In der jezigen neunten Strophe hat die Anthologie statt Gluthverlangen" wie in Str. 1 Wuthverlangen“. " Eben so heißen in der jezigen zehnten Strophe die ersten Verse in der Anthologie, den Lesarten in Str. 2 entsprechend: Drum fliehn verrätherisch, wie Sklaven, Dagegen ist die folgende Strophe unverändert der Anthologie entnommen, wobei denn auch der Mißklang „Wiederkennend wieder" unbeseitigt geblieben ist. Dann folgen in der Anthologie die nachstehenden drei Strophen, denen der Dichter nachher die Aufnahme versagt hat: Töne! Flammen! zitterndes Entzücken ! Wesen lechzt an Wesen anzurücken Wie beim Anblick einer Freundsgaleere Friedensflaggen im Ostindermeere Wehen lassen Heere; Aufgejagt von froher Pulverwecke, Springt das Schiffsvolk freudig auf's Verdecke; Posidaon's wogendes Gebiete Dröhnt von ihrem Liede. War es nicht dies freudige Entseßen, Wahrscheinlich hielt der Dichter in späterer Zeit die ganze Vergleichung des bei Laura's Anblick in die Wangen steigenden Blutes mit dem Hinaufstürmen der Schiffsmannschaft auf's Verded beim Erscheinen einer befreundeten Galeere für zu unnatürlich und gesucht. Doch mochte es auch schwer sein, wenn man das Ganze gelten ließ, die anstößigen Einzelnheiten auszumerzen. Die elliptischen Exklamationen des ersten Verses schließen sich enge an das unmittelbar Vorangehende; die lange Getrennten erkennen sich wieder unter „Tönen“, d. h. Ausrufungen freudigen Erstaunens. Flammen" bezeichnet entweder flammende Gefühle, oder das freudigflammende Antlig und Auge. Oder find es gar Töne und Flammen aus einer fremden, höhern Welt, wie es in einer weiterhin folgenden Strophe der Anthologie heißt, daß fremde Töne um die Ohren schwirren"? Die Construction wird in den Schlußversen der ersten dieser drei Strophen durch die Nachsehung des kurzen Subjects sehr ungelenk. Der Ausdruck „Pulverwecke" (Salve) begegnet mir hier zum ersten Male. Die klangreichere Form Posid aon für Poseidon (Neptun) liebte der junge Dichter; so sagt er auch im Gedicht Semele: Gebeut! und Nord- und West- und Wirbelwind „Voll' wüthendem Verlangen" widerspricht dem Sprachge= brauch, der den Genitiv fordert. " " Die gegenwärtige Schlußstrophe ist mit wenigen Veränderungen aus der Anthologie in die Gedichtsammlung übergegangen. Statt Purpurröthe" in V. 2 steht dort „Morgenröthe", und statt glühend" in V. 4 brennen". Mir scheint, der Dichter hätte, wenn er nicht das Ganze geben wollte, auch diese Strophe weglassen sollen. Man braucht das Gedicht in der Sammlung nur flüchtig zu übersehen, um alsbald zu erkennen, wie viel schöner sich das Stück beim Wegfall dieser Strophe abrundet und gleichsam in den Anfang zurückläuft. Es folgen sodann in der Anthologie noch zehn Strophen, die der Dichter nachher sämmtlich weggeschnitten hat. Indem wir sie mittheilen, stehen wir in dieser Auflage des Commentars, welche nur die Gedichtsammlung im Auge hat, von einer Erklärung des Einzelnen ab, und verweisen den Leser, der etwa eine solche wünschen möchte, auf die ausführlich darauf eingehende dritte Auflage. Sieh, o Laura, deinen Dichter weinen! Strahlen durch die Rize. Oftmals lispeln der Empfindung Saiten Ach, zu oft nur waffn' ich meine Mächte, Klimme kühner bis zur Nektarquelle, Wenn dein Dichter fich an deine füßen Und, verkauft vom Meineid der Vasallen, Nicht ein Diebstahl jener Götterstunden? Ach! nur matte Spuren? Hat dir nicht ein Strahl zurückgegloftet? Laura, majestätisch anzuschauen Stand ein Baum in Edens Blumenauen; Laura Labt mit weine unsres Glückes Wunde! Saftig war der Apfel ihrem Munde Eine recht charakteristische Production des Schiller'schen Genius! Melancholie, die sich hier in der ganzen Energie seiner damaligen Ausdrucksweise ausspricht, hat ihn zeitlebens nicht verlassen. Die Flucht des Daseins, einem alten Aesthetiker zu folge der Grundstoff der Tragödie, und die Hinfälligkeit alles Irdischen schwebte, nach dem Zeugniß seiner Schwägerin Karoline von Wolzogen, ihm stets vor Augen und legte selbst seinem Gefühl der Freude einen hohen Ernst sehr nahe. Das Gedicht ist in unregelmäßige Strophen oder Abschnitte eingetheilt. Die beiden ersten schildern Laura's jezige jugendlich blühende Schönheit und Gemüthsfrische; die beiden folgenden weisen auf den Tod und Vergänglichkeit hin, die in der ganzen Natur herrschen; dann kommen drei Abschnitte, welche Laura gleichfalls dem Gesez des Verwelkens und Vergehens unterthan darstellen; die drei lehten sind dem Dichter selbst und seiner nicht mehr fernen Auflösung gewidmet. Die Ode spricht, wie Hoffmeister treffend sagt, eine sich in's Algemeine erstreckende und mehr speculative, als rein und unmittelbar empfundene Trauer aus. Der Eindruck, den sie macht, fließt nicht sowohl aus der " Stärke eines individuellen Gefühls, als vielmehr aus dem Umfang und der Tiefe des Gedankens. Der Ausdruck ist stellenweise äußerst kühn und glänzend; zum Theil sind freilich auch die Farben, nach des Dichters damaliger Weise, sehr grell aufgetragen. Dies bestimmte ihn wohl später, dem Stücke die Aufnahme in die Sammlung zu versagen. Erst Körner reihte es unter die Laura-Oden ein und zwar in seiner ursprünglichen Gestalt, wie sie die Anthologie bietet. Wir haben dies nicht zu beklagen; denn wenn die Empfindung, aus der ein dichterisches Erzeugniß fließt, übermäßig gereizt und gespannt ist, so hilft in der Regel ein späteres Nachbessern an Einzelnheiten wenig, sondern gibt dem Stücke nur etwas Buntscheckiges und Unharmonisches. Der erste Abschnitt schildert vorherrschend das Aeußere der Geliebten, die goldnen Blicke, die wie cine aufgehende Sonne in frischem, freudigem Morgenglanze brennen, die Purpurröthe der Wangen. Ihre Thränen, heißt es dann weiter von V. 4 |