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In einem Bauernständchen" stimmt der Dichter seinen Ton tief zu dem des Volksliedes herab. Eine Romanze in drei Büchern der hypochondrische Pluto" geht ganz in die Bänkelsängerweise ein, die Bürger für dergleichen mythologische Stoffe angeschlagen hatte:

Der grobe Schulz im Tartarus,
Marks Pluto zubenamset u. s. w.

Durch denselben Dichter (durch das Gedicht „Fortunen's Pranger") wurde er zu einem kraft- und gluthvollen Strafgedicht gegen die Wollust, „der Venuswagen" betitelt, angeregt, das zwar stellenweise von Derbheit und Geschmacklosigkeit strogt, aber an andern Stellen auch eine große Dichterkraft zeigt und sehr planmäßig gebaut ist, und dabei mitten durch den Strudel roh sinnlicher Phantasien und Empfindungen eine tiefe Sehnsucht nach sittlicher Reinheit hindurchblicken läßt. Man könnte das Gedicht, das den vollkommensten Gegensatz zum Triumph der Liebe" bildet, bezeichnender Cypria's Verurtheilung" nennen. Der Dichter ließ es im Einzeldruck anonym erscheinen. Verwandter Art ist ein Gedicht „Bacchus im Triller", worin Bacchus zur Strafe für alles Unheil, was er verschuldet, wie es ehedem mit geringern Verbrechern geschah, in ein Drill- oder Drehhäuschen gesperrt und herumgewirbelt wird.

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Auch der künftige große Epigrammatiker, der später in der Xeniendichtung mit Göthe siegreich wetteifern sollte, kündigt sich bereits in der Anthologie durch mehrere Proben an. Wir lassen einige hier folgen:

Die Meffiade.

Religion beschenkte dies Gedicht.

Auch umgekehrt? Das fragt mich nicht.

Klopstod und Wieland

(als ihre Silhouetten neben einander hingen).

Gewiß! bin ich nur über'm Strome drüben,
Gewiß will ich den Mann zur Rechten lieben;
Dann erst schrieb dieser Mann für mich.
Für Menschen hat der linke Mann geschrieben,
Ihn darf auch unser Einer lieben;

Komm, linker Mann, ich küsse dich!

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In noch höherem Grade, als für die Schäßung von Schiller's poetischem Talent, ist die Anthologie für die Geschichte seiner fittlichen und religiösen Entwickelung eine wichtige Urkunde, und ihr Verlust würde in dieser Beziehung nicht minder beklagenswerth als der seiner Jugenddramen sein. Was zunächst seine religiöse Denkart betrifft, so begegnen uns allerdings noch An

flänge an den anerzogenen Glauben, aber vorzugsweise in den im Namen Anderer verfaßten Gedichten, während die am tiefsten aus seinem Innern geschöpften die Einwirkungen der Rousseau'schen Gefühlsreligion und eine der Spinozistischen sich annähernde Weltanschauung zeigen. Mag immerhin, wie er später an Körner schrieb, Spinoza vor dem J. 1787 ihm niemals ein Gegen= stand ernster Studien gewesen sein, so kannte er ihn doch entweder schon früher aus zweiter Hand, oder es entwickelte sich schon bei Zeiten durch selbständiges Nachdenken in ihm der pantheistische Zug, der durch sein ganzes Leben deutlich sich hindurchzieht. Die Einwirkungen der französischen Materialisten auf seine religiöse und sittliche Denkweise läßt sich schon in seiner Abhandlung über den Zusammenhang der thierischen Natur des Menschen mit seiner geistigen“ erkennen, und auf den Einfluß seiner medicinischen Studien haben wir im Vorhergehenden gelegentlich hingewiesen. Der lettere tritt besonders stark in dem Gedicht „Kastraten und Männer“ hervor, welches sehr verstümmelt unter dem Titel „Männerwürde" in die Gedichtsammlung aufgenommen und zulezt ganz unterdrückt wurde, ohne daß damit aus der Erinnerung des Volkes Schlagworte wie folgende geschwunden wären:

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Und schlendern elend durch die Welt,
Wie Kürbisse von Buben,
zu Menschenköpfen ausgehöhlt,
Die Schädel leere Stuben.

Wie Wein, von einem Chemikus

Durch die Retort getrieben,
Zum Teufel ist der Spiritus,

Das Phlegma ift geblieben.

