Hat der Christ in seinem Lebensfeste dankbar den Blick auf den Schöpfer gerichtet: auf wen könnte dann dieser Blick eher fallen, als auf die Aeltern, deren er fich als Mensch zu erfreuen hatte! Gott gab sie ihm. Sie waren es, welche die junge Pflanze zärtlich vor allen Stürmen zu hüten suchten, damit sie zu eigener Kraft || gedeihe. Sie waren es, welche für ihn Kummer und Sorge trugen, ehe er selbst von Kummer und Sorge wußte. Sie waren es, welche ihn mit tiefer Innigkeit liebten, ehe er Liebe wiedergeben konnte. gen besser geworden, als ich ein Jahr früher war! Ichlungen. Ich will eurer Liebe, euers Segens würdig leben, habe nicht blos ein thätiges, arbeitsames Leben geführt und ist es euch, verklärt in den Wohnungen der Selig, für mein irdisches Wohlsein, sondern ein wirklich edleres keit, vergönnt, auf mich hernieder zu blicken: so störe Leben des Geistes, ein Leben in Jesu, ein Leben im keine unedle That meiner Seele die Reinheit eures himms göttlichen Willen, reich an Thaten der Güte, des lischen Friedens. Wohlwollens und der Beförderung allgemeiner Zus Mit dem Gedanken an die Wohlthaten der Aeltern friedenheit., wer der Glückliche ist, welcher mit schwebt meine ganze Kindheit, die Reihe meiner verfloss solchem Bewußtsein den Tag seiner Geburt für diese fenen Jahre bis zum jeßigen Augenblick vor mir. Welt feiern kann: mit welchen Empfindungen wird er | Schon habe ich viel erfahren, und doch immer noch nicht den ersten Tag seiner Geburt für ein höheres, seligeres genug, um ganz weise zu sein. Wie als Kind ich sonst Leben feiern! Ach, daß auch ich es könnte! Daß aus Unwissenheit fehlte, fehle ich leider jezt noch aus auch für mich der Antritt jedes Jahrs aus meinem Lebens- || Leidenschaft. Die Welt und ihr Gutes find mir nicht mehr lauf nicht blos eine Stufe in der Zeit, sondern eine merk- || neu; aber ich bin noch immer ein Anfänger im Guten. lich höhere Stufe zu meiner Vollkommenheit wäre! Daß | Ich habe schon Monches, das meinem Herzen das theuerste ich noch nie darin einen Rückschritt, nie einen Stillstand war, verloren, und doch hängt sich eben dieses Herz noch bemerkte! - Denn, wehe, die Zeit steht nicht still, und immer so unbesorgt, so innig an mancherlei Irdisches, verlorene Jahre sind ewige Verluste an meinem Dasein, als könne es mir nie genommen werden. Weise sein, heißt an meinem Glück! sich über alle Täuschung erheben. Warum täusche ich mich aber noch so gern selbst, ungeachtet ich aus Erfahrung endlich wohl weiß, wie bitter es ist, sich zulest betrogen zu finden in seinen Erwartungen? Freundschaft, Liebe, Glück, Ehre haben mich oft hintergangen; mein Herz blutete. Und doch vertraue ich und baue ich immer noch mehr auf äussere Dinge, als auf meine eigene Kraft. Ich habe es schon vielmals erfahren, daß nicht das, wonach wir ungeduldig streben, unser Glück ist, sondern daß nur Genügsamkeit die Grundlage unserer Seelenruhe, Zufriedenheit mit dem, was wir haben, das Wesen des Vater und Mutter, waren sie nicht die Stellvertre- Glückes sei; und doch vergesse ich noch allzuoft mich selbst, ter des Himmels für euch? waren sie nicht die Auser=||und trachte in äussern Umständen zu finden, was ich nur wählten auf Erden, in deren Hände Gottes Hand mein in meiner Brust suchen soll. Ich habe schon oft im Leben und Wohl, als ein anvertrautes Kleinod, legte?Laufe meiner Schicksale erfahren, daß kein Ereignis für - Mutter, Mutter! deine Thränen, die du einst mich so unglücklich war, welches nicht seine guten Fol über meiner Wiege weintest, wie kann ich sie vergelten, gen gehabt, daß kein Verhängniß so finster gewesen, wie die Angst an meinem Krankenlager, wie die schlafloswelches nicht unverhofft durch einen plöhlichen oder fen Stunden deiner sorgenvollen Nächte um mich? unmerkbaren Wechsel der Dinge angenehme Heiterkeit einO Mutterherz, wie dein unaussprechliches Wachen überpfangen hätte: und dennoch zittereich noch heute bei jez meine