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sagt es aber nicht deutlich genug. Das Erkennen der Wahrheit ist gleichsam das Erblicken unserer eigenen Gedanken, wie in einem hellen, lichtvollen Spiegel. Als Newton das von ihm aufgestellte Gravitationsgesetz in den Phänomenen sich klar und deutlich abspiegeln sah, da war er sich bewußt, die Wahrheit gefunden zu haben, und dieses Bewußtsein ist wohl die größte Seligkeit seines Lebens gewesen. - Die Freude leitet des Dulders Bahn (V. 4); sie wird ihm nicht erst auf dem Tugendhügel zu Theil, sondern schon auf dem steilen Wege dahin; schon das Ringen nach Tugend beglückt. Die weitern Verse fagen dann: Auch der Glaube, die Hoffnung auf ein künftiges schöneres Leben beseligt. Was den Chor betrifft, so könnte es scheinen, als ob er nur den zweiten Gedanken der Strophe aufgriffe und mit verstärktem Nachdruck wiederholte; allein auch dem mühsamen, oft vergeblichen Ringen nach Wahrheit, auch dem unter Prüfungen und Leiden ausharrenden Glauben und Hoffen liegt ja das Dulden nicht fern.

Str. 6. In verwandtem Geiste wie Schiller in V. 2, sagt Cicero: Homines ad deos nulla re propius accedunt, quam salutem hominibus dando, und Klopstock in der Ode Friedrich der Fünfte (Str. 6):

Lange sinnt er ihm nach, welch' ein Gedank es ist,

Gott nachahmen und selbst Schöpfer des Glücks zu sein u. s. w.

Schiller's Triumph der Liebe aber durchklingt von Anfang bis zu Ende der Ruf: „Durch die Liebe Menschen Göttern gleich!" Es stört etwas, daß der Dichter auch in die vorliegende Strophe die Götter einführt, während sonst im Gedichte die Vorstellung Eines höchsten Wesens festgehalten wird. Gram und Armuth soll sich melden“ ist zu prosaisch, des fehlerhaften Reims nicht zu gedenken. — Der Chor faßt den Inhalt der zweiten Strophenhälfte auf und erinnert im Schlußverse an das

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Wort des Heilandes (Matthäus 7, 1): „Denn so wie ihr Andere richtet, werdet auch ihr gerichtet werden."

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Str. 7. Gözinger meint, diese Strophe entstelle den schönen Organismus des Ganzen. „Was will der Dichter überhaupt damit sagen?" fragt er. Will er die Wirkungen der Freude schildern? Diese sind schon da gewesen." Er übersieht, daß die Strophe der Libation gewidmet ist, woran sich dann weiter zum Abschluß des Ganzen die begeisterten Gelübde der Versammelten reihen. Bei der Libation war es natürlich, daß sich die Aufmerksamkeit auf den das Gefühl der Freude steigernden Wein hinlenkte. Die vorhergehende und diese Strophe bewähren, was der Chor zu Str. 2 gesungen: „Huldiget der Sympathie! Zu den Sternen leitet sie, wo der Unbekannte thronet." Der Schluß der vorigen Strophe sprach den Sieg der Sympathie über Haß und Rachbegier aus, und so ist es folgerecht, daß in der vorliegenden Strophe der frohe Kreis mit gesteigertem Enthusiasmus zu den Pokalen greifend dem guten Geist (d. H. dem Geist der Liebe und Güte) eine Spende bringt. Richtig bemerkt Gözinger, der Ausdruck erinnere weniger an eine antike Libation, als an einen modernen Toast. Schiller meinte auch wohl einen solchen, wollte ihm aber die Bedeutung der Libation beigelegt wissen. Hoffmeister nimmt den oft angeklagten Vers: „Dieses Glas dem guten Geist!" in Schug. „Mehr ist unser plattes gesellige Leben“, sagt er, „anzuklagen, welches auch nicht Eine Form für sittliche und religiöse Erhebung besigt, als der Dichter, der einen eingeführten niedrigen Gebrauch zu veredeln und zum Symbol eines religiösen Gefühls zu machen suchte. Deß sollten wir ihm Dank wissen." Die Einführung der Kannibalen (roher Menschenfresser) ist sicher ein Mißgriff, abgesehen davon, daß die besänftigende Einwirkung des Weines auf sie sehr zweifelhaft erscheint. Der Chor stimmt in den Toast, als den Kerngedanken der Strophe, ein. Ueber die dem zugehörigen

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Substantiv vorangeseßten Relativsäße, womit er beginnt, ist schon

früher die Rede gewesen.

Str. 8. Die beiden Schlußverse hießen ursprünglich:

Menschlichkeit auf Königsthronen,
Harten Richtern warmes Blut!

Der Dichter substituirte dafür wohl die jezigen zwei Schlußverse, um allen Gedanken der Strophe den Charakter des Gelübdes zu geben. In der ältern Form des Gedichtes begann hier schon die Mischung von Gelübden oder Vorsägen und Wünschen, die sich durch die weggefallene neunte Strophe fortzog. Durch die Aenderung des Strophenschlusses ergab sich auch der Vortheil, daß der Vers des Chors: „Dem Gelübde treu zu sein“, nun auf alle Gedanken der Strophe paßt.