Wir sehen hier neben dem sittlichen Zorn, der aus mehrern pathetisch-satyrischen Gedichten sprüht, neben dem düstern Wer

ther'schen Weltschmerz, der aus andern, namentlich auch aus den Laura-Liedern uns entgegentönt, zugleich die Werthschäzung der ursprünglichen Vollkraft, die Sehnsucht nach einer allseitig naturgemäßen Eristenz, wie in den Erstlingsdramen, hervorbrechen. Und gleichfalls, wie in diesen Dramen, macht sich in der Anthologie des Dichters Ingrimm gegen die politischen und socialen Schranken Luft. Das Gedicht, „die schlimmen Monarchen“, das sich hier findet und von Schiller bei der Gedichtsammlung unterdrückt wurde, gehört zu dem Kühnsten, was politische Tendenzdichtung je auszusprechen gewagt hat.

Vorbeigehend erwähnen wir noch einer Anzahl anderer Stücke der Anthologie, die, wenngleich von der Gedichtsammlung ausgeschlossen, doch mit Wahrscheinlichkeit unserm Dichter zuge= schrieben werden. Die Rache der Musen, eine Anekdote vom Helikon" ist ohne Zweifel eine dem Kanzleiadvokaten Stäudlin und seinen Genossen geltende Satire, gegen deren Musenalmanach, wie früher bemerkt, eigentlich die ganze Antho= logie Opposition machte. Das Gedicht „Die Journalisten und Minos" ist ein Spott auf das Freicorps unsrer Pressen". Das „Monument Moor's des Räubers", in freien Rhythmen ohne Reime (ein paar Ausnahmen abgerechnet) ge= dichtet, kann als eine Interpretation der Räuber aus der Seele ihres Verfassers gelten. Ein Gedicht „An die Parzen" ge= hört, wie die Schlußstrophen zeigen, in den Kreis der LauraLieder. Es sticht gegen diese durch einen gewissen ruhigen, refignirten Charakter ab; nur in den Schlußstrophen klingt der leidenschaftliche Ton der Laura-Oden durch. Auf einen geringen Grad ästhetischer Bildung deutet „Die Pest, eine Phantasie“ und gehört wohl der Entstehung nach einer früheren Zeit an. Einige andere Gedichte, zum Theil zweifelhaften Ursprungs, lassen wir unerwähnt.

Gedichte der zweiten Veriode.

1785-1790.

Wir treten mit dem Frühling 1785, worin Schiller nach Leipzig übersiedelte, in einen neuen Lebensabschnitt unsers Dichters ein, und erkennen dies auch bald an dem Charakter seiner Lyrik. Der Himmel seiner Poesie fängt an sich zu läutern; die Wolken des Bombastes, der Ueberspanntheit, der Unklarheit und des Ungeschmacks, die den Glanz des auch aus seinen Erstlingsgedichten hervorleuchtenden Genies noch verdunkelten, beginnen sich zu zerstreuen, wenn auch noch nicht gänzlich aufzulösen. Drei Gedichte aus der hier abgegrenzten Lebensperiode sind es besonders, die eben so viele Klärungs- und Erhebungsstufen bezeichnen: das Lied An die Freude aus dem J. 1785, die Götter Griechenlands, die 1788 entstanden, und die Künstler aus den Jahren 1789 und 1790. Dazwischen begegnen uns jedoch (von einigen weniger bedeutenden Gedichten vorläufig abgesehen) ein paar Stücke fremdartigen Charakters, von sophistischer Speculation einer glühenden Leidenschaft durchzogen, die als Producte dieses Lebensabschnittes auffallen müssen: Der Kampf und die Resignation. Wir werden aber sogleich sehen, daß sie ihrer Conception nach einer frühern Zeit angehören und daher, wenn man den Schluß der ersten Periode in's Jahr 1784 sezt, noch in diese fallen.

Schiller's Leben war seit seiner Flucht aus Stuttgart sehr unstet und unausgesezt von schweren Sorgen bedrängt. Nach kurzem Aufenthalt in Mannheim wohnte er eine Zeitlang in Oggersheim, dann vom Spätherbst 1782 an beinahe acht Monate lang zu Bauerbach, einem kleinen Gute der Frau von Wolzogen bei Meiningen, dann wieder in Mannheim. Seine lyrische Ader war in dieser Zeit nicht ergiebig; dem Drama war seine poetische Thätigkeit vorzugsweise gewidmet. Ein Gedicht „Todten

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