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1783. Mädchen, das zum erstenmale liebt. Mehr brauch' ich Ihnen nicht zu sagen. Ausserdem hat er andre Resourcen,

als sein Porte-Epée, und ich bürge dafür, daß er sein Glück in der Welt machen kann.“

Wie liebenswürdig streiten Liebe, Edelmuth, Wahrheitsliebe und Eifersucht in diesem merkwürdigen Briefe! Ein entseßlicher Gedanke war es ihm, daß diese angebetete Lotte in einer Pension verkümmern sollte, in welcher die Herzogin von Gotha sie erziehen zu lassen den Anfang gemacht hatte, für ihn, dem alles conventionelle Leben damals ein Gräuel däuchte, den man zwischen Spandau und einer Assemblée wählen lassen dürfte,“ dem alle Prärogativen so zuwider waren, daß er an seiner mütterlichen Freundin nur den Adelsbrief eines schönen Lebens anerkannte, und „den haßte, den sie mitgebracht." — Mein Herz ist zwischen Ihnen und unsrer Lotte,“ schreibt er am Morgen des 28. Mai, und begleitet sie bis ins Zimmer der Herzogin... Heute wünsche ich Ihnen die Stimme des Donners, die Festigkeit eines Felsen und die Verschlagenheit der Schlange im Paradies... Sagen Sie die ganze Pension ab, so will ich alle Jahr eine Tragödie mehr schreiben, und auf den Titel sezen: Trauerspiel für Lotte."

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Eigentlich wollte er noch viel mehr thun. Hätte seine Leidenschaft Gehör gefunden, so wäre er bereit gewesen, um ein Schäferleben nicht alle Jahre eine Tragödie weiter zu schreiben, sondern selbst die Poesie herzugeben. Es war eine Zeit," sagte er seiner Freundin am 30. Mai, ,wo mich die Hoffnung eines unsterblichen Ruhms so gut als ein Gallakleid ein Frauenzimmer gekißelt hat. Jeßt gilt mir

*

Schillers Leben von Fr. v. Wolzogen, I, 126, 134.

alles gleich, und ich schenke Ihnen meine dichteri 1783. schen Lorbeere in dem nächsten Boeuf à la Mode, und trete Ihnen meine tragische Muse als eine Stallmagd ab. Wie klein ist doch die höchste Größe eines Dichters gegen den Gedanken glücklich zu leben. Mit meinen vormaligen Planen ist es aus, beste Freundin, und wehe mir, wenn das auch von meinem jeßigen gelten sollte. Daß ich bei Ihnen bleibe, und wo möglich begraben werde, versteht sich ... Nur das ist die Frage, wie ich bei Ihnen auf die Dauer meine Glückseligkeit gründen kann. Aber gründen will ich sie oder nicht leben, und jezt vergleiche ich mein Herz und meine Kraft mit den ungeheuersten Hindernissen, und ich weiß es, ich überwinde fie.“

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Schiller selbst nennt diesen Brief einen tollen Brief; der Himmel „lächelte gnädig Nein und ließ den Wunsch zusammt der Pein vorübergehen," wie ein jüngerer Geistesverwandter des Dichters sagt. Lotte wurde zwar nicht die Beute des gefürchteten Edelmannes, dessen Anmaßung“ nicht nur dem Dichter, sondern auch dem Mädchen Unwillen eingeflößt zu haben scheint; aber auch die Neigung des Poeten blieb unbemerkt, und mit nichts anderem als freundschaftlichem Gefühl erwiedert. Nach einigen Jahren gab Lotte ihre Hand einem andern Manne und wurde nach ihrer ersten Niederkunft den Ihrigen durch den Tod entrissen.

Poetische Arbeiten und Aussichten in Bauerbach.

Besonnener als in dem Herzen des Dichters sah es während dieser ganzen Zeit in seinem Geiste aus. In der

1783. Mitte Januars schon war die „Louise Millerin" fertig geworden, und schon wieder beschäftigten ihn neue Entwürfe.

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Dalberg hatte, wie wir gesehen haben, zuerst seine Aufmerksamkeit auf Don Carlos (Schiller schrieb sehr lange, hartnäckig das spanische Idiom mit dem portugiesi= schen verwechselnd, Dom Karlos) — gelenkt, der junge Dichter aber diesen Wink nur im Vorübergehen ins Auge gefaßt. Jezt ließ er sich von seinem Freunde, dem Bibliothekar Reinwald die bekannte historische Novelle Saint Reals über diesen unglücklichen Fürsten geben, und der Gegenstand begeisterte ihn so sehr, daß er auf der Stelle den Gedanken. zu einer neuen Tragödie faßte, die sich in seinem Kopfe mit andern dramatischen Stoffen, Imhof und Maria Stuart, stritten, wie denn auch Conradin von Schwaben in seinem Geiste aufgestiegen war, dessen sich später seine Bewunderer und Nachahmer in längst vergessenen Stücken bemächtigten.