Seele, wie deine Seufzer, deine Bitten zum Him- dem Unfall mit kindischer Verzagtheit; doch quäle ich mich mel für mich? Du hast dich selbst vergessen, weil du noch mit verzweiflungsvollen Sorgen, als wenn es keine nur an mich dachtest; du haft deine Gesundheit gering Vorfehnng gäbe, die über den Lauf meiner Begebenheigeachtet, weil dir die meinige theuer war. Und du, o ten wacht. zärtliches, treues, vielbekümmertes Vaterherz, bin ich weniger dein Schuldner? Vater, das Brod, welches du im Schweiße deines Angesichts erwerben mußtest, hast du es nicht mit mir getheilt? Ist es nicht der Segen deiner Anstrengungen, von dem ich jest geniesse? Ist es nicht die Frucht deiner Lehre, deines Lebens, daß ich jest mich einer beffern Erziehung freue? Wohl ist es endlich Zeit, daß ich weiser werde, je mehr meine Tage zunehmen! Was hilft es mir, erst dann weise zu sein, wenn ich bald aufhöre zu sein? Warum erschrecke ich an meinem Geburtstage oft, daß ich schon wieder ein Jahr mehr zähle? Nicht das Aelterwerden ist ein Uebel, sondern das Nichtweiserwerden. Ein neuer Geburtstag ist ein neuer Abschied von einem Heilig sei mir, o ihr Guten, Ehrwürdigen! euer Traum, eine neue Begrüßung der näher gerückten EwigAndenken an jedem Feste meiner Geburt. Es sei von nun feit! Deine Tage sind gezählt, und dein längstes Lean immer das Fest meiner erneuten Erkenntlichkeit für die ben ist vorbeigegangen, ehe du es glaubst. Was dachtest Liebe, mit der ihr mich geliebet habet. Ach, das arme du noch vor einem Jahre von dem, was dir bevorstand I Wort der Dankbarkeit ist es nicht allein, was ich euch || Aber was denkst du jetzt von dem Jahre, das du verlebt schuldig bin. Ihr gabet mir mehr als Worte! Darum haft? Waren deine mißvergnügten Tage der Mühe werth, verkünde mein Sinn, meine That, was ich für euch die sie dir machten? Waren deine Hoffnungen nicht vielfühle. Bin ich den Aeltern mein Leben schuldig: so will fache Betrügerinnen, wie es auch deine unzeitigen Beich es ihrer Freude wieder hinweihen. Ruht euer Segen sorgnisse gewesen sind? Gott gab dir Vieles: aber du auf mir, so will ich mein Leben wieder zum Segen für haft noch nicht Alles. Was dir noth thut, dies Eine, euch machen. Segen soll es euch sein über euerm Grabe; dies Höchste, wodurch du alles Uebrige gewinnst, ist der Segen noch, wenn ihr euch schon höhern Lohnes in bef-göttliche Frieden, ist die Weisheit Jesu. fern Welten erfreuet. Euer Bild foll vor mir schweben, Weisheit Jesu! ja, nach dir ist mein Bestreben. auch wo ich euch nicht mehr finde. Euer Andenken ent- Ohne dich ist mein Lebenslauf in fich selbst ohne Einheit fcheide über meine Entschlüsse, richte über meine Hand-ohne Zusammenhang, und jedes Jahr ein verlornes; jeder wiederkehrende Geburtstag ein Tag des innern Unwillens und Mißmuths über das Vergangene. dieser für meine Handlungen höchstwichtigen Angelegenheit heller zu sehen. Sind die Menschen in der That alle Es ist möglich, daß, wie ich an Jahren zunehme, so verderbt, als sie von strengen Eiferern geschildert zu ich auch an Einsicht, Ehre, Vermögen und Wohlstand werden pflegen? oder sind sie noch im Ganzen so unders gewinne. Aber ohne Weisheit sind die Mittel unbrauch dorben, wie sie der gutmüthige, durch vielfache Erfahs bar; ohne Weisheit halte ich sie für das Glück felbft, das || rungen belehrte Greis und Menschenkenner darstellt ? ich doch erst durch sie bewirken kann. Je länger ich darüber nachdenke, und je genauer ich Weisheit Jesu! befelige mich. Meine Stunden ver- || mich selbst und meine zu verschiedenen Seiten über die rinnen, meine Jahre entfliehen ich sehe, wie viele Welt gefällten Urtheile, oder auch die Urtheile anderer Menschen um mich her im Irrthum wandeln; sehe, wie || Menschen von verschiedener Gemüthsart prüfe, je offent fie, statt ihre Freude, ihr Leid bauen; sehe, wie sie nur barer wird es mir: Wir schildern die Welt fel, Schatten umarmen, Schatten festhalten wollen, die, wieten, was