sie entals Dieb oder gewiffenloser Betrüger in die Hände der scheidet endlich, ob du einst in glücklicher Zufriedenheit || Obrigkeit fiel, schon als Kind sein bevorstehendes Unglück leben, oder durch Verbrechen, die du jezt noch nicht ohne || durch einen Hang zu Näschereien, die man kindisch und

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Ein Licht geht in meiner Seele auf. Mein Inneres wird mir bedeutungsreicher. Ich glaubte mich schon sehr. genau zu kennen, aber in der That kenne ich mich selbst noch zu wenig. Es gibt gewisse Kleinigkeiten, die es für. ale Welt sein können, aber für raich wahrlich das Wichtigste sind. Ihnen will ich fortan emfiger nachspüren; fte führen mich in den finstern Hintergrund meines Gemü thes, von wannen die dunkeln Vorstellungen und Gefühle srammen, die, oft mir selbst unbewußt, meiner Denkart und meinem Willen die nachherige Richtung geben.

Und habe ich den Hintergrund erforscht — dann

zur Heilung der innern Wunden geschritten! Nicht die äuffern Kleinigkeiten farn ich von mir abwehren, wohl aber die Empfindlichkeiten für sie abstumpfen. Dort ist es, wo der Hang zur Eitelkeit oder zur Habsucht, zum Lieben oder zum Hassen, zur Ueppigkeit oder zur Graufamkeit, im Verborgenen schlummert. Aber es ist nur ein leichter Schlummer, den eine Kleinigkeit stört ihn Darum wachet über euch selbst, von dorther kommt die Versuchung zum Bösen. Wachet und betet, daß ihr nicht in Anfechtung fallet. Das Gebet felbst ist ein Stärkungsmittel des Geistes. Denn indem wir vor dem allwissen: den Gott unser Verborgenstes aufschließen, verleiht er uns Muth und Kraft, uns selbst zu überwinden.

230.

Die Nothlügen.

But, 22, 55, 56, 57.

Nur wer reines Herzens ist,
Blickt zum Himmel mit Vertrauen;
Schlauheit kann und Hinterlift
Niemals festes Glück erbauen.
Reden müssen, so wie Thaten,
Unser reines Herz verrathen.

Ränke sind der Weisheit nie,
Launen nie der Tugend eigen;
Aber Vorsicht fordert sie,
Wie im Reden, so im Schweigen,
Gott sollst du in allen Trieben,
Menschen wie dich selber lieben.

Wem im Busen tief und hell
Wahre Gottesliebe lodert,
O der fehlet nicht so schnell.
Was er meidet, was er fordert,
Und sein Reden und sein Schweigen
Wird von Gottes Liebe zeugen.

Dieser war auch mit ihm!" rief die Magd, welche den Jünger Jesu im Haufe des Hohenpriesters am Feuer fißen sah, während Christus duldend das Todesurtheil feine Anhänger bedrohte. Dieser war auch mit ihm!" erwarten mußte, und ein gleich trauriges Schicksal alle rief die Magd. Petrus aber, voller Furcht und Schrecken, verläugnete ihn und sprach: Weib, ich kenne ipn nicht! (Euf. 22,

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57.) Gefahr war, sich von seinem Meister loszusagen und zu That Petrus recht daran, als er in augenscheinlicher sprechen: Ich kenne ihn nicht!? -- Vielleicht wird Jeder, der es lieset oder höret, ausrufen: Das sei ferne! Ich an seiner Stelle würde meinen Heiland nie verläugnet haben! Aber Viele werden in ihrem Herzen den Ueberwunden muß sein! Ohne Ueberwindung ist keineken: Konnte er denn anders? War er nicht gewiß, daß, Tugend, ohne wahre Tugend keine wahre Glückseligkeit! wenn er die Wahrheit spräche, er ebenfalls dem grausam Und sollte uns der Sieg auch noch so mühsam werden ften Schicksale preis gegeben worden wäre? Sah er nicht lieber, wie Jesus spricht, wenn dich dein rechtes Auge das Verdammungsurtheil Jesu schon auf aller Zeugen und oder deine rechte Hand ärgert, trenne dich von ihnen; Richter Lippen, urd die Mordlust aus den Augen des verlierc lieber das Edelste, was dir gehört, als daß du jüdischen Volkes funkeln? Konnte er Jesum retten, wenn aufhören müßtest, daß Edelste zu sein, was du sein sollst!er, start ihn zu verläugnen, sich zu ihm bekannt hätte ? Thue lieber Verzicht auf die Freuden, welche dir derje War es nicht billig, daß er wenigstens noch auf die Ret nige verborgene Hang gewährt, der auch deine weit grötung feines eigenen Lebens bedacht war? Konnte hier die Fern Unannehmlichkeiten bewirkt, als daß du endlich ganz Nothlüge nicht zu einer heiligen Pflicht werden? Gebot der Raus von diesen werden mußt. hier nicht die Klugheit, für einen Augenblick von der Daher, o du allwiffender Gott, daher also mein mei-Wahrheit abzugehen? ftes Sündigen und meistes inneres Unglück! Was half So wird Mancher, der sich in die bedenkliche Lage mir meine Wachsamkeit über mich selbst, wenn ich nur des Jüngers verseht, heimlich bei sich denken, wenn er auf meine äussern Handlungen Acht haben wollte? Ich gleich es öffentlich zu sagen sich schämt. Aber Petrus, hatte die Quellen derselben nicht geachtet, und arbei-sobald er vom ersten Schrecken zu sich selber gekommen tete zu spät und so oft vergeblich gegen die Gewalt des war, fand, was er gethan, weder gerecht noch klug. Stromes. Denn er fühlte fein Vergehen mit schmerzlicher Reue: er weinte bitterlich. Er fühlte, daß er seinem Jesu nicht die unendliche Liebe vergolten habe. Wo ist der Vater, der sein Kind liebt, welcher es im Augenblick der Gefahr verläugnen könnte? Wo ist die Mutter, die in ihrer heiffen Mutterliebe nicht das Leben um das Leben des 'Kindes wagen, oder die in der Noth desselben sich von ihm lossagen würde? Wahre Zärtlichkeit denkt nur an den geliebten Gegenstand und vergißt sich selbst. Petrus fühlte, se habe seinen Jefum nicht so geliebt, wie er von