Reinwald war ihm jezt, wie einst in Stuttgart Petersen, auch in Beziehung auf seine Muse ein willkommener Freund und Herzensrath. Durch Hypochondrie und immerwährende Kränklichkeit höchst reizbar und empfindlich gemacht, war dieser Mann seinem Kerne nach doch ganz vortrefflich, und auch, was Geist und Kenntnisse betrifft, würdig von Schiller hochgehalten zu werden, wie er um seines Herzens willen von demselben geliebt wurde.

Diesem vertraute Schiller während seines Aufenthalts zu Bauerbach alle poetischen Nöthen und Freuden. Ihm klagte er, wie ihn die von einer Seite so wohlthätige Einsamkeit, von der andern Seite doch auch wieder in der Produktion hemme und beschränke. Er war der Meinung, „daß das Genie, wo nicht unterdrückt werden, doch

entseßlich zurückwachsen, zusammenschrumpfen kann, wenn ihm 1783. der Stoß von außen fehlt." „Mühsam," äußerte er sich gegen den Freund, „und wirklich oft wider allen Dank muß ich eine Laune, eine dichterische Stimmung hervorarbeiten, die mich in zehen Minuten bei einem guten denkenden Freunde selbst anwandelt, oft auch bei einem vortrefflichen Buch oder im offenen Himmel. Es scheint, Gedanken lassen sich nur durch Gedanken locken, und unsere Geisteskräfte müssen wie die Saiten eines Instruments durch Geister gespielt werden. Wie groß muß also das Originalgenie seyn, das weder in seinem Himmelsstrich und Erdreich, noch in seinem gesellschaftlichen Kreis Aufmunterung findet, und aus der Barbarei selbst hervorspringt!" (21. Februar.)

Durch Reinwalds Vermittlung hatte er wegen seines bürgerlichen Trauerspiels Druckunterhandlungen mit dem Buchhändler Weygand angeknüpft, ein Handel, der sich aber auch zerschlug. Der Freund in Meiningen hatte die Idee, ihn nach Pfingsten mit nach Gotha und Weimar zu nehmen, wohin ihn Freunde und Verwandte zogen. Dort hätte er ihn bei den ersten Geistern eingeführt: Göthe und Wieland hätten ihn mit ihrem Rath unterstüßt, ihm einen neuen Lebensplan vorgezeichnet, ihn in die förderndsten Verbindungen gebracht, und zwei verdrießliche, durch Krankheit sehr getrübte Jahre wären dem Dichter erspart geblieben.

Es sollte nicht so kommen. „Was den Dichter von dieser Reise abhielt," sagt uns Streicher, „war die Sirenenstimme, die sich vom Theater zu Mannheim wieder vernehmen ließ."

Drei Monate, nachdem Schiller in Oggersheim so schnöde mit seinem Fiesko von Dalberg abgewiesen worden war,

1783. hatte dieser die Stirne, sich brieflich bei jenem wieder zu melden und zwar in solchen Ausdrücken, daß Schiller scherzend an Meier in Mannheim schrieb, es müsse ein dramatisches Unglück dort vorgegangen seyn, weil er von Dalberg einen Brief erhalten. Allerdings wandte sich dieser Herr an Schiller unbedenklich wieder, sobald er seiner bedurfte. Er hatte die Trauerspiele Lanassa und Shakspeare's Julius Cäsar unter der Scheere, und fühlte wohl, wie trefflich ihm Schillers Dienste hierbei zu Statten kommen würden. Der politische Eindruck der Räuber in Deutschland war verwischt und in dieser Beziehung die Vokation des Dichters nicht mehr gefährlich, und von den Schauspielern, die den Plan der Louise Millerin von Streicher begeistert aus einander seßen hörten, wurde er nach diesem Stücke sehr lüstern gemacht.

Anfangs stuzte Schiller. „Ich kenne ihn ziemlich,“ schrieb er am 27. Mai an Reinwald, und meine Louise Millerin hat verschiedene Eigenschaften an sich, welche auf dem Theater nicht wohl passiren. ... Ehe ich mich in einen Weygand-artigen Handel mit Dalberg einlasse, will ich die Sache lieber gar nicht in Bewegung bringen." Zugleich schreibt er seinem Freunde, „daß er nunmehr entschlossen und fest auf einen Don Carlos zu arbeite. Ich finde, daß diese Geschichte mehr Einheit und Interesse zum Grunde hat, als ich bisher geglaubt, und mir Gelegenheit zu starken Zeichnungen und erschütternden oder rührenden Situationen giebt. Der Charakter eines feurigen, großen und empfindenden Jünglings, der zugleich der Erbe einiger Kronen ist einer Königin, die durch den Zwang ihrer Empfindung bei allen Vortheilen ihres Schicksals verunglückt eines eifersüchtigen Vaters und Gemahls,

eines grau

samen heuchlerischen Inquisitors und barbarischen Herzogs

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