und wie sie ist, sondern nur, was Alles, so der vergänglichen Zeit unterworfen, vorüber-wir von ihr halten. Und wir halten selten fliehen. Warum sehe ich dies, ohne klüger zu werden? von ihr etwas Anderes, als was wir im Habe ich nicht selbst oft Schatten umarmt, und mein Grunde felbft sind. Elend gebaut ? Die Welt spiegelt sich also gleichsam ganz anders ab Weisheit Jefu, befelige mich! denn es ist doch in kei in der Vorstellungsart des Einen und des Andern. Je nem Andern wahres Heil zu finden; es ist doch kein An- nachdem wir bessere oder schlimmere Erfahrungen gemacht, derer Weg zur Seelenruhe, zum unerschütterlichen Glück, je nachdem wir leichtern Sinn oder trübere Laune haben; zum Siegen über des Lebens ungemach, zum Vereinigen je nachdem wir gesunder oder kränklicher sein mögen; je des Hierseins mit dem Dortsein, kein anderer Weg zu nachdem wir mehr oder weniger Jahre zählen — wird Gott. Befelige mich, daß ich mich nicht ferner selbst || auch unsere Vorstellung abweichend. täusche, daß ich kein Glück mehr suche, als in meiner Lehre mich, wie du von der Welt denkst Tugend, keine Luft, als in der Erfüllung meiner Pflich- deine Urtheile über Bekannte und Unbekannte fage mir, ten, das heißt, des göttlichen Willens. wie man im Umgang mit den Leuten auf eine kluge Weise sich zu verhalten hat: und ich will dir wieder sagen, von welcher Art die Erfahrungen gewesen find, die du in deinem Leben gesammelt; ich will dir das in deiner Gemüthsart Vorstechende nennen. Ift Gott die erhabenste Weisheit, so ist auch, was|| er befiehlt, das Weiseste. Und wer den Willen Gottes thut, hat die höchste Weisheit in sein Eigenthum verwandelt. Danach verlange ich. Nur das hilft mir. Nur dazu, mein Vater, mein Gott, verleihe mir gnädig Kraft. O mein Vater, erhöre mich, ich flehe um mein eigenes Heil durch Jesum Christum dich an! Amen. gib miz Wir selbst haben weniger mit der Welt zu thup, als vielmehr mit dem Bilde, welches wir von ihr im Spiegel unsers Gemüths tragen. Ist dieser Spiegel trübe, so ist Alles finster; ist dieser Spiegel befleckt, so finden wir auch diese Flecken in der Welt; ist dieses Spiegel hell, so strahlt auch Alles rofenfarben und glänzend. Sehet das Kind, in dem noch kein Arg ift!-wie gutmüthig vertraut es doch Jedem. Es weiß von Verstellung nichts. Es offenbart Jedem ohne Argwohn seine Gedanken, und weil es Niemanden betrogen hat, glaubt es nicht betrogen werden zu können. In seiner schönen Unschuld hält es Alles für fchuldlos. Wie könnte es auch Böses, das es noch nicht kennt, von der Welt fürchten? Sehet den Jüngling, anders erscheint ihm die Mensch heit. Halb Kind, halb Mann, trägt er noch die urs fprüngliche Gutmüthigkeit der Unschuld und schon die Schüchternheit dessen, der da weiß, wie oft man getäuscht werden kann, und daß man nicht zu allen Stunden der= selbe sei. Im Hochgefühl seiner Kraft, ungebunden, mus thig, hält er Alles für möglich; den Entschlossenen für den Glüdlichsten; die Menschen weniger für böse, als feige und schwach; alle voll Sinn für das Große, Schöne, Wahre, Edle; alle voll Streben nach dem Erhabensten, nur zuweilen auf irrenden Abwegen. Woher die verschiedenen Urtheile über die Welt und die Menschen? Fast Jeder hat seine eigenen Ansichten; Je der spricht anders davon. Sehr oft schon seßte mich diese Abweichung der Meinungen in Verwunderung, wenn ich Länger, als der Jüngling, bewahrt die fanftere Jungmich in Gesprächen mit meinen Freunden über mir noch frau die kindliche Unschuld ihres Gemüths; reizbarer, als unbekannte Personen und Verhältnisse unterrichten, oder er, erschreckt sie vor dem Schein, und versöhnt sich eben mich durch sie belehren wollte, wie ich mich in dieser oder so schnell mit dem, was sie vorher gefürchtet. Ihrem eiges jener Angelegenheit mit Klugheit betragen sollte. Dieser | nen Urtheile nicht immer vertrauend, vertraut sie auch selanunterte mich auf, sprach mir Muth ein, wo ich Betener