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Jahre später in den Künstlern die Kunst als Vorläuferin der Wissenschaft dar:

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Diese Paramythie steht hinsichtlich ihres Charakters ziemlich isolirt unter Schiller's Gedichten da. Die Einfachheit und Leichtigkeit der Sprache, die Bestimmtheit und Gefälligkeit, womit sich das Bild darstellt, die eindringliche Kürze, womit der geistige Gehalt des Stückes ausgesprochen ist, laffen bedauern, daß er dieser Dichtungsart so wenig treu geblieben ist. Er würde darin wahrscheinlich selbst Herder übertroffen haben, dessen Productionen dieser Art es nicht selten an Bestimmtheit und festen Umriffen der Bilder und Gedanken, so wie an einer durchgängig geschmackvollen Darstellung fehlt. Freilich hat man neuerdings auch an dem vorliegenden Gedichte allerlei Mängel finden wollen. Der schwächste Vorwurf ist wohl der, daß die Bezeichnung von Glück und Weisheit mit Fremdnamen „erkältend wirke". Ist denn unser Neutrum „Glück“ nicht unpoetischer, kälter und matter, als das kräftiger personificirende lateinische Femininum „Fortuna“, deffen Personification noch dazu eine mehr herge= brachte ist? Dann tadelt man, daß statt der Weisheit nicht der Fleiß stehe, den man sich eher am Pfluge keuchend denken könne. Aber spricht es sich im Gedichte nicht hinreichend klar

aus, daß hier die sittliche Weisheit gemeint ist, die Tugend und Tüchtigkeit, die sich durch Thätigkeit ihr Lebensglück selbst schafft? Ferner sieht man darin einen ungehörigen, der Grundlehre des Gedichtes fremden Zug, daß der bisherige Günstling Fortuna's ein Verschwender und Nimmersatt sei. Ich halte die Angabe eines Motivs, warum Fortuna sich ihrer Natur zuwider einmal einem Würdigen zuwenden will, für unerläßlich, und finde das Motiv glücklich gewählt, sowie auch die Antwort, die Sophia in der Schlußstrophe gibt, der beabsichtigten Grundlehre des Gedichtes ganz entsprechend.

In der ersten Strophe, V. 2, verwandelte Körner für die von ihm besorgte Ausgabe der Gedichtsammlung „Fortun'“ in das Glück", ohne Zweifel weil er an der Abkürzung von Fortuna Anstoß nahm. Joachim Meyer nahm bereits 1844 die Lesart der Anthologie Fortun'" wieder in den Text auf. Zu wünschen wäre, daß in dieser und der folgenden Strophe der Schlußvers in der Anzahl der Füße mit den entsprechenden Versen der beiden andern Strophen übereinstimmte.

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Die zweite Strophe lautet in der Anthologie:

Mein Füllhorn goß ich dem Verschwender

In seinen Schooß so mütterlich!

Und sieh! er fordert drum nicht minder,
Und nennt noch geizig mich.

Offenbar veranlaßten die schlechten Gleichflänge „Verschwenderminder" den Dichter zur Umformung der Strophe. An der neuern Fassung hat man die einfache Hinweisung „ihn“ in V. 2 getadelt; Fortuna habe ja bisher noch von Niemand ge= sprochen. Aber dasselbe läßt sich auch von dem mit dem bes stimmten Artikel eingeführten „Verschwender" der ältern Strophe sagen. Der Dichter dachte sich die Entzweiung Fortuna's mit ihrem Günstlinge unter Sophia's Augen vorgehend; daß er sich

den leztern bei der Scene als gegenwärtig vorstellte, zeigt ja V. 3 der Schlußstrophe: „Dort eilt dein Freund u. s. w." Die dritte Strophe lautet in der Anthologie:

Komm, Schwester, laß uns Freundschaft schließen!
Du teuchst so schwer an deinem Pflug;

In deinen Schooß will ich sie gießen,

Auf, folge mir!

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Die Schlußworte Du hast genug" (nämlich an dem, was ich dir in den Schooß gießen will) mochten dem Dichter nicht klar genug scheinen; aber in der neuen Lesart Hier ist für dich und mich genug" ist der Zusak „und mich" störend.

Die Fassung der Schlußstrophe in der Anthologie ist folgende:

Die Weisheit läßt die Schaufel sinken,
Und wischt den Schweiß vom Angesicht:
„Dort eilt dein Freund

Versöhnet euch

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sich zu erhenken,

ich brauch' dich nicht."