Hilf mir, o Herzenkundiger, hilf mir mit Deiner Gnade, mit dem Lichte Deines Geistes, daß ich mich || selbst recht erkenne, und mein ganzes Innerstes rein werde vom Hang zum Bösen, ein Dir allein geweihtes Heiligthum! Amen,

Stunden der Andacht. 15. A.

ihm geliebt worden. Darum ging er, und welate die lebhaften Sinn hat, in schlechte Gesellschaften geräth, Thränen bitterer Reue. Er fühlte, daß er nicht nur wenn er da, weil man Ehre und guten Namen bekannter ohne Liebe, sondern auch ohne Gerechtigkeit gehandelt || Menschen wißig lästert, oder ihnen, obgleich unerwiesen, habe. Denn hier kam es ja nicht darauf an, sich selbst || auf bloßen Schein hin, die schändlichsten Dinge zufchreibt, oder Christo das Leben zu retten, sondern der Wahrheit || oder, weil man dergleichen gehört hat, mit Begierde nach: die Ehre zu geben, die Jesus unerschrocken vor dem Zorn || erzählt, wenn er da aus Höflichkeit in den Ton der der Richter bekannt hatte. Es kam darauf an, daß | geschäftigen Lästerzungen einfiivimt; wenn er, wo Zoten wider die falschen Zeugen auch wahre Zeugen auftraten und unzüchtige Reden fallen, Zweideutigkeiten belächelt, und bekannten: Ja, diefer Jesus ist der Messias, ist vor denen die Tugend schamvoll erröthet, wenn er da, der Christ, ist der Weltheiland! Es kam darauf an, um || wo Wüstlinge sich dem Erunke und Spiele und jeder Ausallen Gläubigen Muth zu machen, daß öffentlich in Jesu gelassenheit in schimpflicher Keckheit überlassen, aus falSinn feine Schüler handelten, und daß sein Evangelium scher Ehrbegierde mitmacht, um nicht als ein Tugend würdig sei, für daffelbe Gut und Blut hinzuopfern. Aber || bild von den Uebrigen verspottet und verlacht zu werden, Petrus, wenn auch überzeugt von der Wahrheit der Lehre so spricht der feige (Schwächiing: Die Klugheit geJefu und der Kraft derfelben, die Sünder felig zu ma- || bietet es; unter den Wölfen muß man mitheulen; ich chen, hatte nicht den Muth, der allererste Blutzeuge der || hasse das Alles, es liegt nicht in meiner Gemüths..*, Religion zu werden. Er fühlte sein schweres Vergehen, aber, es war Nothlige.

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und ging hinaus und weinte bitterlich. Mußte Christus Wenn Jemand, der ein zartes Gewissen hat bei Beobnicht selbst seinen Feinden dadurch geringschäßig werden, achtung fremder Bosheit, aber sich es gern verzeiht, wenn daß keiner feiner Schüler Entschlossenheit genug hatte, er im Handel und Wandel feine Mitmenschen betrügt, sich auch in der entscheidenden Stunde zu ihm zu beken- || übervortheilt, schlechte Waare für gute gibt, mit Zinsen nen? Wie sollte der ganz Juda und die gesammte Mensch- || drückt, so spricht er: Noth hat kein Gebot. Jeder ist heit mit dem Himmelswort begeistern, welcher nicht ein sich selbst der Nächste. Das sind kleine Handelsvortheile, mal seine Busenfreunde, feine Zöglinge für sich begeistern || die man erlauben muß. fonnte? - Das Alles erwog Petrus nicht in der ersten Bestürzung. Die Thränen der Scham und Reue fielen zu spät.