der Meinung Anderer. Alles scheint ihr für den Gedenklichkeit äusserte; Jener warnte mich mit voller Lengst-nuß der Schönheit, Liebe und Güte vorhanden; sie selbst lichkeit, empfahl mir Vorsicht, und sprach mit drohender athmet nur für das Gute, Milde, Schöne und LiebensFreundlichkeit: Aber du kennst die Menschen nicht! würdige. Aber je mehr sich Begierden aller Art entwickeln, je Allerdings ist es mir als Christ nicht gleichgültig, in klarer dem Menschen der Umfang seines eigenen Gemüths Welt verwandelt finden, indem er sich doch nur selbst zu wird, je besser glaubt er die Welt kennen zu lernen. Jede ändern glaubte; er wird Frieden, Rechtschaffenheit, Treue, neue Entdeckung in seinem Innern ist ihm eine neue An- Ordnung, Liebe finden, wo er sie vormals weder in sich, ficht der Welt; er wird von keiner Leidenschaft, von keiz || noch in Andern erblickte. Was er selbst ist, und was er nem Lafter unfangeu, das er nicht eben so bald auch schon ||liebt, wird ihm von allen Seiten entgegenkommen. Er in hundert und taufend andern Menschen erkennt oder ver- wird jenen liebenswürdigen Zug in seiner Denkart erhalmuthet. Der Wollüstling hält die Mehrheit der Men=||ten, welcher unser Herz immer so innig an das unbefanfchen für Theilnehmer seiner schändlichen Begierden; der gene, arglose, glaubige Herz des Kindes zieht: Gut= Ehrgeizige erkennt überall Nebenbuhler; der Mißtrauische müthigkeit und Vertrauen. fürchtet Hinterlift und Argwohn in jeder Brust; der Hab- Diese Gutmüthigkeit, welche nur das vorzügliche füchtige sieht in allen Handlungen Anderer ein Vorsich-Eigenthum des.kindlichen Herzens zu sein pflegt, ist die greifen und Lebervortheilen; der Schwermüthige findet | schönste Eigenschaft eines Erwachsenen, und ein um so Jeden voll verborgener Unzufriedenheit mit dem Schicksal. kostbareres Kleinod, je schwerer es, nicht etwa im Ges So sehen wir die Welt felten, wie sie wirklich, ist,|| wühl der äussern Welt, sondern im Gewühl unserer i n = fondern nur immer uns selbst in ihr vervielfältigt. Wasneru Welt, vor Leidenschaften zu bewahren ist. Die Jeder ist, das pflegt er auch von Andern zu halten. Gutmüthigkeit des Mannes ist eine offene Bürgschaft für Daher ist das Wort der heiligen Schrift ein vielsagen- die Unverdorbenheit seines Herzens, eine zuverlässige Zeudes, viellehrendes, aus der menschlichen Natur tiefge- gin seiner Menschenliebe, die auch da noch unerschüttert schöpftes Wort: Dem Reinen ist Alles rein.|| geblieben ist, wo sie durch die Tücke Anderer oft grausam (Tit. 1, 15.) Jhm ist rein und gut, was Gott schuf, || verrathen ward. - ihm ist rein und gut die Mehrheit der Menschen, selbst bei allen ihren Fehlern, die er mehr für Irrthümer ihres Verstandes, für Schwäche ihrer Gewohnheit, als für Gefallen am Bösen selbst hält. Sie äussert sich in unsern Gesinnungen darin, daß wir Menschen so lange nicht für schlecht und verderbi halten, als wir nicht die sprechendsten, unzweideutigsten Bes weise ihrer Schlechtigkeit vor uns liegen sehen, daß wir und rein soll der Christ sein. Jesus fordert es. um einiger Fehler unsers Nächsten willen nicht sogleich Er selbst ward das Urbild menschlicher Heiligkeit, das seinen ganzen Werth verwerfen; daß wir überhaupt einen heißt, der größten Reinigkeit von allen Feh-Widerwillen dagegen empfinden, im Thun und Lassen unlern; denn dies ist es, was das göttliche Wort durch || ferer Miterschaffenen nur Bosheit und Laster zu vermuheilig bezeichnet. Ein reiner Geist ist ein solcher, der then. Wer die Menschen lieben will, kann es nicht erin seinen Handlungen keine Richtschnur hat, als das gött- || tragen, fie alle für Scheinheilige oder Bösewichter zu erz liche Gesetz der Geifter, wie es Jesus gegeben und unsere klären. Er hält sie nicht von jedem Vergehen und Fehl= Vernunft ehrt; der folglich sich in seinem Thun und Las- tritt frei, aber ist in sich überzeugt, daß der größere Theil fen keine sinnliche (fleischliche) Begierden und Leidenschaf-ihrer Untugenden eine Folge ihres irrenden Verstandes, ten erwachsen läßt. Ein Geist, ganz rein vom Jrdischen, oder ein Werk ihrer Erziehung oder allzu verführerischer wäre ein vollkommener heiliger Geist. Aber, spricht Umstände war. Er kann selbst den groben Verbrecher Jesus, Niemand ist heilig, denn Gott allein. nicht haffen, sondern er liebt ihn noch, und seine Liebe Und rein ist, was Gott schuf; denn was er gab, ist || äussert sich im Mitleiden und Bedauern. Er kann selbst ein Zeugniß seiner Weisheit und Güte, ist Mittel zu un-feine eigenen Gegner und Verfolger, troh allen von ihnen ferer Glückseligkeit. Nur wir sind es, die wir durch unempfangenen. Kränkungen, nicht ganz verdammen, weil sere Leidenschaften auch das Reinste beflecken, durch den er überzeugt ist, feines Feindes Haß stamme nur aus Jrr= Mißbrauch der Gaben des großen Gebers auch den Bal- thum, und würde verschwinden, wenn derselbe ihn näher sam in Gift verwandeln, und durch unser Vorurtheil auch) || kennen lernen wollte. das Heilige zum Unheiligen machen. So ist dem Reinen Alles rein. Er liebt die MenschNicht der Umgang mit Sündern, nicht die Freund-heit, er will ihr Glück, um des Guten willen, welches schaft mit fremden Religionsgenoffen, nicht der Genuß jeder Mensch in seiner Denkart hat. Denn es ist Keiner, dieser oder jener Speisen, verunreinigt den Menschen; der nicht, wäre er auch noch so verdorben, einiges Gute sondern der böse Zweck, welchen er damit verbindet, der befäße. Kein Mensch ist heilig, aber keiner ist auch durchMißbrauch, welchen er davon für sein Herz macht. Was || aus böse. Daher soll uns ein Jeder schäßbar sein, selbst zum Murde eingehet, lehrte Jesus, verunreinigt den Men- || derjenige, welcher gegen uns ungerecht handelte, weil eben schen nicht, sondern was vom Munde ausgehet, das ver- dieser gegen Andere vielleicht sehr wohlthätig, in seinem unreinigt den Wenschen. (Matth. 15, 11.) Durch den Beruf sehr pünktlich, in seinem Hause ein vortrefflicher Mund aber werden offenbar unsere unheiligen Begierden || Vater, eine zärtliche Mutter, in der Freundschaft sehr und die Verdorbenheit unsers Herzens. Denn aus dem treu, in seinen übrigen Verhältnissen rechtschaffen, dienstHerzen kommen arge Gedanken, Mord, Ehebruch, Hu-| gefällig, hilfreich sein kann. rerei, Dieberei, falsche Zeugnisse, Lästerung. Das sind Die Gutmüthigkeit, welche aus der Unschuld und die Stücke, die den Menschen verunreinigen. (Matth. || Reinheit unsers eigenen Gemüths entspringt, hindert uns 15, 19.) darum nicht, im menschlichen Leben vorsichtig zu wans Als Christen sollen wir nach jener Heiligkeit des Ge- ||deln, um denjenigen Schaden von uns abzuwenden, welmüthes ftreben, die Jesus selbst zum Mußter für uns trug; chen die bösen Neigungen Anderer in der Störung unse nach jener Unschuld der Kindheit, ohne welche Niemand ||rer Glückseligkeit verursachen könnten. Das Kind, erfah= in sein Reich treten kann. rungslos, vertraut blindlings Jedem, der seiner Unschuld mit freundlicher Miene naht. Der bejahrtere Mensch kennt neben den Rosen die Dornen, und die Gefahr, sich einem Wer dieses Glück errungen, wird mit Entzücken die wunderbare Macht der Tugend erkennen; er wird die Ungeprüften in allen Dingen zu vertrauen. Er kennt aus Glückes theilhaftig ist? Warum finden so viele Sterbden Schwachheiten seines eigenen Herzens, aus Thorheisliche in dieser schönen Welt Gottes noch ein finsteres Jam ten, die ihn oft selbst übermannten, aus Vorurtheilen, merthal? Warum quälen sie sich selbst gegenseitig hier, die ihn oft selbst regierten, die Schwachheiten, Vorur-wo Alles doch den Beruf zur Freude hat, nicht zur sinntheile und Thorheiten Anderer. Indem er diesen aus-lichen Freude, sondern zu derjenigen, welche aus dem weicht, übt er die Klugheit im Leben, welche Jesus sei-Bewußtsein eigener Unschuld quillt ? nen eigenen, kindlich unbefangenen Jüngern empfahl, als Willst du