Str. 9. Dilschneider billigt das Weglassen dieser Strophe: „Sie enthält Wiederholungen des Frühern, einen Widerspruch mit dem Vorhergehenden (Untergang der Lügenbrut! Allen Sündern soll vergeben sein!), Vorsäße, deren Ausführung nicht in der Gewalt der Menschen ist, überspannte und zweckwidrig elegische Gedanken, und kommt überhaupt zu spät, da der lyrische Schwung nach der Libation und dem Gelübde nothwendig aufhört." Läßt man einmal im Abschluß die Mischung von Vorsägen und Wünschen gelten, so gestehe ich, gerade die elegischen Schlußgedanken der Chorstrophe ungern zu missen, da sich durch sie die im Gedicht herrschende Empfindung so schön abrundet. Und wie, nach Hoffmeister's wahrer Bemerkung, „die Ode uns sowohl ihres Verfassers innige Empfänglichkeit für die sympathischen Neigungen, als seinen stolzen, freien Sinn, also sein ganzes sittliches Ueberzeugungsgefühl vergegenwärtigt", so spiegelt sich in dem ältern Schlusse auch die Eigenthümlichfeit des Dichters ab, daß ihm mitten im höchsten Schwunge der

Viehoff, Schiller's Gedichte. I.

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Freude der Gedanke an die ernsten Seiten des Lebens am nächsten lag.

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26. Die unüberwindliche Flotte.

Nach einem ältern Dichter.

1786.

Im zweiten Heft der Thalia (1786, S. 71) gab Schiller eine Uebersetzung von Mercier's Précis historique zum Portrait de Philippe second. Als Note zu einer Stelle dieser Uebersetzung fügte er das vorliegende Gedicht bei mit der Vorbemerkung: Diese merkwürdige Begebenheit (die Zerstörung der Armada im J. 1588) hat ein Dichter jener Zeit in folgender Ode besungen." Ein neuerer Interpret sieht hierin eine Mystification, wodurch Schiller dem Gedicht einen leichtern Eingang zu verschaffen gesucht habe, und erklärt daffelbe für lediglich aus der Freiheitsbegeisterung entsprungen, die sich im Don Carlos kund gibt. Es hat sich indeß ergeben (vgl. Gödeke's kritische Ausg.), daß das Gedicht seinem ganzen Inhalte nach einer Stelle aus Mercier nachgebildet ist.

Die unüberwindliche Flotte ist unter dem Namen Armada (vgl. den Schlußvers) in der Geschichte berühmt. Philipp II., König von Spanien, der mächtigste, wenigstens der gefürchtetste Monarch seiner Zeit, erbittert über die Hinrichtung der unglücklichen Maria Stuart und die Hülfe, welche Elisabeth von England den aufrührerischen Niederlanden angedeihen ließ, beschloß die stolze Feindin zu züchtigen und rüstete 1588 die bis dahin größte und berühmteste Flotte von 150 großen Schiffen mit 2630 Kanonen und 50,000 Mann Landungstruppen an Bord. Die Holländer schickten der Königin Elisabeth 30 Kriegsschiffe

zu Hülfe. England selbst konnte der spanischen Macht zwar viele, aber nur kleine Fahrzeuge entgegenstellen, die schwerlich das drohende Unheil abgewendet haben würden, wenn nicht theils die Ungeschicklichkeit der spanischen Anführer, theils Stürme (Gott, der Allmächt'ge blies“) in Verbindung mit dem Muth und der Gewandtheit der Engländer und Niederländer das pomphafte Unternehmen vereitelt hätten. Erst seitdem begann England, das in dem Gedicht schon als Königin der Meere erscheint, mit schnelleru Schritten seiner jeßigen maritimen Weltherrschaft entgegenzugehen.

Der Inhalt des Gedichts gliedert sich in folgender Art: 1) Schilderung der herannahenden Armada. - 2) Sie stellt sich drohend vor dem glücklichen, meerbeherrschenden, freien England auf. 3) Wem verdankt England fein Glück, seine Macht, seine Freiheit? Nur seinem eignen Geist und Schwert. 4) Alle gleichgesinnten Männer blicken mit banger Theilnahme auf seinen nahen Fall. 5) Aber Gott zerstreute, um sein geliebtes Albion zu retten, die Armada durch einen Hauch seines Athems. Demgemäß gliedert sich das Gedicht der Form nach in fünf Abschnitte, die jedoch in ihrer Verszahl bedeutend von einander abweichen, sowie auch die einzelnen (jambisch gebauten) Verse in der Zahl der Versfüße und der Reimstellung sehr verschieden sind.

Abschnitt I, (V. 1-14). „Einem neuen Gotte" (V. 3) ist ein etwas starker Ausdruck für: „einem neuen Glauben“, da es sich ja nur um Einführung einer neuen, oder richtiger um Beschützung der alten Confession, des von Elisabeth verfolgten Katholicismus, handelte. Ueberhaupt erinnert der Ausdruck des Gedichtes noch mehrfach an das zu grelle Colorit der frühern Poesien. „Citadellen“ (V. 5) nennt der Dichter die mit Kanonen (tausend Donnern" V. 4) beseßten gewaltigen Kriegsschiffe.

Die Verse 6 und 7 enthalten beide einen parenthetischen Saß,

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