Wenn Jemand den, den er im Herzen verabscheut, mit verdoppelter Kriecherei vehandelt, bis er ihm die Fallstride gelegt hat; wenn Jemand dem Mächtigen, der sich Aber Petrus verlängnete Jefum in der ersten Bestür-Schandthaten und Ungerechtigkeiten erlaubt, eben diefer zung. Wie viele Jünger und Jüngerinnen des Göttlichen Ungerechtigkeit willen Weihrauch streut, ihn in seiner leben heute, welche ihn, mit ähnlicher Selbstfucht zwar, Schlechtigkeit bestärkt; wenn er aus Menschenfurcht sich aber mit kaltem Blute, mit Ueberlegung, vor der Welt scheut, der Wahrheit die Ehre zu geben vor Freund und verläugnen! Feind; so spricht er: die Großen haben lange Arme. Jch Jesus ist nicht mehr persönlich unter uns, aber fein || habe keinen Beruf, mich aufzuopfern. Ich will mir keine Geist noch in seiner Lehre. Und wer die Tugend verläug- || Feinde machen. Man sagt in der Noth Manches, woran net, das Recht und die Wahrheit, die Jesus predigte, das Herz nicht denkt! der verläugnet ihn selbst. Das ist das laue Chriften: So entschuldigen die gewöhnlichen Menschen unserer thum, die laue Gottesliebe unserer Tage, daß man mit Tage jede ihrer Schändlichkeiten, so verläugnen Christen seinen Grundsägen nach den Umständen schaltet. Man noch heute Jesum ihren Erlöfer, und hoffen doch Erlörichtet nicht sein Leben und Thun nach der Religion ein, |fung. Dann bestürmen sie mit ihren Besuchen die Kirfondern die Religion nach dem Leben. Man hat keine ewige,chen, die Kapellen, die Messen und Betstunden, und feste, Christustugend, sondern eine Tugend, in der man hoffen durch das Verdienst dessen selig zu werden, den sich es bequem macht. Man hat nicht die göttliche Weis- |fie täglich mit ihren Lüsten und Begierden kreuzigen. heit, sondern die thierische, selbstsüchtige Schlauheit, die Dann betrügen sie sich selbst, so lange sie es können, bald man lieber Klugheit heißt. init den vermeinten Pflichten einer vorgeblichen Weitflugs

Daher stammen die sprichwörtlichen Nedensarten, heit; bald mit einer zu ihrer Bequemlichkeit erfundenen welche die Verschlechterung der christlichen Denkart,tref- || Religion der Einbildungskraft, indem sie, wie sie sagen, fend bezeugen; zum Beispiel: Noth bricht Eisen; oder:[[zu den Wunden Jesu ihre Zuflucht nehmen; oder behaup= Man muß aus der Noth eine Tugend machen. Das heißt, |ten, nur durch Jesu Verdienst werde man selig, alle unman will unter gewissen Umständen das Verdammungssere Tugend sei dazu entbehrlich; oder hoffen durch die würdige für lobenswürdig, das Schwarze für schnee Fürbitte der Heiligen oder durch den Genuß des heiligen weiß halten dürfen. Man nennt den Betrug, die Un Abendmahls, oder durch stundenlange Gebete, den Himwahrheit und Falschheit, welche man rechtfertigen will mei zu erwerben. Nein, nein, ihr Verblendeten, ir= Nothlüge. ret euch nicht, Gott läßt sich nicht spotten! Christus felbft Wenn Jemand, ohne innern Werth seiner selbst, ihn || widersprach feierlich euern Irrthümern, curer bequemen sich durch Prunk und Gepränge in Worten und äussern Religion, die alles Mögliche glauben, aber Nichtsthun Handlungen verschaffen, sich ein Ansehen bei den Leuten will, was sich nicht mit euerm Eigennuß oder eurer Gegewinnen will, das er nicht verdient, so spricht der Prah-wohnheit und Verweichlichung verträgt. Er selbst sprach : ler: die Klugheit gebietet es mir; bescheidenes Verdienst || Nicht alle, die da zu mir sagen: Herr! Herr! werden wird nicht anerkannt; man muß die Welt täuschen, weil|| in das Himmelreich kommen, sondern die den Willen thun fie getäuscht fein will; es ist eine Nothlüge. Sie ist mir meines Vater im Himmel. An ihren Früchten und Wernüglich, und darum ist sie gut. fen soll man sie erkennen.

Wenn Jemand, der zwar noch ziemlich unverdorben ist, oder doch für fromme, tugendhafte Grundzüße noch

Es ist inzwischen nicht zu läugnen, daß es auch für rechtschaffene Herzen Fälle gibt, wo sie über das, was

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