das höchste Glück empfinden, deffen der er sagte: Seid klug wie die Schlangen, aber ohne Falsch || Sterbliche hienieden fähig ist; willst du, erhaben über wie die Tauben. jedes irdische Schicksal, dir selbst in Gott genügend sein, So können sich Gutmüthigkeit und Klugheit in dem || unabhängig von allem Wechsel äusserer Umstände — wohl. gleichen Gemüthe paaren. Jene vermählt uns mit alleman, werde, was Christus war, werde was er wollte : Guten des menschlichen Geschlechts, diese bewahrt uns fei rein! Du, der über die Menschheit flagt und vor den Unarten desselben; jene lehrt uns Jeden lieben ihre Verderbtheit, denke nicht daran, die Welt zu verund ehren, ohne daß diese uns zu Haß und Verach=|| bessern, sondern werde dein Selbstverbesserer. tung lockt. Freilich, dies ist nicht leicht. Du hast dich nun eln Dem Reinen ist Alles rein, dem Unreinen aber und mal daran gewöhnt, so und nicht anders zu sein, wie du Unglaubigen ist nichts rein, sondern unrein ist beides ihr bist. Du findest immer, es könne auch noch so lange mit Sinn und Gewiffen. (Tit. 1, 15.) Je mehr der Mensch dir bleiben, wie es bisher war, bis du gewahr wirst, fidh von der Einfalt und Güte des kindlichen Gemüths daß dir deine übeln Gewohnheiten und Fehler Nachtheil entfernt, je mehr er von der Selbstständigkeit seines Gei-bringen. Wohl, magst du das Bessere an dir nicht schaf stes einbüst, und den aus seinem Fleisch und Blut entfen: wer soll es ? Magst du dein höheres Glück nicht springenden wilden Begierden unterthan wird, je elender bauen: wer kann es? - Für eine Summe Geldes opferst und verlassener steht er selbst in der Welt da. Nicht daß du die Bequemlichkeiten und Genüsse manches Lages, den die Welt vor ihm flöhe, nein, er stößt sie von sich zurück füßen Schlaf mancher Nacht auf. Du hast also dod) Geund flieht sie, weil er sie verkennt, und für so verderbt||walt über deine Sinnlichkeit; du kannst also doch, wenn hält, als er selbst geworden. Während der Gutmüthige|| es sein muß, auch deine feurigsten Triebe dämpfen. Warüberall Herzlichkeit und Gefälligkeit findet, wie er fieum, was du für einige Stücke Geldes zu thun den Muth selbst gibt, fährt der Selbstsüchtige schaudernd vor im-|| hast, machst du es nicht für den Atillen Frieden und die merwährendem Eigennuß der Menschen zurück. Er sicht immerwährende Heiterkeit deiner Seele? Ift denn das keine Freundschaft, sondern Hilfsbedürftigkeit, keine Frei- Goldstück, wenn es in deiner Hand liegt, der Schlüffel gebigkeit, sondern nur kluges Ausfäen für reiche Aern: zum Himmel? Macht es deine Bruft unverwundbar ge= ten. Er erblickt in Allem dasjenige wieder, dessen er selbst gen die Pfeile des Schicksals? Gründet es in dir ein so fähig ist, und weil er in seinem Wahne glaubt, Jeder erhabenes Glück, daß du selbst dann noch dein seliges Lämann sei wirklich so, und die Welt sei fo trübe und un-cheln nicht einbüßen würdest, wenn dir, wie einem Hiob, rein, wie sie ihr Bild in den trüber, unreinen Spiegel || Alles, was dir vom Jrdischen angehört, Vermögen, Ehre, feines Gemüths wirft: verstockt und verhärtet er sich selbst | Freunde, Aeltern, Kinder entriffen werden sollten? Wage in seinen alles Lebensglück störenden Fehlern. dann, was du für ein todtes Stüd Erz wagen kannst, Dem Reinen ist Alles rein. Seine Unschuld, seine für das du oft sogar deine Gefundheit, dein Leben in GeTugend verbreiten über seine Seele eine Heiterkeit, welche, fahr zn seßen den Muth hast, für die Reinheit deiner wenn sie auch schon durch widrige Ereignisse auf kurze Seele. Mache eben damit den Anfang, sie von dem zu Seit getrübt werden mag, gleichwohl unwandelbar in ihm reinigen, was sie am meisten befleckt. Bist du voller Hab fortdauert, ja oft dann am glänzendsten ist, und ihn am|| sucht, entschlage dich dieser Leidenschaft, versuche einmal ·innigsten erquickt, wenn seine Schicksale am dunkelsten das Glück der Genügsamkeit; bist du zornmüthig, verüber ihn