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Zehnter Brief.

An denselben.

Eine

Ich fahre fort, Ihnen die Grundanschauungen der Mystiker etwas genauer zu entwickeln. ihrer Grundanschauungen ist Uebereinstimmung der Naturgeseze, des Naturgangs mit der Führung des Menschen und des Menschengeschlechts nach allen Seiten hin. Lassen Sie uns die Analogien etwas einzeln betrachten.

1) Alles in der Natur hat Physiognomie, d. h. alles Innere hat ein Aeußeres, woran es dem Kenner erkennbar, sichtbar wird. Der Geologe sieht an der Form, dem Zug, der Physiognomie der Berge, an den Pflanzen, die darauf wachsen, kurz an dem Aeußeren, was ihr Inneres enthält, ob fie edles Erz verbergen, oder ob man Nichts dergleichen erwarten kann. Von der Aufter an durch alle Stufen der Wesen durch bis zum Menschen

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herauf wird das Innere des Geschöpfs durch sein Aeußeres, durch seine Form, seinen Bau, seine Augen, durch sein ganzes Geficht offenbart. Wer wird Goldminen in der Lüneburger Haide suchen? Wer kann bei dem Anblick der Auster denken, daß fie ein freibewegliches, vogelartiges Wesen sey? Wem kann es beim Anblick des Schafs einfallen, daß vielleicht in ihm die Grausamkeit des Tigers wohne? Wer sucht in Voltaire's Kopf einen Apostel, oder in Fenelons Gesicht einen Nero? Das Gesicht eines edlen Menschen ist Abdruck seines edlen, wie das Gesicht des gemeinen Menschen Abdruck seines gemeinen Sinnes ist. Sie mißverstehen mich ja nicht, wenn ich sage: der Mensch Jesus ist die Physiognomie Gottes für Menschen. So wie nun das Aeußere des einzelnen Wesens Abdruck seines Innern ist, so ist die sichtbare Natur im Ganzen Abdruck der innern, unsichtbaren. Auch kann es nicht anders seyn. Das Innere muß ins Aeußere treten; das Aeußere muß das Innere offenbaren; Gott muß sich offenbaren im Fleisch, wenn er dem Menschen, der nur durch Fleisch, durch die Sinne Geist und Gott erkennen kann, erkennbar werden soll. Verachtet der Mensch solche Offenbarung; seßt, demonstrirt, schafft er sich einen Gott, so ist er ein Göhendiener und gefährlicher als jeder Andere, weil er

noch stolz auf das Product seiner spinnewebenen Schlüsse ist. Denn natürlich kommt es ganz auf Eins heraus, ob die Hand, der Meißel, oder ob der Verstand sich einen Gott schafft, ob dieser Gott von Gold, Silber, Stein ist, oder ob er aus einem Gewebe von sogenannten, auf Nichts gebauten Vernunftschlüssen besteht. Daß die äußere Natur Symbol der innern sey, das war offenbar der Blick Jesus bei seinen Naturparabeln. Man würde wenig in ihren tiefen Sinn eindringen, wenn man Das, was er von Brod, Fleisch, Blut, Wind sagt, blos für populäre, willkürlich gewählte Bilder nehmen wollte. Er würde solchen flachen Erklårern wie feinen Schülern antworten: ,,Der Geist ist's, der da lebendig macht; das Fleisch ist kein nühe. Die Worte, die ich rede, find Geist und sind Leben." *)

Eben so, wie die einzelnen Dinge, haben auch die Veränderungen, Evolutionen und Revolutio= nen im innern Menschen ihre Symbole in der äußern Natur. Erweckung, Zeugung, Schwangerschaft, Wiedergeburt, Vereinigung geht im Innern so vor, wie im Aeußeren. Das Aeußere bezeichnet den Gang und Fortgang, die Entwickes

*) Joh. 6, 63..

lung und den Ausgang des Processes im Innern, im Großen wie im Kleinen. Das Erstere kann dem Naturforscher nicht entgehen, ist ihm auch nicht entgangen. Kennt er das Innere in fich und in Andern, so entgeht ihm auch diese Analogie nicht; daher die Theosophen, die zugleich Mystiker waren, sie sehr gut kannten. Keiner drang von dieser Seite tiefer, als Jacob Böhme. Ich mag Sie aber nicht in seine Tiefen führen, weil er sich als Ungelehrter, Unwissender für seine originellen, tiefen Ansichten eine eigene Sprache oder Poesie schaffen mußte, die die meisten Leser anckelt, die man aber doch studieren muß, wenn man ihn verstehen will.

Noch eine andere Analogie findet zwischen der innern und äußern Natur Statt. Die Evolutionen und Revolutionen, die Umschwünge und Perioden gehen in der Natur den nåmlichen Gang im Großen wie im Kleinen. Die Evolutionen und Revolu= tionen im Kleinen sind Sachbild von diesen Erscheinungen im Großen. Eben die Naturgeseke, die im Kleinen die Höhe Maklefield zu Here= fordshire im westlichen England im Jahre 1751 bildeten, und nach denen im Kloverzer See sich 1803 in wenigen Tagen ein Berg mit einer Senkung von 100 Schritten auf jede Seite aus der See, ohne die mindeste Erschütterung, emporhob,

lagen auch bei der großen Erderschütterung in Calabrien im Jahre 1783 zum Grunde. Nach eben diesen Gesehen wurden ohne Zweifel in den Zeiten der Urwelt durch Entwickelung von Wärme, Luft: und Dämpfen große Erdstriche aus dem Meere ge= hoben, weil es allein dadurch recht erklärlich ist, wie sich allenthalben in allen Welttheilen, selbst auf den Gipfeln der höchsten Berge, Meeresproducte finden, und daß in vielen Gegenden Ueberbleibsel von Pflanzen und Landthieren, bedeckt mit Meeresproducten, vorkommen, also daß festes Land da war, wo jest Meeresboden ist, da man kaum annehmen kann, daß die höchsten Berge der Gre naèron und die Andes ursprünglich oder in der Folge der Zeiten von dem Meer bedeckt gewesen seyen. (Lesen Sie doch gelegentlich den ersten Theil von Treviranus interessanter Biologie etwa nur von S. 178 nach, der diese Thatsachen zu feinem Zweck anführt.) So nehmen die Hauptperioden und Umschwünge im Innern geistigbelebter einzelner Menschen den nåmlichen Gang, den fie bei einem Zöglingsvolk nahmen. Nach eben den Gesehen, wie bei einzelnen Menschen eine gänzliche Sinnesveränderung vorgeht, ging sie am Pfingsttag bei 120 Christen vor durch den Geist (Ruach). Das innere Leben des erweckten Menschen hålt gleichen Schritt in seinen Hauptverán

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