Eine Aenderung des ersten Verses war nöthig, nicht bloß der vocalisch falschen Reime wegen (die dafür in der neuern Strophe konsonantisch falsch find), sondern noch mehr der „Schaufel" wegen, die zum Pflug" in Str. 3, V. 2 nicht stimmt. Die ältern Cotta'schen Ausgaben hatten die Schlußworte ich brauch' dich nicht" in „dich brauch' ich nicht" umgestellt und dadurch die Elision in „brauch“ besser motivirt, aber eine ungerechtfertigte Inversion in den Sat gebracht. Joachim Meyer ließ 1844 den ursprünglichen Text wiederherstellen.

23. An einen Moralisten.

1781.

Bei der Aufnahme in die Sammlung hat Schiller dieses Gedicht bedeutend verändert, gemildert und abgekürzt; und in der That war es in der ursprünglichen Form viel zu petulant, um schicklich vor die Augen des Publikums, zumal in Gesellschaft so edel und ernst gehaltener Productionen, wie die meisten übrigen Gedichte sind, gebracht werden zu können. An rücksichtsloser Derbheit und Lascivität wird es nur noch von der „Männerwürde“ in ihrer anfänglichen Gestalt übertroffen. Da wir vorausseßen dürfen, daß, wer den vorliegenden Commentar benutt, bei Schiller's Gedichten ein so ernstes Interesse an der Kunstform nehme, daß er von dem Stoff nichts zu leiden haben werde, so tragen wir kein Bedenken, das Gedicht in seiner ersten Fassung hieherzusehen und daran unsere Erläuterungen zu reihen, welche denn auch zum Verständniß desselben in seiner jeßigen Gestalt hinreichen werden. Der Ueberschrift ist in der Anthologie der Zusah Fragment beigefügt.

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1. Betagter Renegat der lächelnden Dione!
Du lehrst, daß Lieben Tändeln sei,
Blickst von des Alters Winterwolkenthrone
Und schmählest auf den goldnen Mai.

Str. 1. „Renegat", ein Abgefallener, ein Apoftat. „Dione", Mutter der Venus, bisweilen (wie hier) für Venus selbst stehend. Lächelnd" heißt sie auch bei den Alten, z. B. ridens bei Horaz (Carm, I, 2, 33), qiλoμeidi's bei Hesiod (Th. 989) und Homer (Hymn. IV, 17). Viel milder klingt jest V. 1 dieser Strophe: Was zürnst du unsrer frohen Jugendweise,

aber paßt er noch wohl zum Ton des Ganzen? „Winterwolkenthron“

2. Erkennt Natur auch Schreibepultgeseße?

Für eine warme Welt taugt ein erfrorner Sinn?
Die Armuth ist, nach dem Aesop, der Schäße
Verdächtige Verächterin.

3. Einst, als du noch das Nymphenvolk bekriegtest,
Ein Fürst des Karnevals den teutschen Wirbel flogft,
Ein Himmelreich in beiden Armen wiegtest,

Und Nektarduft von Mädchenlippen zogst

4. Ha, Seladon! wenn damals aus den Achsen
Gewichen wär' so Erd' als Sonnenball,
Im Wirbelschwung mit Julien verwachsen,
Du hättest überhört den Fall!

(ein Thron aus Winterwolken gebaut) däuchte dem Dichter später wohl hier ein zu stattliches Wort und gab auch ein zu großartiges Bild für den grämlichen Alten; daher wohl die Aenderung.

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Str. 2. Schreibepultgesete", Gesetze, die ein Philosoph vor seinem Schreibepult der Natur aufbürden möchte. Zur Ausscheidung dieser Strophe mochte den Dichter die unpassende Form des zweiten Fragesages, die Katophonie Schätze verdächtige Verrätherin“ und die Undeutlichkeit in der Anspielung auf Aesop bestimmen. Er meinte wohl die Fabel vom Fuchs und den Trauben.

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Str. 3. den teutschen Wirbel", den Walzer (wie in der Entzückung an Laura, Str. 3, V. 5). „Fürst“ ist in Held, „zogft“ in fogst verwandelt worden.

Str. 4. „Seladon", ein Verliebter (Céladon heißt der Held des Romans L'Astrée von Honoré d'Urfé). „So Erd' als Sonnenball" in der Erde schwerer Ball zu verändern würde ich nicht für nöthig gehalten haben; die Hyperbel ist so stark, daß es hier auf etwas mehr oder weniger nicht ankommt. Ebensowenig scheint mir die Veränderung von Wirbelschwung“ in Liebesknäuel eine Verbesserung. „Julie“ heißt die Geliebte nach Rousseau's Julie ou la nouvelle Héloise.

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