schweben. Dieser Himmel in seiner Bruft lagert suche das Glück edler Selbstbeherrschung; bik du unmäfsich auch verherrlichend über Alles fern und nah um ihn sig, versuche das Glück der Enthaltsamkeit, in welcher herum. Dies Erdenleben, wenn gleich kein ewiger Früh die Kraft deiner Seele und die Gefundheit deines Lebens ling, ist auch für ihn keine beständige Winternacht. Er || neu aufblühen werden. genießt hier einen Vorhimmel, wo die Unreinen schon eine Alles, was aus dir selbst wird, das wirst du in an Berhölle empfinden. Er sucht die guten Menschen auf,dern Menschen wieder finden. Du wirst ste dann mit und an den schlechtern selbst das Beffere, was sie haben.|| jener hohen Liebe, die uns Jesus als die Grundlage fei= Er findet die Guten, und an den Schlechtern auch immer || nes Reiches und seines Glaubens enpfiehlt, mit jener Liebe noch ihr Besseres. Also umgibt ihn in dieser Welt nur die du vielleicht nie ganz verstanden haft, das Heilige, das Edle, das Schöne. Der Anblick def-lieben lernen, weil du, selbst edler, dich und deine Reinfelben erhebt sein Herz mit neuer Gewalt, und veredelt, heit hochachten lernst. verfchönert und heiligt es noch mehr. Er lebt, ein wer- Vielleicht wird dir dahin zu gelangen der Kampf oft dender Engel, unter werdenden Engeln, und findet zu-|| mühsam sein; aber gedenke deines Glückes, gedenke deilest in der Sterbestunde nur den Lausch eines Himmelsnes Gottes; gedenke deiner ewigen Bestimmung! Und mit dem andern; den Uebergang von einem durch Gottes Güte im Ganzen sehr freundlichen, seligkeitreichen ZuHand zu einem noch seligern. Wie beneidenswürdig ist das Loos der Reinen, der wahrhaften Nachahmer Jesu, des Heiligsten in menschli cher Gestalt! Woher kommt es, daß nicht Jeder dieses willst du dir den Kampf erleichtern: ftehe hier ein unfehls bares Mittel: Gewöhne dich, in jeder deiner Lagen ihre angenehme und an jedem Men= fchen deiner Bekanntschaft seine lobenswürdige Seite zu sehen und vor Augen zu haben. Verzeihe deiner Lage, um des vielen Angeneh Gott, der da schuf das Vaterherz, Er nahm, was er dir hat gegeben; men, was sie doch für dich hat, thre Ungemächlichkeit, und verzeihe dem Menschen deiner Bekanntschaft seine etwaigen Fehler um des Guten willen, das übrigens in seis nem Herzen wohnt. - Dies ist der Weg, auf welchem du dich mit der Welt und mit den Menschen versöhnst. Es war dir ja immer leicht, sogleich Schwächen und Feh= ler deiner Bekannten auszuspüren: weihe diesen bisher ge= mißbrauchten Scharfsinn ihren Tugenden, und dem, wodurch fie ihren Vorgesegten oder Untergebenen, teren Zu euch su euch eilt meine Seele, o ihr SeligentFreunden oder Hausgenoffen liebenswürdig erscheinen. Du schlafenen, die ihr im weichen Arm des Todes ruhet! wirst wahrlich in kurzer Zeit viele deiner Mitbürger und || Zu euch eilt meine Seele, o ihr theuern Lieblinge, deren Mitbürgerinnen eben so von Herzen lieb gewinnen, als Gebein nun ein leichter Staub deckt, deren unsterblicher fle dir bisher gleichgültig, wohl gar verhaßt waren. Uud Geißt nun vor Christo lächelt in einer ewigen schönen Welt! die Hochachtung, welche du ihren rühmlichen Eigenschaf zu euch, um die ich so gern im Leben war, die ihr ten weihst, wird sich in deinen Gedanken, in deinen Re=|| mich mit Zärtlichkeit geliebet habet, an denen mein Herz den, in deinen Gesichtszügen kund thun; wird dir plöß- || voll Liebe hing — die ihr mir entflohet, mir voranginget lich die Herzen derer gewinnen, welche sich bisher von dir in die geheimnisvolle Herrlichkeit der Zukunft, welche Gott entfernt hielten. Denn wer könnte den hassen, von wel: || bereitet hat denen, die ihm vertrauen und ihn lieben. chem er sich geschäßt sieht? Du wirst von Freunden umringt sein, wo du vorher einsam ftandeft. Ich will das Andenken meiner geliebten Todten ehr ren; darum eilt meine Seele zu ihren Gräbern. Ich will Indem du es zu deiner Lebensvorschrift, und aus die alle meine schönen Erinnerungen