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wollte man so etwas Andern begreiflich machen, was selbst der, der es erfährt, nur erzählen aber nicht begreifen kann? Wie wollte man es Menschen begreiflich machen, die nie Etwas von der Sehnsucht nach Gottesvereinigung in sich empfanden, nie angezogen wurden von dem Göttlichen in der Natur und in dem Menschenherzen? Cher würden Sie dem Blindgebornen die Herrlichkeit eines Sonnenaufgangs auf der See, eher dem Huronen die Schönheiten Homers oder Offians begreiflich machen, als dem trockenen Dogmatiker das innere Leben eines Gott fuchenden Gemüths, das er für nichts Anders als für baare, blanke Schwärmerei halten muß, und auch dafür erklären wird, wenn er nicht den großen Ausspruch Shakspears ehrt:,,Es gibt im Himmel und auf Erden. gar viele Dinge, von denen unsere Philosophie nichts weiß."

Das tiefe Gefühl des Abfalls von Gott wird am auffallendsten entwickelt durch die Erfahrung von dem ungöttlichen Wesen und von dem trocke= nen, todten und tödtenden Speculatismus, Philofophismus, Theologismus rings um uns her, bei welchem der Mensch doch oft fühlt, daß er noch etwas Fleisch habe von solchem Fleisch. Gerade in folcher Zeit müssen Mystiker auftreten, Licht und

Salz ihrer Generation seyn, damit nicht Alles in Finsterniß versinke und' in Fäulniß gerathe. So bereitet also das Verderben die Arzenei dagegen durch sich selbst, wie die Fülle schädlicher Dünste das Gewitter entwickelt, wodurch die Luft gereinigt wird. Gleicher Proceß in der physischen und sittlichen Welt!

Fünfter Brief.

2 n denselben.

Ich habe Ihnen bisher blos im Allgemeinen meine

Ansicht über Entstehung der wahren Mystik mitgetheilt, um Sie vorerst auf den rechten Gesichtspunct zu stellen, von dem sie betrachtet werden muß, wenn man sie nicht verkennen will, was so häufig geschieht. Darum habe ich aber diese Mystik nicht geseht; nicht etwa eine Theorie gegeben, wie sie wohl entstanden seyn könnte, sondern ich habe das, was ich sagte, aus der Geschichte von dem innern Zustande der christlichen Kirche abstrahirt. Dies will ich Ihnen jezt aus der Geschichte nachweisen.

Sie wissen, in welchem traurigen Zustande die jüdische Kirche war um die Zeit, als Jesus auf der Erde erschien, dies „Einzelwesen auf der Erde,“ wie Jean Paul sagt, das blos mit sittlicher

Almacht fremde Zeiten bezwang und eine eigene Ewigkeit gründete, das sanft - blühend und folgsam wie eine Sonnenblume brennend und ziehend, wie eine Sonne selber, dennoch mit seiner milden Ge= stalt sich und Völker und Jahrhunderte nach der Al- und Ursonne bewegte und richtete; der stille Geist, den wir Jesus Christus nennen." Getheilt, hingegeben in die Gewalt unter die Leitung oder vielmehr Verleitung blinder Führer, die dem armen nach Licht und Kraft dürstenden Volke schwere unerträgliche Bürden banden und sie den Menschen auf den Hals legten, sie selbst aber nicht mit einem Finger berührten *), oder verstoßen unter die hohlen, felbstischen Sadducåer, denen jeder Arme, Leidende ein verruchter Mensch war, den man verschmachten lassen mußte, um nicht zu handeln gegen Gottes Sinn. Sie wissen, wie tief versunken das Heis denthum war, das uns Paulus in einem gråßlichen, feurigen Gemälde darstellt *), was auch die Schriftsteller jener Zeit nur zu sehr bestätigen. Jest trat der größte Mystiker auf, den die Erde je trug. Er war's, weil er mehr wie Einer auch als Mensch nach der innigsten Gemeinschaft mit der

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*) Matth. 23, 4..

**) Sôm. I.

Gottheit strebte durch Glauben und Liebe, weil er mehr wie Einer den geheimen Sinn in der Natur und in den Menschenherzen fand, weil Ihm mehr wie Einem die Gottheit überall offenbaret ward im Fleisch. Sie wissen, welche Schüler er bildete, wie in jedem Einzelnen derselben sein Geist, sein göttlicher Sinn eingepflanzt wurde, einem Senfkorne gleich, das der kleinste ist unter allen Samen, wenn es aber erwächst, wird es ein Baum, daß die Vôgel unter dem Himmel kommen und wohnen unter feinen Zweigen. Auf sie folgten die Kirchenvåter, deren Manche die tiefste, heiligste Mystik vortrugen und Andere erweckten. Wenn auch die Schriften des Areopagiten Dionysius erdichtet seyn sollten, wie man jest sehr zuverlässig behauptet, was aber noch lange nicht ausgemacht ist; denn man hat gewiß eben so viele Beispiele, daß Bücher für erdichtet erklärt wurden, weil sie Behauptungen enthielten, die man nicht gelten lassen wollte, als man andere hat, daß Bücher erdichtet wurden, um ge= wisse Behauptungen zu bestätigen, die man in Curs sehen wollte; wenn er auch nicht ein Schüler des Paulus war, da doch ein Dionysius, Ap. Gesch. 17, 33 durch Paulus zum Christenthume bekehrt wurde, da ihn doch das ganze Alterthum dafür erklärt; so war doch der Verfasser, der auf alle Fälle früh gelebt haben muß, ein echter Mystiker, wie

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