beweinen; die Thränen fer endlich zu deiner andern, heiligern Natur machst, dein || find ein edler Zoll der Menschheit; das leßte Opfer treues Auge abzuwenden von den Fehlern des Nächsten, und Zärtlichkeit. - Ach, was ich so heiß geliebt, es schlum. immer nur hinzulenken auf seine guten Eigenschaften, wird mert, mein Arm streckt sich vergebens aus; mein leiser dich die Gewohnheit, immer an Andern das Gute zu se=|| Seuzer ruft vergebens den mir so theuern Namen, und hen, felbst gut machen. Die Tugenden, welche du in meine Thränen flieffen ungesehen! ihnen bewunderßt, werden dich begeistern, ihrer selbst Heilig fei mir die stille Ruhestätte der Todten; da theilhaftig zu werden. Siehe auf das Reine, und die ruht das Edelste, das Köstlichste des Menschen, das wirst Abscheu vor dem Unreinen in dir empfinden. Kleinod feiner Liebe. Wir nennen diese Ruhestätte oft Maerhetlighter, o reinster Quell alles Guten, Gott! Gottesacker. Wohl ist fle Gottes Acker, wo die herrs nur wes reines Herzens ist, der darf mit kindlicher freu-lichste Saat gefäct ist, dem Lage der Garden entgegen diger Zuversicht und Hingebung zu Dir emporschauen. || zu reifen. Ach, noch war ich nicht, der ich sein sollte; noch befleckte Tretet herbei, die ihr einen theuern Verlust beweinet, viel Tadelnswürdiges meine Denkart; noch hätte ich gern und lasset uns in heiliger Ehrfurcht das Andenken unserer diesen und jenen Flecken meiner Seele Dir, Alwissender, geliebten Todten feiern! Tritt herbei, du einsame Waife, fa mir selbst verbergen mögen, wie ich ihn den Augen an die den frühen, ach, immer allzufrühen Tod eines guten, derer Menschen verhüllte. Wann, o wann wird sorgsamen Vaters, einer liebenden Mutter betrauert. Tritt die Zeit kommen, da ich, ohne über mich zu erröthen, herbei, gebeugter Gatte, der dem Andenken eincs theuern rein gebadet im Strome der Himmelswahrheiten Jesu von Weibes feine Thränen widmet. Tritt herbei, liebendes allen Flecken und Sünden, vor Dich mit dem seligkeitvol- Mutterherz, welches um den Tod eines holden Kindes len Ruhm der Unschuld hintreten kann! - Wehe, follte blutet - o ihr Alle, die des Verhängnisses schwere Hand fie denn nie kommen? Du haft mir ja Kraft dazu ver- || gebeugt, und deren Geliebtes unter der Erde schläft: tres lichen, Du hast mir Muth und Mittel dazu gegeben, Dutet herbei und folget mir im Geiste zur Ruhestätte unserer haft mir Jesum Deinen Geliebten gegeben ach, soll unvergeßlichen Lieben! dies Alles vereinigt nicht meine Seelenunschuld wieder be Ueber den Gräbern ihrer Todten feierten einst die erz reiten können? Was mangelt mir noch dazu? Nur || sten Christen ihrer Andacht schönste Stunden. Lasset uns der große, heilige Wille. Und dieser Wille, jest gebun- wie sie dort unsere Andacht begehen! Auch wir haben den durch irdische Rücksichten, durch die Gewohnheit an verloren. Auch wir sind Christen. Auch wir haben ein meinen unvollkommenen Zustand, foll frei werden von den Herz, welches Ruhe und Troft bedarf. Hin, im Geiste schmachvollen Feffeln. Dein heiliger Geist, o Gott, wie zum Grabe unfers Lieblings; wo ist dem Herzen wohler, er nur durch Jesu Leben und Wort in die Seele dringt,|| als in der Nähe deffen, den es liebt? heilige mich zu Deinem Kinde, zu meiner Seligkeit, zu Auch dort ist Gott! Ja, über den Gräbern der Deinem Willen. Amen! geliebten Todten schwebt er, der Vater Aller, der Vater der Todten und Lebenden, in seiner Algegenwärtigkeit. Ueber den Gräbern ist Gott, der Gott des Lebens, in welchem keine Vergänglichkeit ist. Auch von dorther tont uns Jesu Liebesruf: Kommet her zu mir Alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquiden! 247. Das Grab der Freun'de. Joh. 11 25. O, trag nur ftillen, festen Muthes - Ja, erquide midy, mein Heiland, mit Deinem Eroste, denn Menschen können mich nicht trösten. Gieffe du den Balsam Deiner Himmelsworte in mein krankes, wund e Herz, denn mich kann kein Arzt heilen. Nur an Dir |